Geschichte Irlands

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Zeittafel der verschiedenen Herrschaftsformen in Irland

Vor der angelsächsischen Eroberung

Lage

Die älteste Geschichte Irlands ist reich an Sagen und Fabeln aller Art, aber nur wenig ist aus zuverlässigen Quellen darüber bekannt. Während die sogenannte Bardengeschichte seit „dem Jahr 2736 nach Erschaffung der Welt“, in welchem Irland von dem aus Asien eingewanderten Stamm der Milesier erobert worden sein soll, in ununterbrochener Folge ihre wundersame Erzählung abspinnt, von der im Licht kritischer Forschung auch nicht das geringste Detail bestehen bleiben kann, ist in Wirklichkeit die frühste Geschichte des Landes in tiefes Dunkel gehüllt.

Griechen und Römer kannten nur wenig von der Insel, als deren ältere Namen Eirin oder Erin und Hibernia erscheinen; ihre ältesten Bewohner, keltischen Blutes, werden als Skoten und Pikten bezeichnet; die Namen Iren und Irland wurden erst von den Angelsachsen gebildet. Die Insel war in jenen frühsten Zeiten in eine große Anzahl kleiner und kleinster Staaten geteilt, an deren Spitze Fürsten oder Häuptlinge standen, welche ihre Kraft in unaufhörlichen inneren Kämpfen verzehrten.

Alte Religion

Die Religion der alten Iren war ein Kultus der Sonne und des Feuers; dem Feuerdienst gehören die vielbesprochenen runden Türme an, zylindrische Gebäude bis zur Höhe von ca. 40 m, mit kegelförmigem Dach, meist aus hellbraunem Sandstein erbaut, deren sich über 60 in verschiedenen Teilen Irlands auf Bergen und in Tälern erhalten haben (clochach bei den Eingebornen, steeples bei den Anglo-Iren). Auch in Irland wie in allen keltischen Ländern gab es einen eignen Priester oder Druidenstand; noch heute heißt im Irischen ein Zauberer Draoith. Eine andere erbliche Zunft war die der Barden oder Sänger, deren Lieder zur Harfe gesungen wurden, und deren Einfluß auch im Rat und Gericht der Stammhäuptlinge bedeutend war.

Einführung des Christentums

Der erste Versuch, in Irland das Christentum einzuführen, wurde 431 vom Papst Cölestinus I. gemacht; Palladius, den dieser zum Bischof von Hibernien ernannte und dorthin absandte, starb aber bald darauf im Piktenland. Mit größerem Erfolg nahm das Werk der Schotte Succath oder Maun wieder auf, der vom Papst nach Irland gesandt wurde und bei der Bischofsweihe den Namen Patricius (St. Patrick) erhielt. Es gelang ihm, seinen Lehren williges Gehör zu verschaffen, zahlreiche Schüler heranzubilden, das Bistum Armagh und andere Kirchen zu gründen und das Christentum in Irland feste Wurzel schlagen zu lassen. Als er in hohem Alter (man sagt von 120 Jahren) starb, wurde er als Heiliger verehrt; er ist noch jetzt Schutzpatron der Insel, eine Abkürzung seines Namens (Paddy) die populäre Bezeichnung ihrer Bewohner.

Im folgenden (6.) Jahrhundert gedieh die christliche Kultur gerade in Irland zu ganz besonderer Blüte; von irischen Klöstern aus zogen zahlreiche Apostel (so der hl. Columban, der Gründer von Bobbio, der hl. Gallus, der Gründer von St. Gallen, der hl. Livin, der hl. Fridolin u. a.) in alle Teile Europas, überall entstanden von irischen Mönchen besetzte sogenannte Schottenklöster; das Mutterkloster auf Jona oder Hy, einer der kleineren Hebriden, war eine der berühmtesten und erfolgreichsten Kultusstätten des früheren Mittelalters.

Normannische Einfälle

Die ruhige Blüte, deren sich Irland erfreute, wurde zu Ende des 8. Jahrhunderts durch die Eroberungszüge der heidnischen Normannen gestört, die sich hier auf der westlichen Insel als Ostmannen bezeichneten, von den Eingebornen aber Lochlain genannt wurden. Im Jahr 795 überfielen sie zuerst eine an der nordöstlichen Küste Irlands gelegene kleine Insel, landeten darauf 798 in Ulaidh und wiederholten nun ihre Einfälle in immer kürzeren Pausen. Besonders verhängnisvoll wurden ihre Angriffe 837, in welchem Jahr Bhaile Átha Cliath zuerst eine Beute der Eroberer wurde, und 849, als sie die inzwischen wieder verlorene Hauptstadt aufs neue besetzten.

Normannisches Irland

Eine besonders bedeutende Rolle in der Geschichte der Eroberung spielten um die Mitte des 9. Jahrhunderts die drei Brüder Analav (Olav), Ivar und Sitherik, welche zu Bhaile Átha Cliath, An Luimneach und Port Láirge herrschten. Das Geschlecht des Olav, welches zu Bhaile Átha Cliath herrschte, galt als das vornehmste, seine Nachkommen als die Oberkönige des normannischen Irlands.

