Althochdeutsche Sprachlehre

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Eigenheiten der Sprache und Sprachlehre

Umlaut

Typisch für das Althochdeutsche und wichtig für das Verständnis bestimmter Formen in späteren Sprachstufen des Deutschen (wie die rückumlautenden schwachen Zeitwörter) ist der althochdeutsche Erstumlaut. Hierbei bewirken die Laute /i/ und /j/ in der Folgesilbe, dass /a/ zu /e/ umgelautet wird.

Endsilben

Eigenheiten der althochdeutschen Sprache sind die noch selbstlautisch volltönenden Endungen (siehe Latein), zum Beispiele:

ahd.: neuhochdeutsch:
mahhôn machen
taga Tage
demo dem
perga Berge


Die Abschwächung der Endsilben im Mittelhochdeutschen ab 1050 gilt als Hauptkriterium zur Abgrenzung der beiden Sprachstufen.

Fürwörter

Die Beugung der Fürwörter im Althochdeutschen sieht wie folgt aus:

Zahl Person Geschlecht Nennfall Zeugefall Gebefall Klagefall
Einzahl 1.   ih mīn mir mih
2.   dīn dir dih
3. Männlich (h)er (sīn) imu, imo inan, in
Weiblich siu; sī, si ira, iru iro sia
Sächlich iz es, is imu, imo iz
Mehrzahl 1.   wir unsēr uns unsih
2.   ir iuwēr iu iuwih
3. Männlich sie iro im, in sie
Weiblich siu iro im, in siu
Sächlich sio iro im, in sio
Höflichkeitsform 2.   ir iuwēr iu iuwih

Hinweisendes Fürwort / Bestimmtes Geschlechtswort im Althochdeutschen

In der althochdeutschen Zeit spricht man allerdings eher noch von dem hinweisenden Fürwort, da sich das bestimmte Geschlechtswort (Begleiter) als ein Anzeichen der Sprachlehre erst im späten Althochdeutsch aus dem hinweisenden Fürwort entwickelt hat.[1]

Einzahl männlich weiblich sächlich 'Mehrzahl männlich weiblich sächlich
Nennfall dër diu daȥ Nennfall dē, dea, dia, die deo, dio diu, (dei?)
Zeugefall dës dëra, (dëru, -o) dës Zeugefall dëru dëra dëru
Gebefall dëmu, -o dëru, -o dëmu, -o Gebefall dēm, dēn dēm, dēn dēm, dēn
Klagefall dën dea, dia (die) daȥ Klagefall dē, dea, dia, die deo, dio diu, (dei?)

Nennfall wie Klagefall sind in der Mehrzahl recht willkürlich und von Mundart zu Mundart unterschiedlich, sodass eine ausdrückliche Trennung, welche dieser Formen eindeutig den Klagefall und welche den Nennfall beschreibt, nicht möglich ist. Zudem kann man anhand dieser Aufstellung bereits einen langsamen Zusammenfall der verschiedenen Formen feststellen. Während es in der Nennfall- und Klagefallmehrzahl noch viele recht unregelmäßige Formen gibt, sind Zeugefall und Gebefall, sowohl der Einzahl als auch der Mehrzahl, vergleichsweise regelmäßig.

Zeitwörter

Auch bei den Zeitwörtern wird zwischen einer starken (selbstlautischen) und einer schwachen Beugung unterschieden. Die Zahl der schwachen Zeitwörter war zu jeder Zeit höher als die der starken Verben, aber die zweite Gruppe war im Althochdeutschen deutlich umfangreicher als heute. Neben diesen beiden Gruppen gibt es die Präterito-Präsentien, Zeitwörter, welche mit ihrer Mitvergangenheitsform Gegenwartsbedeutung aufweisen.

Starke Zeitwörter

Bei den starken Zeitwörtern kommt es im Althochdeutschen zur Veränderung des Selbstlautes im Grundmorphem, welches die lexikalische Bedeutung des Wortes trägt. Die Beugung der Wörter wird durch Endungen gekennzeichnet. Man unterscheidet im Althochdeutschen sieben verschiedene Ablautreihen, wobei die siebte nicht auf einen Ablaut, sondern auf Verdoppelung zurückgeht.

Ablautreihen
Ablaut-
reihe
Infinitiv 1. Person
Einzahl
Wirklichkeitsform
Gegenwart
1. + 3. Person
Einzahl
Wirklichkeitsform
Mitvergangenheit
1.+3. Person
Mehrzahl, 2. Pers. Einzahl
Wirklichkeitsform
Mitvergangenheit
Mittelwort
Mitvergangenheit
I.a ī + Mitlaut
(nicht h oder w)
ī ei i i
I.b ī + h oder w ī ē i i
II.a io + Mitlaut
(nicht h oder Dental)
iu ou u o
II.b io + h
oder Dental
iu ō u o
III.a i + Nasenlaut
oder Mitlaut
i a u u
III.b e + Liquid
oder Konsonant
i a u o
IV. e + Nasenlaut
oder Liquid
i a ā o
V. e + Mitlaut i a ā e
VI. a + Mitlaut a uo uo a
VII. ā, a, ei
ou, uo
oder ō
ā, a, ei
ou, uo
oder ō
ie ie ā, a, ei
ou, uo
oder ō

