Friedrich II. (Hessen-Kassel)

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Friedrich II., Landgraf von Hessen-Cassel in einem Gemälde von Johann Heinrich Tischbein d. Ä. 1773

Friedrich II. (Lebensrune.png 14. August 1720 in Kassel; Todesrune.png 31. Oktober 1785 in Schloß Weißenstein, Kassel) war ein deutscher Adliger, Erbprinz und ab 1760 Landgraf von Hessen-Kassel aus dem Haus Hessen. Er war der erste und einzige Landesfürst Hessen-Kassels nach der Reformation, der zum katholischen Glauben übertrat. Er war u. a. Generalfeldmarschall der Preußischen Armee, Ritter des Königlich Preußischen hohen Ordens vom Schwarzen Adler und ab 31. Mai 1756 Chef bzw. Inhaber des Füsilier-Regiments Nr. 48 und von 4. Januar 1757 bis 1. März 1786 (über den Tod hinaus) des Füsilier-Regiments Nr. 45 (Regiment „Hessen-Kassel zu Fuß“), das dann von Generalmajor Johann Ludwig von Eckartsberg übernommen wurde.

Leben

Denkmal des Landgrafen Friedrichs II., „Vater des Vaterlandes“, auf dem Kasseler Friedrichsplatz; Dieser im wahrsten Sinne des Wortes Verräter seines ihm anvertrauten Volkes hat sich später in Kassel ein Ehrenmal errichten lassen, welches noch heute dort steht.

Im März 1759 wurde er zum General der Infanterie befördert. 1760 wurde Friedrich Landgraf von Hessen-Kassel und unternahm einige erfolglose Versuche, die Grafschaft Hanau wieder mit Hessen-Kassel zu vereinigen, die aber am Widerstand Großbritanniens und der evangelischen Stände scheiterten. Am 14. Mai 1760 wurde er zum Generalfeldmarschall ernannt.