Später gingen Bhaile Átha Cliath und das Oberkönigtum auf die Nachkommen Ivars über, mit dessen Enkel Gottfried (920933) eine unausgesetzte Reihe normannischer Herrscher begann, die zu Bhaile Átha Cliath residieren. Sie traten um die Mitte des 10. Jahrhunderts zum Christentum über, verharrten aber in ununterbrochenem Kampf mit den noch unbezwungenen Einwohnern des Landes. Der glänzendste Heerführer der letzteren war der tapfere Brian, Fürst von Thomond, seit 976 König von Caiseal, der die Normannen wiederholt besiegte, aber 1014 im Kampf gegen sie bei Clontarf fiel.

Im Jahr 1102 erschienen die Norweger unter Anführung ihres Königs Magnus und nahmen Bhaile Átha Cliath, Chonnacht und Ulaidh. Magnus war der letzte norwegische König, welcher über die irländischen Dänen gebot; fortan hatten sie wieder ihre eignen Herrscher. Die irische Kirche wurde auf der großen Kirchenversammlung zu Droichead Átha 1152 dem Papst unterworfen und das Erzbistum Ard Mhacha zum Primat erhoben.

Unter den englischen Königen aus dem Haus Plantagenet

Angelsächsische Eroberung

Die Insel zerfiel um diese Zeit in fünf Königreiche: Laighin, An Mhumhain, Ulaidh, Chonnacht und An Mhí. Über den Königen stand, wenigstens in Kriegszeiten, ein Oberkönig. Die einzelnen Königreiche zerfielen in Stammgebiete, welche von teils erwählten, teils erblichen Häuptlingen regiert wurden. Der Boden war Gesamteigentum des Stammes, und jeder neu hinzukommende männliche Nachkomme erhielt seinen Anteil an dem gemeinsamen Besitz. Dieses ursprüngliche Verhältnis der Einwohner zu dem Boden hat durch die Engländer eine völlige Veränderung erlitten.

Zu derselben wurde der Anfang gemacht, als sich die in England angesiedelten Normannen in die irischen Händel mischten. Der angelsächsische König Englands Heinrich II. hatte mit Zustimmung des Papstes Hadrian II., eines Engländers, bereits die Unterjochung Irlands beschlossen, als der Fürst von Laighin, Diarmait, welcher unter Beistand des Oberkönigs vertrieben worden war, 1168 zum König von England flüchtete und diesen um Hilfe bat. Auf Heinrichs II. Veranlassung gingen 1169 die anglonormannischen Barone Moritz Fitz-Gerald und Robert Fitz-Stephen nach Irland hinüber, setzten Diarmait wieder in seine Herrschaft ein und erhielten von ihm hierfür die Stadt Loch Garman.

Diarmait verbündete sich sodann mit dem tapferen Richard Clare, Grafen Strigul, genannt Strongbow, zur Unterjochung von ganz Irland, und letzterer landete 1170 in Irland, nahm den Ostmannen Bhaile Átha Cliath und Port Láirge und trat, als Diarmait zu Anfang 1171 starb, in dessen Erbe ein. Aber schon im Oktober dieses Jahres, als der Oberkönig Roderik O’Connor die Normannen in Irland hart bedrängte, landete Heinrich II. selbst mit einem starken Heer in Irland. Eine Bulle des Papstes vom Jahr 1156 hatte ihm die Insel zugesprochen, und der Klerus fiel ihm daher sofort zu.

Auch die Fürsten von An Mhumhain und Laighin unterwarfen sich ihm ohne weiteres, während andere, vor allen Roderik O’Connor, tapfere Gegenwehr versuchten. Nachdem sich Heinrich II. in den Besitz Bhaile Átha Cliaths und des ganzen Küstenstrichs gesetzt hatte, hob er die alte irische Verfassung auf, führte englisches Recht ein und gab das eroberte Land seinen Baronen zu Lehen. 1172 verließ er das Land wieder und übertrug Strongbow die Statthalterschaft. Gleich diese ersten Anfänge der englischen Herrschaft in Irland legten zu dem Nationalhaß der beiden Bevölkerungen den Grund: Heinrich und seine Ritter setzten sich in den Besitz der irischen Güter, ohne ihren neuen Untertanen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

So konnte es an Aufständen und Bestrebungen, dem Druck der Fremden zu entgehen, von vornherein nicht fehlen. O’Connor erhob sich 1174 gegen die Engländer und erwirkte im folgenden Jahr einen vorteilhaften Frieden, worin er sich zwar zur Tributzahlung verpflichtete, aber die Herrschaft über den Norden der Insel behauptete, so daß die Engländer zunächst nur die südöstlichen Küstenstriche als ihr Besitztum ansehen konnten.

