Gentz, Friedrich von

Aus Metapedia
(Weitergeleitet von Friedrich von Gentz)
Wechseln zu: Navigation, Suche
Friedrich von Gentz.jpg

Friedrich von Gentz (Lebensrune.png 2. Mai 1764 in Breslau; Todesrune.png 9. Juni 1832 in Wien) war ein einflußreicher deutscher Schriftsteller aus Österreich, Staatstheoretiker, Politiker und Berater von Fürst Metternich.

Werdegang

Friedrich von Gentz II.jpg

Wirken

Gentz kritisierte die Französische Revolution und die französische Expansionspolitik durch Napoleon. Wie Edmund Burke vertrat Gentz die Idee einer auf Rationalität und Kontinuität basierenden Reformpolitik, die jeder Revolution vorbeugen sollte. Diemonarchische Ordnung galt ihm als höchst schützenswert, weil sie Kontinuität sicherstellte.

Neue Deutsche Biographie

Nach 2jährigem Universitätsstudium in Königsberg/Preußen begann G. 1785 in Berlin die Beamtenlaufbahn, brachte es jedoch nur bis zum Kriegsrat (1793). Seine der Spätaufklärung und europäischen Naturrechtsbewegung verpflichtete Lebenszielsetzung geistiger Vervollkommnung und eudämonistisches Streben führte ihn früh zum Beamtenmetier in ein Spannungsverhältnis, das sich seit dem Ausbruch der Französischen Revolution und der entscheidenden Begegnung mit W. von Humboldt (1790/91) krisenhaft steigerte. Gemäß dem Reformwillen seines Jahrhunderts und seiner eigenen moralphilosophischen Überzeugung feierte G. die Revolution und suchte sie in einer Erstlingsschrift (1790/91) zu rechtfertigen, bis er wenig später durch die Beschäftigung mit Montesquieu, den englischen Rechtslehrern, der Rechtslehre Kants, insbesondere aber durch die geistige Auseinandersetzung mit W. von Humboldt die Denkelemente gewann, die ihn den von Burke aufgezeigten Irrweg der Französischen Revolution erkennen ließen. Die Übersetzung und Kommentierung von Burkes „Reflections on the Revolution in France“ (London 1790, Berlin 1793) verhalfen G. zu europäischer Berühmtheit und ließen ihn seine Berufung zum politischen Denker und Schriftsteller erkennen. Da G. die Revolution nicht als eine Sünde durch, sondern wider die Vernunft verstand, stemmte er sich aus gleichen Staats- und gesellschaftstheoretischen Voraussetzungen gegen die revolutionären Prinzipien und den Freiheit und Gleichheit fordernden Zeitgeist, bis er - ohne eine conversio zu vollziehen - in mehreren Etappen-|wobei auch sein noch Reformen heischendes Sendschreiben an Friedrich Wilhelm III. seinen 1797 vertretenen Anschauungen entsprach - 1798/99 auf rationaler und naturrechtlich-idealistischer Basis seine eigene hochkonservative Staatsauffassung formulierte. Die Ablehnung von Volkssouveränität und Menschenrechten, des Widerstandsrechts, des Rechts auf politische Freiheit und Gleichheit und des allgemeinen Reformtrends unterstrich, daß er wohl den sozialen Charakter der Revolution, nicht aber ihren Sinn erkannt hatte. Die staatsdenkerisch-publizistische Leistung G., die ein Bekenntnis zum monarchischen System in sich schloß, wurde wesentlich durch Graf Hoym gefördert, der G. großzügig von Amtspflichten entlastete. In diesen Jahren 1794-97 fertigte G. weitere Übersetzungen und selbständige Kommentierungen antirevolutionärer Schriften, wie der von Mallet du Pan, von Mounier und d'Ivernois. Der Gründung einer eigenen Zeitschrift 1795 folgten 1799/1800 mit Bewilligung und finanzieller Unterstützung der preußischen Regierung 2 Jahrgänge des „Historischen Journals“, in denen G. die deutsche politische Publizistik auf einen ersten Höhepunkt führte. Sein im Sinne einer eigengesetzlichen Dynamik entwickelter Revolutionsbegriff und die klare Kennzeichnung der Phasen und des Endes der Revolution waren aufsehenerregende Leistungen. Aber erst seit der Kriegspolitik Bonapartes kam bei G. - sichtbar in der Verwerfung der Projekte ewigen Friedens und einer Rechtfertigung des Krieges - ein politischer Realismus zum Durchbruch; aus dem pazifistischen Streiter wider die Prinzipien der Französischen Revolution wurde der Herold des Kampfes um die Wiederherstellung der politischen Grundordnung Europas, des von Frankreich zerstörten Gleichgewichts der Mächte. Ließ schon diese Tendenz die preußische Regierung abrupt von G. abrücken, so gefährdete er seine Sonderstellung in Preußen, als er 1801 die von Hauterive verkündete Europapolitik des bonapartistischen Frankreich desillusionierte, England als den Hort