Hoffaktor

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Der Stürmer mit einem Titelseiten-Artikel über Peter Deegs Buch Hofjuden.

Ein Hoffaktor oder Hofjuwelier war ein für finanzielle Angelegenheiten am Hof beschäftigter Kaufmann.

Bezeichnung

Hofjuden ist eine Bezeichnung für die seit Ausgang des Mittelalters mit besonderen Vorrechten ausgestatteten Juden, die Fürsten als Finanzberater und Finanzorganisatoren, Steuerpächter, Münzmeister, Juweliere, Bankiers und Heereslieferanten dienten. Hofjuden spielten im 17. und 18. Jahrhundert eine wichtige Rolle. Justizwillkür brachte sie häufig um Besitz und Stellung. Die absolutistischen Fürsten benutzten Hofjuden auch als vertraute Berater und als Organisatoren zur Zerstörung der Feudalkräfte des Mittelalters durch Errichtung eines merkantilen Wirtschaftssystems als Teil des neuen, einheitlichen, zentralisierten Nationalstaates. So wurde der Hofjude als Liquidator des reaktionären Feudalismus und im Wettbewerb mit dem aufsteigenden Bürgertum zum Gegner des Adels und der Bourgeoisie, die sich beide in ihrer Stellung bedroht sahen.

Bekannte Hofjuden waren:

  • Aaron von Lincoln (gest. 1185) und Aaron von York (ca. 1190–1285) in England;
  • Israel Aron (gest. 1673), Münzmeister des Großen Kurfürsten;
  • Leffmann Behrens (Lippmann Cohen, gest. 1714) aus Bockum;
  • Fernando Antonio Carvajal (Abraham Israel, 1590-1659) in Cromwell’s Diensten;
  • Cerfberr (Naftali Herz Medelsheim, 1726–94); Abraham Drach (gest. 1687) in Frankfurt/M.;
  • Veitel Heine Ephraim; Moses und Elias Gomperz (auch Gumperts), preußische Münzmeister und Tabakfabrikanten;
  • Daniel J. Itzig; Behrend Lehmann; Esther und Jost Liebmann; Samuel Isak Noe (gest. 1751) aus der Oberpfalz;
  • Samuel Oppenheimer; Josef Suess Oppenheimer; Diego Texeira (um 1650), Berater der Königin Christine von Schweden;
  • Levin Veit (gest. 1720) aus Wien; Samson Wertheimer (* 1654, † 1704); Moses Benjamin Wulff (geb. 1661), Vertrauter des „Alten Dessauer”.

Die Bedeutung ihrer Stellung machte Hofjuden oft zu Führern jüdischer Gemeinden.

Hoffaktoren arbeiteten im 16. bis 18. Jahrhundert als selbständige Kaufleute an Fürstenhöfen. Sie halfen den Potentaten bei der Beschaffung von Geld- und Sachmitteln zur Durchführung ihrer Interessen, aber auch bei der Beschaffung von Luxusgütern und der Herstellung von Münzen. Nicht alle Hoffaktoren waren Juden, aber sie stellten die große Mehrheit. Deshalb wurde auch die Bezeichnung Hofjuden verwendet. Ein wichtiger Grund für deren Überwiegen war das Zinsverbot für Christen, das ihnen versagte, Geld gegen Zinsen an andere Christen auszuleihen. Deshalb war es bei Christen verpönt Geld zu verleihen, es war so lange das Privileg der Juden geblieben.

Erst nach der Vertreibung der Juden in der Zeit der Kreuzzüge gelang es auch christlichen Familien wie den Fuggern, der Welsern und den Thurn und Taxis mit Finanzierungsgeschäften und Fernhandel zu beginnen. Martin Luther wandte sich schon sehr früh gegen die Tätigkeit von Hoffaktoren wie Michael von Derenburg. Kennzeichnend für die Stellung des Hoffaktors war sein großer Einfluß auf die Politik und andererseits seine Abhängigkeit von den absoluten Fürsten und Kirchenfürsten, die aber besonders für die Finanzierung von Kriegen eben auch auf diese Finanziers angewiesen waren, denn die Tätigkeit der Hoffaktoren fand auch und besonders in der Finanzierung von Kriegen ihren Niederschlag.