Seit dieser Zeit zerfällt die Geschichte von Irland in zwei verschiedene Teile: die des unabhängig gebliebenen und die des von den Engländern unterjochten Irlands. Jene bewegt sich in zahllosen Fehden der kleinen Fürsten und Stammeshäuptlinge teils untereinander, teils mit den Engländern an der Grenze; diese hat keine selbständige Entwicklung, sondern ist durchaus von den englischen Geschicken abhängig, ist lediglich die Geschichte einer Kolonie. An der Spitze dieser Kolonie stand ein königlicher Justitiarius oder Statthalter („King’s Lieutenant“), der in Bhaile Átha Cliath residierte. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts fanden sich in diesem Teil Irlands Grafschaften nach englischem Muster, und seit dem Jahr 1253 läßt sich auch ein eigenes irisches Parlament nachweisen, zu welchem anfangs die weltlichen und geistlichen Lehnsleute des Königs, später auch Abgeordnete der Städte berufen wurden.

Kämpfe gegen die englische Besatzung

Zu Anfang des 14. Jahrhunderts machten die noch unabhängigen Iren den Versuch, die englischen Besatzer zu vertreiben, indem sie dem Heldenkönig Schottlands, Robert Bruce, die Krone von Irland anboten. Dieser sandte seinen Bruder Eduard 1315 mit bewaffneter Macht nach Irland; allein derselbe fiel in einem entscheidenden Kampf bei Dún Dealgan gegen die Engländer, und Robert Bruce selbst, der wenige Tage später in Irland landete, kehrte gleichfalls unverrichteter Dinge nach Schottland heim. Während der Bürgerkriege in England, insbesondere während des „Krieges der beiden Rosen“, sank die Macht der Engländer in Irland sehr; um die Insel wieder zu unterwerfen, sandte Heinrich VII. den Statthalter Sir Edward Poynings dorthin.

Dieser gab 1494 in der nach ihm benannten Poynings-Akte der Verfassung eine veränderte Gestalt, welche danach drei Jahrhunderte bestand. Demnach war es dem irischen Statthalter nur erlaubt, mit Genehmigung des Königs ein Parlament zu versammeln, während der englischen Regierung die Gesetzvorschläge vorher zur Bestätigung vorgelegt werden mußten.

Unter den Tudors und Stuarts bis zur Revolution von 1649

Heinrich VIII. suchte seine in England eingeführte „Kirchenreform“ auch nach Irland zu verpflanzen. Allein hier traf er nicht bloß bei den Eingeborenen, sondern auch bei den in Irland eingewanderten Engländern auf entschiedenen Widerstand. Selbst innerhalb der unmittelbar englischen Teile der Insel kamen daher die Maßregeln des Königs nicht zur vollständigen Durchführung; zu dem schon bisher so starken nationalen Gegensatz zwischen den keltischen Iren und den anglonormannischen Engländern, zu dem Haß zwischen Eroberern und Eroberten gesellte sich fortan noch die religiöse Feindschaft zwischen Katholiken und Anglikanern.

Daß sich Heinrich VIII. 1542 vom englischen und irischen Parlament statt des bisherigen Titels eines Herrn den eines Königs von Irland verleihen ließ, vermochte das Mißtrauen nicht zu überwinden, und seiner Tochter Maria ward es leicht, die geringen Anfänge der Reformation in Irland wieder auszutilgen. Der Plan Königin Elisabeths, das Vermögen der katholischen Kirche zugunsten der protestantischen Geistlichkeit einzuziehen, rief seit 1560 eine Menge Aufstände hervor, welche durch den Papst, durch geflohene Engländer und durch den spanischen Hof geschürt wurden.

Vergebens versuchte der treffliche Statthalter, Sir John Perrot (seit 1584), die katholischen Iren durch Leutseligkeit und Milde zu gewinnen; an dem Widerstand der anglikanischen Geistlichkeit und der eingewanderten Engländer scheiterten seine Pläne zu einer durchgreifenden Reform der irischen Zustände. Da die Irländer vom öffentlichen Leben in ihrer Heimat gänzlich ausgeschlossen waren, nahmen viele Jünglinge in Spanien und Frankreich Kriegsdienste an. Diesen Umstand machte sich der von der englischen Königin zum Grafen von Tír Eoghain erhobene Häuptling Hugh O’Niell zunutze, indem er es 1598 mit Hilfe der aus dem Ausland zurückgekehrten Krieger unternahm, Irland von dem fremden Joch zu befreien.

Umsonst rückte im Frühjahr 1599 der Graf von Essex, Günstling der Königin, mit einem starken Heer gegen ihn heran; er sah sich genötigt, mit O’Niell einen Waffenstillstand zu schließen, und kehrte nach England zurück. Glücklicher war sein Nachfolger Lord Mountjoy, der die von den Spaniern unter Aquila unterstützte Heeresmacht O’Niells am 24. Dezember 1601 vor Cionn tSáile vollständig aufs Haupt schlug. Darauf verließen die Spanier 1602 Irland wieder, und Tír Eoghain mußte sich ergeben. Bei dem Tod Elisabeths 1603 stand ganz Irland unter englischer Botmäßigkeit. Doch hatte die Unterdrückung der Aufstände eine Menge Ureinwohner das Leben gekostet und zur Konfiskation von mehr als 600.000 Morgen Landes zugunsten englischer Kolonisten erwünschten Vorwand gegeben.