Beispiele in rekonstruiertem und vereinheitlichtem Althochdeutsch:

  • Ablautreihe I.a: rītan - rītu - reit - ritun - giritan (nhd. reiten, fahren)
  • Ablautreihe I.b: zīhan - zīhu - zēh - zigun - gizigan (nhd. bezichtigen, zeihen)
  • Ablautreihe II.a: biogan - biugu - boug - bugun - gibogan (nhd. biegen)
  • Ablautreihe II.b: biotan - biutu - bōt - butun - gibotan (nhd. bieten)
  • Ablautreihe III.a.: bintan - bintu - bant - buntun - gibuntan (nhd. binden)
  • Ablautreihe III.b.: werfan - wirfu - warf - wurfun - giworfan (nhd. werfen)
  • Ablautreihe IV.: neman - nimu- nam - nāmun - ginoman (nhd. nehmen)
  • Ablautreihe V.: geban - gibu - gab - gābun - gigeban (nhd. geben)
  • Ablautreihe VI.: faran - faru - fuor - fuorun - gifaran (nhd. fahren)
  • Ablautreihe VII.: rātan - rātu - riet - rietun - girātan (nhd. raten)
Beendete und unbeendete Beugungsformen
Infinite Formen Zeitwortsform
Nennform werfan
Mittelwort
Gegenwart
werfanti
werfenti
Mittelwort
Mitvergangenheit
giworfan
Finite Formen Fürwort Gegenwart Mitvergangenheit
Wirklichkeitsform Einzahl
1. Person ih wirfu warf
2. Person wirfis wurfi
3. Person er, siu, iz wirfit warf
Wirklichkeitsform Mehrzahl
1. Person wir werfemēs wurfun
2. Person ir werfet wurfut
3. Person sie, siu werfent wurfun
Möglichkeitsform Einzahl
1. Person ih werfe wurfi
2. Person werfēs wurfī
3. Person er, siu, iz werfe wurfi
Möglichkeitsform Mehrzahl
1.Person wir werfēmes wurfīmēs
2. Person ir werfēt wurfīt
3. Person sie, siu werfēn wurfīn
Befehlsform
2. Person Einzahl wirf
2. Person Mehrzahl werfet

Beispiel: werfan - wirfu - warf - wurfun - giworfan (nhd. werfen) nach der Ablautreihe III. b

Schwache Zeitwörter

Die schwachen Zeitwörter des Althochdeutschen lassen sich morphologisch und semantisch über ihre Endungen in drei Gruppen einteilen:

1. Zeitwörter mit der Endung -jan mit kausativer Bedeutung (etwas machen, bewirken), Beispiel *zaljan → zellen - "zählen" ~ "Zahlen machen":

Finite Formen Fürwort Gegenwart Mitvergangenheit
Wirklichkeitsform Einzahl
1. Person ih zellu zellita
2. Person zellis zellitos
3. Person er, siu, iz zellit zellita
Wirklichkeitsform Mehrzahl
1. Person wir zellumēs zellitum
2. Person ir zellet zellitut
3. Person sie, siu zellent zellitun
Möglichkeitsform Einzahl
1. Person ih zele zeliti
2. Person zellēst zelitīs
3. Person er, siu, iz zele zeliti
Möglichkeitsform Mehrzahl
1.Person wir zelēm zelitīm
2. Person ir zelēt zelitīt
3. Person sie, siu zelēn zelitīn
Befehlsform
2. Person Einzahl zel
2. Person Mehrzahl zellet

2. Verben mit der Endung -ôn mit instrumentaler Bedeutung (etwas benutzen),

3. Verben mit der Endung -ên mit durativer Bedeutung (vollziehen, werden).

Erstere sind für das Verständnis der im mittelhochdeutschen sehr häufig und auch heute noch teilweise vorhandenen schwachen Zeitwörter mit Rückumlaut elementar, da hier das /j/ in der Endung den oben beschriebenen Erstumlaut in der Gegenwart bewirkt.

Besondere Zeitwörter

Das althochdeutsche Verb sīn wird als Verbum substantivum bezeichnet, weil es für sich allein stehen kann und ein Dasein von etwas beschreibt. Es zählt zu den Wurzelverben, welche zwischen Stamm- und Flexionsmorphem keinen Bindevokal aufweisen. Diese Verben werden auch als athematisch (ohne Binde- oder Themavokal) bezeichnet. Das Besondere an sīn ist, dass sein Paradigma suppletiv ist, also aus verschiedenen Verbstämmen gebildet wird (idg. *h₁es- (sein), *bʰew- (werden) und *wes-(leben)). In der Gegenwart und der Möglichkeitsform besteht weiterhin das auf *h₁es- zurückgehende sīn (die mit b- beginnenden Formen gehen hingegen auf *bʰew- zurück), in der Mitvergangenheit jedoch wird es durch das starke Zeitwort wesan (frühnhd. wesen) ersetzt, welches nach der fünften Ablautreihe gebildet wird.

