Brotkorbgesetz

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Brotkorbgesetz war die nichtamtliche Bezeichnung für das am 22. April 1875 erlassene preußischeGesetz, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch-katholischen Bisthümer und Geistlichen“. Der Ausdruck Brotkorbgesetz erklärt sich daraus, daß „man den renitenten katholischen Geistlichen den Brotkorb höher hängen“, d. h. die Staatszuschüsse entziehen und dadurch im Zuge des Kulturkampfes Druck auf die römisch-katholische Kirche ausüben wollte, dahingehend, sich nicht weiterhin von Rom aus in staatliche, innerdeutsche Angelegenheiten hineinzumischen.

Der Gesetzestext[1]

Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen etc. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages, für den Umfang der Monarchie, was folgt:
§1 In den Erzdiözesen Köln, Gnesen und Posen, den Diözesen Kulm, Ermland, Breslau, Hildesheim, Osnabrück, Paderborn, Münster, Trier, Fulda Limburg, den Delegationsbezirken dieser Diözesen, sowie in den Preußischen Antheilen der Erzdiözesen Prag, Olmütz, Freiburg und der Diözese Mainz werden vom Tage der Verkündigung dieses Gesetzes ab sämtliche, für die Bisthümer, die zu denselben gehörigen Institute und die Geistlichen bestimmte Leistungen aus Staatsmitteln eingestellt.
Ausgenommen von dieser Maaßregel bleiben Leistungen, welche für Anstaltsgeistliche bestimmt sind.
Zu den Staatsmitteln gehören auch die unter dauernder Verwaltung des Staates stehenden besonderen Fonds.
§ 2 Die eingestellten Leistungen werden für den Umfang des Sprengels wieder aufgenommen, sobald der jetzt im Amte befindliche Bischof (Erzbischof, Fürstbischof) oder Bisthumsverweser der Staatsregierung gegenüber durch schriftliche Erklärung sich verpflichtet, die Gesetze des Staates zu befolgen.
§ 3 In den Erzdiözesen Gnesen und Posen, sowie in der Diözese Paderborn erfolgt die Wiederaufnahme der eingestellten Leistungen für den Umfang des Sprengels, sobald die Bestellung des Bisthumsverwesers oder die Einsetzung eines neuen Bischofs in gesetzmäßiger Weise stattgehabt hat.
§ 4 Tritt die Erledigung eines zur Zeit besetzten bischöflichen Stuhles ein, oder scheidet der jetzige Bisthumsverweser der Diözese Fulda aus seinem Amte aus, bevor eine Wiederaufnahme der Leistungen auf Grund des § 2. erfolgt, so dauert die Einstellung derselben für den Umfang des Sprengels fort, bis die Bestellung eines Bisthumsverwesers oder die Einsetzung eines neuen Bischofs in gesetzmäßiger Weise stattgehabt hat.
§ 5 Wenn für den Umfang eines Sprengels die Leistungen aus Staatsmitteln wieder aufgenommen sind, einzelne Empfangsberechtigte aber, der vom Bischof oder Bisthumsverweser übernommenen Verpflichtung ungeachtet, den Gesetzen des Staates den Gehorsam verweigern, so ist die Staatsregierung ermächtigt, die für diese Empfangsberechtigten bestimmten Leistungen wieder einzustellen.
§ 6 Die Wiederaufnahme der eingestellten Leistungen an einzelne Empfangsberechtigte erfolgt außer den Fällen der §§ 2 bis 4, wenn der Empfangsberechtigte der Staatsregierung gegenüber in der im § 2 bezeichneten Weise sich verpflichtet, die Gesetze des Staates zu befolgen.
Außerdem ist die Staatsregierung ermächtigt, die eingestellten Leistungen einzelnen Empfangsberechtigten gegenüber wieder aufzunehmen, wenn sie durch Handlungen die Absicht an den Tag legen, die Gesetze des Staates zu befolgen. Verweigern dieselben demnächst den Gesetzen des Staates den Gehorsam, so sind die Leistungen aus Staatsmitteln wieder einzustellen.
§ 7 Die Entscheidung der kirchlichen Behörden, welche eine Disziplinarstrafe wider einen Geistlichen verhängen, dem gegenüber die Staatsregierung die eingestellten Leistungen in Gemäßheit des § 6 wieder aufgenommen hat, können sowohl von dem Geistlichen als von dem Oberpräsidenten im Wege der Berufung an den Königlichen Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten ohne die Beschränkung des § 12 des Gesetzes vom 12. Mai 1873. angefochten werden.