Besonders während des Dreißigjährigen Krieges nahm dieses Geschäft einen verhängnisvollen Aufschwung.

Bedeutende Hoffaktoren

Prag

Wien

Dessau

  • Moritz von Cohn begann seine Tätigkeit in Dessau und wechselte später nach Berlin.

München

  • Aron Elias Seligmann (1747–1824) zum Freiherrn von Eichthal geadelt. Kurfürst Max Joseph – ab 1806 bayerischer König – machte 1799 Aron Elias Seligmann zu seinem Hoffaktor, der sogleich einsprang und den Sold für die Truppen vorschoß, ohne die Max Joseph seinen Krieg nicht hätte weiterführen können.
  • Jakob von Hirsch (1765–1840) wurde mit dem Prädikat „auf Gereuth“ in den Adelsstand erhoben.

Dresden

Stuttgart

  • Als bekanntester Hoffaktor, nicht nur in Stuttgart, gilt Joseph Süß Oppenheimer, der am Hofe des württembergischen Herzogs Karl Alexander wirkte und einem Justizmord zum Opfer fiel.
  • Ebenfalls zur Zeit Oppenheimers wirkte in Stuttgart der Hoffaktor Marx Nathan, auch Mardochai Schloß genannt, der als Vorsteher der israelitischen Gemeinde in Stuttgart Süß Oppenheimer vor seiner Hinrichtung noch seelischen Beistand leistete.
  • Später – unter König Wilhelm I. – arbeitete hier sehr erfolgreich auch Karoline Kaulla als Hoffaktorin, für diese Zeit eine ganz außergewöhnlich erfolgreiche Unternehmerin.

Hamburg

  • Zu den einflußreichsten Hofjuden in Hamburg zählte die Familie Fürst. Vor allem die Kaufleute Chajim Fürst und sein Nachfahre Moses Israel Fürst brachten es zu Ansehen und Wohlstand.

Hannover

  • In Hannover wirkte der Hofjude Leffmann Behrens im Dienst der drei Welfenherzöge Johann Friedrich, Ernst August und Georg Ludwig.

Kassel

  • In Kassel war als einflußreicher Hofbankier Benedikt Goldschmidt (ca. 1575–1642) tätig. Ihm gelang 1635 die Ausweisung aller nicht zu seiner Familie gehörenden Juden aus Kassel.
  • Simon Goldschmidt (1600–1658), der Sohn Benedikts, war ebenfalls Hofbankier und Vorsteher der übrig gebliebenen jüdischen Gemeinde.
  • Oberhofagent Moses Joseph Büding (1748/49–1811) war der Gründer des gleichnamigen Bankhauses „M. J. Büding“ in Kassel.
  • Mayer Amschel Rothschild verwaltete das durch den Verkauf der Soldaten erworbene Geld und legte damit die Grundlage für das Bankhaus Rothschild.

Lissabon

London

  • Paul Julius Reuter von Queen Viktoria zum Baron ernannt, brachte den Iran unter englische Kontrolle, indem er Nāser ad-Dīn Schah in finanzielle Abhängigkeit brachte und dadurch von ihm 1872 mehrere Monopole auf die iranische Wirtschaft erhielt. Das Tabakmonopol führte zu einem landesweiten Aufstand der Iraner und mußte vom Nāser ad-Dīn Schah von Geld, das er nicht hatte, zurückgekauft werden. So entstanden die ersten persischen Staatsschulden.

Mannheim

  • Elias Hayum (1709–1766), der Stammvater der Mannheimer Bankiers- und Fabrikantenfamilie Mayer, war Hof- und Milizfaktor.
  • Sein Sohn Elias Mayer (1733/37–1803) wurde sogar Oberhof- und Milizfaktor.
  • Gottschalk Mayer (1761–1835), Gründer der Firma „Gebr. Mayer Zigarrenfabriken“, setzte die Familientradition als Hoffaktor anschließend in dritter Generation fort.