Gegenwart Fürwort Wirklichkeitsform - Einzahl
1. Person ih bim, bin
2. Person bist sīs, sīst
3. Person er, siu, ez ist
Mehrzahl
1. Person wir birum, birun sīn
2. Person ir birut sīt
3. Person sie, sio, siu sint sīn

Zeit

Im Germanischen gab es lediglich zwei Zeiten: Die Mitvergangenheit für die Vergangenheit und die Gegenwart für die Nicht-Vergangenheit (Gegenwart, Zukunft). Mit Einsetzen der Verschriftlichung und Übersetzungen aus dem Latein ins Deutsche begann man, deutsche Entsprechungen für die lateinischen Zeiten wie Vergangenheit, Vorvergangenheit, Zukunft und Vorzukunft im Althochdeutschen zu entwickeln. Zumindest Ansätze für die haben- und sein-Vergangenheit lassen sich schon im Althochdeutschen ausmachen. Die Entwicklung wurde im Mittelhochdeutschen fortgeführt.

Althochdeutsche Beugung

Fälle

Das Althochdeutsche kannte fünf Fälle.

Die Reihung der Fälle entspricht jener der germanischen Sprachwissenschaft, also entgegen der gewohnten deutschen Nennfall, Zeugefall, Gebefall, Klagefall. Die hier angewandte ist folgende: Nennfall, Klagefall, Zeugefall, Gebefall, Werksfall.

Selbstlautbeugungen

Die Namen der Beugungen stammen von ihrer Erscheinung im Urgermanischen.

a-Beugung

Diese Beugung entspricht der lateinischen o-Beugung (-us/-um) und der gleichnamigen im Griechischen (-os/-on). Wie in diesen beiden Sprachen enthält die a-Beugung lediglich männliche und sächliche Wörter.

tag; tagā (-a)
Tag m.
wort; wort
Wort s.
Einzahl Mehrzahl Einzahl Mehrzahl
Nennfall tag tagā (-a) –ā (–a) wort wort
Klagefall tag tagā (-a) –ā (–a) wort wort
Zeugefall tages (-as) –es (–as) tago –o wortes (-as) –es (–as) worto –o
Gebefall tage (-a) –e (–a) tagum (-om, -un, -on) –um (–om, –un, –on) worte (-a) –e (–a) wortum (-om, -un, -on) –um (–om, –un, –on)
Werksfall tagu (-o) –u (–o) -- -- wortu (-o) –u (–o) -- --

Weitere männliche Namenwörter, die wie tag gebeugt werden, sind folgende: bërg "Berg", wëg "Weg", geist "Geist", himil "Himmel", tiufal "Teufel", kuning "König". Anmerkungen:

  • Bei den Endungen -al, -ar and -an (bei langen Stämmen), wird für und für das ‘a’ ausgelassen: Nennfall Einzahl ackar "Acker", Zeugefall Einzahl ackres. In diesen Fällen war jenes ‘a’ auch im Urgermanischen nicht vorhanden und kam erst später dazu (vgl. gotisch akrs < Urgermanisch *akraz).
  • Eigennamen der a-Beugung erhalten im Klagefalle -an; Nennfall Petrus, Klagefall Petrusan; ähnlich truhtīn "Trechtein", Klagefall truhtīnan.

Beispiele von sächlichen Namenwörtern dieser Beugung: barn "Barn, Kind", sēr "Schmerz", swërt "Schwert", honag "Honig". Anmerkungen:

  • Auch hier gilt: Nennfall Einzahl zwīfal "Zweifel", Zeugefall Einzahl zwīfles.
  • Verkleinerungen in -īn und -līn;. magatīn "Maidlein", fingarlīn "Fingerlein", sind nur in mitteldeutschen Mundarten wie oben zu beugen. Für die oberdeutschen (die eigentlichen althochdeutschen) Mundarten gilt, daß das Endungs-n im Nennfalle und Klagefalle wegfällt. Im Allemannischen enden Nennfall und Klagefall Mehrzahl in -iu.

ja-Beugung

War diese Beugung gleich der obigen, nur mit einem ‘j’ vorher, so entwickelte sich aufgrund der Lautverschiebungen eine eigene daraus. Auch im Griechischen und den slawischen Zungen gab es dergestalte Entwicklungen. Sie entspricht der lateinischen –ius/-ium-Beugung und der griechischen von –ios/-ion. In ihr finden sich, da sie ja aus der a-Beugung entstand, nur Namenwörter männlichen und sächlichen Geschlechtes. (für den Lautwandel gilt folgendes; z.B., -zdos < *-gyos or *-dyos; -llos < *-lyos; -ptos < -*pyos; -ssos or -ttos < -*tyos; -airos/-eiros/-oiros < *-aryos/-eryos/-oryos; -ainos/-einos/-oinos < *-anyos/enyos/onyos; usw., und ähnliches für sächliches -ion or *-yon).

hirti; hirte / hirtā (-a)
Hirte m.
kunni; kunni
Künne, Rasse s.
Einzahl Mehrzahl Einzahl Mehrzahl
Früh Spät Früh Spät Früh Spät Früh Spät
Nennfall hirti –i hirti –i hirte –e hirtā (-a) –ā (–a) kunni -i kunni -i kunni -i kunni -i
Klagefall hirti –i hirti –i hirte –e hirtā (-a) –ā (–a) kunni -i kunni -i kunni -i kunni -i
Zeugefall hirtes –es hirtes –es hirteo (-io) –eo (–io) hirto –o kunnes –es kunnes –es kunneo (-io) –eo (–io) kunno –o
Gebefall hirtie –ie hirte –e hirtum (-un, -on) –um (–un, –on) hirtim (-in) –im (–in) kunnie –ie kunne –e kunnum (-un, -on) –um (–un, –on) kunnim (-in) –im (–in)
Werksfall hirtiu –iu hirtu (-o) –u (–o) -- -- -- -- kunniu –iu kunnu (-o) –u (–o) -- -- -- --

Der Übergang der frühen althochdeutschen Litze zu den späteren erfolgte während des neunten Jahrhunderts.

