Quelle / Die großpolnischen Ziele

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Schon während des Krieges hatten die Polen unter Dmowski und Paderewski die Verwirklichung ihrer großpolnischen Ziele bei den Westmächten gut vorbereitet. Nachdem die Mittelmächte, die 1916 den polnischen Staat neu gegründet hatten, nach ihrer Niederlage ihre Rolle für die Polen ausgespielt hatten, traten sie nur noch als die Verbündeten der Westmächte auf, um ihre Großmachtpläne verwirklichen zu können. Wohl war es Dmowski und Paderewski während des Krieges nicht gelungen, den amerikanischen Präsidenten von der engen Fassung des Art. 13 seiner „14 Punkte“, wonach der unabhängige polnische Staat „die von unbestritten polnischer Bevölkerung bewohnten Gebiete“ umfassen sollte, abzubringen. An sich war diese Forderung von Wilson, Dmowski und Paderewski gemeinsam ausgedacht worden. Jetzt aber, wo es darum ging, diese Formel zu verwirklichen, galt es, sie im polnischen Sinne auszulegen, und dazu bot sich beim Präsidenten die beste Gelegenheit. Denn Wilson hatte keine Kenntnis von den historischen und ethnographischen Problemen Europas, und der Theoretiker Wilson stand im Banne seiner Idee von der „Befreiung der polnischen Nation“, die ihm Herzenssache war. Paderewski, gefeierter Klaviervirtuose in den USA, war durch persönliche Beziehungen mit Wilson und dessen Vertrauten Oberst House verbunden. Letzterer war ebenfalls von europäischer Geschichte unbelastet, und da Wilson damals die Neutralisierung der Weichsel und einem Freihafen in Danzig als Zugang zum Meer als ausreichend hielt, konzentrierte Dmowski, ein Meister diplomatischer Strategie, seine Bemühungen jetzt auf House, den er auf dessen Landgut mit seinen Gedankengängen vertraut machte. Auf Grund der Diskussion mit House und dem amerikanischen Professor Thayer überreichte er Wilson unmittelbar danach am 8. Oktober 1918 die gewünschte Denkschrift mit 4 Karten.

Zielbewußt hatten sich die polnischen Chauvinisten auch erfolgreich bemüht, Politiker und Presse in den USA, England und Frankreich für die polnische Sache zu gewinnen, und am 15. Januar 1919 setzte der französische Außenminister Pichon das Polnische Nationalkomitee davon in Kenntnis, daß zu dem am 18. Januar beginnenden Vorverhandlungen über den Friedensvertrag zwei polnische Delegierte zugelassen seien. Das Komitee bestimmte Dmowski zum Hauptdelegierten, zum 2. Delegierten erst Paderewski, dann Piltz, und am 29. Januar bereits befaßte sich der „Rat der Zehn“ mit der polnischen Frage, wobei auf Wilsons Wunsch Dmowski sogleich zu Worte kam und in einer formal und psychologisch meisterhaften Rede das polnische Programm entwickelte. Seiner überragenden Persönlichkeit gelang es sogleich, den durch keine Sachkunde getrübten Rat mit Hilfe von reichlich verwendeten Verdrehungen und Verfälschungen von Tatsachen für sich einzunehmen und den Geist der Verhandlungen zu bestimmen. Vom Nationalitätenprinzip war keine Rede mehr. Vielmehr schlug er als Verhandlungsgrundlage die polnischen Grenzen vor der 1. Polnischen Teilung 1772 vor. Hinsichtlich Schlesiens z.B. behauptete er, daß es zwar im 14. Jahrhundert verloren gegangen sei, daß aber heute 90 Prozent der Bevölkerung sich zu Polen bekannten. Im übrigen gehöre Schlesien auch geographisch zu Polen. Aus den 3 % Polen, die nach den amtlichen Statistiken in Danzig lebten, machte er 40 %! Natürlich machte er auch die polnische Minorität von einem Drittel der Bevölkerung in Westpreußen zu einer Majorität und regte an, die im Nordosten bestehende „schmale Insel deutscher Bevölkerung“ zu einer Republik mit der Hauptstadt Königsberg zu machen. Auch verlangte er die Vereinigung Litauens mit Polen.