Die Berufung kann in diesen Fällen auf neue Thatsachen und Beweismittel gegründet werden.
§ 8 Die Wiederaufnahme der eingestellten Leistungen erfolgt in allen Fällen vom ersten Tage desjenigen Vierteljahres an, in welchem die gesetzliche Voraussetzung der Wiederaufnahme eingetreten ist.
§ 9 Über die Verwendung der während Einstellung der Leistungen aufgesammelten Beträge bleibt, soweit dieselben nicht nach der rechtlichen Natur ihres Ursprungs zu Gunsten der allgemeinen Staatsfonds als erspart zu verrechnen sind oder anderweit verwendbar werden, gesetzliche Bestimmung vorbehalten.
Der Minister der geistlichen Angelegenheiten ist im Falle einer kommissarischen Verwaltung des bischöflichen Vermögens auf Grund des Gesetzes vom 20. Mai 1874 befugt, die Fortgewährung der zur Ausstattung der Bisthümer bestimmten Leistungen in soweit zu verfügen, als dies für Zwecke der kommissarischen und zur Bestreitung der Kosten derselben erforderlich sind.
§ 10 Die exekutivische Beitreibung im Verwaltungswege findet in Betreff der Abgaben und Leistungen an die Bisthümer, die zu denselben gehörigen Institute und die Geistlichen, für den gesammten Umfang eines Sprengels so lange nicht statt, als für denselben die Einstellung der Leistungen als Staatsmitteln dauert.
Den Staats- und Gemeindesteuererhebern ist während der Dauer der Einstellung nicht gestattet, die vorstehend bezeichneten Abgaben zu erheben und an die Empfangsberechtigten abzuführen.
§ 11 Sind die Leistungen aus Staatsmitteln an einen Empfangsberechtigten aus Grund des § 6 wieder aufgenommen, so ist in Betreff der von diesem Zeitpunkt ab fällig werdende Abgaben und Leistungen die Verwaltungs-Exekution wieder zu gewähren.
Ein Gleiches gilt in Betreff der Abgaben und Leistungen für diejenigen Geistlichen, welche keine Leistungen aus Staatsmitteln zu beziehen haben, wenn sich dieselben durch ausdrückliche oder stillschweigende Willensäußerung (§ 6 Abs. 1 und 2) verpflichten, die Gesetze des Staates zu befolgen, so lange sie dieser Verpflichtung nachkommen.
§ 12 Wer in den Fällen der §§ 2 und 6 die schriftlich erklärte Verpflichtung widerruft, oder der durch dieselbe übernommenen Verpflichtung zuwider die auf sein Amt oder seine Amtsverrichtung bezüglichen Vorschriften der Staatsgesetze oder die in dieser Hinsicht von der Obrigkeit innerhalb ihrer gesetzlichen Zuständigkeit getroffenen Anordnungen verletzt, ist durch gerichtliches Urtheil aus seinem Amte zu entlassen.
§ 13 Die Entlassung aus dem Amte hat die rechtliche Unfähigkeit zur Ausübung des Amts, den Verlust des Amtseinkommens und die Erledigung der Stelle zur Folge. Außerdem tritt die Einstellung der Leistung aus Staatsmitteln, sowie der Verwaltungs-Exekution in dem früheren Umfange wieder ein.
Der Minister der geistlichen Angelegenheiten ist ermächtigt, schon nach erfolgter Einleitung des Verfahrens die Einstellung der Leistungen zu verfügen.
Endet das Verfahren mit Freisprechung, so sind die in Folge der Verfügung einbehaltenen Beträge nachzuzahlen.
§ 14 Zuständig zur Verhandlung und Entscheidung ist der Königliche Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten. Das Verfahren vor demselben regelt sich nach den Bestimmungen des Abschnitts III. des Gesetzes vom 12. Mai 1873 über die kirchliche Angelegenheiten (Gesetz-Samml. S. 198.).
Wer Amtshandlungen vornimmt, nachdem er in Gemäßheit des § 12 dieses Gesetzes aus seinem Amt entlassen worden ist, wird mit Geldbuße bis zu 300 Mark, im Wiederholungsfalle bis zu 3000 Mark, bestraft.
§ 16 Der Minister der geistlichen Angelegenheiten ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Wiesbaden, den 22. April 1875.
(L.S.) Wilhelm.
Fürst v. Bismarck. Camphausen. Gr. zu Eulenburg. Leonhardt. Falk. v. Kameke. Achenbach. Friedenthal.

Fußnoten