Berlin

Stichworte zum jüdisches Geld- , Bank- und Börsenwesen

Geldwesen

Erwerb von Geld und Reichtum wird im Judentum nicht mißbilligt, doch sollen wohlhabende Juden ihren Besitz zur Hilfe Notleidender (Juden) verwenden. Bibel und Talmud erlauben Juden gewisse Vorrechte im Geschäftsverkehr mit Nichtjuden (Ungläubigen).

Die Rabbiner des Mittelalters wenden sich hiergegen. Entwicklung eigenen Geldwesens und Teilnahme am allgemeinen Geldwesen begann spät, zuerst im islamischen Orient, wo die jüdische Bevölkerung vorwiegend landwirtschaftlich tätig war. Im Abendland lebte die Mehrheit in großer Armut, was klassische griechische und römische Literaturzeugnisse bestätigen.

Biblische und talmudische Zeit

Vor dem babylonischen Exil war das Geldwesen des biblischen Israel unentwickelt. Die im Exil erworbene Kenntnis des Geldwesens führten die Juden nach ihrer Rückkehr in Palästina ein. Die erste jüdische Münze war wahrscheinlich ein halber „Schekel” (etymologisch auf Geldgebrauch nach Gewicht und nicht als Münze hinweisend) aus dem 5. Jh. v. d. Z. Diese Münze wird Nechemia, Statthalter von Juda, zugeschrieben. Aus dem 4. Jh. stammen „Jahud”, beschriftete Münzen, die jüdisch oder persischer Herkunft sein mögen. Zur Hasmonäerzeit wurden jüdische Münzen zahlreicher. Bar Kochba schlug, bis zur Neuzeit, die letzte jüdische Münze unter eigner Hoheit. Wallfahrten aus der Diaspora nach Jerusalem förderten Geldwechsel und Geldverkehr (das Neue Testament erwähnt Geldwechseln als langjährige Tempeleinrichtung). Ihre Ausbreitung durch die antike Welt machte die Juden schließlich mit der Technik des griechischen Geldwesens vertraut.

Mittelalter

Was die eigentliche Ursache der einflußreichen Rolle ist, die Juden im Mittelalter, in der christlich-islamischen Welt als Geldvermittler spielten, ist im einzelnen noch ungeklärt. Daß ihre Zerstreuung über die Welt ihre geistige und soziale Verbundenheit nicht zerstörte, mag einer der Hauptgründe für ihre Nützlichkeit im Geldwesen sein, die sich in Europa bis zur Französischen Revolution und im Orient bis zum Ersten Weltkrieg wirksam erwies. Im Orient unter den Abbasiden und Fatimiden, Nord-Afrika, Spanien und in christlichen Ländern erhält das persönliche Schicksal einflußreicher jüdischer Geldleute große Bedeutung für die jüdischen Gemeinden.

Die bekanntesten Namen jener Zeit sind im Orient:

  • Josef ben Pinhas, Aaron ben Amram, Jakob ben Killis im 10. Jh., die Familie Sahl aus Tustar im 11. Jh., Saad ad Daula und Raschid ad Daula im 13. Jh.;
  • in Spanien: Chasdai ibn Schaprut in Cordova, Samuel ibn Nagrela in Granada im 10. und 11. Jh., Samuel Abulafia im 13. Jh., Isaak Abravanel im 14. Jh.;
  • in England: Aaron von Lincoln im 12. Jh.;
  • in Frankreich: die Gemeinde Perpignan im 13. Jh.

Als Münzmeister waren Juden unter den Abbasiden in Ägypten und in der Türkei bis zu ihrer Verdrängung durch andere Minderheiten wichtig. Der Münzmeister Sumeir wirkte 695/96 bei der Münzreform des Kalifen Abd el Malik mit.

