Gesellschaft für Sport und Technik

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Die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) war vom 7. August 1952 bis Anfang 1990 eine Wehrorganisation der DDR. Sie besaß keinen eigenständigen militärischen Wert wie die Grenztruppen, die NVA oder die Zollverwaltung. Ihre Aufgaben waren die vormilitärische Ausbildung von Jugendlichen für die bewaffneten Organe, der Erhalt der Wehrfähigkeit von Reservisten und die internationale Anerkennung der DDR durch Leistungssport in Sportarten, die unter Wehrsport zusammengefaßt wurden.

Geschichte

Ein DfD-Lager in Eggesin im August 1952 mit Erich Honecker

Vorgeschichte

In zwei Treffen der SED-Führung mit Stalin am 1. und 7. April 1952 wurden Planungen zur Aufrüstung der DDR angesprochen. Am 1. Juli 1952 folgte die Gründung der Kasernierten Volkspolizei. Zur Planung der vormilitärischen Erziehung der Jugend wurde eine Kommission gebildet aus der Hauptverwaltung Ausbildung (Volkspolizei), HV Seepolizei, HV Luftpolizei, der Militärabteilung der SED (ab August 1953 Abteilung Sicherheitsfragen im ZK der SED), FDJ und den Ämtern Körperkultur und Sport sowie Jugendfragen.[1]Zwischenzeitlich wurde der Dienst für Deutschland (DfD) durch Erich Honecker nach dem Vorbild Dienst für Polen initiiert. Die DfD-Jugendlager wurden am 11. April 1952 vom Politbüro beschlossen, der Dienst am 1. August endgültig gegründet und Mitte 1953 wieder aufgelöst. Der Dienst bestand vorrangig im Bau von Militäranlagen.[2] Auch das am 23. Oktober 1952 gegründet DRK wurde militärisch eingeordnet.

Wehrorganisationen und Struktur

Günther Teller, 1968 bis 1982 an der Spitze der GST
Wehrertüchtigung in einem GST-Lager der Ostzone (DDR)

Am 20. August 1951 wurde die sowjetische DOSAAF gegründet und als Folie für weitere Organisationen der sozialistischen Weltgemeinschaft genommen: in Bulgarien die DKMS und später Gesellschaft für militärische Ausbildung der Bevölkerung (OWTPN), in der CSSR der Verband für die Zusammenarbeit mit der Armee (SVAZARM), in Jugoslawien die Volkstechnik, in Kuba das Nationale Institut für Körperkultur und Freizeitgestaltung (INDER) und später Gesellschaft für militärpatriotische Erziehung (SEPMI), in der Mongolei die Gesellschaft zur Unterstützung der Verteidigung (OSO), in Nordkorea das Komitee für Körperkultur und Sport, in Polen die Liga für Landesverteidigung (LOK), in Rumänien der Nationalrat für Körpererziehung und Sport (CNEFS), in Ungarn der Ungarischer Verteidigungsverband (MHSZ) sowie in Vietnam die Hauptverwaltung für Körperkultur und Sport und später Organisation für Wehrerziehung des Volkes.[3]

Anfänglich sollte der Name Schutz der Heimat sein, es wurde dann aber eine sportliche Bezeichnung gewählt. August 1952 wurde der Zentralvorstand der GST aus Volkspolizisten und FDJ-Funktionären mit Sitz Halle tätig. Im April 1955 zog der Zentralvorstand nach Neuenhagen bei Berlin. Die Weisungen erhielt die GST vom Ministerium für Nationale Verteidigung, die zur Tarnung als eigene Weisungen an den Verband weitergegeben wurden und aus dem nahegelegenen Hauptquartier der NVA in Strausberg kamen. Die GST-Kongresse winkten diese Weisungen nach Diskussionen in den Anfangsjahren durch. Der I. Kongreß der GST fand im September 1956 statt. Der letzte Kongreß wurde Mai 1987 in Karl-Marx-Stadt durchgeführt. In der NVA wurde die Abteilung vormilitärische Ausbildung / Gruppe GST-Arbeit, im ZK der SED die Arbeitsgruppe sozialistische Wehrerziehung – militärische Agitation geschaffen.[4] Sektionen konnten bei mindestens drei Interessenten einer Wehrsportart gebildet werden. Mitglieder der FDJ-Bewerberkollektive für militärische Berufe wurden als Gruppen- und Zugführer eingesetzt.[5]

Zum 13. Juli 1955 wurde der GST-Verlag Sport und Technik gegründet, 1962 aufgelöst und die Veröffentlichungen durch den Militärverlag der DDR weitergeführt. Die wichtigsten Periodika waren Jugend und Technik 1953–1991 für die Masse und Konkret 1965–1989 für die Kader. Der Verband erstellte über vierzig Filme.