König Jakob I. beabsichtigte, in Irland durchgreifende Reformen einzuführen und begann damit, daß er die Macht der irischen Häuptlinge zu brechen suchte, indem er ihnen alle Besitzungen, für die sie den Lehnsbrief nicht vorweisen konnten, abnahm. Auf diese Weise gelangte Jakob I. in den Besitz von 800.000 Morgen Landes, die größtenteils an englische Spekulanten und an Schotten verkauft wurden, welche die Stadt Doire (engl. Londonderry) und eine Menge anderer Kolonien gründeten. Der religiöse Zwiespalt zwischen den katholischen Iren und den protestantischen Engländern wurde durch diese Gewalttätigkeiten nur noch mehr verschärft, und unter Jakobs Nachfolger Karl I. versuchten die bis 1641 von Lord Strafford mit strengster Härte regierten Irländer noch einmal – während der zwischen England und Schottland entstandenen Wirren – das englische Joch abzuwerfen.

An der Spitze des Aufstandes standen Roger Moore, Sir Phelim O’Neal und Lord Cornelius Macguire, Enkel alter Stammeshäuptlinge; er begann im Oktober 1641 in der Provinz Ulaidh, wo es eine große Masse Heimatloser gab. Der Klerus wußte der Revolution auch ein religiöses Interesse beizumischen; binnen weniger Tage wurden nach einigen Berichten 5.000, nach anderen sogar gegen 20.000 protestantische Engländer getötet, und eine noch größere Zahl fand ihren Untergang auf der Flucht. In England argwöhnte man, daß der Tod so vieler Männer, die der republikanischen Partei angehörten, nicht ohne Wissen des Königs geschehen sei, und dieser Umstand trug in der Folge viel zum Sieg der englischen Revolution bei.

Das englische Parlament konfiszierte zwar 2½ Millionen Morgen irisches Land, um mit dem Erlös desselben die Bewegung zu dämpfen, und erklärte am 8. Dezember 1641, daß es kein Papsttum in Irland oder andern Teilen des englischen Herrschaftsgebietes dulden wolle; aber die inneren Zerwürfnisse zwischen ihm und dem König hinderten zunächst eine energische Bekämpfung des Aufstandes. Um die Sache Karls in Irland soviel wie möglich aufrechtzuerhalten, knüpfte der königliche Statthalter, Marquis von Ormond, mit den Rebellen Verhandlungen an, an denen auch der päpstliche Nuntius teilnahm, die aber erst nach langen Wechselfällen zum Abschluß eines Friedens führten, der am 29. Januar 1649, also erst am Tag vor der Hinrichtung Karls I., publiziert wurde.

Nach diesem Ereignis, das in Irland allgemeinen Unwillen hervorrief, betrieb Ormond unter den katholischen Irländern die Anerkennung des Prinzen von Wales, Karls II., als König. Deshalb landete am 15. August 1649 der vom englischen Parlament zum Lord-Lieutenant ernannte Oliver Cromwell mit einem Heer von über 12.000 Mann an der irischen Küste und nahm schnell nacheinander Droichead Átha und Loch Garman im Sturm. Da hier die gesamte zahlreiche Besatzung von den Siegern niedergemacht wurde und das von wildem Fanatismus beseelte Heer Cromwells überhaupt mit äußerster Wut und Grausamkeit gegen die Aufständischen verfuhr, verbreitete sich bald allgemeiner Schrecken in Irland; viele der Insurgenten gaben die von ihnen besetzten festen Plätze ohne Schwertstreich auf und flüchteten sich in die Moräste.

So wurde binnen neun Monaten der größte Teil der Insel von den Republikanern eingenommen. Cromwell verließ hierauf Irland, seinem Schwiegersohn Ireton die fernere Befestigung der republikanischen Herrschaft überlassend. Dieser ging ebenso grausam zu Werke wie Cromwell, und am 26. September 1652 konnte das englische Parlament die irische Rebellion für beendet erklären. In den elf Jahren ihrer Dauer war mehr als eine halbe Million Menschen durch das Schwert, Krankheiten oder Hunger umgekommen. Nun wurde noch blutige Nachlese gehalten, zahlreiche Hinrichtungen, darunter auch die O’Neals, fanden statt, an die hunderttausend Iren wurden verbannt oder wanderten freiwillig nach Nordamerika oder in europäische katholische Staaten aus; alle, welche am Aufstand mit bewaffneter Hand teilgenommen hatten, wurden mit Konfiskation von zwei Dritteln ihrer Güter bestraft, aber sogar diejenigen, welche denselben nur nicht bekämpft hatten, verloren ein Drittel ihrer Besitzungen; 2.000 Kinder sollen als Sklaven nach Jamaika verkauft worden sein, was dennoch nur eine Randnotiz in der grausamen Geschichte der englischen Sklaverei darstellt. Was von Katholiken in Irland verblieb, wurde größtenteils in die Provinzen Chonnacht und An Chláir verwiesen. Das ihnen entrissene Land wurde unter den Kriegern des Parlaments und Abenteurern aller Art verteilt. So sollte die härteste und drückendste Herrschaft die Insel im Zaum halten, aber in der unterdrückten Bevölkerung glimmte das unauslöschliche Feuer des glühendsten Hasses gegen ihre Besieger fort.