Ebenso wie hirti warden folgende Wörter gebeugt: Täterwörter auf -āri (-ari, -eri), z.B.: wahtāri (-ari, -eri) "Wächter", lērāri "Lehrer", scrībāri "Schreiber"; aber auch, karkāri "Kerker", altāri "Altar", rucki "Rücken", phuzzi, puzzi "gut", kāsi "Käse".

Wie kunni: enti "Ende", rīchi "Reich", betti "Bett", gizungi "Sprache", finstarnessi "Finsternis", heri "Heer" (Zeugefall Einzahl heries, Gebefall Einzahl herie, herige).

wa-Beugung

snēo, snē; snēwā (-a)
Schnee m.
kneo; kneo
Knie s.
Einzahl Mehrzahl Einzahl Mehrzahl
Nennfall snēo, snē –o, – snēwā (-a) –wā (–wa) kneo –o, – kneo –o, –
Klagefall snēo, snē –o, – snēwā (-a) –wā (–wa) kneo –o, – kneo –o, –
Zeugefall snēwes –wes snēwo –wo knëwes –wes knëwo –wo
Gebefall snēwe –e snēwum (–un, –on) –um (–un, –on) knëwe –e knëwum (–un, –on) –um (–un, –on)

Anmerkungen:

  • -o des Nennfalles kann nach langem Selbstlaute wegfallen.
  • Geht -w ein Mitlaut voran, wird -a- (seltener -o- or -e-) in manchen Fällen eingeschoben, e.g. sächliches trëso "Schatz" wird im Zeugefalle zu trësawes.

Weitere Namenwörter dieser Beugung:

  • männlich: lēo "Grab", sēo "See", scato (Zeugefall scatawes) "Schatten", (Zeugefall būwes) "Bau".
  • sächlich rēo "Leicham, Körper", zëso (Zeugefall zësawes) "rechte Seite", smëro (Zeugefall smërawes) "Fett".

ō-Beugung

Sie entspricht der lateinischen a- bzw. griechischen α-Beugung. Sie enthält weibliche Namenwörter.

gëba; gëbā
Geschenk, Gift w.
Einzahl Mehrzahl
Nennfall gëba –a gëbā –ā
Klagefall gëba –a gëbā –ā
Zeugefall gëba (-u, -o) –a (–u, –o) gëbōnō –ōnō
Gebefall gëbu (-o) –u (–o) gëbōm (-ōn, -on) –ōm (–ōn, –on)

Weitere Beispiele: ërda "Erde", ēra "Ehre", zala "Zahl", triuwa "Treue", corunga "Versuchung", hertida "Härte", miltida "Mitleid", gi-nāda "Gnade", lōsunga "Erlösung", stunta "Zeit".

jō-Beugung

sunta; sunte, -eā (-iā) / suntā
Sünde w.
kuningin; kuninginnā
Königin f.
Einzahl Mehrzahl Einzahl Mehrzahl
Früh #1 Früh #2 Spät Früh #1 Früh #2 Spät
Nennfall sunte –e suntea (-ia) –ea (–ia) sunta –a sunte –e suntea (-ia) –ea (–ia) suntā –ā kuningin –in kuninginnā –innā
Klagefall sunte –e suntea (-ia) –ea (–ia) sunta –a sunte –e suntea (-ia) –ea (–ia) suntā –ā kuninginna (-in) –inna (–in) kuninginnā –innā
Zeugefall sunte –e suntea (-ia) –ea (–ia) sunta (-u, -o) –a (–u, –o) sunteōno –eōno sunteōno –eōno suntōno –ōno kuninginna –inna kuninginnōno –innōno
Gebefall suntiu –iu suntiu –iu suntu (-o) –u (–o) sunteōm –eōm sunteōm –eōm suntōm (-ōn) –ōm (–ōn) kuninginnu –innu kuninginnōm (-ōn) –innōm (–innōn)

Weitere Beispiele (nach ‚sunta’): hella "Hölle", sibba, sippa "Friede", minna "Minne, Liebe", krippa "Krippe".

