Erhardt, Heinz

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Heinz Erhardt (1909–1979)

Heinz Erhardt (Lebensrune.png 20. Februar 1909 in Riga, Russisches Kaiserreich; Todesrune.png 5. Juni 1979 in Hamburg) war ein baltendeutscher Komiker, Musiker, Unterhaltungskünstler, Schauspieler und Dichter.

Leben

Heinz Erhardts Grab
Hamburger Friedhof Ohlsdorf
Inschrift des Grabsteins

Heinz Erhardt wurde am 20. Februar 1909 in Riga als Sohn des baltendeutschen Kapellmeisters Gustl Erhardt und dessen Ehefrau, einer geborenen Neldner, geboren und lebte von 1919 bis 1924 in Hannover sowie in der Wennigser Mark am Deister, wo er die Schulzeit – nach eigenen Aussagen – wenig erfolgreich verbrachte. Zwischen 1924 und 1926 lebte Erhardt dann wieder in Riga, absolvierte dann von 1926 bis 1928 ein Musikstudium bei Professor Teichmüller in Leipzig (weil er eigentlich Pianist werden wollte), war dann Volontär in einem Musikgeschäft und in den nächsten 10 Jahren verkaufte er Noten und Klaviere in der Rigaer Kunst- und Musikalienhandlung seines Großvaters.

In dieser Zeit spielte er in Caféhäusern und trat als Conferencier auf, arbeitete auch schon für den Rundfunk in Danzig und Breslau, bis ihn 1938 Willi Schäffers in sein „Kabarett der Komiker“ nach Berlin holte. Damit etablierte Erhardt sich als Kabarettist, Humorist, Chansonier, Komponist, Schauspieler und Dichter und ging auf ausgedehnte Gastspielreisen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde Erhardt 1941 zum Kriegsdienst einberufen. Bei zwei Musterungen war er durchgefallen, bei der dritten kam er – als Nichtschwimmer und Brillenträger – nach Stralsund zur Kriegsmarine, die für ihr Orchester einen Klavierspieler suchte. In der Folgezeit war er an verschiedenen Orten in der Truppenbetreuung tätig.

Besonders das Radio machte Heinz Erhardt nach 1945 zunächst bundesweit bekannt: beim NWDR in Hamburg wurde er zum Dauergast mit seiner wöchentlichen Sendereihe „So was Dummes“. Seine Komik entsprach, wie es der Sender formulierte, „den Formen der Zeit: keine scharfen Kanten, keine Experimente. Heinz Erhardt eckt nicht an.“

Erstmals 1949 stand der inzwischen 40jährige mit einer kleinen Nebenrolle in „Gesucht wird Majora“ vor der Filmkamera, doch es sollte noch einige Jahre dauern, bis Erhardt auch zum Leinwandstar avancierte. In seiner ersten Hauptrolle war er 1957 als „Der müde Theodor“ zu sehen, Unterhalungsfilme, die ganz in die Zeit paßten und Erhardt im wahrsten Sinne des Wortes auf den Leib geschrieben waren, schlossen sich an.

Die Titel seiner Filme standen für sein Programm: es waren Klamotten, Schwänke, schnurrige Unterhaltung, die bei aller Oberflächlichkeit doch die spießige Kehrseite des deutschen Wirtschaftswunderlandes spiegelten. In seinen rund vierzig Rollen zwischen 1955 und 1971 verkörperte Heinz Erhardt immer denselben, beleibten Typen mit rundem Gesicht und Hornbrille: den naiven aber listigen Schelm, der, obwohl er Otto Normalverbraucher ist, mit kauzigem Humor und kalauerndem Wortsalat aus der biedermännischen Rolle fällt und schräge, manchmal deftige Sympathie für die kleinen Leute zeigt. Seine Weiterentwicklung zum Charakterdarsteller wie in Wolfgang Staudtes „Die Herren mit der weißen Weste“ (1970) wurde durch seine Krankheit vereitelt.

1971 erlitt Erhardt einen schweren Schlaganfall, konnte zeitweise überhaupt nicht mehr sprechen und erholte sich nur mühsam von Depressionen. Er hatte das Wichtigste verloren, was seine Kunst ausmachte, seine Sprache war zeitlebens das Instrument gewesen, auf dem er virtuos spielte und die Zuhörer begeisterte. Ein letzter, wenn auch stummer Auftritt, wurde ihm im Fernsehen in dem Film „Noch 'ne Oper“ (1979) zuteil. Claus Peter Witt hatte diese Opernpersiflage unter anderem mit Gert Fröbe, Paul Kuhn, Helga Feddersen, Karl Dall und Harald Juhnke in Szene gesetzt, von Erhardt selbst stammte das Libretto, hinter der Kamera stand Erhardts Sohn Gero.