Friedrich II., Landgraf von Hessen-Cassel, einziger Sohn des Landgrafen Wilhelm VIII. und dessen Gemahlin Dorothea Wilhelmine von Sachsen-Zeitz, wurde am 14. August 1720 im Schlosse zu Cassel geboren. Seine Erziehung leitete der Oberst August Moritz von Donop und neben diesem 1726 bis October 1733 der Professor Jean Pierre de Crousaz aus Lausanne. In Begleitung dieser vortrefflichen Männer wurde F. zu seiner weiteren Ausbildung im November 1732 nach dem ihm bereits durch früheren zeitweiligen Aufenthalt bekannten Genf gebracht, wo er mit kurzen Unterbrechungen bis zum August 1737 blieb. Er genoß daselbst den Unterricht der bedeutendsten Professoren der Akademie, von welchen er in seinen Briefen in die Heimath den Mathematiker Calandrin und die Juristen Necker und Burlamaqui (letzteren mit Vorliebe) nennt. Seine Lehrer rühmten an ihm lebhaften Geist und rasche Auffassungsgabe, sie tadelten seine mehr und mehr hervortretende Vergnügungssucht. Im Mai 1740 vermählte er sich mit Maria, Tochter König Georgs II. von Großbritannien, einer von ihren Zeitgenossen wegen ihrer edlen Charaktereigenschaften hochverehrten Prinzessin, die jedoch einen bleibenden Einfluß auf den unbeständigen Sinn ihres Gemahls um so weniger zu gewinnen vermochte, als diesen der Ausbruch des österreichischen Erbfolgekrieges bald von ihrer Seite riß. F. that seine ersten Kriegsdienste im J. 1741 als Generalmajor unter dem Oberbefehl seines Vaters bei den in englischem Solde stehenden hessischen Truppen gegen die in Westfalen eingedrungenen Franzosen. Gegen dieselben kämpfte er auch in den beiden folgenden Jahren unter dem Commando seines Oheims, des Prinzen Georg von Hessen in den österreichischen Niederlanden und am Rhein. Als in Folge der Frankfurter Union (22. Mai 1744) ein hessisches Corps zu den Schaaren Kaiser Karls VII. stieß, erhielt F. als Generallieutenant den Oberbefehl über dasselbe und war bei Befreiung der baierischen Erblande des Kaisers thätig. Nach dem Tode Karls wurden die hessischen Truppen unter dem Commando des Prinzen wieder an England überlassen und sollten zur Bekämpfung der Franzosen in den Niederlanden verwandt werden. Da jedoch der von dem schottischen Prätendenten Karl Eduard Stuart erregte Aufstand in gefährlicher Weise um sich griff, so wurde F. mit den Hessen nach Schottland gesandt, wo er im Februar 1746 landete. Bei Dämpfung der Empörung zeichnete er sich im Gegensatz zu dem Herzog von Cumberland durch humanes Benehmen aus, weshalb ihm die Stadt Sterling das Ehrenbürgerrecht verlieh. Nachdem durch die Schlacht bei Culloden (27. April 1746) die Macht des Prätendenten gebrochen war, kehrte F. über London zu dem Heere in den Niederlanden zurück, wo er, im Mai 1747 zum General der hessischen Infanterie ernannt, bis zum Abschluß des Aachener Friedens blieb. Bald darauf that er den verhängnißvollsten Schritt seines Lebens: Während eines Besuches, den er mit seinem Vater im Februar 1749 dem Kurfürsten von Köln Clemens August von Baiern zu Neuhaus bei Paderborn abstattete, trat er vor diesem Kirchenfürsten heimlich zur römisch-katholischen Kirche über. Es war dies jedoch nur der formelle Abschluß einer lange im Verborgenen sich hinziehenden Bewegung, deren Fäden auf die Verbindungen des Prinzen mit Kaiser Karl VII. und dessen baierischem Hause hinweisen. Dem Kurfürsten Clemens August gebührt ein hervorragender Antheil an dem Bekehrungswerke, bei dem auch Beziehungen Friedrichs zu katholischen Damen von Einfluß gewesen zu sein scheinen. Die Beweggründe, welche den bereits im J. 1742 mit seinem reformirten Glauben unzufriedenen Prinzen bei dem Religionswechsel leiteten, waren, seinem im Grunde wenig religiösen Sinn entsprechend, nicht dogmatischer, sondern äußerlicher Natur. Seiner Prachtliebe imponirte der Glanz des katholischen Cultus, während die bürgerliche Einfachheit des reformirten Gottesdienstes und das Zurückgehen auf die Bibel, in welcher er der philosophischen Richtung seiner Zeit gemäß manche Schwächen zu finden glaubte, ihm mißfielen. Auch wirkte wohl auf ihn das Tröstliche der katholischen Priesterabsolution in Momenten der Reue, wie seine starken Leidenschaften sie ihm bereiteten. Dazu kamen endlich (wie die Akten ergeben) Hoffnungen auf Erlangung der polnischen Königskrone. In den folgenden Jahren führte F., wol um den Uebertritt vor seinem strengen Vater besser verbergen zu können, meist ein bewegtes Reiseleben und besuchte unter andern die Höfe von Paris, Brüssel, London und Berlin. Erst im September 1754 erfuhr der unterdessen (1751) zur Regierung gelangte Landgraf Wilhelm den Religionswechsel seines Sohnes. Es war dies ein erschütternder Schlag für den alten, dem reformirten Glauben streng