Wennerstrum, Charles Frederick

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Charles F. Wennerstrum

Charles Frederick Wennerstrum (Lebensrune.png 11. Oktober 1889 in Cambridge, Illinois; Todesrune.png 1. Juni 1986 in Des Moines, Iowa) war Richter am Obersten Gericht von Iowa und einer der Vorsitzenden US-amerikanischen Richter bei den Nürnberger Prozessen.

Leben

Nachdem Wennerstrum 1912 am College of Liberal Arts und 1914 am College of Law (Rechts-Fakultät) der Drake Universität graduierte, praktizierte er als Rechtsanwalt. Während des Ersten Weltkrieges diente er als Leutnant. 1916 wurde er zum Distriktstaatsanwalt des Lucas County undam 10. Juli 1930 zum Richter an das Zweite Juristische Bezirksgericht berufen, wo er bis zu seiner Berufung auf die oberste Gerichtsbank am 1. Januar 1941 arbeitete. 1935 wurde Wennerstrum ein Mitglied des „Board of Trustees” der Drake Universität.

Von 1947 bis 1948 war Wennerstrum der präsidierende Richter im Fall VII – Generäle in Südosteuropa der Nürnberger Prozesse, in dem zehn deutsche Offiziere u. a. des Massenmords und völkerrechtswidriger Hinrichtungen (Geiselerschießungen) angeklagt waren.

Bis zum 31. Dezember 1958 arbeitete Wennerstrum am Obersten Gericht von Iowa, zwei Jahre davon als Oberster Richter, und war nach seiner Pensionierung bis zu seinem Tod in Des Moines als Rechtsanwalt tätig.

Kritik an den Nürnberger Prozessen

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Wennerstrum wurde ab dem Tag des Verhandlungsschlusses im Südost-Prozeß bis zur Urteilsverkündung „unauffällig“ überwacht. Auf dunklen Wegen bekam die Anklagebehörde sogar die Information, daß die Debatten über das Urteil in den Richterzimmern heftig und erregt waren. Es wurde schließlich ein hartes Urteil gefällt. General Taylor ordnete bis zur Abreise Wennerstrums eine weitere Beobachtung an, da er ihm „mißtraute“.

Nach mehrmonatigem Dienst als Richter bei einigen der Nürnberger Prozesse gab Wennerstrum in einem Gespräch mit der Chicago Tribune seiner Abscheu angesichts der Art und Weise der Verhandlungen Ausdruck: „Hätte ich vor sieben Monaten gewußt, was ich heute weiß, dann wäre ich gar nicht erst hergekommen“. Den Siegermächten warf er vor, die Prozesse zu nutzen, um sich selber freizusprechen und Deutschland die ganze Schuld für den Krieg aufzubürden. Die hohen Ideale, die als Motive für diese Tribunale angeführt wurden, seien nicht erkennbar, und die Anklage sei nicht in der Lage, frei von Rachsucht und persönlichen Ambitionen Objektivität aufrecht zu erhalten. Die ganze Atmosphäre wäre ungesund und es seien Anwälte, Sachbearbeiter, Übersetzer und Ermittler eingestellt worden, die erst in den letzten Jahren Amerikaner wurden und „eingebettet in Europas Haß und Vorurteilen“ wären. Auch bestünden die meisten Beweise aus Dokumenten, die von der Anklage ausgewählt würden, die gleichzeitig bestimmte, worauf die Verteidigung Zugriff hat. Als eine Regel eingeführt wurde, die besagt, daß wenn ein Auszug eines Dokuments eingeführt wird, das gesamte Dokument der Verteidigung zur Verfügung steht, habe die Anklage vehement protestiert und der Chef der Anklage, Telford Taylor ein Treffen der präsidierenden Richter einberufen, um diese Regelung zurückzuziehen. Darüber hinaus wären die langen Haftzeiten der Angeklagte von über zweieinhalb Jahren an sich schon eine Form der Nötigung und nicht nur die wiederholten Vernehmungen ohne die Anwesenheit eines Verteidigers würden dem „amerikanischen Gerechtigkeitssinn“ zuwiderlaufen.