Von der Revolution bis zur Union mit England (1649–1801)

„INSULAE ALBION ET HIBERNIA“ – historische Karte von 1654

Nach der Wiederherstellung der Königsherrschaft in England gestaltete sich die Lage der Irländer nicht viel günstiger. Denn wenn auch unter Karl II. für Irland größere Toleranz in religiöser Hinsicht obwaltete, so konnten doch nur wenige irische Katholiken wieder zu ihren Gütern gelangen, die sich in den Händen der Protestanten befanden. Daher war den Irländern die katholische Reaktion, die mit der Regierung Jakobs II. eintrat und 1687 zur Ernennung eines Katholiken, Richard Talbot, Grafen von Tyrconnell, zum Statthalter von Irland führte, äußerst willkommen.

Als nach der Vertreibung Jakobs ein französisches Heer von 5.000 Mann in Irland landete, wurde es von den Katholiken mit offenen Armen aufgenommen. In kurzer Zeit konnte Jakob mit 38.000 Mann den englischen Truppen entgegentreten und ihnen einen festen Platz nach dem andern wegnehmen. Nur Doire und Inis Ceithleann blieben in der Gewalt der Engländer, ein irisches Parlament wurde am 7. Mai 1689 von Jakob eröffnet, ungefähr 2.400 protestantische Grundbesitzer verloren ihre Güter an Katholiken, und eine neue Ära der Freiheit und Selbständigkeit schien für das lange unterdrückte Land zu beginnen. Doch dieselbe war nicht von langer Dauer.

Wilhelm III. von Oranien, der neue König von England, sandte schon 1689 ein Heer unter Marschall Schomberg nach Irland, landete dann am 14. Juni 1690 selbst auf der Insel, und die Siege am Fluß An Bhóinn am 1. Juli 1690 und bei Eachroim am 12. Juli 1691, deren ersten der König selbst, deren zweiten General Ginkel über die Iren davontrug, vollendeten die Unterwerfung des Landes. Der letzte feste Platz der Katholiken, An Luimneach, kapitulierte am 1. Oktober 1691, wobei den Iren freie Religionsausübung, wie sie unter Karl II. bestanden, zugesagt wurde. Mehr als 18.000 Iren von der Partei Jakobs gingen ins Ausland. Ein Beschluß des englischen Parlaments verfügte wieder eine Konfiskation von 1 Million Morgen irischen Landes, das an Protestanten verteilt wurde, und die von den letzteren in den Städten gegründeten sogenannten Orangistengesellschaften (Orangemen), welche dem neuen Königshaus als Stütze dienen sollten, bedrückten die Katholiken auf jede erdenkliche Weise.

Es wurden besondere Strafgesetze („penal laws“) gegen den Katholizismus erlassen; dieselben verfügten unter anderem die Verbannung der höheren katholischen Würdenträger, die Beschränkung der niederen Priester auf ihre Bezirke, das Verbot des katholischen Unterrichts und der öffentlichen Zeichen des Kultus, die Ausschließung der Katholiken von öffentlichen Ämtern, das Verbot gemischter Ehen zwischen Protestanten und Katholiken, die Entwaffnung aller katholischen Einwohner; ja, man erließ sogar Vorschriften, welche die Katholiken des Rechts beraubten, ihre Kinder im Land oder auswärts zu erziehen: alles dies unter schnödester Mißachtung der Kapitulation von An Luimneach. Zwar wurden diese Gesetze nicht von allen englischen Beamten mit Strenge gehandhabt; allein schon ihr Bestehen reichte hin, die bereits vorhandene Erbitterung zu steigern.

Die Iren hatten seit 1695 in ihrem Parlament die Zurücknahme der Poynings-Akte und damit ihre legislative Selbständigkeit gefordert. Allein durch einen Beschluß des britischen Parlaments von 1719 unter Georg I. wurde nicht nur jene Akte bestätigt, sondern auch 1727 den Katholiken bei Parlamentswahlen das Stimmrecht ganz entzogen. Das unterdrückte irische Volk, dem es an jedem Organ fehlte, seinen berechtigten Klagen Gehör zu verschaffen, suchte sich nun auf andere Weise Luft zu verschaffen. Es entstanden die Verbindungen der „Defenders“, welche sich über die ganze Insel verbreiteten und Anschläge verübten. Auch die „White Boys“ (weißen Burschen) tauchten schon um 1760 auf, so genannt nach den Hemden, welche sie über ihre sonstigen Kleider zogen, wenn sie sich des Nachts zur Bestrafung übermütiger Beamter, Grundherren oder Pfarrer zusammenfanden. Eine andere ähnliche Verbindung waren die „Hearts of Oak“ (Eichenherzen), welche 1763 entstanden, als das Volk durch Straßenbaufronen bedrückt wurde.