Am 12. Februar wurde eine „Kommission der polnischen Angelegenheiten“ gegründet, der der amerikanische Geograph Dr. Bowman, der englische Diplomat Lord Tyrell, der Italiener Marchese della Torretta, der Japaner Otchial und als Vorsitzender der französische Diplomat und ehemalige Berliner Botschafter Jules Cambon angehörten. Eine gleichzeitig aus dem französischen General Niessei, dem amerikanischen Generalmajor Kernan, dem amerikanischen Professor Lord, je 2 Vertretern Englands und Italiens und dem ehemaligen französischen Petersburger Botschafter Noulens als Vorsitzenden bestehende Unterkommission war beauftragt, die Frage der Grenzziehung an Ort und Stelle zu studieren. Als sie nach kurzer Zeit mit einem Bericht zurückkehrte, ließ man sie nicht vor, und die Vorstellung von Noulens bei Clémenceau hatte zur Folge, daß sie, ohne gehört zu werden, aufgelöst wurde. Dafür schuf eine andere Unterkommission mit den Mitgliedern General Le Rond, Bowman und dem englischen Oberstleutnant Kisch, die ebenfalls an Ort und Stelle arbeitete, die Grundlagen zum Bericht der Hauptkommission und damit zur deutsch-polnischen Grenzziehung. Über das nach amerikanischem Urteil bei weitem komplizierteste Problem entschieden also zwei Soldaten und ein Zivilist, wobei bei der Hauptkommission sowohl wie bei der zweiten Unterkommission Dmowski beratend mitwirkte.

Am 25. Februar 1919 legte die polnische Delegation jene Denkschrift, die Dmowski im Oktober 1918 Wilson überreicht hatte, der Polenkommission der Friedenskonferenz vor. Sie ist das grundlegende Dokument für die polnischen Gebietsansprüche gegen Deutschland. Von glänzender Rhetorik ist es ganz auf die Psyche Wilsons abgestimmt und bedient sich der Begriffe „Friede, Freiheit, Humanität, Demokratie“, die er als Wesensmerkmale des neuen polnischen Staates hinstellt, um die Notwendigkeit der Schöpfung einer großen osteuropäischen Ordnungsmacht als Hüterin dieser Ideale zu begründen, wobei er allerdings mit der Ethnographie und Geschichte der betroffenen preußischen Gebiete sehr willkürlich verfährt, und, die mangelnden Kenntnisse seiner Verhandlungspartner ausnützend, mit Fälschungen nicht spart. Auch der Ausdruck vom „deutschen Drang nach dem Osten“ kommt in der Denkschrift vor, der sich nach der deutschen Unabhängigkeitserklärung für Polen von 1916 ebenfalls nicht mit der Wahrheit vereinbaren läßt. Die Schrift ist ein Dokument des reinsten Imperialismus, und es genügt dafür schon zu zitieren: „Das polnische Gebiet im preußischen Staate zerfällt in vier Provinzen: Posen, Westpreußen, Ostpreußen und Schlesien.“ Im selben Geist, den dieser Satz atmet, wird nun mit historischen, ethnographischen, wirtschaftlichen und kulturellen falschen Argumenten gearbeitet. Für Geist und Methode der Dmowskischen Beweisführung seien einige Beispiele angeführt. Sie zeigen, wie von dem genialen Diplomaten eines erst im Entstehen begriffenen Staates mit Skrupellosigkeit auf der einen und Ignoranz auf der anderen Seite Geschichte gemacht wurde. Westpreußen, das zu einem Drittel polnisch besiedelt war, wird als mehrheitlich polnisch besiedelt hingestellt. Für Danzig, das fast rein deutsch war, gibt er „fast die Hälfte der Bevölkerung“ als polnisch, wenn auch oberflächlich germanisiert an. Ostpreußen teilt er in den westlichen Teil Ermland mit der Hauptstadt Allenstein und „seiner polnischen und deutschen katholischen Bevölkerung“ und dem größeren östlichen Teil mit Königsberg als Hauptstadt, dessen Bevölkerung im Süden aus Polen, im Osten aus Litauern bestehe, und dessen deutschsprechende Bevölkerung 1 500 000 Bewohner betrage, während sie nach der Statistik von 1925 rd. 2 250 000 betrug. Die Masse der ostpreußischen Bauern werde im Sklavengeist erzogen, deutsche öffentliche Angelegenheiten berührten sie überhaupt nicht, und sie seien allein von dem Schrecken beherrscht, den man ihnen seit der Kreuzritterzeit eingeimpft habe. Nach Dmowski gab es nur 2 Lösungen der ostpreußischen Frage: entweder müsse der deutschsprachige Teil mit Polen auf der Grundlage der Autonomie vereinigt werden, oder er müsse eine unabhängige, mit Polen durch Zollunion verbundene Republik werden. Bei Schlesien bemüht er sich, die Tatsache, daß es seit 1335 zum deutschen Reich gehört, dadurch zu umgehen, daß er von böhmischer und preußischer Herrschaft spricht. Geschichtliche, politische und geographische Gründe zweifelhafter Art halten her, um die Notwendigkeit des Anschlusses von Oberschlesien und drei Kreisen Mittelschlesiens an Polen zu begründen. Am meisten Raum widmet er dem oberschlesischen Kohlenbecken. So entstand eine mit Halbwahrheiten, Unwahrheiten, Weglassung für Deutschland sprechender Tatsachen und antideutscher Tendenz angefüllte und an die Angst vor deutscher und russischer Expansion und die demokratischen Ideale appellierende Propagandaschrift, die unter Außerachtlassung der wissenschaftlichen Sachlichkeit nur dem Ziele eines neuen Großpolens diente.