Münzmeister fanden sich in Barcelona, Mailand, Warschau und Wien und im Karolingerreich, wo sie Münzen prägten, verteilten und auswechselten. Die Austreibung aus Spanien brachte sie auch nach dem Balkan, nach Holland und Italien.

Neuzeit

Absolutismus und Merkantilismus strebten nach nationaler Macht und sahen in einem geordneten Geldwesen wesentliche Mittel zum Erfolg. So kommt es, daß jüdische Finanzberater und Finanzorganisatoren nach dem Westfälischen Frieden (1648) als Hofjuden (Hoffaktoren) Vertraute der Fürsten wurden und als solche einerseits Vorrechte genossen, andererseits aber völlig von ihnen abhingen. Münz- und Geldbeschaffung, Steuerpacht und Heereslieferungen und politische Sonderaufträge waren ihre Hauptaufgaben. Ihre Stellung machte sie häufig zu den Führern jüdischer Gemeinden, die sie teilweise durch den Erhalt von Niederlassungsrechten neu oder wieder gründeten (z. B. Bayreuth, Breslau, Dresden, Königsberg, Ludwigsburg, München, Schwerin). Absolutistische Justizwillkür und Konkurrenzneid der aufsteigenden nichtjüdischen Bürgerklasse entkleideten sie oft plötzlich ihres Vermögens und ihrer Stellung. Der gerettete Besitz wurde in manchen Fällen zur Grundlage der im 18. und 19. Jh. entstehenden Privatbanken (Bankwesen), insbesondere der Emissionshäuser. Die Modernisierung des Wirtschaftslebens im 19. Jh. führte zur Entpersönlichung des Geldwesens. Vereinzelt waren Juden nach dem Zweiten Weltkrieg in den Entwicklungsländern als persönliche oder institutionelle Finanzberater tätig.

Bankwesen

Biblische und nachbiblischer Zeit bis 700 n. d. Z.

Wie im Geldwesen, so begannen auch im Bankwesen Juden verhältnismäßig spät eine Rolle zu spielen. Im babylonischen Exil lernen sie das früh und hoch entwickelte Bankwesen Mesopotamiens kennen und gründeten (6.–5. Jh.) selbst umfangreiche Unternehmen („merchant bankers”), deren Archive erhalten und deren Identifizierung als Juden (Egibi, Muraschu) noch umstritten ist. Obwohl sich nach Rückkehr aus dem Exil Anleihen und Hypotheken häuften, wurde das Kreditbedürfnis als Übel dargestellt (Neh. 5, 4; 10,32), während Anleihegewährung als Zeichen des Wohlstandes galt (Dt. 28,44). Die Propheten betrachteten Kredit als Übel (Am. 8, Micha 2,6), Anleihen als Wohltätigkeit (Ex. 27,4). Diese Kreditgeschäfte waren jedoch nur gelegentliche Transaktionen einzelner Besitzender.

