1922

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Januar 1922

  • 4. Januar (bis 13. Januar): Finanzkonferenz in Cannes. England fürchtet, daß die Not Deutschland dem russischen Bolschewismus in die Arme treibt, und rät zur Mäßigung. Als Briand jedoch in Cannes eine nachgiebige Haltung einnimmt, wird er am 12. Januar durch Poincarè gestürzt, der das neue französische Ministerium bildet und sehr bald offen auf die Ruhrbesetzung hinarbeitet. Die Konferenz fliegt auf. Deutschland (Wiederaufbauminister Dr. Rathenau) erhält aber auf sein Gesuch vom 14. Dezember 1921 einen kleinen Zahlungsaufschub: Es soll alle 10 Tage 31 Millionen Goldmark in Devisen zahlen. Weiterer Marksturz.

Februar 1922

März 1922

  • 6. März: Dr. Kapp stellt sich den deutschen Gerichten in Saßnitz und stirbt am 12. Juni an den Folgen einer Augenoperation in Leipzig.

Ende d. M. Außenminister Walther Rathenau zählt im Reichstag die bisherigen deutschen Leistungen wie folgt auf:

Eigentum im Ausland 11,7 Milliarden Goldmark
Reichseigentum in den abgetretenen Gebieten 6,5 Milliarden Goldmark
Eisenbahnmaterial. 2,0 Milliarden Goldmark
Handelsflotte 5,7 Milliarden Goldmark
Andere Leistungen nicht militärischen Charakters 5,8 Milliarden Goldmark
LaptopDeutscher Anspruch an seine Verbündeten 7,0 Milliarden Goldmark
Saar gruben 1,1 Milliarden Goldmark
Bisherige Kohlenlieferungen 1,3 Milliarden Goldmark
Andere Lieferungen 4,5 Milliarden Goldmark
45,6 Milliarden Goldmark

Durch den Verlust von Oberschlesien und Westpreußen steigt die Summe auf über 100 Milliarden. Auf diese Leistungen pochend, hofft man allgemein auf ein günstiges Ergebnis bei einer Weltwirtschaftskonferenz, für welche die Einladungen soeben ergangen sind.

April 1922

Weltwirtschaftskonferenz in Genua

gefolgt, darunter Russland (Tschitscherin). Diese Gelegenheit benutzen die Alliierten, um die Russen gegen die Deutschen auszuspielen und letzteren in gewissen Handelsfragen vorzukommen. Vergeblich versucht Rathenau, sich hierbei einzuschalten. Als ihn Lloyd George trotz mehrmaliger Versuche nicht empfängt, schließt er mit Tschitscherin am 16. April den Vertrag von Rapallo.

Dieser stellt die normalen Beziehungen mit Russland auf der Grundlage der Gleichberechtigung und des Verzichtes auf alle gegenseitigen Ansprüche aus Kriegs- und Vorkriegszeit her. Außerdem wird ein engeres wirtschaftliches Zusammenarbeiten angebahnt.

Die Erregung, die diese Abmachung in Genua hervorruft, ist unbeschreiblich. Zum ersten Male hat sich Deutschland wieder aktiv in die Weltpolitik eingeschaltet. Lloyd George verlangt Aufhebung des Vertrages. Der Vertreter Frankreichs, Barthon, bezeichnet die Deutschen sogar öffentlich als „Lügner und Heuchler". Die Konferenz, die sowieso festgefahren ist, geht ohne Ergebnis auseinander. Der erste deutsche Botschafter in Moskau wird — Graf Brockdorff-Rantzau.

In Deutschland entsteht um den Rapallo-Vertrag ein heftiger Streit : Die Linke wirft Rathenau vor, er habe die Alliierten unnötig vor den Kopf gestoßen. Die Rechte ist darüber empört, daß die Reichsregierung in den Vertrag keine Schutzklausel gegen kommunistische Propaganda aufgenommen hat. Im Volk steigt die Erbitterung über die Erfüllungspolitik der Reichsregierung, die von Fehlschlag zu Fehlschlag geführt hat, während das Elend immer mehr anschwillt. Auch der Mittelstand rafft sich jetzt endlich zum Widerstand auf. überall veranstalten Vereine und Organisationen politische Kundgebungen. Allerorten kommt es zu Unruhen, größeren Krawallen und Plünderungen.

Juni 1922

  • 24. Juni: Dr. Rathenau wird in Berlin-Grunewald auf der Fahrt ins Auswärtige Amt von dem Ingenieur Fischer und Oberleutnant zur See a. D. Kern, Angehörigen einer Rechtsorganisation, erschossen. Die Täter fliehen auf die Burg Saaleck bei Kösen. Hier werden sie schließlich entdeckt und von der Polizei eingekreist ; sie enden am 17. Juli durch Freitod.
  • 26. Juni: Eine Notverordnung zum Schutze der Republik wird erlassen, die u. a. am 29. Juni zu einem Verbot des „Stahlhelms" führt.