Wie kuningin: forasagin "Weissagerin", friuntin "Freundin", burdin "Bürde".

i-Beugung

Sie entspricht den dritten Beugungen im Lateinischen und Griechischen. Diese Beugung enthält männliche und weibliche Wörter, wobei die männlichen in der Einzahl mit den Wörtern der a-Beugung zusammenfallen, währenddessen weibliche Wörter die ursprüngliche Art der Beugung erhalten haben.

gast; gesti
Gast m.
anst; ensti
Gunst w.
Einzahl Mehrzahl Einzahl Mehrzahl
Früh Spät Früh Spät Früh Spät Früh Spät
Nennfall gast gast gesti –i gesti –i anst ansti ensti –i ensti –i
Klagefall gast gast gesti –i gesti –i anst ansti ensti –i ensti –i
Zeugefall gastes –es gastes –es gesteo (-io) –eo (–io) gesto –o ensti –i ensti –i ensteo (-io) –eo (–io) ensto –o
Gebefall gaste –e gaste –e gestim (-in) –im (–in) gesten –en ansti –i ansti –i enstim (-in) –im (–in) ensten –en
Werksfall gastiu (gestiu) –iu gastu –u -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --

u-Beugung

Diese Beugung wurde, verglichen mit anderen alten germanischen Schwestersprachen wie dem Altenglischen, zusehends abgebaut. Viele der ursprünglich hier zugeteilten Namenwörter wechselten in die i- oder, seltener, in die a-Beugung. Die Verbliebenen wurden stark durch die i-Beugung beeinflusst, lediglich im Nennfalle sowie Klagefalle blieb ein Endungs-u erhalten.

situ; siti
Sitte m.
fihu
Vieh s.
Einzahl Mehrzahl Singular
Früh Spät Früh Spät
Nennfall situ –u situ –u siti –i siti –i fihu –u
Klagefall situ –u situ –u siti –i siti –i fihu –u
Zeugefall sites –es sites –es siteo (-io) –eo (–io) sito –o fihes –es
Gebefall site –e site –e sitim (-in) –im (–in) siten –en fihe –e
Werksfall sitiu (sitiu) –iu situ –u -- -- -- -- -- --

Anmerkungen:

  • Fünf männliche Namenwörter folgen dieser Beugung: situ "Sitte", fridu "Friede", hugu "Verständnis", sigu "Sieg", and sunu "Sohn".
  • Lediglich ein sächliches Namenwort, fihu "Vieh", geht nach dieser Beugung, ist aber nur in der Einzahl vorhanden.
  • Die einzige weibliche Spur der u-Beugung ist im Worte hant "Hand", zu finden. Es wird wie ein weiblicher i-Stamm, mit Ausnahme des Gebefalles Mehrzahl, wo die alte u-Art hantum, -un, -on angewandt wird, gebeugt.

ī-Beugung

Diese Abteilung enthält weibliche, abstrakte Wörter und entstand durch den Zusammenfall zweier Beugungen, die im Gotischen noch getrennt vorhanden waren: Vgl. Gotische ei-Stämme (eine Untereinteilung der schwachen Beugung, abgeleitet durch Eigenschaftswörter: z.B. diupei "Tiefe", Zeugefall diupeins, aus diups "tief") sowie eins-Stämme (eine Unterart der i-Beugung, aus der 1.Klasse schwacher Zeitwörter, z.B. dáupeins "Tauchen", Zeugefall dáupeináis, von dáupjan "tauchen").

hōhī (hōhīn); hōhī (hōhīn)
Höhe w.
Einzahl Mehrzahl
Nennfall hōhī (hōhīn) –ī (–īn) hōhī (hōhīn) –ī (–īn)
Klagefall hōhī (hōhīn) –ī (–īn) hōhī (hōhīn) –ī (–īn)
Zeugefall hōhī (hōhīn) –ī (–īn) hōhīno –īno
Gebefall hōhī (hōhīn) –ī (–īn) hōhīm (hōhīn) –īm (–īn)

Weiters: scōnī "Schönheit, Schöne", suoẓẓī "Süße", snëllī "Schnelle, Schnelligkeit", tuifī "Tiefe", menigī, managī "Menge", irstantanī "Auferstehung [Erstandene]", toufī "Taufe", welī "Wahl", leitī "Führerschaft [Leite]".

Starke Mitlautsbeugungen

Einsilbige Mitlautsbeugung

man; man
Mann m.
naht; naht
Nacht w.
Einzahl Mehrzahl Einzahl Mehrzahl
Nennfall man man naht naht
Klagefall man man naht naht
Zeugefall mannes –es manno –o naht nahto –o
Gebefall man, manne –, –e mannum (-om, -un, -on) –um (–om, –un, –on) naht nahtum (-un, -on) –um (–un, –on)

Die Wörter dieser Beugung wechselten schon in frühen Wortgeweben in andere:

  • Bloß eine kleine Anzahl von Namenwörtern blieb in dieser Beugungsart. Die Mehrheit wechselte zur i-Beugung.
  • eoman, ioman "jemand" and neoman, nioman "niemand" haben eine Endung -an im Klagefall Einzahl, e.g. eomannan, neomannan.
  • fuoẓ "Fuß" wechselte in die i-Beugung, behielt allerdings die Endungen –um (–un, –on) in der Gebefall Mehrzahl.
  • Die einzige Spur sächlicher Wörter bildet hūs "zu [einem] Hause" neben dem regulären hūse.
  • buoch "Buch" ist meist wie ein a-Stamm in der Einzahl zu beugen, aber wie ein weiblicher Mitlautsstamm in der Mehrzahl.
  • burg "Burg, Stadt" und brust "Brust" warden manchmal wie ein weibliche Mitlautsstamm, manchmal wie weibliche i-Stämme gebeugt.