Richter Wennerstrum wurde bei diesem langen Gespräch mit dem Vertreter der „Chicago Tribune“, der großen republikanischen Oppositionszeitung des amerikanischen Mittelwestens, gesehen. Als Taylor davon erfuhr, rief er seinen Mitarbeitern zu:

„Ich muß den Inhalt dieses Interviews haben, ehe es veröffentlicht wird!“

Wennerstrum flog noch in der gleichen Nacht nach Amerika ab. In einem Telegraphenbüro übergab der Journalist das Pressetelegramm für die „Chicago Tribune“ und als er den Raum verlassen hatte, wendete sich eine Frau an den Bearbeiter, der dachte, sie wäre die Sekretärin des Berichterstatters:

„Ach, geben Sie mir bitte doch noch einmal den Bericht an die Chicago Tribune – ich glaube uns ist ein Fehler unterlaufen.“

So erhielt Taylor seine gewünschte, raubkopierte Vorab-Abschrift. Nach „offiziellen“ Angaben sei das Paket mit dem Interviewtext „irrtümlich“ an das falsche Kommunikationsbüro geschickt worden, das wiederum den Text an Taylor schickte.[1]

Taylor war erbost und beschimpfte Wennerstrum („Dieser Faschist!“ usw.) und diktierte kurz darauf eine Entgegnung. Der Journalist Hal Foust, der das Gespräch für die Chicago Daily Tribune leitete, berichtete ebenfalls, daß das US-Militär seinen Artikel bei der Übermittlung in die USA abgefangen hätte und Telford Taylor, der Chef der Anklage, ihm eine Gegendarstellung zu Wennerstrums Kommentaren zukommen ließ, noch bevor diese überhaupt veröffentlicht waren. Das wäre auch nicht das erste Mal gewesen, daß das US-Militär seine Artikel abgefangen hätte. Einige Wochen zuvor wäre er von der Militärpolizei aufgegriffen und verhört worden, nachdem er einen Enthüllungsbericht über die Korruption in einem Erholungszentrum der Militärregierung versandte.[2]

Mark Lautern schreibt in seinem Prozessbericht Das letzte Wort über Nürnberg (1950):

„[...] Die Intriguen der Anklagebehörde hatten keine Folgen. Die Militärregierung hielt General Taylor – auch nach dieser Bloßstellung seiner Methoden. Die Öffentlichkeit aber bewunderte Richter Wennerstrum ob seines Mutes. Man fragte sich nur: warum hat Richter Wennerstrum seine Mißbilligung gegen die Nürnberger Prozesse nicht in einer „abweichenden Urteilsbegründung“ kundgetan? Warum hat er dennoch „mitgespielt“ bis zum Schluß? Warum wartete er mit der Veröffentlichung seiner Erklärung, bis er selbst wieder in den USA war? Man weiß es nicht. Ein Engländer, der als Pressebeobachter in Nürnberg war, sagte: „Richter Wennerstrum wußte, daß Flugzeugunglücksfälle bei der amerikanischen Zivilluftfahrt nicht zu den Seltenheiten gehören.“

Dokumentation: Wennerstrums Kritik (n. Mark Lautern)

1. Die hohen Ideale, die man den Nürnberger Militärgerichtshöfen zugeschrieben hat, haben sich nirgends verwirklicht.
2. Die Tatsache, daß nur Sieger über Besiegte richten, dient nicht zur Förderung der Gerechtigkeit.
3. Die Anklagebehörde war, anstatt bemüht zu sein, neue Rechtsvorbilder zu schaffen, in allen ihren Angehörigen nur von persönlichem Ehrgeiz und Verfolgungswillen getrieben.
4. Die Anklagebehörde hat sich bemüht, die Verteidigung, wo nur möglich, zu behindern und ihr den Zugang zum Beweismaterial zu verschließen.
5. Die Anklagebehörde unter Leitung General Taylors hat sich mit allen Kräften bemüht, einen gemeinsamen Beschluß aller Militärgerichte, der Verteidigung weiteres Beweismaterial aus Washington zugänglich zu machen, zu hintertreiben.
6. Das Nürnberger Gerichtsgebäude ist zu 90% von Menschen bevölkert, die aus politischen oder rassischen Gründen die Partei der Anklagebehörde ergreifen.
7. Die Anklagebehörde hat es verstanden, den ganzen Arbeitsstab der Militärgerichte in die Hände von Amerikanern zu legen, die erst seit kurzem Staatsbürger sind, und die aus politischen und rassischen Gründen voreingenommen sind und auch bei Verwaltungsdiensten, Übersetzungen etc. eine den Angeklagten feindliche Atmosphäre schaffen.
8. Der vorgebliche Zweck der Nürnberger Verfahren war, den Deutschen die Verbrechen ihrer Führer zu zeigen. Was man den Deutschen gezeigt hat, ist, daß sie in die Hände harter und brutaler Sieger gefallen sind.

Zum Schluß seiner Erklärungen hatte Richter Wennerstrum gesagt: „Wenn ich vor 7 Monaten gewußt hätte, was in Nürnberg vorgeht, wäre ich niemals dorthin gegangen.“

Literatur

Verweise

Fußnoten

  1. The Biographical Dictionary of Iowa
  2. Chicago Daily Tribune, 23. Februar 1948, S. 1. (Archiv; Faksimile 1/2)