Tod

Heinz Erhardt verstarb am 5. Juni 1979 in Hamburg mit siebzig Jahren und wurde auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt, wo ihn seine Gemahlin Gilda 1987 nachfolgte.

Familie

Heinz Erhardt war seit 1935 mit Gilda Zanetti, der Tochter eines italienischen Konsuls in St. Petersburg, verheiratet und hatte mit ihr vier Kinder. Tochter Grit „Gigi“ (1936–2016, verh. Berthold), nach Tochter Verena (Lebensrune.png 1940) folgte 1943 Sohn Gero, der als Kameramann und Fernsehregisseur arbeitet, Tochter Marita (Lebensrune.png 1944) komplettierte die Familie. Der Enkel Marek Erhardt hat sich inzwischen einen Namen als renommierter Schauspieler erworben.

Filmbeiträge

Aus der Sendung „Fernsehfibel“, ausgestrahlt am 15. November 1939 vom Fernsehsender Paul Nipkow

Gedichte (Auswahl)=

Aus „Das ABC der Menschenliebe“

A (Amerika)
Amerika, du Land der Superlative
und dort wo James Cooper
zwar seinen „Lederstrumpf“ verfaßte,
man aber die Indianer haßte,
weshalb man sie, halb ausgerottet,
in Reservaten eingemottet,
sich dafür aber Schwarze kaufte,
sie schlug und zur Belohnung taufte,
doch heute meidet wie die Pest,
sie aber für sich sterben läßt –
wie beispielgebend stehst du da
für Menschlichkeit! O USA!
B (Briten)
Jedoch auch sie, die vielen Briten,
die Schott- und Engländer, sie bieten
für unser Thema Menschlichkeit
so manchen Stoff seit alter Zeit!
Nur waren’s statt Indianer Inder,
die sie ermordeten, auch Kinder;
und ähnlich Schreckliches erfuhren
danach die Iren und die Buren,
die man durch den Entzug des Fetts
verschmachten ließ in den Kazetts!
Jedoch bei Völkern, welche siegen,
wird sowas totgeschwiegen.
C (Christen)
Dann wären da, bar jeden Ruhms,
so manche Tat des Christentums,
die eben wegen seiner Lehre,
am besten unterblieben wäre!
Man denke da zum Beispiel an Inquisition zuerst
und dann an Waffensegnung mit Gebeten,
und andre Gläubige zu töten!
Auch dieses: lieber Menschenmassen
verelenden und hungern lassen,
statt man Geburtenreglung übe
auch das zeugt nicht von Menschenliebe!

Filmographie

  • 1949: Wer macht was falsch? (nur Stimme)
  • 1949: Gesucht wird Majora
  • 1950: Liebe auf Eis (Männer um Angelika)
  • 1955: Drei Tage Mittelarrest
  • 1956: Ich und meine Schwiegersöhne
  • 1956: Die gestohlene Hose
  • 1956: Mädchen mit schwachem Gedächtnis
  • 1956: II-A in Berlin (Drei Bayern an der Spree)
  • 1957: Der müde Theodor
  • 1957: Witwer mit fünf Töchtern
  • 1958: Immer die Radfahrer
  • 1958: So ein Millionär hat’s schwer
  • 1958: Vater, Mutter und neun Kinder
  • 1958: Der Haustyrann
  • 1959: Natürlich die Autofahrer
  • 1959: Drillinge an Bord
  • 1960: Der letzte Fußgänger
  • 1960: Kauf Dir einen bunten Luftballon
  • 1960: Mein Mann, das Wirtschaftswunder
  • 1961: Ach Egon!
  • 1961: Drei Mann in einem Boot
  • 1961: Freddy und der Millionär
  • 1962: Die Post geht ab
  • 1962: Axel Munthe, der Arzt von San Michele
  • 1962: Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett
  • 1963: Apartment-Zauber
  • 1964: Wenn man baden geht auf Teneriffa
  • 1964: Die große Kür
  • 1965: Der Ölprinz
  • 1965: Das Vermächtnis des Inka
  • 1966: Das gewisse Etwas der Frauen
  • 1968: Otto ist auf Frauen scharf
  • 1969: Charley’s Onkel
  • 1969: Warum hab’ ich bloß 2x ja gesagt?
    (Der liebestolle Schlafwagenschaffner, Doppelt verheiratet hält besser)
  • 1969: Klein Erna auf dem Jungfernstieg (Eine verrückte Familie)
  • 1969: Die Herren mit der weißen Weste
  • 1970: Was ist denn bloß mit Willi los? (Grüß Sie Gott, Frau Stirnima!)
  • 1970: Das kann doch unsren Willi nicht erschüttern
  • 1971: Unser Willi ist der Beste
  • 1971: Willi wird das Kind schon schaukeln

Verweise