ergebenen Fürsten. Doch ergriff er alsbald mit der größten Energie Maßregeln, um etwaige Folgen des Geschehenen von der Familie seines Sohnes und dem Lande abzuhalten, und F., überrascht und den Zorn seines Vaters fürchtend, fügte sich den getroffenen Bestimmungen. In der berühmten hessischen Assekurationsacte verzichtete der Erbprinz auf die 1736 an Hessen-Cassel gefallene Grafschaft Hanau-Münzenberg, deren Revenuen zum Unterhalt seiner fortan getrennt von ihm lebenden Gemahlin und seiner Söhne Wilhelm (Nachfolger seines Vaters, geb. 1743), Karl (geb. 1744) und Friedrich (geb. 1747) bestimmt wurden; er versprach, nach seinem künftigen Regierungsantritt der katholischen Kirche außer seinem Privatgottesdienste nicht das geringste weitere Recht einzuräumen, alle Entscheidungen über kirchliche Angelegenheiten dem geheimen Ministerium und den Consistorien zu überlassen und zu Staatsdienern, wie bisher, nur Protestanten anzunehmen. Die Assekurationsacte wurde unter die Garantie Englands, Preußens, des evangelischen Körpers zu Regensburg, Schwedens, Dänemarks und der Generalstaaten gestellt und den hessischen Landständen das Recht eingeräumt, nöthigen Falls die Hülfe dieser Staaten in Anspruch zu nehmen. Die Strenge dieser Bestimmungen erregte den lebhaften Unwillen der katholischen Partei, welche es bei Bekehrung des Erbprinzen auf mehr als auf die Gewinnung seiner Person abgesehen hatte, und es beginnt nun ein von dem Wiener und kurkölner Hofe ausgehendes, auch von Frankreich unterstütztes verwickeltes Ränkespiel, um F. zum Widerruf der Assekurationsacte und zur Flucht nach Wien zu bewegen, wo er in hoher militärischer Stellung den Tod seines Vaters abwarten sollte. Diese Bestrebungen erhalten eine tiefere Bedeutung durch ihren engen Zusammenhang mit den geheimen Vorspielen des siebenjährigen Krieges; es galt, da man den Tod des alten Landgrafen für nahe bevorstehend hielt, die künftige Parteistellung Hessens zu bestimmen. Für diese Zwecke wurde F. beständig in geschickter Weise bearbeitet. Die Aufgabe übernahmen eine verwittwete Gräfin von Leiningen (selbst Convertitin) und ihre Tochter, die Prinzessin von Löwenstein-Rosenberg zu Frankfurt, später die Landgräfin Marie Sophie von Hessen-Rotenburg und ihr Gemahl Landgraf Constantin. Hinter allen diesen Personen aber stand als geheimer Leiter der österreichische Kreisgesandte zu Frankfurt, Graf Pergen. F., welcher sich bereits während eines Aufenthaltes zu Hamburg (Februar bis Juni 1755) mit dem dortigen österreichischen Gesandten Grafen Raab und dem Reichshofrath Baron Kurtzrock in Verhandlungen eingelassen hatte, und welcher dann bei dem ihm von seinem mißtrauischen Vater gebotenen Aufenthalt in Hessen (er lebte in Völkershausen und Hersfeld) schmerzlich die gewohnten Zerstreuungen der großen Welt vermißte, war diesen Plänen geneigt, aber sein Wankelmuth und die Wachsamkeit Wilhelms VIII. vereitelten alle Fluchtversuche. So kam es, daß F., um seiner unleidlichen Lage zu entrinnen, den, wie er wußte, von seinem Vater gern gesehenen Entschluß faßte, preußische Kriegsdienste zu nehmen (April 1756). Zwar trat der Wiener Hof nun offen für ihn ein und suchte ihn noch nach seiner Ankunft in Berlin zur Annahme eines kaiserlichen Generalpatentes zu bewegen. Allein es war zu spät, und F., durch den gethanen Schritt den katholischen Einflüssen entzogen, stand in dem nun beginnenden großen Kampfe auf Seiten derer, welchen auch sein Vater beitrat. Ende Mai 1756 wurde er von Friedrich dem Großen zum Generallieutenant der Infanterie und Vicegouverneur von Wesel ernannt, nahm später auch an den Feldzügen in Schlesien, Böhmen und Sachsen Theil und ward im Februar 1759 General der Infanterie und Vicegouverneur von Magdeburg. Am 1. Febr. 1760 starb Landgraf Wilhelm VIII., und F. trat die Regierung an. Er fand ein durch den langwierigen Krieg hart mitgenommenes Land vor, dessen Leiden im Verein mit anderen Erwägungen es ihm eine Zeit lang nahe legten, die bisherigen Bundesgenossen zu verlassen, ohne daß jedoch dieser Schritt geschah. Den die Religion betreffenden Festsetzungen der Assekurationsakte kam er mit Gewissenhaftigkeit nach. Dagegen bemühte er sich lange, aber vergeblich, die Aufhebung der ihm besonders schmerzlichen Bestimmung über die Grafschaft Hanau zu erlangen, und fand hierbei die Unterstützung Friedrichs d. Gr., der ihn bereits im März 1760 zum Generalfeldmarschall ernannt hatte. Nach Herstellung des Friedens suchte F. das erschöpfte Land wieder empor zu bringen; sein Hauptaugenmerk aber richtete er auf die Erweiterung und Verschönerung seiner Residenz Cassel, so daß seine Regierung für diese Stadt eine Periode nie gesehenen Glanzes schuf, hinter dem freilich