der Freiheit Europas pries und die Überwindung des deutschen Dualismus forderte, um den Kontinent vor einer Unterwerfung durch den Hegemoniewillen Napoleons zu bewahren. Durch sein konsequent-kompromißloses politisches Denken geriet G. 1801/02 in eine echte, auch sein Privatleben erfassende Existenzkrise, da er sich von Preußen lossagte und auf die bürgerliche Profession verzichtete, ohne materiell einen Ausgleich gefunden zu haben. Sein Versuch, sich in Weimar zu etablieren, mißlang. Erst die von Österreichs Gesandten Ph. Graf Stadion in Berlin und von Mathias Fasbender in Wien betriebene, von Cobenzl und Colloredo schließlich vollzogene Übernahme in österreichische „Dienste“ (September 1802) verschaffte G. über den leeren Titel eines kaiserlich königlichen Rats - materiell mittels einer festen Pension gesichert, jedoch unter bewußter Ausschließung von allen Regierungsgeschäften - die erwünschte Freiheit für sein publizistisches Ringen. Ein kurzer, ehrenvoller Aufenthalt in London (November/Dezember 1802) klärte seine künftige Laufbahn. Da G. in Wien weder einem Revers bezüglich seiner Auslandsverbindungen noch einer Eidespflicht unterworfen war, waltete er dort seit 1803 in eigener Mission als Agent antinapoleonischer, europäischer Politik und nahm dafür materielle Unterstützung, die man ihm insbesondere von England aus gewährte.
Bis zum Sturze Napoleons sind 3 Phasen der Tätigkeit G. zu unterscheiden. Schon in der ersten (bis 1805) wurde er in Wien bei den Diplomaten und in der hohen Gesellschaft ein Sammelpunkt antinapoleonischer Agitation, die in seinen in der deutschen politischen Publizistik klassisch gewordenen „Fragmenten aus der neuesten Geschichte des politischen Gleichgewichts in Europa“ (1806) gipfelte. Die Politik Österreichs konnte G. indes auch nicht durch seine zahlreichen Denkschriften beeinflussen. Nach Austerlitz floh G. nach Böhmen und Dresden. Die 2. Etappe begann 1806 mit dem persönlich erlebten Zusammenbruch Preußens, sah G. sodann im Exil in Prag und Teplitz verzweifelt mit Gesinnungsgenossen geistigen und politischen Widerstand gegen Napoleon organisieren und aus romantisch-nationalen Wurzeln Kräfte für den Wiederaufstieg Deutschlands und Europas gewinnen; sie beinhaltete für G. jedoch die Enttäuschung, daß ihn Stadion erst zur Abfassung des Kriegsmanifestes 1809 nach Wien rief. G., der eine Neuordnung Deutschlands auf staatenbündischer Grundlage projektierte, da ihm ein deutscher Nationalgedanke letztlich fremd geblieben war, hatte sich nur zögernd Stadions Ziel erschlossen, durch vaterländisch-volkhafte Erweckung eine österreichische Staatsnation gegen Napoleon zu führen. Nach dem Zusammenbruch von Österreichs Befreiungskampf mußte G. im November 1809 wieder ins Exil nach Böhmen. Da er 1809/10 vergeblich der Erschütterung seiner Kampfposition auf dem Kontinent durch eine Übersiedlung nach England auszuweichen suchte, revidierte G. seine Kriegsthesen und näherte sich Metternichs lavierender Politik. Das hatte äußerlich eine geminderte politische Aktivität G. zur Folge und führte 1810/11 zur Lockerung seiner Beziehungen zu England. Im Oktober 1810 beorderte Metternich G. für immer nach Wien; er nützte seinen Rat bei der Gründung eines offiziösen Presseorgans (Österreichischer Beobachter) und als Finanzfachmann; in die Staatskanzlei berief er ihn nicht.
Die Befreiungskriege waren für G. - sein berühmtes Kriegsmanifest bewies dies - kein Anlaß zu nationalem Enthusiasmus. Im Stile der überkommenen Kabinettspolitik triumphierte er über die Wiederherstellung der politischen Grundordnung Europas. Da er diese jedoch durch das Vordringen Rußlands in den europäischen Machtbereich erneut bedroht sah, widerstrebte er einer völligen Entmachtung Frankreichs und einer Restauration der Bourbonen. Nur wenige verstanden ihn darin inmitten des Sieges; preußischerseits aber begann die Verleumdung des „grundsatzlosen“ Politikers G., die durch seine sachsenfreundliche Haltung auf dem Wiener Kongreß und sein mutiges Auftreten gegen den nationalistischen „Mißbrauch der Übermacht“ während des 2. Pariser Friedensschlusses neue Nahrung fand. Der Wiener Kongreß, auf dem G. dank seiner Vertrautheit mit den Diplomaten Europas meisterhaft als 1. Sekretär fungierte, brachte eine Wende in G. Lebensgang. Er wurde hinfort der unentbehrliche, intimste Mitarbeiter Metternichs