1980 waren vorhanden die Zentralschule/Schulkombinat Ernst Schneller in Schönhagen, Marineschule August Lütgens in Greifswald-Wiek, KFZ-Schule Bernhard Koenen in Ballenstedt, Fliegerschule Jahnsdorf und Fallschirmsprungschule Halle-Opin.[6] Die Seesportschule in Greifswald-Wiek, ab 1969 Marineschule, wurde Mitte 1963 fertiggestellt. Zum Bestand gehörten das Segelschulschiff Wilhelm Pieck, eine Schuljacht und vier Schulboote. 1989 waren in der GST 4828 Hauptamtliche beschäftigt. Davon im Zentralvorstand 450 und in weiteren zentralen Einrichtungen 891.[7] 1970 betrug der Haushalt der NVA 4.600 Millionen Mark, der Grenztruppen 610, der Zivilverteidigung 20,8 und der GST 96,3 Millionen. Von den rund 200 Millionen Mark GST-Haushalt 1984 wurden 60 % für die vormilitärische Ausbildung und 40 % für den Wehrsport ausgegeben.[8] Der Haushalt war noch weit größer, rechnet man die Kosten für betriebliche Objekte hinzu. Im Kreis Oranienburg waren 1981 zwölf Ausbildungsstätten der GST in Betrieben vorhanden. Weitere 41 Objekte von Schießständen über Bekleidungskammern bis Garagen standen in Rechtsträgerschaft von Betrieben und Einrichtungen,[9] die auch noch die Personalkosten der dort angestellten Hauptamtlichen der GST trugen.

Sport

Wehrsportarten der GST 1982

Allgemein diente der Sport in der Frühphase der Verwässerung des Militärcharakters der GST und der Zentralisierung des Sports in einer Zeit des ständigen Zuständigkeitswechsels. Es folgte eine Konzentrierung auf den internationalen Leistungssport[10][11] und auf Sport zur Unterstützung der vormilitärischen Ausbildung. Ab August 1950 wurden in der FDJ Interessengemeinschaften für den Sport und wehrsportliche Interessengemeinschaften gegründet. Im März 1951 wurden die Sportkompetenzen der FDJ und dem FDGB entzogen, der DTSB erst 1957 aktiv. Im Zuge des 17. Juni 1953 kamen auch Gerüchte zur Auflösung der GST auf. Zumeist kamen diese aus dem Bereich der wehrsportlich konkurrierenden FDJ.[12]

1954 wurden die Spezialzuchtgemeinschaft Sporttauben vom Kleingärtnerverband, 1955 die Sektion Pferdesport vom Staatlichen Komitee übernommen und 1957 Jagdkollektive gegründet. Als eine Leistungssportart und olympische Disziplin wurde neben Biathlon, Pferdesport (1961 von Sektion der GST in Verband DPV umgewandelt) und Schießen der moderne Fünfkampf von der GST aufgebaut. 1958 wurde der „Deutsche Sportverband Moderner Fünfkampf“ (DSMF) gegründet. Diese nach außen hin unabhängige Verbandsgründung war notwendig, um im entsprechenden internationalen Verband aufgenommen zu werden und damit an internationalen Wettkämpfen teilnehmen zu können. Neben der GST waren im Präsidium der DSMF noch die ASV Vorwärts, die DHfK und die SV Dynamo vertreten.[13]

1961 beschloß die GST die Gründung eines Aeroklubs. Ziel dieser vordergründigen Eigenständigkeit war die internationale Anerkennung im FAI und eine dortige Vollmitgliedschaft, um die Pläne der dort schon aktiven Sowjets zu unterstützen.[14] Nach dem Abzug der Sowjetarmee aus Österreich 1955 sprang die GST für die weggefallene Unterstützung für den Modell- und Sportfliegerklub Wilhelm Kreß (vormals sowjetisch verwalteter Betriebssportverband) ein und übergab Bausätze für Schulgleiter. Auch wurden österreichische Kommunisten auf den Flugsportschulen der GST ausgebildet.[15] Bis 1968 zählte im Vergleich zur Bundesrepublik die Kopfstärke der Teilnehmer in den Mannschaften, danach nur noch die Medaillenchancen. 1961 wurden die Tiersportarten ausgegliedert. Juni 1961 beschloß der Nationale Verteidigungsrat die Eingliederung des DSMF und der DPV in den DTSB, der Sektionen Jagdwesen in das Ministerium für Landwirtschaft und Hundesport sowie Taubensport in den Kleingärtnerverband.[16]

Vormilitärische Ausbildung

Bei der vormilitärischen Ausbildung an den Universitäten war die GST vor allem an den Lehramtsstudenten interessiert. An der Schule sollten sie dann ihre gewonnenen Überzeugungen an die Schüler vermitteln.