Organisiertes Bankwesen beginnt in Palästina wahrscheinlich als Geldwechsel (wichtig wegen der Wallfahrten nach Jerusalem). Jedoch verhindert das biblische Zinsverbot (Zinsnahme unter jüdischen Stammesgenossen verboten) rasches und organisches Wachsen des Bankwesens in Palästina, wie später in islamischen Ländern. Der häufige Gebrauch griechischer Ausdrücke in der Technik des nachbiblischen Bankwesens beweist ihren hellenistischen Ursprung. Aus den Apokryphen erfahren wir einiges über bankmäßige Quittungen und Einlagen sowie über den Tempel als Depositenstelle (Tobit 1,14, 4,20; 9,5-6; 2. Makk. 3,9–12). Seine Unverletzlichkeit sowie die aller Heiligtümer im Mittelmeerraum schufen die Vorbedingung (Sicherheit und fortdauernder Bestand der Archive) für ein geordnetes Bankwesen. Flavius Josephus nannte jüdische Steuerpächter am Hofe der Ptolemäer in Ägypten; aus dem Neuen Testament (Apostelgeschichte) wäre der Hofbankier der äthiopischen Königin, vermutlich ein Proselyt, anzuführen; aus dem Talmud etwa der Geldwechsler Chanan Petoraa – alle offenbar Ausnahmeerscheinungen ihrer Zeit. Das Fehlen statistischer Daten erlaubt bisher nur die juristische Ausdeutung der talmudischen Literatur über Bankwesen und Geldwesen. Gestützt auf das biblische Zinsverbot wird Kredit mit Ausnahme zinsloser Wohltätigkeitsanleihen (Gemilut Chessed) mißbilligt. Nur langsam werden unter dem Druck wirtschaftlicher Tatsachen Zinsgeschäfte zugelassen, wobei man bemüht ist, durch juristische Konstruktionen das biblische Prinzip zu erhalten. Die gewerblichen Pflichten des Bankiers werden genau umschrieben. Sie werden zur Einziehung der Tempelsteuer herangezogen und mögen so die ersten, später im Orient und Europa so wichtigen, jüdischen Steuerpächter darstellen. Neuere archäologische Entdeckungen förderten in Israel interessante Kreditdokumente aus dem 1. Jh. zutage.

Mittelalter (7.–14. Jahrhundert)

Im Mittelalter wurden Juden zum ersten Male vorübergehend wichtig im Bankwesen. Die Gründe dafür sind noch nicht klar erhellt, wohl aber denen im Geldwesen vergleichbar: Wachstum der Städte, Entstehung einer Kaufmannschaft (die mit den Juden konkurrierte und sie aus dem Handel verdrängte), Immunität gegen das koranische und kanonische Zinsverbot. Während der Blüte der islamischen Kultur (9.–12. Jh.) entsteht vom Atlantischen zum Indischen Ozean ein kompliziertes Bankwesen, in dessen zwischenstaatlichem Verkehr Juden eine bedeutsame Rolle spielten. Im Bereich des Islam werden Josef ben Pinchas, Amram ben Amram, Josef ben Kellis, Chasdai ibn Schaprut und Samuel ibn Nagrela bekannt. Die Sarrafs in Irak (Privatbankiers) waren wohl die einzigen direkten Nachfahren dieses einst blühenden Bankwesens. In Kairo scheint im 9. Jh. eine jüdische Bankiersgilde bestanden zu haben. Kenntnis fortschrittlicher Methoden (Einführung des bargeldlosen Verkehrs mittels Tratte und Scheck [Suftaja]) erleichtern den Juden den Eintritt in den abendländischen Geldverkehr.

  • Seit dem 6. Jh. hören wir von jüdischen Bankiers in Frankreich (unter den späteren: Heliot de Vessoul und Nathan Offizial; viele Mitglieder der Gemeinde Perpignan);
  • in England (Aaron von Lincoln und Aaron von York);
  • in Navarra und Aragon (Jahudan Cavalleria, Benveniste da Porta, Esmel de Ablitas).

In Mitteleuropa erschienen jüdische Bankiers seit dem 11. Jh. Wie sie die für das Bankwesen erforderlichen bedeutenden Beträge aufbrachten, war lange umstritten. Man neigt zu der Annahme, daß diese aus der Veräußerung von Warenlagern stammten, die sie unter dem Konkurrenzdruck der aufsteigenden bodenständigen Kaufmannschaft aufgeben mußten. Die Entwicklung der Zahlungsbilanz – der Gold und Silber produzierende Orient konnte es sich leisten, Münzmetalle nach dem christlichen Westen abfließen zu lassen – spielte gleichfalls eine Rolle.

