Simson, Eduard von

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Professor Dr. jur. Eduard von Simson, porträtiert von Fritz Paulsen (1880); 1823 Konversion zum Protestantismus. Seit 1826 Studium der Rechts- und Kameralwissenschaften an der Universität Königsberg. 1829 Promotion zum Dr. jur. Ernennung zunächst zum außerordentlichen, 1836 zum ordentlichen Professor an der Universität Königsberg; zudem Tätigkeit als Hilfsrichter (1834-46), dann als außerordentliches Mitglied (1846-49) am Preußischen Tribunal, nach dessen Umwandlung zum Appellationsgericht als Appellationsgerichtsrat (1849-60).

Martin Eduard Sigismund Simson, seit 1888 von Simson (Lebensrune.png 10. November 1810 in Königsberg; Todesrune.png 2. Mai 1899 in Berlin), war ein jüdischer Jurist und Parlamentarier im Königreich Preußen.

Leben

Vorsitzender der Kaiserdeputation Eduard von Simsons Rede vor dem König in dessen Hauptquartier im Schloß Versailles (Dezember 1870).
„Thorner Presse“ zum Tode von Eduard von Simson, 9. Mai 1899
Das Leben in Simsons Elternhaus war einfach (der Handel in Königsberg litt noch an den Folgen der Napoleonischen Kontinentalsperre), aber auf Bildung und berufliches Fortkommen hin orientiert. So entschlossen sich seine Eltern 1823, ihre Kinder zur evangelischen Konfession übertreten zu lassen (während sie selbst diesen Schritt erst in späteren Jahren taten). Doch scheinen die Simsons diese Entscheidung nicht ohne innere Überzeugung getroffen zu haben. Die beruflichen Wege ihrer vier Söhne (zu denen noch eine Tochter kam) waren jedenfalls geebnet. Sohn Eduard studierte nach dem Besuch des Collegiums Fridericianum in Königsberg seit 1825 an der dortigen Albertus-Universität die Rechte, zeigte sich aber auch an Philosophie, Geschichte, Philologie und den Naturwissenschaften interessiert. 1829 wurde er zum Doktor juris promoviert und wenig später von der Juristischen Fakultät zum Privatdozenten ernannt. Ein ihm gewährtes Reisestipendium nutzte er zu Besuchen in Berlin, Weimar (wo er auf Empfehlung Zelters hin, der mit Simsons Großonkel Friedlaender gut bekannt war, Goethe seine Aufwartung machte), in Göttingen, Bonn (wo er Niebuhr nähertrat) und Paris (wo er Ludwig Börne kennenlernte). Über Heidelberg und Berlin kehrte er nach Königsberg zurück und nahm dort im Sommersemester 1831 seine Lehrtätigkeit auf. Von Herbst 1831 bis 1832 genügte er als Einjährig-Freiwilliger seiner Wehrpflicht, zuletzt als Landwehroffizier. 1833 wurde Simson außerordentlicher Professor, 1834 daneben Hilfsarbeiter beim Tribunal des Königreichs Preußen (später Oberlandesgericht) und danach Richter ebendort. 1836 erhielt er an der Albertina eine ordentliche Professur für römisches und preußisches Recht, die er mit Unterbrechungen bis 1860 innehatte. 1834 war Simson in den Stand der Ehe getreten; seine Frau, Klara Warschauer, war die Tochter eines angesehenen Königsberger Bankiers, sein Schwager Robert später ein bedeutender Finanzfachmann und der Gründer des Bankhauses Warschauer & Co. in Berlin.[1]

Eduard von Simson war zunächst Professor des Römischen Rechts in Königsberg. Seit seiner Mitgliedschaft in der Frankfurter Nationalversammlung im Zuge der Revolution von 1848/49, deren letzter Präsident er war, bis zum Ende seiner Amtszeit als Präsident des Deutschen Reichstages im Jahre 1873 war er nahezu ununterbrochen, in der Regel vorstehendes Mitglied parlamentarischer Versammlungen. Er war Präsident von insgesamt sieben Parlamenten, bevor er 1879 Präsident des Reichsgerichts wurde und bis 1890 blieb. Von Simson leitete zwei Delegationen, die dazu bestellt waren, dem preußischen König die Kaiserkrone anzutragen. Das erste Ansinnen verlief am 3. April 1849 erfolglos, als König Friedrich Wilhelm IV. die ihm angetragene deutsche Kaiserkrone ablehnte. Elf Jahre später, als die vom Reichstag des Norddeutschen Bundes bestellte Kaiserdeputation, wiederum unter der Leitung von Eduard von Simson, am 18. Dezember 1870 König Wilhelm I. die Kaiserkrone antrug, stimmte dieser zu. Dies ermöglichte die Reichsgründung mit Kaiserproklamation vom 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Schlosses zu Versailles.[2]