Die Kunde von den Freiheitskämpfen in Amerika rief auch im irischen Volk Bewegungen hervor und nötigte den Engländern einige Zugeständnisse ab, namentlich wurden die unmenschlichen Strafgesetze in einigen Punkten gemildert. Da Frankreich einen Einfall in Irland zu machen drohte und das Land nur von wenigen englischen Truppen besetzt war, gebrauchten die Iren diesen Umstand als Vorwand, ein Heer von irischen Freiwilligen zu bilden. Schon nach zwei Jahren war dasselbe auf 50.000 Mann angewachsen, und es wurden nun mit den Waffen in der Hand Sturmpetitionen unternommen. Die englische Regierung sah mit Schrecken diesmal sogar Protestanten sich den Katholiken anschließen: Im irischen Parlament vertraten Männer wie Henry Grattan, Lord Charlemont u. a. mit Entschiedenheit die Rechte Irlands. Man verlangte die Aufhebung der Strafgesetze, die Selbständigkeit des irischen Parlaments, eine völlige Reform des verrotteten Wahlgesetzes und gänzliche Befreiung des irischen Handels. Nun endlich wurde vom Parlament, da ein allgemeiner Aufstand drohte, die Poynings-Akte 1782 aufgehoben; die Strafgesetze wurden nochmals gemildert, und die Katholiken erhielten die Erlaubnis, Schulen zu errichten, Grundeigentum zu erwerben und ihren Kultus ungehindert auszuüben. Die Last des Zehnten, den die Katholiken an die protestantischen Pfarrer entrichten mußten, rief 1786 den geheimen Verein der „Right Boys“ (Rechtsburschen) hervor, welche den Katholiken Eide auferlegten, den Zehnten nicht zu bezahlen, und alle Wortbrüchigen züchtigten.

Mit dem größten Enthusiasmus wurde die erste französische Revolution in Irland begrüßt. Im November 1791 bildete sich zu Bhaile Átha Cliath der Bund der vereinigten Irländer (United Irishmen), welcher, die Pariser Jakobiner nachahmend, die Verwandlung Irlands in eine unabhängige Republik erstrebte, indem er mit dem französischen Konvent in ein geheimes Einverständnis trat. Dem gegenüber entschloß sich das britische Parlament, vorzugsweise infolge der Tätigkeit Edmund Burkes, der unermüdlich in diesem Sinn wirkte, zu einigen wichtigen Zugeständnissen, indem es die gesetzlichen Hindernisse der Gewerbetätigkeit und des Handels sowie die meisten der berüchtigten Strafgesetze aufhob und den Katholiken das Recht der Sachwalterschaft vor Gericht und das Eingehen von Ehen mit Protestanten zugestand. 1793 fiel auch das Gesetz, welches die Katholiken zum Besuch der protestantischen Kirchen zwang; gleichzeitig erhielten sie die Zulassung zu Ämtern niederen Ranges und das aktive Wahlrecht zum Parlament, aber noch nicht das Recht, gewählt zu werden. Weitere Forderungen des Bundes blieben unerfüllt, und als derselbe hierauf eine drohendere Stellung einnahm, schritt die englische Regierung zu Gewaltmaßregeln. Sie legte in die Städte Besatzungen, hob die Habeaskorpusakte (seit 1782 in Irland eingeführt) wieder auf und verhängte über den Bund, der sich ganz militärisch organisiert hatte und 1796 rund 100.000 Mitglieder zählte, Entwaffnung und Auflösung. Endlich im Dezember 1796 erschien die von letzterem erwartete französische Hilfe. General Hoche landete mit 20.000 Mann, mußte aber unverrichteter Dinge wieder umkehren.

Das englische Parlament ließ hierauf das Standrecht auf der ganzen Insel verkünden. Die Iren erneuerten daher 1797 ihren geheimen Bund, der bereits mehr als 500.000 Verschworene zählte, als ein Verräter, Th. Raynolds, die Existenz desselben Anfang 1798 der Regierung denunzierte. Nichtsdestoweniger entbrannte der Aufruhr am 23. Mai 1798; doch konnte er sich nicht gehörig entwickeln, da eine starke Militärmacht sein Aufkommen verhinderte. Schrecklich wurde nun von den bewaffneten englischen Kolonnen, welche die ganze Insel durchstreiften, gegen die Iren gewütet: ungefähr 30.000 Menschen wurden niedergemetzelt. Zwar erfolgten von Frankreich aus noch einige bewaffnete Expeditionen zugunsten Irlands, die eine im August unter Savary, welcher etwa 1.000 Mann unter dem General Humbert in der Cill Ala Bucht an die irische Küste setzte, die andere im Oktober mit neun Schiffen und etwa 3.200 Mann; beide Expeditionen waren jedoch ohne Erfolg, ja letztere Flotte wurde vom Admiral Warren beinahe völlig vernichtet. Um nun die Revolutionsgelüste in Irland einigermaßen niederzuhalten, versuchte die Regierung eine Verschmelzung des irischen Parlaments mit dem britischen, ein Plan, den Pitt und Castlereagh nur durch unerhörte Bestechung durchzuführen vermochten, da die Iren die Vereinigung mit Entrüstung von sich wiesen.