in den Grundfragen der Außenpolitik und der Belange des Deutschen Bundes; als Protokollführer wirkte er auf den Monarchenkongressen in Aachen, Troppau, Laibach und Verona und noch aktiver auf den Ministerkonferenzen in Karlsbad und Wien 1819/20. Sein privater Status änderte sich jedoch nicht; die Titelverleihung eines Hofrates in außerordentlichen Diensten (1813) eröffnete ihm trotz seiner unbestrittenen Verdienste keine offizielle Karriere mehr. G. wachsender Einfluß beruhte ausschließlich auf der Gunst Metternichs und auf der Tatsache, daß es ihm gelungen war, sich, ohne Standesperson zu sein, in äußerlich gleichberechtigtem Maße in die hohe Gesellschaft einzugliedern. Das Wagnis, einen entsprechenden Lebensstil materiell bestreiten zu können, erleichterte ihm Metternich seit Ende 1812, indem G. mit dessen Einverständnis gegen hohe türkische Belohnung eine vertrauliche Korrespondenz mit den Hospodaren der Walachei und Moldau führte.
Durch seine Gegnerschaft gegen die nationalen und liberalen Zeittendenzen wurde G. ein Exponent der vormärzlichen Reaktion. Da er auch sein inzwischen betontes Österreichertum nur im Sinne gesamteuropäischer, föderativer Ordnung und Solidarität verstand, setzte er nationale Bestrebungen dem Willen nach Auflösung politischer Bindungen gleich und trat den deutschen Burschenschaften, F. List, aber auch dem Bundestag in seinen Anfängen entgegen. Die Forderungen des deutschen Frühliberalismus aber erachtete G. - in Fortsetzung seines 1799 abgebrochenen Kampfes gegen die Prinzipien von 1789 - als drohend revolutionäre Kampfansage gegen die überkommene politische und soziale Ordnung. Zwei seiner Gegenaktionen wurden ihm besonders übel vermerkt: seine Initiative zu der über den Bundestag geleiteten Zensurpolitik und seine Definition des Artikels 13 der Deutschen Bundes-Akte über die Errichtung landständischer Verfassungen, den er im Sinne des sozial-konservativen monarchischen Prinzips einer Auslegung nach dem Prinzip der Volkssouveränität zu entziehen suchte. Das europäische Revolutionsjahr 1830 erwies, daß G. auch am Ende seiner Laufbahn kein Liberaler geworden war. Aber da er sich aus besserer Kenntnis revolutionären Geschehens gegen kriegerische Interventionen wandte und den übermächtig vorwärtsdrängenden Zeitgeist in Rechnung stellen wollte, entzog ihm Metternich fühlbar seine Gunst. Das zeigte G., wie sehr er sich über die Schwäche seiner Position in Politik und Gesellschaft getäuscht hatte. Da Kaiser Franz die G. 1804 verliehene Ritterklasse des schwedischen Nordsternordens nicht in ein Adelsprädikat verwandelt hatte, starb der Chevalier de G. als Bürgerlicher. Seinem Tode folgte aus dem Unverständnis seines Kampfes gegen die Französische Revolution und Napoleon die gegen ihn von nationaler und liberaler Seite betriebene Verleumdung. Aber die ihn der Bestechlichkeit und Gesinnungslosigkeit bezichtigten, verstießen nicht nur gegen die geschichtliche Wahrheit; sie brandmarkten Schwächen seines Charakters und seiner Lebensgewohnheiten, um mit der Herabsetzung seiner Persönlichkeit seine Verdienste zu verdunkeln. Gewiß neigte G. zu ausgeprägtem Lebensgenuß und zeigte bezüglich des Geldes eine leichte Hand. Aber wie er in den materiellen Werten erstrangig Mittel zur Beglückung anderer sah, galten sein Fleiß, seine zähe Arbeitskraft und die großen Ziele seines Lebens nie egoistischer Befriedigung, sondern dem Wohle der Allgemeinheit. Nur seine mangelnde Selbstsicherheit und der überbetonte weibliche Gemütseinschlag hatten ihn eitel, Schmeicheleien zugänglich und über alle Maßen mitteilsam gemacht. Denn sein Charakter war ohne Hinterhältigkeiten; im Grunde gerecht und wahrhaftig, beherrschte er die Kunst der Verstellung wenig und sprach Unwahrheiten nur aus Schwäche, gekränktem Ehrgeiz und|aus Eitelkeit. Feinfühlig, geistig beweglich, von warmer Gemüthaftigkeit geprägt, war G. zu außerordentlicher staatsmännischer Verantwortung zu schwach. Nichtsdestoweniger setzte er seiner politischen Gefolgschaft eine Grenze, wurde an die unabdingbaren Konsequenzen seines eigenen Denkens gerührt; er war kein Verteidiger knechtischer Unterwürfigkeit. Das bedingte die Einmaligkeit seines Lebensganges, durch die er aus dem geistigen, politischen und gesellschaftlichen Leben seiner Zeit nicht wegzudenken ist und in der er auch keine Nachfolge hatte.[1]

