Mitscherlich, Alexander

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Alexander Mitscherlich (1908–1982)

Alexander Harbord Mitscherlich (* 20. September 1908 in München; † 26. Juni 1982 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Psychosomatiker, Psychoanalytiker, Sozialpsychologe und Umerzieher.

Werdegang

Alexander Mitscherlich war der Sohn eines Chemikers und entstammte einer Familie von berühmten Naturforschern, Biologen und Chemikern (Prof. Eilhard, Alfred und Alexander Mitscherlich). Er studierte zunächst in München, Berlin und Freiburg Geschichte, Philosophie und Literaturwissenschaften, u. a. bei dem jüdischen Historiker Paul Joachimsen (Geschichte). Mitscherlich war bereits mit einer Dissertation über das historische Luther-Bild beschäftigt, als Joachimsen 1932 starb und dessen Nachfolger (Karl Alexander von Müller) sich weigerte, die Arbeit seines jüdischen Kollegen zu übernehmen. Mitscherlich brach daraufhin sein Studium ab.[1]

Eine erste Verhaftung und Hausdurchsuchung wegen seiner kritischen Haltung erfolgte im Januar 1933. Danach eröffnete Mitscherlich eine Buchhandlung in Berlin-Dahlem. Sie wurde im Frühjahr 1935 durch die SA geschlossen.[2] Kurz darauf erging wegen antinationalsozialistischer Aktivitäten ein Steckbrief gegen ihn. Er floh in die Schweiz und begann in Zürich Medizin zu studieren. 1937 wurde er bei einer illegalen Fahrt nach Deutschland durch die Gestapo erneut verhaftet und für einige Zeit inhaftiert. Er promovierte als Mediziner 1941 in Heidelberg.[3]

In seinem Buch „Die mißhandelte Geschichte“ (1983) schreibt Hermann Eich (1958 bis 1980 Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung): „Nach Hitlers Tod setzten viele Deutsche im schnellen Wechsel von Begeisterung zu Verdammung einen Sündenbock-Mechanismus in Gang [...] Mitscherlich gestand selbst erst nach jahrelangem Zögern, daß auch er bei Reichstagswahlen einmal Hitler seine Stimme gab.“ Alexander Mitscherlich mauserte sich nach 1945 zu einem der Chef-Umerzieher und war 1945/46 ärztlicher Mitarbeiter des Sieger-Tribunals.[4]

Nach der Habilitation 1946 wurde er Dozent und 1952 außerordentlicher Professor in Heidelberg, wo er als Psychoanalytiker schon 1949 das Psychosomatische Institut gegründet hatte und leitete. Im Jahre 1967 ging er als Professor nach Frankfurt a. M., wo er von 1959 bis 1976 als Direktor des vom Land Hessen mit auf Betreiben der „Frankfurter Schule“ eingerichteten Sigmund-Freud-Instituts (SFI) für Psychoanalyse tätig war. Von hier aus wurde der deutsche Nachholbedarf an Psychoanalyse gelenkt und vor allem in die Lehrerbildung eingeschleust, nachdem die Freud'sche Lehre als Mode in den VSA schon ihren Höhepunkt überschritten hatte.[2]

Alexander Mitscherlich verstand es, die Psychoanalyse als Mittel gesellschaftspolitischer Auseinandersetzungen bekannt zu machen, sie zu politisieren und ihr eine wichtige Stellung im Rahmen der auf Umwälzung der bestehenden Ordnung abzielenden Bestrebungen der „Neuen Linken“ zu verschaffen. 1963 erschien sein einflußreiches Buch „Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft“, 1970 die „Idee des Friedens und die menschliche Aggressivität“. Ab 1947 war er Mitherausgeber der „Zeitschrift für Psychoanalyse und ihre Anwendungen“.[2]