So trat am 1. Januar 1801 die sogenannte Finalunion zwischen Irland und Großbritannien in Kraft, wonach Irland fortan von 28 gewählten weltlichen Peers und 4 Bischöfen im Oberhaus und von 100 Deputierten der Grafschaften, Städte und Flecken im Unterhaus vertreten werden sollte. Gegen die Verpflichtung, für die ersten 20 Jahre 2/15 der gesamten Staatslasten zu tragen, sollte Irland im übrigen gleiche Rechte mit Großbritannien genießen und zwischen beiden ungehinderter Verkehr stattfinden. 1801 trat das vereinigte Parlament ins Leben; die Geschichte Irlands bildete von nun an einen Teil der großbritannischen, auf deren Darstellung zu verweisen ist, indem hier nur eine kurze Skizze der insbesondere Irland betreffenden Ereignisse gegeben werden soll.

O’Connell und die Repealagitation

Der irische Freiheitskämpfer Daniel O’Connell (1775–1847), Lithographie

Die von Pitt verheißene völlige politische Emanzipation der Katholiken scheiterte an Georgs III. Bigotterie, und die schon ausgearbeitete Akte kam nicht zur Beratung. Dies rief 1802 zu Bhaile Átha Cliath einen neuen Bund der Katholiken („Catholic Association“) hervor. Ihm gegenüber traten auch die alten protestantischen Orangelogen alsbald wieder ins Leben, und so begannen die Reibungen zwischen beiden Parteien von neuem. 1825 löste die Regierung zwar beide Vereine auf, doch setzte die katholische Assoziation, von Daniel O’Connel neugestaltet, ihre Tätigkeit fort und organisierte sich in allen Grafschaften, vornehmlich durch die Wahlen, die von den kleinen Landwirten entschieden wurden, ihren Einfluß ausübend. Die Regierung sah sich daher endlich genötigt, die Frage der Emanzipation vor das Parlament zu bringen, und wirklich wurde dieselbe trotz heftiger Gegenbestrebungen beschlossen und am 13. April 1829 von Georg IV. genehmigt.

O’Connell, der nun ins Parlament eintreten konnte, agitierte dort zunächst für die Abschaffung des Zehnten, welchen die katholische Bevölkerung an die protestantischen Kirchen entrichten mußte. Als endlich Lord Stanley, der Staatssekretär für Irland, 1832 mit dem verheißenen Gesetz hervortrat, wonach die zwangsweise Auflösung des Zehnten erfolgen sollte, nahmen beide Häuser die Bill zwar an, allein die irischen Katholiken verwarfen diese Maßregel, da sie keine wesentliche Erleichterung bot. Als nun O’Connell als Ziel seiner Bestrebungen den Widerruf der Union zwischen Irland und Großbritannien offen proklamierte, brachte er damit eine gewaltige Bewegung hervor: Die Aufhebung der Union wurde die Losung der von O’Connell gestifteten „Repeal Association“, die bald der Mittelpunkt der irischen Opposition wurde. Trotz aller Bemühungen vermochte O’Connell nicht, die Menge auf der gesetzlichen Bahn zu erhalten. Daher setzte 1833 das englische Ministerium unter Grey die sogenannte irische Zwangsbill (Irish Coercion-Bill) trotz heftigen Widerspruchs durch, die dem Lord-Statthalter von Irland die Befugnis einräumte, Volksversammlungen zu verbieten und das Kriegsrecht zu proklamieren.

Ein Heer von 36.000 Mann und 6.000 bewaffnete Polizeidiener, die man nach Irland sendete, sollten der Akte Nachdruck geben. Um aber die allgemeine Erbitterung einigermaßen zu besänftigen, gewährte das Ministerium die irische Kirchenbill, nach welcher in Irland die Kirchenbausteuer aufgehoben, die Einkünfte der Pfründen herabgesetzt und ein Teil der außer allem Verhältnis zur Zahl der irischen Protestanten stehenden anglikanischen Pfarreien und Bistümer abgeschafft werden sollten. Nach Annahme dieser Akte trat Lord Littleton, der an Stanleys Stelle Staatssekretär für Irland geworden war, mit einer neuen Zehntenbill auf, welche statt der Zehnten eine Grundsteuer, die jedoch nur drei Fünftel des früheren Zehnten betrug, in Vorschlag brachte, aber von den Lords am 11. August 1834 verworfen wurde, nachdem sie im Unterhaus durchgegangen war. Die Lords sahen nämlich in der der Bill beigefügten Klausel (Appropriationsklausel), wonach die durch die Kirchenbill gewonnenen Überschüsse des Kirchenvermögens zur Verbesserung des irischen Schul- und Gemeindewesens verwendet werden sollten, einen Raub an der protestantischen Kirche. Das Ministerium Melbourne (seit Juli 1834) nahm die Zwangsbill zurück und schlug überhaupt gegen Irland eine versöhnlichere Politik ein. O’Connell löste daher auch seinerseits die Repealassociation auf.

