Hassemer, Winfried

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Prof. Dr. jur. Dr. h. c. mult. Winfried Hassemer

Winfried Hassemer (Lebensrune.png 17. Februar 1940 in Gau-Algesheim, Rheinhessen; Todesrune.png 9. Januar 2014 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Strafrechtswissenschaftler und ehemaliger Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts.

Werdegang

„Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer wurde am 17. Februar 1940 im rheinhessischen Gau-Algesheim geboren. Er studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg, Saarbrücken und Genf. Von 1963 bis 1969 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Rechts- und Sozialphilosophie der Universität des Saarlandes und wurde dort 1967 promoviert. Im Jahr 1970 legte er sein zweites juristisches Staatsexamen ab und war anschließend als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Rechtsphilosophie der Ludwig-Maximilians-Universität München tätig. Dort habilitierte er sich im Jahr 1973 mit einer Arbeit zum Thema ‚Theorie und Soziologie des Verbrechens - Ansätze zu einer praxisorientierten Rechtsgutslehre‘. Im Jahr 1973 erhielt er einen Ruf an die Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Bis zu seiner Emeritierung blieb er dort Professor für Rechtstheorie, Rechtssoziologie, Strafrecht und Strafverfahrensrecht. Von 1991 bis 1996 war er zudem Hessischer Datenschutzbeauftragter. Am 3. Mai 1996 wurde Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer zum Richter des Bundesverfassungsgerichts im Zweiten Senat ernannt. Sein Dezernat umfasste das Straf- und das Strafverfahrensrecht sowie zeitweise das Staatskirchenrecht. In diesen Bereichen wirkte er als Berichterstatter an zahlreichen wegweisenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts mit, unter anderem zur strafrechtlichen Rehabilitierung eines Soldaten, der von einem DDR-Militärgericht wegen Fahnenflucht verurteilt worden war (BVerfGE 101, 275), zur Wohnungsdurchsuchung bei Gefahr im Verzug (BVerfGE 103, 142) und zur Vermögensstrafe (BVerfGE 105, 135). Besonderes Augenmerk legte er auf einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit und den Freiheitsgrundrechten des Einzelnen. Sein einziges Sondervotum gab er in einem Verfahren zum Geschwisterinzest ab, weil er dessen Strafbarkeit für verfassungswidrig hielt (BVerfGE 120, 224 [255 ff.]). Vom 10. April 2002 bis 7. Mai 2008 war Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer zudem Vorsitzender des Zweiten Senats und Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. In seine Amtszeit fiel eine Reihe von bedeutenden Verfahren, unter anderem die Einstellung des ersten NPD-Verbotsverfahrens (BVerfGE 107, 339) und der Beschluss zur ‚Rechtssache Görgülü‘, der die methodischen Grundlagen für die Berücksichtigung der Europäischen Menschenrechtskonvention im Rahmen der nationalen Rechtsordnung bereitete (BVerfGE 111, 307). Durch seine Fähigkeit, komplizierte Verfassungsfragen allgemein verständlich zu erläutern, trug er zudem sehr dazu bei, dass das Bundesverfassungsgericht in der Öffentlichkeit als bürgernahes Gericht wahrgenommen wurde. Nach dem Ende seiner Amtszeit arbeitete Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Winfried Hassemer als Rechtsanwalt in Frankfurt; zudem war er als ‚Ombudsmann‘ bei der SCHUFA und als ‚neutraler Mittler‘ im Rahmen des Compliance-Programms von Daimler tätig.“[1]

Karriere

Nach bestandenem 1. Staatsexamen war Winfried Hassemer zunächst von 1964 bis 1969 Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Rechts- und Sozialphilosophie der Universität des Saarlandes. 1967 wurde er in Saarbrücken mit einer Arbeit über Tatbestand und Typus - Untersuchungen zur strafrechtlichen Hermeneutik promoviert.

Nach Ableistung des juristischen Vorbereitungsdienstes legte Winfried Hassemer 1970 das 2. Staatsexamen ab. 1972 folge seine Habilitation mit einer Arbeit über Theorie und Soziologie des Verbrechens. Ansätze zu einer praxisorientierten Rechtsgutslehre. Im Jahr 1973 erhielt er einen Ruf auf eine Professur für Rechtstheorie, Rechtssoziologie, Strafrecht und Strafverfahrensrecht an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

Von 1991 bis 1996 war Winfried Hassemer zudem in der Nachfolge des griechischen Spiros Simitis der Landesbeauftragte für den Datenschutz des Bundeslandes Hessen.

Bundesverfassungsgericht

Winfried Hassemer war seit 1996 Richter am Bundesverfassungsgericht und seit 2002 Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts und Vorsitzender des 2. Senats. Mit Ablauf des Monats Februar 2008 endete Hassemers Amtszeit als Richter des Bundesverfassungsgericht aufgrund des Erreichens der Altersgrenze von 68 Jahren. Um die Nachfolge gab es im Frühjahr 2007 politische Grabenkämpfe.

Positionen

Winfried Hassemer wollte den sogenannten „Volksverhetzungsparagraph 130“ in der Bundesrepublik Deutschland abschaffen, da dieser die freie Meinungsäußerung verletze.[2] Nach Auffassung Hassemers zu Lebzeiten sollten „Ehrenmorde“ nicht so hart bestraft werden, wie gewöhnliche Morde – Zitat:

„Meine Meinung ist da vielleicht ein bißchen anders als die der Mehrheit. Ich finde, bei einer derartigen Tat müssen auch der soziale Kontext und die Sozialisation des Täters bedacht werden. Er lebt vermutlich nach anderen sozialen Mustern. Deshalb muß man auch einen Verbotsirrtum in Erwägung ziehen.“[3]

Familie

Dr. Hassemer war mit Kristiane Weber-Hassemer, der Vorsitzenden Richterin eines Strafsenates am Oberlandesgericht Frankfurt am Main und Vorsitzenden des Nationalen Ethikrat Deutschlands, verheiratet. Sein Bruder Volker Hassemer war als Politiker der Partei CDU Senator in Berlin.

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

  • Ehrendoktorwürden
    • Universität Thessaloniki, 1981
    • Bundesuniversität Rio de Janeiro, 2001
    • Universität Lusiada in Lissabon, 2004
    • Universität Pablo de Olavide in Sevilla, 2005
  • Honorarprofessor der Renmin University of China, 2005
  • Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband, 2008
  • Wilhelm-Leuschner-Medaille (höchste Auszeichnung des Landes Hessen), 2008

Verweise

Fußnoten

  1. Der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Winfried Hassemer ist verstorben, Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes Nr. 1/2014 vom 10. Januar 2014
  2. Winfried Hassemer: „Ich hätte das nicht so gemacht“ - Ehemaliger Verfassungsrichter über Paragraf 130 gegen Volksverhetzung; und als Audio-Beitrag, Deutschlandfunk, 18. November 2009
  3. Also: Wenn ein Moslem seine Schwester umbringt, weil sie mit einem Christen befreundet ist, wäre das eben so etwas wie ein Kulturgut im Islam. Hassemer meint, hier komme der Rechtsbegriff des „Verbotsirrtums“ zur Anwendung, wobei jemand, der nicht ahnen kann, daß man sowas nicht darf, mildernde Umstände zugebilligt bekommt. – Zitat aus dem Spiegel-Interview.