Im September 1952 wurden die Führerbegriffe der Dienstränge durch Gruppen- oder Zugältester ersetzt. Ende 1956 wurden ca. 250 Offiziere der frisch gegründeten NVA in Zivil zur GST abkommandiert, nachdem bisher die Volkspolizei ihre Kader geschickt hatte. Nach dem Verteidigungsgesetz vom September 1961 und dem Wehrpflichtgesetz vom Januar 1962 wurden neben Ordnergruppen der FDJ auch Einsatzgruppen der GST gegründet. Ab dem 1. Juli 1968 gab es eine neue Uniform für die GST mit Diensträngen und spezieller Bekleidung für Flug-, Motor- und Seesport.

1968 wurde die Trennung von vormilitärischer Ausbildung und Wehrsport in Form von Leistungs-, Trainings- und Wettkampfsport verstärkt. Die vormilitärische Ausbildung wurde weiter in Grundausbildung und Spezialausbildung für die Laufbahnen der NVA eingeteilt. Der Wehrsport sollte der Vorbereitung auf die vormilitärische Ausbildung dienen, Ausbilder qualifizieren und die Wehrfähigkeit von Reservisten erhalten.[17] Zielgerichtet wurden Reservisten der NVA angesprochen, um sie als Ausbilder zu gewinnen. Die sogenannten Reservistendreikämpfe aus Geländemarsch, Handgranatenwurf und Schießen fanden in der Woche der Waffenbrüderschaft, am Tag der Befreiung und am Republikgeburtstag statt.

Wehrspartakiaden

Ab 1970 führte die GST die Wehrspartakiaden auf Kreis-, Bezirks- und DDR-Ebene durch. Die erste DDR-Wehrspartakiade fand 1970 statt, die vierte und letzte 1985. Die DDR-Wehrspartakiade 1970 fand in Schwerin, Neustadt-Glewe, Parchim, dem Kreis Ludwigslust und in Rostock-Warnemünde (XVIII. Deutsche Meisterschaft im Seesportmehrkampf) statt. Auf ihr wurden in mehreren Sportarten die deutschen Meister der DDR ermittelt wie in den Jahren zuvor bei den Deutschen Meisterschaften der Wehrsportarten. Hinzu kam die Bestenermittlung in der vormilitärischen Ausbildung.[18] Die GST organisierte für die Kinder- und Jugendspartakiaden einzelne Wettkämpfe, so im Schießen. Unterstützt wurden die Hans-Beimler-Wettkämpfe der FDJ als Sommer- und Winterwettkämpfe und Arbeitsgemeinschaften der Pioniere wie Junge Funker, Junge Matrosen oder Militärischer Mehrkampf sowie die militärische Ausbildung in Schule, Berufsschule und an der Universität.

Literatur

  • Ulrich Berger: Frust und Freude – Die zwei Gesichter der Gesellschaft für Sport und Technik, 2002
  • GST: Chronik zur Geschichte der Gesellschaft für Sport und Technik – 1952–1984, 1987

Fußnoten

  1. Ringo Wagner: Der vergessene Sportverband der DDR – Die Gesellschaft für Sport und Technik in sporthistorischer Perspektive, 2006, S. 39
  2. Wagner. Sportverband, S. 37 f.
  3. Wagner. Sportverband, S. 42
  4. Paul Heider: Die Gesellschaft für Sport und Technik – Vom Wehrsport zur „Schule des Soldaten von morgen“, 2002, S. 151
  5. Heider. Gesellschaft, S. 171
  6. Heider. Gesellschaft, S. 177
  7. Wagner. Sportverband, S. 270
  8. Wagner. Sportverband, S. 271
  9. Heider. Gesellschaft, S. 185
  10. Heinz Thormann: Sport und Ideologie – Zu Erziehungsproblemen im Leistungssport der GST, in: Konkret, Heft 9, 1975, S. 49–52
  11. Ronald Arnold: Leistungssportler der GST – Revolutionäre von heute, in: Konkret, Heft 10, 1975, S. 14–16
  12. Wagner. Sportverband, S. 48
  13. Wagner. Sportverband, S. 101
  14. Wagner. Sportverband, S. 178
  15. Wagner. Sportverband, S. 171
  16. Wagner. Sportverband, S. 108
  17. Wagner. Sportverband, S. 194
  18. Wagner. Sportverband, S. 112 f.