Werke

  • Ueber den Ursprung und Charakter des Krieges gegen die Französische Revoluzion (1801)
  • Von dem politischen Zustande von Europa vor und nach der Französischen Revoluzion (1801) (PDF-Datei)
  • Authentische Darstellung des Verhältnisses zwischen England und Spanien vor und bei dem Ausbruche des Krieges zwischen beiden Mächten (1806) (PDF-Datei)
  • Fragmente aus der neuesten Geschichte des politischen Gleichgewichts in Europa (1806) (PDF-Datei)
  • Über den Unterschied zwischen den landständischen und Repräsentativverfassungen (1819)

Wichtigste Übersetzungen

  • Burke: Betrachtungen über die französische Revolution. Aus dem Englischen übersetzt (1793)
  • Mallet du Pan: Über die französische Revolution und die Ursachen ihrer Dauer. Aus dem Französischen übersetzt (1794)
  • Mounier: Entwicklung der Ursachen, welche Frankreich gehindert haben, zur Freiheit zu gelangen. Aus dem Französischen übersetzt (1794)
  • Burke: Edmund Burkes Rechtfertigung seines politischen Lebens. Aus dem Englischen übersetzt (1796)
  • d’Ivernois: Geschichte der Französischen Finanzadministration i. J. 1796. Aus dem Französischen übersetzt (1797)

Literatur

  • Eduard Schmidt-Weissenfels: „Friedrich Gentz - Eine Biographie“ (1859) (PDF-Dateien: Band 1, Band 2)
  • Eugen Guglia: „Friedrich v. Gentz“, 1901 (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
  • Schriften von Friedrich von Gentz - Ein Denkmal (1840) (PDF-Dateien: Band 1, Band 2, Band 3)

Verweise

Fußnoten

  1. Gentz, Friedrich, in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 190–193