r-Beugung

fater; faterā (-a)
Vater m.
muoter; muoter
Mutter w.
Einzahl Mehrzahl Einzahl Mehrzahl
Früh Spät Früh Spät
Nennfall fater fater faterā (-a) –ā (–a) faterā (-a) –ā (–a) muoter muoter
Klagefall fater fater faterā (-a) –ā (–a) faterā (-a) –ā (–a) muoter muoter
Zeugefall fater fateres –es fatero –o fatero –o muoter muotero –o
Gebefall fater fatere –e faterum –um faterun (-on) –un (–on) muoter muoterum (-un, -on) –um (–un, –on)
  • fater "Vater" wechselte später zur a-Beugung, und schon in alten Wortgeweben leihten Nennfall und Klagefall Mehrzahl -ā (-a) von den a-Stämmen.
  • muoter "Mutter" erhielt die ursprüngliche Beugung, nicht durch a-Stämme verunreint. Weitere Wörter: bruoder "Bruder", tohter "Tochter", und swëster "Schwester".

nd-Beugung

friunt; friunt, friuntā (-a)
Freund m.
Einzahl Mehrzahl
Früh Spät
Nennfall friunt friunt friuntā (-a) –ā (–a)
Klagefall friunt friunt friuntā (-a) –ā (–a)
Zeugefall friuntes –es friunto –o friunto –o
Gebefall friunte –e friuntum –um friuntun (-on) –un (–on)

Diese Beugung fiel später mit der a-Beugung zusammen. Bloß in frühen Wortgeweben haben die Nennfall- und Klagefallmehrzahl eine eigene, endungslose Ausgabe. Eine große Anzahl an Wörtern gehört hierher: z.B. fīant "Feind", wīgant "Weigand, Krieger", und viele ander auf -ant.


z-Beugung

Diese Beugung enthält sächliche Wörter und entspricht den altgriechischen sächlichen Namenwörtern auf –os und lateinischen sächlichen auf –us (deren Zeugefall endet auf –eris, -oris). Diese Beugungsart wurde im Mittel- und Neuhochdeutschen deutlich ausgebaut.

lamb; lembir
Lamm s.
Einzahl Mehrzahl
Früh Spät
Nennfall lamb lembir –ir lembir –ir
Klagefall lamb lembir –ir lembir –ir
Zeugefall lambes –es lembiro –iro lembiro –iro
Gebefall lambe –e lembirum (-irom) –irum (–irom) lembirun (-iron) –irun (–iron)
Werksfall lambu (-o) –u (–o) -- -- -- --

Im Althochdeutschen hingegen wurden nur wenige Hauptwörter nach dieser Art gebeugt: So beispielsweise kalb "Kalb", blat "Blatt", und grab "Grab".


Die schwache Beugung

hano; hanon (-un)
Hahn m.
hërza; hërzun (-on)
Herz s.
zunga; zungūn
Zunge w.
Einzahl Mehrzahl Einzahl Mehrzahl
Nennfall hano –o hanon (-un) –on (–un) hërza –a hërzun (-on) –un (–on) zunga –a zungūn –ūn
Klagefall hanon (-un) –on (–un) hanon (-un) –on (–un) hërza –a hërzun (-on) –un (–on) zungūn –ūn zungūn –ūn
Zeugefall hanen (-in) –en (–in) hanōno –ōno hërzen (-in) –en (–in) hërzōno –ōno zungūn –ūn zungōno –ōno
Gebefall hanen (-in) –en (–in) hanōm (-ōn) –ōm (–ōn) hërzen (-in) –en (–in) hërzōm (-ōn) –ōm (–ōn) zungūn –ūn zungōm (-ōn) –ōm (–ōn)

Eigenschaftswörter

Eigenschaftswörter wurden und werden in den germanischen Zungen nach schwachen und starken eingeteilt. Dies ist eine eigenständige, germanische Neuerung, wobei ähnliches auch in den balto-slawischen Sprachen geschah.

In vielen indogermanischen Sprachen (wie dem Lateinischen oder Altgriechischen) werden Eigenschaftswörter nach derselben Art wie die Hauptwörter gebeugt. Die germanischen ‚starken’ Eigenschaftswörter aber haben viele Endungen aus der Beugung der Fürworter ererbt, während die ‚schwachen’ Eigenschaftswörter ihre Endungen aus den n-Stämmen erhalten haben. Allgemein kann behauptet werden, dass schwache Eigenschaftswörter benützt werden, wenn das Eigenschaftswort von einem bestimmten Geschlechtswort (der, die, das) begleitet wird. In anderen Lagen kommen die starken zur Anwendung. Allerdings gibt es bestimmte Fälle, wo es Ausnahmen dieser Bestimmungen gibt. Außerdem gibt es Eigenschaftswörter, die ‚nur’ schwach oder stark sein können, unabhängig vom Gebrauche.