Nach dem Scheitern der Revolution engagierte sich S. im Rahmen der preußischen Unionspolitik im Erfurter Parlament (1850); er war Abgeordneter in der Zweiten Kammer des Preußischen Landtags (1849-52) bzw. des Preußischen Abgeordnetenhauses (1858-67) und saß schließlich für die Nationalliberalen im Norddeutschen bzw. später im Deutschen Reichstag (1867-77). Obwohl S. durchaus zur Opposition gegenüber der preußischen Regierung und speziell Bismarck fähig war, etwa in Fragen des Budgetrechts, führte seine ausgleichende und eher dem parlamentarischen Geschäft zuneigende Persönlichkeit dazu, dass er in fast allen Foren, denen er angehörte, das Amt des Präsidenten einnahm, so seit 1867 im Norddeutschen Reichstag und seit 1868 im Zollparlament. Als Präsident des Norddeutschen Reichstags reiste S. im Dezember 1870 an der Spitze der Kaiserdeputation nach Versailles, um den preußischen König Wilhelm I. zu bitten, die ihm angetragene Kaiserwürde anzunehmen. Auch dem Deutschen Reichstag ab 1871 stand S. als Präsident vor, bis er seine Wiederwahl 1874 aus gesundheitlichen Gründen ablehnen musste. Neben seiner politischen Tätigkeit setzte S. seine Karriere in der Justizverwaltung fort: Er stieg vom Vizepräsidenten (seit 1860) zum Präsidenten des Appellationsgerichts in Frankfurt/Oder auf (1869), und zum 1.10.1879 wurde er, auch in Würdigung seiner langjährigen Bemühungen um eine einheitliche nationale Gesetzgebung, zum Präsidenten des neu errichteten Reichsgerichts in Leipzig berufen. Seit seiner Pensionierung 1891 lebte S. in Berlin. Im März 1870 hatte Friedrich Siegmund Jucho, der frühere Ffter Abgeordnete in der Nationalversammlung, die nach London gerettete Originalausfertigung der Ffter Reichsverfassung von 1849 an S., den damaligen Präsidenten des Norddeutschen Reichstags, übergeben. Im Kaiserreich wurde S. allgemein als personifizierter Vermittler und Brückenbauer des (national)liberalen Bürgertums zwischen der Revolution von 1848 und der Reichsgründung von 1871 stilisiert und erhielt zahlreiche Ehrungen. 1888 erhob ihn Kaiser Friedrich III. in den erblichen Adelsstand. Das Freie Deutsche Hochstift in Ffm. ernannte S. anlässlich der Eröffnung des Reichsgerichts zum Ehrenmitglied und Meister (1.10.1879) und bezeichnete ihn als „Vorkämpfer Deutscher Einheit seit der Nationalversammlung in der Paulskirche“. Bei der Ehrung spielte auch S.s lebenslange Verehrung für Goethe eine Rolle. S. hatte 1829 noch die persönliche Bekanntschaft des Dichters in Weimar gemacht und wurde 1885 zum ersten Präsidenten der neu gegründeten Weimarer Goethe-Gesellschaft gewählt. Aus S.s zahlreicher Nachkommenschaft ergaben sich erneut Verbindungen zu Ffm. Sein Sohn August (von) S. (1837-1929) und der Enkel Ernst (von) S. (1876-1941) waren Mitglieder im Aufsichts- bzw. Verwaltungsrat der IG Farben. Der Urenkel Otto von S. (1912-1993) hatte als Kunsthistoriker 1957 eine Gastprofessur an der Ffter Universität inne.[3]

Reflexion seiner Person in der BRD

In der BRD wird Eduard von Simson positiv thematisiert bezüglich seines Beitrags zur Ausbildung des heute gelebten bundesdeutschen Mehrparteienparlamentarismus. Im Jahre 2010 würdigte der BRD-Bundestag das parlamentarische Wirken seiner Person.[4]

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

Ehrungen

Nach von Simson benannte Leipzig eine Straße im Musikviertel, eine Brücke und den Platz vor dem Reichsgericht, dem heutigen Bundesverwaltungsgericht. Im Berliner Tiergarten trägt seit 1977 ein Weg beim Reichstagsgebäude zum Brandenburger Tor Simsons Namen. Die heutige Scheidemannstraße am Reichstagsgebäude trug 1895–1938 seinen Namen. Eine weitere Straße in Berlin-Lichtenberg trug 1905–1911 diesen Namen. In Frankfurt am Main (Ostend) ist eine Straße am Parlamentsplatz nach ihm benannt.

Literatur

  • Protokoll der Wahl Simsons zum ersten Präsidenten des Reichstags des Norddeutschen Bundes 1867. Aus: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages des Norddeutschen Bundes im Jahre 1867. 1. Band, Berlin 1867, S. 37–38 (Weltnetz-Buch)
  • Hans Blum: Die Präsidenten des deutschen Reichstags. Erinnerungen und Skizzen. I. Eduard Simson. In: Westermanns Monatshefte. Oktober 1896, S. 18–27.
  • Dr. Eduard von Simson †. Aus: Deutsche Juristen-Zeitung. Band 4, 1899, S. 210 (Nachruf; Weltnetzversion beim Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte]])
  • Hermann von Petersdorff: Simson, Eduard von; aus: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 54, Duncker & Humblot, Leipzig 1908, S. 348–364

Verweise

Fußnoten

  1. Simson, Eduard von, Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen für Wissenschaft und Forschung
  2. http://archive.is/C5kN1 archive.is: Reichgründung im Spiegelsaal des Schlosses Versailles
  3. Simson, Eduard (von), frankfurter-personenlexikon.de
  4. http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2010/32179306_kw45_simson/
  5. Simson, Martin Eduard Sigismund von (preußischer Adel 1888), in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 451–453