die übrigen Landestheile sehr zurückblieben. Die Schleifung der Festungswerke Cassels, womit man im December 1767 begann, gewährte Raum für die Vergrößerung der Stadt, welche durch die Baulust Friedrichs und die Geschicklichkeit seines Baumeisters Du Ry mit prächtigen Gebäuden und Anlagen geschmückt wurde. Am bedeutendsten ist das Museum (1779), das die stark vermehrte Bibliothek und eine reiche Sammlung von Kunstschätzen aufnahm. Ueberhaupt that F. vieles für Kunst und Wissenschaft. Er stiftete 1775 die Maler- und Bildhauerakademie (später unter Zuziehung der Baukunst Akademie der bildenden Künste genannt), an der die beiden Maler Tischbein und der Bildhauer Nahl wirkten. Er erweiterte 1766 und 1773 das zur besseren Vorbildung für die Universitätsstudien bestimmte Collegium Carolinum und vereinigte unter den Lehrkräften desselben einen glänzenden Kreis hervorragender Geister, von welchen der Geschichtschreiber Johannes Müller, der Naturforscher Georg Forster (der Weltumsegler), der Mathematiker und Philosoph Mauvillon, der Philologe und Philosoph Tiedemann, die Kameralisten Dohm und Runde, der Jurist Höpfner, die Aerzte Huber, Stein, Baldinger, Sömmering genannt werden mögen. Gesellschaften, wie die des Ackerbaues und der Künste (1773) und die der Alterthümer (1777) sollten in weiteren Kreisen Anregung geben. Einen verbesserten Schulunterricht bot das Lyceum (1779) und für die Militärzöglinge das Cadettenhaus. Von wohlthätiger Wirkung waren das Entbindungs- und Findelhaus (1761) und das Krankenhaus (Charité 1785). Handel und Gewerbe suchte F. durch die Einführung der Casseler Messen und die Errichtung eines Commerzcollegiums zu fördern. An einer reich ausgestatteten französischen und italienischen Oper nebst Ballet und einer ausgezeichneten Musikcapelle fand er viele Freude. Auch zwei Verdienstorden stiftete er (pour la vertu militaire 1769 und den Orden vom goldenen Löwen 1770). Mehrfach unternahm F. größere Reisen. 1773 besuchte er Voltaire in Ferney. In den Jahren 1776 und 1777 war er in Italien, wo die Akademie der Arkadier in Rom ihn zu ihrem Mitglied ernannte. Alte Hoffnungen des Ehrgeizes lebten wieder in ihm auf, als im J. 1771 einige unzufriedene polnische Magnaten ihm die Krone ihres Landes antrugen, und nur mit Mühe konnten ihn seine Rathgeber Asseburg und Schlieffen von abenteuerlichen Schritten abhalten. Am 14. Jan. 1772 starb zu Hanau seine getrennt von ihm lebende Gemahlin Maria, worauf er sich am 10. Januar des folgenden Jahres mit Philippine Auguste Amalie, Tochter des Markgrafen Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Schwedt, vermählte. Diese Ehe blieb kinderlos. Im Januar 1776 schloß er einen Susidienvertrag[WS 1] mit König Georg III. von Großbritannien, wodurch er demselben ein Corps von 12000 Mann zur Bekämpfung der nach Unabhängigkeit ringenden amerikanischen Colonien überließ. Wenn auch ein Theil der hierdurch erlangten Geldmittel dem Land zu Gut kam, so hat doch diese Handlungsweise dem sonst humanen Landgrafen mit Recht herben Tadel zugezogen. Als im J. 1777 die baierische Linie der Wittelsbacher ausstarb, hoffte F. die erledigte Kurwürde an sein Haus zu bringen, fand jedoch bei Friedrich d. Gr. die erbetene Unterstützung nicht. Er starb am 31. Octbr. 1785 auf dem Schlosse Weißenstein (Wilhelmshöhe) an einem Schlaganfalle und wurde in der von ihm erbauten katholischen Hofcapelle zu Cassel beigesetzt. Zwei Jahre vor seinem Tode hatte eine Aussöhnung mit seinen seit seinem Religionswechsel von ihm getrennten Söhnen stattgefunden. F. war von stattlicher Gestalt, mit schönen, regelmäßigen Zügen und leutseligem, einnehmendem Wesen. Er besaß ein wohlwollendes Gemüth und, wo keine Voreingenommenheit ihn beeinflußte, scharfen Verstand. Dazu kam ein feines Gefühl für das Schöne und eine nicht unbedeutende, aber durchaus französische Bildung. Bei Begünstigung von Kunst und Wissenschaft war er nicht ganz frei von einem gewissen prunkenden Mäcenatenthum. In der Religion zeigte er sich durchaus tolerant und huldigte bis zu einem gewissen Grade freien Ansichten, wie noch vorhandene handschriftliche Aufsätze beweisen. Die Befürchtungen, welche die Protestanten an seinen Uebertritt knüpften, hat er nicht wahr gemacht. Grübeleien und Streitigkeiten über religiöse Gegenstände waren ihm verhaßt. („Croire uniment les choses qui concernent les mistères de la foy sans trop les vouloir approfondir, c’est en matière de religion le véritable esprit“.) Auch als Schriftsteller ist F., doch anonym, aufgetreten. Seine „Pensées diverses sur les Princes“ (Lausanne 1776) zeugen von dem wohlmeinenden und verständigen Sinne des Fürsten, der die Anwendung der Todesstrafe und der Folter verwarf.[1]