Starke a-/o-Beugung

blint; blintēr, blintaẓ, blintiu
blind
Einzahl Mehrzahl
Männlich Sächlich Weiblich Männlich Sächlich Weiblich
Nennfall blintēr, blint –ēr, – blintaẓ, blint –aẓ, – blintiu, blint –iu, – blinte (blint) –e (–) blintiu (blint) –iu (–) blinto (blint) –o (–)
Klagefall blintan -an blintaẓ, blint –aẓ, – blinta –a blinte -e blintiu –iu blinto –o
Zeugefall blintes –es blintes –es blintera –era blintero –ero blintero –ero blintero –ero
Gebefall blintemu (-emo) –emu (–emo) blintemu (-emo) –emu (–emo) blinteru (-ero) –eru (–ero) blintēm (-ēn) –ēm (–ēn) blintēm (-ēn) –ēm (–ēn) blintēm (-ēn) –ēm (–ēn)
Werksfall blintu (-o) –u (–o) blintu (-o) –u (–o) -- -- -- -- -- -- -- --


Beachte, daß ungebeugte Litze zeitweise in der Nennfalleinzahl und der -mehrzahl aller Geschlechte, sowie in der Klagefalleinzahl vorkommen. In den Fällen der Einzahl gibt es mehrer Möglichkeiten: Entweder wird das Eigenschaftswort als Beifügung benützt (blint man oder blintēr man "blinder Mann") oder halt als Aussage (dër man ist blintēr oder dër man ist blint "Der Mann ist blind"). In der Mehrzahl kann die ungebeugte Form als Möglichkeit neben der gebeugten Form nur dann verwendet werden, wenn es sich um eine Aussage handelt: die man sint blinte oder die man sint blint "Die Männer sind blind"), nicht aber, wenn es sich um eine Beifügung handelt: Lediglich blinte man "blinde Männer" kann vorkommen.

Ein solches Auftauchen von zwo verschiedenen Formen von Eigenschaftswörtern, je nachdem, ob sie gebeugt oder nicht gebeugt werden, ist eine Neuerung des Althochdeutschen, die in germanischen Schwestersprachen nicht vorkommt. Im Urgermanischen, und noch im Gotischen und Altsächsischen, hatten bloß die sächliche Nennfalleinzahl und der Klagefall eine solche zweifache Form. In den übrigen alten germanischen Sprachen wurde einer der beiden sächlichen Formen zur allgemeinen ausgebaut, während die anderer verschwand.

Starke –ja/-jō-Beugung

Eigenschaftswörter der ja/jō-Beugung unterscheiden sich von der gewöhnlichen a/ō-Beugung nur in der ungebeugten Form, welche auf ein ‚i’ endet: scōni "schön" wird in der männlichen Nennfalleinzahl scōnēr "schöner". Weiters festi "schnell", māri "berühmt", tiuri "lieb", biderbi "nützlich", ebenso Mittelwörter der Gegenwart; bëranti "tragend [bärend]".

Starke wa-/wō-Beugung

Auch hier gibt es nur geringe Unterschiede zur gewöhnlichen a/ô-Beugung, wie im Folgenden ersichtlich wird. Die ungebeugte Form endet auf –ô. Im Unterschiede zu den ja/jô-Stämmen gibt es diese Beugungsart auch in gebeugtem Zustande. Von garo "gar, fertig" lautet die gebeugte Nennfalleinzahl garawēr oder seltener garwēr, während fao, fō "klein" die gebeugte Nennfalleinzahl fawēr aufweist. Weiters: gëlo "gelb", zëso "rechts(händig)", slēo, slē "dumpf", frao, frō "froh", rao, rō "rauh".



Schwache Beugung

Die schwache Beugung der Eigenschaftswörter ist gleich der entsprechenden schwachen Beugung für Hauptwörter.

Einzahl Mehrzahl
Männlich Sächlich Weiblich Männlich Sächlich Weiblich
Nennfall blinto –o blinta –a blinta –a blinton (-un) –on (–un) blinton (-un) –on (–un) blintūn –ūn
Klagefall blinton (-un) –on (–un) blinta –a blintūn –ūn blinton (-un) –on (–un) blinton (-un) –on (–un) blintūn –ūn
Zeugefall blinten (-in) –en (–in) blinten (-in) –en (–in) blintūn –ūn blintōno –ōno blintōno –ōno blintōno –ōno
Gebefall' blinten (-in) –en (–in) blinten (-in) –en (–in) blintūn –ūn blintōm (-ōn) –ōm (–ōn) blintōm (-ōn) –ōm (–ōn) blintōm (-ōn) –ōm (–ōn)