Im Jahre 1969 erhielt er den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, nachdem er 1968 mit seiner dritten Frau, der Psychoanalytikerin Margarete Mitscherlich-Nielsen, das Buch „Die Unfähigkeit zu trauern“ herausgebracht hatte. Darin wird sein Vorwurf an die damalige deutsche Elterngeneration, die Hitlerzeit schon verdrängt und zu wenig an „Trauerarbeit“ geleistet zu haben, dargestellt, der dann wesentlich zur Verschärfung des Generationenkonflikts in Deutschland wie zur weiteren innenpolitischen Neurotisierung beitrug. Den Deutschen unterstellte er einen „Tötungsinstinkt“, der gegenüber den Juden wirksam geworden sei. Dabei war ihm wohl gar nicht bewußt geworden, wie sehr er sich als Rassist offenbarte. Statt zur Heilung gereichte diese einseitige politische und die deutsche Schuld hervorhebende Darstellung zur weiteren Belastung der Deutschen, von denen sich der Autor selbst scharf distanzierte.[2]

Als 1965 sein Aufsatz über die „Unwirtlichkeit unserer Städte“ erschien, zweifelte erstmalig „ein Progressiver an der Progressivität unserer sogenannten industriellen Wachstumsgesellschaft“.[5]

Alexander Mitscherlich starb am 26. Juni 1982 in Frankfurt, nachdem in den letzten Jahren die Bedeutung seiner Ideen und der Einfluß seiner Schule bereits erheblich zurückgegangen waren. Am 5. November 1982 bezeichnete sogar die linke Wochenzeitung „Die ZeitFreuds Psychoanalyse als den „Aberglauben des Jahrhunderts“ und zitierte zustimmend Karl Popper, der sie eine „Sache für Schwachköpfe“ genannt hatte.[2]

Margarete Mitscherlich erklärte Jahre später im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF): „Daß die Deutschen aussterben, so wie sie bisher waren, [...] kann man eigentlich nicht bedauern. Gut deutsch sprechende Gastarbeiter könnten ihren ganzen kulturellen Reichtum einbringen.“[6] Im Fernsehen gab sie den Deutschen auch den Rat: „In der Welt gibt es Millionen hungernde Kinder. Die Deutschen würden besser diese adoptieren, anstatt eigene zu bekommen.“ Und ähnlich meinte die Psychoanalytikerin: „Ich bin froh, daß das heutige Deutschland viele Millionen ausländische Bürger beheimatet. Sie haben das Land mit aufgebaut (was nicht stimmt, da sie erst nach dem Wiederaufbau kamen, Rolf Kosiek), befruchtet und bei uns eine Lebensvielfalt verwirklicht, die ich nicht mehr missen möchte.“[7]

Mitgliedschaften

Mitscherlich war Mitbegründer und langjähriges Mitglied der 1961 begründeten Organisation „Humanistische Union“.

Auszeichnungen

1969 erhielt Alexander Mitscherlich den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 1972 die Goldene Wilhelm-Bölsche-Medaille, 1973 den Kulturpreis der Stadt München und die Wilhelm-Leuschner-Medaille.

Familie

Alexander Mitscherlich war in erster Ehe mit einer frühen Vertreterin des Faches und späteren Dozentin für Psychosomatik, Melitta Mitscherlich, dann mit Georgia Wiedemann und schließlich mit Margarete Mitscherlich verheiratet. Er hatte insgesamt sieben Kinder, darunter Thomas Mitscherlich und Monika Seifert. Mitscherlich war der Sohn des Chemikers Harbord Mitscherlich und Clara Mitscherlich, geborene Heigenmooser, sowie der Enkel des Chemikers Alexander Mitscherlich.

Literatur

  • Alexander Mitscherlich: Die Unwirtlichkeit unserer Städte. Anstiftung zum Unfrieden. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1965 [damals noch keine ISBN]


Fußnoten

  1. Internationales Biographisches Archiv 01/1983
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Rolf Kosiek: Die Frankfurter Schule und ihre zersetzenden Auswirkungen - Grabert/Hohenrain-Verlag 2001 ISBN 978-3891800614
  3. Im Dritten Reich sei er verfolgt worden, heißt es. Andererseits konnte er 1939 in Heidelberg das Staatsexamen ablegen, 1941 bei Victor von Weizsäcker promovieren und bis 1945 als Neurologe an der Universität Heidelberg tätig sein.
  4. Nach Kriegsende betätigte sich Mitscherlich unrühmlich als Leiter der deutschen Ärztekommission beim Nürnberger Alliierten Militärtribunal.
  5. zit. in Stuttgarter Nachrichten, 20. September 1978
  6. zit. in BILD, 17. Dezember 1986
  7. zit. in Die Welt, 29. November 1999