Die plötzliche Entlassung des Ministeriums (November 1834) erregte aber neuen Sturm, welchen das neue Torykabinett unter Peel dadurch niederzuhalten suchte, daß es 1835 eine von der vorigen wenig verschiedene Zehntenbill einbrachte. Als aber das Unterhaus auf den Vorschlag Lord Russells die Appropriationsklausel abermals in das Gesetz einrückte, traten die Tories schon am 8. April zurück, und Melbourne übernahm wieder die Leitung der Geschäfte. Seit im Mai 1835 der Graf Mulgrave zum Statthalter von Irland ernannt worden war, schlugen die irischen Angelegenheiten die Bahn friedlicherer Entwicklung ein. Mulgrave besetzte manche Ämter mit Katholiken, führte eine unparteiische Gerechtigkeitspflege ein, verbesserte die Verwaltung und steuerte dem Übermut der Orangistenverbindungen, die 1836 gesetzlich verboten wurden. Im Parlament dauerte inzwischen der Kampf um das Zehntengesetz fort; zweimal scheiterte dasselbe im Oberhaus an der Appropriationsklausel, und erst nachdem man dieselbe 1838 hatte fallen lassen, wurde die Bill angenommen. Zur Linderung des unsäglichen Elends im Volk setzten die Minister noch 1838 eine irische Armenbill durch, nach welcher in den Grafschaften Arbeits- und Armenhäuser für 70–80.000 Bedürftige erbaut werden sollten. Aber auch diese Maßregel konnte eine Nation nicht zufriedenstellen, die statt Almosen eine billige Ausgleichung unnatürlicher, auf gewaltsame Konfiskation gegründeter Besitzverhältnisse erwartete.

Als im August 1841 die Tories unter Peel wieder an die Macht kamen, reorganisierte O’Connell die Repealassociation, die um so mehr Anhänger fand, als sich jetzt auch der katholische Klerus für die irische Sache entschieden hatte. In den ersten Monaten 1843 geriet die ganze Insel in Bewegung; überall wurden Massenveranstaltungen abgehalten, vielfach kam es zwischen Katholiken und Protestanten zum Handgemenge, und Hunderte von Landleuten verweigerten ihren Grundherren den Pachtzins. Daher wurde im August die Bill erneuert, welche den Iren das Tragen von Waffen verbot, eine bedeutende Truppenmacht nach Irland gesendet und im Oktober die zu Clontarf schon eröffnete große Repealversammlung verboten. Ein gleich darauf gegen O’Connell eingeleiteter Prozeß endete zwar, da das Urteil der Geschworenen im Oberhaus wegen Formfehlern kassiert wurde, mit seiner Freisprechung, allein die eigentliche Gefahr der Repealbewegung war doch damit vorüber. Als aber im Spätherbst 1846 infolge des Nahrungsmangels in Irland ein entsetzlicher Notstand ausbrach, wurde die öffentliche Ordnung wieder vielfach gefährdet: Hungerrevolten und Plünderungen waren an der Tagesordnung.

Im Januar 1847 brachte daher Lord John Russell eine Reihe tief eingreifender Vorschläge vor das Parlament. Außer der Bildung von Hilfsausschüssen und der Bewilligung von Staatsgeldern zum Ankauf von Lebensmitteln wurde darin beantragt, daß die von der Regierung den Grundbesitzern vorgeschossenen Gelder zur Hälfte erlassen und denselben neue beträchtliche Summen zum Ankauf von Saatkorn und zur Urbarmachung der noch wüst liegenden 4.600.000 Acres geliehen werden sollten. Diese Vorschläge erhielten im allgemeinen die Zustimmung des Parlaments, desgleichen der Antrag der Regierung, 620.000 Pfund Sterling zum Bau dreier irischer Eisenbahnlinien zu verwenden.

Britische Ausrottungspolitik durch Aushungerung

Der Massenmord durch Aushungerung an Millionen von Iren ist ein Beispiel britischer Besatzungspolitik. Während der sogenannte „Holocaust“ allgegenwärtig ist, hört man nichts über diesen Mord an Millionen Iren in den Jahren nach 1845. Die absichtliche Aushungerung von über 5 Millionen Iren wird vertuscht und als „Kartoffel-Hungersnot“ verharmlost. Tatsächlich hat die britische Armee in Irland durch gezielte Maßnahmen Millionen irischer Bürger systematisch dem Hungertod überantwortet. Die Braunfäule, eine Kartoffelkrankheit, auch Kraut- und Knollenfäule genannt (Phytophthora infestans), breitete sich 1844 von Amerika nach Europa aus, kam 1845 nach England und dann nach Irland, aber sie verursachte nirgendwo eine Hungersnot. Irland hungerte nicht wegen Mangels an Kartoffeln – es hungerte wegen Nahrungsmittelmangels. Irland hungerte, weil seine Nahrungsmittel weggeschafft wurden – täglich 40 bis 70 Schiffsladungen voll, unter Androhung von Schußwaffengebrauch durch 12.000 britische Polizisten, verstärkt durch britische Miliz, Kriegsschiffe, Zollschiffe, Küstenwache und 200.000 britische Soldaten (von denen ständig 100.000 in Bereitschaft waren). Auf diese Weise beschlagnahmte England von den irischen Erzeugern zig Millionen Stück Vieh, zig Millionen Tonnen Mehl, Getreide, Fleisch, Geflügel und Milchprodukte – genug, um 18 Millionen Menschen damit zu ernähren.[1]

Siehe auch

Englischsprachige Literatur

  • John O’Rourke: The History of the Great Irish Famine of 1847: With Notices Of Earlier Irish Famines, BiblioBazaar, 2007, ISBN 978-1426479915 [484 S.]

Fußnoten