Zahlwörter

Grundzahl Ordnungszahl
ein[s] ein ēristo, furisto
zwei zwei ander
drei drī dritto
vier feor, fior feordo, fiordo
fünf fimf, finf fimfto, finfto
sechs sëhs sëhsto
sieben sibun sibunto
acht ahto ahtodo
neun niun niunto
zehn zëhan, zëhen zëhanto
elf einlif einlifto
zwölf zwelif zwelifto
dreizehn drīzëhan drittozëhanto
vierzehn fiorzëhan fiordozëhanto
fünfzehn finfzëhan finftazëhanto
sechzehn sëhszëhan sëhstazëhanto
siebzehn *sibunzëhan sibuntozëhanto
achtzehn ahtozëhan ahtodazëhanto
neunzehn niunzëhan niuntazëhanto
zwanzig zweinzug zweinzugōsto
dreißig drīẓẓug, drīẓug drīẓugōsto
vierzig fiorzug fiorzugōsto
fünfzig finfzug finfzugōsto
sechzig sëhszug sëhszugōsto
siebzig sibunzug sibunzugōsto
achtzig ahtozug ahtozugōsto
neunzig niunzug niunzugōsto
hundert [zehnzig] zëhanzug, hunt zëhanzugōsto
zweihundert zwei hunt
tausend thūsunt, dūsunt

ein "ein[s]" ist gewöhnlich wie ein starkes Eigenschaftswort zu beugen, außer, es wird im Sinen von ‘allein, einzeln’ gebraucht, dann verhält es sich wie ein schwaches Eigenschaftswort.

zwei "zwei" and drī "drei" werden wie folgt gebeugt

zwēne; zwei; zwā (zwō)
zween; zwei; zwo
Männlich Sächlich Weiblich
Nennfall zwēne zwei zwā (zwō)
Klagefall zwēne zwei zwā (zwō)
Zeugefall zweio zweio zweio
Gebefall zweim, zwein zweim, zwein zweim, zwein
drī; driu; drīo
drei
Männlich Sächlich Weiblich
Nennfall drī driu drīo
Klagefall drī driu drīo
Zeugefall drīo drīo drīo
Gebefall drim, drin drim, drin drim, drin

Die Zahlen vier bis zwölf sind im Althochdeutschen unbeugbar, wenn sie vor einem Hauptworte stehen; folgen sie einem, werden sie wie unten gebeugt:

sëhsi; sëhsiu, sëhsu
sechs
Männlich/Weiblich Sächlich
Früh Spät Früh Spät
Nennfall sëhsi –i sëhsi –i sëhsiu –iu sëhsu –u
Klagefall sëhsi –i sëhsi –i sëhsiu –iu sëhsu –u
Zeugefall sëhseo –eo sëhso –o sëhseo –eo sëhso –o
Gebefall sëhsim –im sëhsin –in sëhsim –im sëhsin –in

‘zweinzug’ bis ‘zëhanzug’ können nicht gebeugt werden. Das Hauptwort, mit dem sie verbunden sind, steht in der Zeugefallmehrzahl (ähnlich eines neuhochdeutschen ‚zwanzig [der] Gläser’) dūsunt, thūsunt "1000" verhält sich meist wie ein weibliches Namenwort, seltener wie ein sächliches.

Die Ordnungszahl ander "zweite(r,-s)" (gebeugt anderēr, anderaẓ, anderiu) folgt der starken Eigenschaftswörterbeugung, währenddessen die übrigen Ordnungszahlen der schwachen Beugung anheim fallen.

Weitere Zahlwörter:

  • einluzze "eins nach dem anderen", zwiske "je zwei, zweifach"
  • Vielfache, z.B. einfalt "einzeln", zwifalt "zweifach", usw., gebeugt werden sie wie Eigenschaftswörer.
  • Umstandswörter, z.B. eines "einmal", zwiro, zwiror, zwiron "zweimal", driror "dreimal", feorstunt, fiorstunt "viermal", fimfstunt, finfstunt "fünfmal", sëhsstunt "sechsmal", usw. Für und für begegnen Wörter wie einstunt, zweistunt, drīstunt.

Fürwörter

Persönliche Fürwörter

Bei den Fürwörtern gab es neben der Ein- und Mehrzahl auch noch die aus den (indo)germanischen Vorstufen ererbte Zweizahl, die im heutigen Bairischen noch vorhanden ist. „Ehs“ bezeichnet im Bairischen allerdings nicht mehr nur die Zweizahl, sondern allgemein die Mehrzahl.

ih; *wiz ; wir
ich; *wes ; wir
Einzahl Zweizahl Mehrzahl
Nennfall ih *wiz wir
Klagefall mih unk (unkih?) unsih
Zeugefall mīn unkēr unsēr
Gebefall mir unk uns
dū, du; iz ; ir
du; ehs; ihr
Einzahl Zweizahl Mehrzahl
Nennfall dū, du *iz ir
Klagefall dih ink iuwih
Zeugefall dīn inkēr iuwēr
Gebefall dir ink iu

Für das Neuhochdeutsche wurden im Übrigen die Zweizahlformen wes-unk-unker-unk sowie ehs-enk-enker-enk erschlossen.

ër; iẓ; siu; etc.
er; es; sie; sie
Einzahl Mehrzahl
Männlich Sächlich Weiblich Männlich Sächlich Weiblich
Nennfall ër iẓ siu; sī, si sie siu sio
Klagefall inan, in iẓ sia (sie) sie siu sio
Zeugefall (sīn) is, ës ira (iru, iro) iro iro iro
Gebefall imu, imo imu, imo iru, iro im, in im, in im, in

Fußnoten

  1. Ludwig M. Eichinger: "Flexion in der Nominalphrase" (2006). In: Dependenz und Valenz, 2. Halbband, Hg.: Vilmos Ágel u.a. De Gruyter, Berlin, New York, S. 1059.