Juli 1922

  • 12. Juli: Die Reichsregierung kann auch die in Cannes festgesetzten 10 -Tages - Raten nicht mehr bezahlen und bittet um Stundung.
  • 18. Juli: Der Reichstag nimmt ein Gesetz zum Schutz der Republik an, das jedoch von Bayern nicht anerkannt wird. Ebert droht mit Artikel 48 der Reichsverfassung. Erst am 20. August wird der Konflikt beigelegt.

„Artikel 48 besagt, daß der Reichspräsident Notverordn mgen erlassen kann, wenn der Reichstag zu unbedingt notwendigen Maßnahmen seine Zustimmung verweigert. (Z. B. im Winter 1923/24 zur Beendigung der Inflationswirtschaft und 1930-32 unter der Kanzlerschaft Brünings zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise.)“

August 1922

  • 7. August (bis 14. August): Tagung des Obersten Rates in London. England hat schon 2 Millionen Arbeitslose und will Deutschland. das nichts mehr einführen kann, ein Moratorium (Zahlungsaufschub) von 2 Jahren gewähren. Demgegenüber besteht Poincarè auf einem Programm „produktiver Pfänder" : „Besetzung des Ruhrgebietes, Beschlagnahme der staatlichen Bergwerke und Forsten. Die Alliierten sollen mit 26010 an der deutschen Industrie beteiligt werden. Kontrolle der deutschen Ein- und Ausfuhr, der Reichsbank sowie der Privatbanken". Vergeblich warnt England vor Überspannung der Forderungen. Poincarè beginnt, den Ruhreinbruch auf eigene Faust diplomatisch vorzubereiten. Zunächst' aber sucht er sich an den letzten in Elsaß-Lothringen verbliebenen Reichsdeutschen schadlos zu halten: sie verlieren — obwohl vor 3 3/4 Jahren der Waffenstillstand und vor über 3 Jahren der Frieden geschlossen ist — ohne weiteres ihre Bankguthaben. Bisher sind rund 150.000 (!) Deutsche aus den früheren Reichslanden vertrieben worden. Jetzt folgt die Ausweisung des Restes aller derer, die irgendwie missliebig werden könnten: es sind etwa 1000. Ihr gesamtes Hab und Gut verfällt. Sie dürfen nur Handgepäck mitnehmen.

Mitte d. M. Auf dem Königsplatz in München findet eine große Demonstration der nationalen Verbände statt, bei der auch die NSDAP und zwar mit 6 Hundertschaften der SA. antritt. Es kommt zu heftigen Zusammenstößen mit den politischen Gegnern. An diesem Tage lernt Hermann Göring Adolf Hitler kennen. Er wird der erste Führer der SA, lässt sich in Nymphenburg nieder und gewinnt Ludendorff für die Bewegung.

  • 30. August: Sieg der Türken bei Dumlu Punar über die Griechen.

Anfang 1921 hatten die Griechen versucht, sich die ihnen im Frieden von Sèvres zugesprochenen Gebiete zu holen. Sie waren jedoch schon im Januar, März und September 1921 geschlagen worden. Im August 1922 setzen die Türken unter Kemal Pascha erfolgreich ihre Offensive fort; sie führte zur völligen Vertreibung der Griechen aus Kleinasien. Am 9. September wurde auch Smyrna wieder von den Türkenbesetzt. Ein Waffenstillstand vom 11. Oktober 1922 brachte die Räumung Konstantinopels durch die Alliierten. Am 1. November wurde hier das Sultanat abgeschafft; der letzte Sultan Mehmed VI. musste fliehen.

Englands Politik, die Griechenland unterstützt hatte_ erleidet damit einen schweren Schlag. Lloyd George wird gestürzt. An seine Stelle tritt Bonar Law. Im weiteren Verlauf der Dinge tritt England ganz in den Hintergrund der politischen Ereignisse. Poincarè hat jetzt freie Hand, gegen Deutschland selbständig vorzugehen.

September 1922

Oktober 1922

  • 4. Oktober: Sanierung Österreichs durch den Völkerbund auf Grund der „Genfer Protokolle": Es erhält eine langfristige internationale Anleihe und muss sich dafür (bis Juni 1926) eine oft drückend gehandhabte Finanzkontrolle gefallen lassen. Auch muss es in aller Form auf den Anschluss an Deutschland verzichten. Durch die Anleihe wird es möglich, den Kronenkurs zu stabilisieren und die Schillingwährung einzuführen.