Der Bericht der 2. Subkommission machte zur deutsch-polnischen Grenzziehung folgende Vorschläge:

1) Abtretung der Schneidemühl-Region, obwohl anerkannt wurde, daß sie hauptsächlich von Deutschen bewohnt war.
2) Übergabe von Stadt und Hafen von Danzig an Polen.
3) Westpreußen fällt an Polen.
4) Hinsichtlich Ostpreußens wird für den Regierungsbezirk Allenstein eine Volksabstimmung empfohlen. Im Nordosten bildet die Memel die Grenze. Außerdem soll Ostpreußen einer durch den Völkerbund garantierten Entmilitarisierung unterzogen werden.
5) Der Regierungsbezirk Oppeln soll bis auf einen kleinen, an die Tschechen fallenden Zipfel an Polen übergeben werden. Nach diesen Vorschlägen sollten, wie der Bericht selbst bemerkt, 2,2 Millionen Deutsche unter polnische und litauische Herrschaft kommen. Damit widersprach er der von ihm selbst zugrundegelegten Linie der ethnographischen Trennung.

Am 19. März wurde der Bericht dem „Rat der Zehn“ vorgelegt. Nur Lloyd George widersprach, weil er fürchtete, die Deutschen könnten die Unterzeichnung des Vertrages verweigern. Er kritisierte, daß die 2,2 Millionen Deutschen, die unter polnische Herrschaft kommen sollten, nicht weniger als die Bevölkerung von Elsaß-Lothringen im Jahre 1870 zählten, und fragte, warum, wenn man den Deutschen eine Verbindung quer durch polnisches Gebiet geben wollte, dies nicht auch analog für die Polen durch deutsches Gebiet möglich sei. Weit wichtiger aber waren die allgemeinen Gedanken, die der Engländer an den Vertrag knüpfte. Er bemängelte, daß die andere Seite noch nicht gehört worden sei, und bezeichnete dies nicht nur als eine Frage der Fairness, sondern auch als die eines dauernden europäischen Friedens. Der Vertragsentwurf sei eine Abweichung von den „Vierzehn Punkten“, die die Alliierten selbst angenommen hätten, und sprach eine Warnung aus, daß die Übergabe der unzweifelhaft von Deutschen bewohnten Gebiete an Polen eine „Germania irredenta“ schaffen würde, die den „Sitz des nächsten Krieges“ bilden würden. Die Kommission blieb jedoch bei ihrem ursprünglichen Vorschlag.

Nachdem es in der französischen Presse über den Kommissionsbericht zu Indiskretionen gekommen war, trat bald an die Stelle des Rates der Zehn der aus Clémenceau, Wilson, Lloyd George und Orlando bestehende „Rat der Vier“, und Anfang April gelang es dem Engländer trotz des Einspruches der polnischen Delegation und des nach Paris gekommenen jetzigen Ministerpräsidenten Paderewski, einige der Bestimmungen des Entwurfes zu mildern. Danzig sollte zu einer Freien Stadt unter dem Schütze des Völkerbundes gemacht werden. In den östlich der Weichsel gelegenen Kreisen Stuhm und Rosenberg und Teilen der Kreise Marienwerder und Marienburg sollten ebenso wie in Oberschlesien Volksabstimmungen stattfinden.

Quelle: Auszüge eines Textbeitrages aus Bernhard Wintzek: Unsere Väter waren keine Verräter. Wie es damals wirklich war. Mut-Verlag 1975 - S. 20-24.