Wesel

1756 wurde der Erbprinz Friedrich von Hessen-Kassel für den Siebenjährigen Krieg als Generalleutnant in die Preußische Armee aufgenommen. Er verlangte für seine Waffentreue die Stellung als Gouverneur der Zitadelle Wesel (Festungskommandant) und wurde so zum Vize-Gouverneur von Wesel ernannt mit der Anwartschaft auf das Gouvernement. Dies führte naturgemäß zum Konflikt mit dem Gouverneur von Dossow, Generalfeldmarschall Friedrich Wilhelm von Dossow, aber auch mit dem neuen Gouverneur der Zitadelle Wesel (der Erbprinz mußte die Stellung abgeben) Generalleutnant Ernst Heinrich August Freiherr von La Motte Fouqué. Der hessische Prinz, der 1757 nach von Dossows Verabschiedung dann Gouverneur wurde, beanspruchte die aus diesen Rängen und Titeln entsprechenden Vorrechte, auch wenn er aufgrund fehlender militärischer Erfahrung seine Rolle als Gouverneur nicht ausfüllen konnte und die Dienstgeschäfte vom Generalleutnant Freiherr von La Motte Fouqué geführt werden mußte. Nachdem der Erbprinz dann Gouverneur von Wesel wurde, wurde Freiherr von La Motte Fouqué Gouverneur der Zitadelle Wesel.

Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg

Zu seinem unrühmlichsten Wirken gehört ein 1776 mit England abgeschlossener Vertrag, in dem er 12.000[2] bis 17.000 seiner Landeskinder für den amerikanischen Krieg – im Dienste der Briten im Kampf gegen die putschenden Kolonisten – verkaufte (Truppenvermietung war zu dieser Zeit eine allgemein übliche Vorgehensweise der Zeit, Subsidienregimenter gab es in den meisten Ländern, auch im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation[3]), ein blendendes Geschäft, da auch jeder Todesfall zusätzlich besonders vergütet wurde. Schon sein Vater, Landgraf Wilhelm VIII., vermietete während des österreichischen Erbfolgekriegs Truppen sowohl an England als auch an dessen Gegner, Kaiser Karl VII. Er „vermietete“ nahezu 17.000 Soldaten für 1,254 Millionen Pfund Sterling. Johann Gottfried Seume beschreibt seine Rekrutierung in seiner Autobiographie „Mein Leben“ (S. 209 ff.):

„Den dritten Abend übernachtete ich in Vach und hier übernahm trotz allem Protest der Landgraf von Kassel, der damalige große Menschenmäkler, durch seine Werber die Besorgung meiner ferneren Nachtquartiere nach Ziegenhain, Kassel und weiter nach der neuen Welt. […] Endlich ging es von Ziegenhain nach Kassel, wo uns der alte Betelkauer [Friedrich II., A.d.R.] in höchst eigenen Augenschein nahm, keine Silbe sagte und uns über die Schiffbrücke der Fulda, die steinerne war damals noch nicht gebaut, nach Hannövrisch-Münden spedierte. Unser Zug glich so ziemlich Gefangenen; denn wir waren unbewaffnet, und die bewehrten Stiefletten-Dragoner und Gardisten und Jäger hielten mit fertiger Ladung Reihe und Glied fein hübsch in Ordnung.“

Hessen hatte zu dieser Zeit bereits das Kantonsystem eingeführt, eine Art allgemeine Wehrpflicht. Diese verpflichtete jeden waffenfähigen Untertanen im Alter von 16 bis 30 Jahren zum Dienst an der Waffe für den Landesherrn. Das Kantonsystem ersetzte die bis dahin übliche Zwangsrekrutierung der gesamten Truppe.[4] Dennoch ist anzumerken, daß die Männer eher angeworben, und wenig gepreßt wurden, auch war der englische Sold nicht selten üppig und die Zusatzversorgung für Veteranen und Kriegsinvaliden begehrt. Ebenfalls versuchte der Landgraf möglichst viele Durchreisende, insbesondere Ausländer, anwerben zu lassen, um manche Landeskinder zu verschonen. Die meisten der Soldaten waren jedoch Söhne Hessen-Kassels, das Erstkontingent, das sich bereits im März 1776 zu den amerikanischen Kolonien aufmachte, bestand überwiegend aus Freiwilligen. Wo genügend Freiwilligen fehlten, wurden Soldaten aufgrund ihrer Dienstpflicht aber auch gegen ihren Willen ausgehoben.