Stand der Abrüstungsfrage. Auf der Vollversammlung des Völkerbundes im Herbst 1922 wird beschlossen, nun auch die im Vertrage von Versailles vorgesehene Abrüstung ernstlich in die Wege zu leiten. Eine Zeitlang arbeiten Ausschüsse an dieser politischen Kernfrage der Nachkriegszeit des ersten Weltkrieges. Der "Ruhrkampf" hebt aber sehr bald alles wieder auf. Erst im September 1924 wird sie wieder — _risst auch dann noch ohne Deutschland — aufgegriffen.

Hitler erscheint in Begleitung von 800 Mann mit einem Sonderzug — dem ersten dieser Art in Deutschland_ En kommt zu heftigen Zusammenstößen mit den politischen Gegnern. Für die Bewegung selbst bringt dieser Tag einen großen nachhaltigen Erfolg.

Auch in Italien hatten sich starke innerpolitischen Kämpfe entwickelt. Es drohte eine proletarische Revolution. Da übernahm es der von Mussolini gegründete und geführte Faschismus Italien der Anarchie zu entreißen. Immer häufiger werden jetzt die Zunammenstösse, bei denen die Faschisten meist Sieger blieben. Schließlich entschloss sich Mussolini zum offenen Staatsstreich. Unmittelbar nach einem großen faschistischen in Neapel traten am 28. Oktober 1922 etwa 40.000 Faschisten, den Marsch auf Rom“ an. König Viktor Emanuel III. lehnte die ihm von seinen bisherigen Räten vorgeschlagene Verhängung des Belagerungszustandes ab. Er rettete seinen Thron, indem er den Rücktritt des letzten parlamentarischen Ministeriums geschehen ließ und Mussolini am 30. Oktober an die Spitze einer neuen Regierung berief. Ende d. M. Frankreich stellt— wie auch in den letzten Monaten des Jahres 1922 — systematisch die verschiedensten Verfehlungen Deutschlands fest: Die Prozesse gegen die „Kriegsverbrecher“ sind zum Stillstand gekommen. Die militärischen Bestimmungen sind noch nicht überall wortgetreu durchgeführt worden: Hier sind noch einige Gasmasken zuviel, dort ist eine verlangte Nachweisung nicht eingegangen, dort wiederum stehen 2 schwere Geschütze noch auf beweglichen Lafetten während nur unbewegliche erlaubt sind. Als daraufhin im Oktober in Passau, im November in Ingolstadt bei Militärkontrollen französische Offiziere mit Steinen beworfen und verletzt werden, fordert Pair carè von beiden Städten je eine halbe Million Goldmark als Sühne. Als diese nicht gezahlt werden, droht Frankreich, das Geld im besetzten Gebiet zu beschlagnahmen. Schließlich begleicht die Reichsregierung die verlangte Summe.

November 1922

  • 5. November: Der Kaiser vermählt sich mit Prinzessin Hermine von Schönaich-Carolath, geborene Prinzessin Reuß ä. L.
  • 16. November: Das Kabinett Wirth tritt zurück, da trotz seines Erfüllungswillens nicht das geringste erreicht worden ist. Dr. Cuno, Generaldirektor der Hapag, übernimmt nach langen Verhandlungen das Reichskanzleramt. Vergeblich beschwört der neue Kanzler nochmals die USA. um Vermittelung. Poincarè will den Ruhreinmarsch und nimmt hierzu eine Kleinigkeit als Anlaß.

Mussolini bildet sein erstes Kabinett aus Angehörigen verschiedener Parteien. Das Parlament löst er zunächst nicht auf, behandele es aber mit offener Geringschätzung.

Dezember 1922

„Das ist eine lumpige Anklage, die nur als Vorbereitung für etwas anderes vor die Kommission gebracht wird. Niemals seit dem Trojanischen Krieg hat das Holz im Schicksal der Völker eine so furchtbare Rolle gespielt.“

Frankreich, Italien und Belgien erklären den Verzug als eine schuldhafte Verfehlung des Reiches gegen den Versailler Vertrag. Die Reichsregierung protestiert und erklärt sich bereit, den Gegenwert sofort in bar zu entrichten. Poincarè schiebt jedoch dieses Angebot beiseite. Während in Düsseldorf bei der allgemeinen Notlage des deutschen Volkes ein Generalstreik ausgerufen wird, der mit Plünderungen und Unruhen auch auf Köln, Aachen, Mannheim und Braunschweig übergreift, während ein starker französischer Truppenaufmarsch jenseits der Grenze gemeldet wird, geht das Jahr 1922 in furchtbarer Hochspannung zu Ende. Der Dollar ist im Laufe dieses Jahres von 181 Mark auf 7425 Mark gestiegen. Ein Vermögen von 10.000 Mark hatte nur noch den Wert von 5 Goldmark.