Hessische Truppen in britischem Sold während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges

Zahlreiche Quellen berichten davon, daß die entsendeten Soldaten der deutschen Staaten besser motiviert waren als ihre britischen Verbündeten.[5] Generell waren die entsendeten Soldaten stolz darauf, für ihren Souverän nach Amerika ins Feld ziehen zu dürfen.[6] Im Text eines zeitgenössischen Soldatenliedes aus Hessen-Kassel heißt es:

Juchheissa nach Amerika, Dir Deutschland gute Nacht!
Ihr Hessen, präsentiert’s Gewehr, Der Landgraf kommt zur Wacht.
Ade, Herr Landgraf Friederich, Du zahlst uns Schnaps und Bier!
Schießt Arme man und Bein’ uns ab, So zahlt sie England Dir.
Ihr lausigen Rebellen ihr, Gebt vor uns Hessen Acht!
Juchheissa nach Amerika, Dir Deutschland gute Nacht.

Ab dem Jahr 1776 kämpften die hessischen Soldaten unter dem Oberbefehl Generalleutnant Wilhelm Reichsfreiherr zu Innhausen und Knyphausen (1716–1800) zumeist siegreich in vielen Schlachten und Gefechten, wie z. B. in der ersten Kampagne um New York und New Jersey, der Schlacht um Germantown, der Belagerung von Charleston und als Verteidiger in der finalen Belagerung von Yorktown, wo allerdings ca. 1.300 deutsche Soldaten in Gefangenschaft gerieten. Der Wendepunkt für die als übermächtig geltenden Hessen war die Schlacht von Trenton am 26. Dezember 1776, als George Washington völlig unerwartet im Winter und über den Fluß „Delaware“ kommend das Lager der deutschen Mietsoldaten angriff und einnahm.

Man schätzt, daß Hessen-Kassel dabei 6.500 verloren hat. Der hessische Jäger-Offizier und spätere Generalmajor Adam Ludwig von Ochs (der ab Dezember 1807, wie so viele Deutsche, im Dienste Napoleons in dessen Großen Armee diente) zählte 1.800 hessische Gefallene. Der Rest starb an Krankheiten oder verblieb nach Kriegsende in Amerika.

Familie

Aus seiner ersten Ehe mit Maria von Hannover(1723–1772) sind vier Kinder entsprossen:

  • Wilhelm (1741–1742)
  • Wilhelm I. (1743–1821)
  • Karl (1744–1836)
  • Friedrich (1747–1837), Landgraf von Hessen-Rumpenheim, verheiratet 1786 mit Karoline Polyxene von Nassau-Usingen (1762–1823), Tochter des Fürsten Karl Wilhelm von Nassau-Usingen und Stammvater des heute existierenden Hauses Hessen.

Seine zweite 1773 in Berlin geschlossene Ehe mit Philippina (1745–1800), Tochter des Markgrafen Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Schwedt, blieb kinderlos.

Fußnoten

  1. Friedrich II., Landgraf von Hessen-Cassel von Arthur Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 524–528
  2. 15 Infanterie-Regimentern, 4 Grenadier-Bataillonen, 2 Kompanien Feldjägern und dem Artilleriecorps. Dazu kamen später noch drei Kompanien Feldjäger zu Fuß und eine zu Pferde.
  3. Das letzte deutsche Subsidienregiment war von 1787 bis 1808 das Kapregiment des Reichskreises Württemberg in Diensten der Niederländischen Ostindien-Kompanie.
  4. Desertierte ein Soldat, gab es eine besondere Regelung: In diesem Fall wurde gemäß dem Kantonsystem ein Blutsverwandter des Deserteurs zwangsweise zur Truppe gezogen. Wenn kein waffenfähiger Verwandter existierte, wurde ersatzweise jemand aus demselben Dorf eingezogen. Zudem konnte den Angehörigen des Deserteurs alles Hab und Gut weggenommen werden.
  5. John Ferling: Almost a Miracle. The American Victory in the War of Independence. Oxford University Press, New York, 2007, 536.
  6. Max von Eelking: Die deutschen Hülfstruppen im nordamerikanischen Befreiungskriege, 1776 bis 1783, S. 263.