Seit dem 14. Jh. forderten italienische Stadtverwaltungen Juden auf, sich in ihren Städten als Lohnbankiers (zur Steuerung der Verbraucher Kreditnot) niederzulassen. Die Niederlassungsdokumente sind als „condotta” bekannt. Vorher schon hatte sich der Vatikan jüdische Bankiers zur Überweisung der lokalen Kirchenkollekten nach Rom und zur Pilgerfinanzierung bedient. Aus dem Lohnbankgeschäft wurden sie erst durch die Entstehung öffentlicher Pfandleihen (Monti di Pietä) und durch die Konkurrenz lombardischer und cahorsinischer Geldleiher verdrängt. Um das Kapital übersteigende Anleihesummen zu erhalten, mußten zusätzliche Quellen erschlossen werden. Dazu dienten die Annahme zinstragender Einlagen und Krediteröffnungen mit wohlhabenden Geschäftsfreunden. Die Lombarden bedienten sich hierzu großer italienischer Bankhäuser, die Juden ihrer Glaubensgenossen. Durch drückende Judensteuern ihrer Einnahmen beraubt, wurde ihr Beruf zum Regierungsmonopol, das sie zugunsten der Regierungskasse verwalten mußten. An der Entstehung des modernen Bankwesens der norditalienischen Handelsrepubliken haben Juden keinen Anteil (Niederlassungsverbot in Genua und Venedig).

Bankwesen in der Neuzeit (seit dem 15. Jh.)

Einzelne begüterte Juden stellten nach der Vertreibung von der Iberischen Halbinsel ihre Mittel und Erfahrungen ihren neuen Heimatländern zur Verfügung (vor allem Italien, Holland, Türkei, Balkanländer, Süd-Amerika). Zu dieser Gruppe gehörte die Familie Mendes, die jüdischen Mitbegründer der Hamburger Bank 1619 (Mordechai Abendana, David Brandon, Joan Francisco Brandon, Gonsalvo Carlos, Diego Cardoso, Abraham da Costa, Francisco Gomes, Diego Gonsalvo da Lima, Henrico da Lima, Gonsalvo Lopes, Josef Mendes und Lope Nunes), die Finanziers Wilhelms von Oranien (Isaak Suasso [später Baron Avernes de Gras], Mendes da Costa, Menasse Lopez), die Hamburger Bankiers Texeira und Daniel Abeneser, die sich in Nord- und Ost-Europa betätigten, wo auch die Hofjuden zur Bedeutung gelangten. In England wurde Sir Salomon Medina der Bankier des Herzogs von Marlborough, und der Aufstieg des Hauses Rothschild während des napoleonischen Krieges mag zum Verständnis des jüdischen Bankwesens im 19. Jh. dienen. Der Friede von 1815, die industrielle Revolution und der Aufstieg Londons zum Finanzmittelpunkt leiteten eine neue Ära (1820–80) im Bankwesen ein. Jüdische Privatbanken wurden wichtige Emissionshäuser für Staatsanleihen und als Finanziers von Eisenbahnbauten u. ä. Unternehmungen.

In Frankreich gründeten die Pereiras mit Salomon Heines Erben und Fould-Oppenheim 1852 die erste moderne Großbank: Credit Mobilier. In Italien führte Luigi Luzatto 1844 landwirtschaftliche Kreditgenossenschaften ein. In Preußen (nach 1871 in Deutschland) wurde Gerson von Bleichröder der Bankier Bismarcks, Ludwig Bamberger der Mitbegründer der Reichsbank und der Banque de Paris et Pays Bas, und die Habers führende Bankiers in Süddeutschland. In Rußland waren die Ginsbourgs, Leon Rosenthal, Iwan Bloch, Kronenberg, Stieglitz, Efrussi und Refalovich erfolgreich tätig. In den VSA wurde Chaim Salomon 1776 schon während des Unabhängigkeitskrieges Agent des Schatzamtes und half bei Kriegsende an der Wiederherstellung öffentlicher Kredite mit. Während des Bürgerkrieges arbeiteten (als Agenten der Rothschilds für beide Seiten) Seligmann und Speyer für den Norden, Erlangers für den Süden. Kuhn und Salomon Loeb finanzierten Eisenbahnbauten. Andere bedeutende jüdische Entwicklungsbankiers jener Periode sind:

  • in Portugal die Rothschilds, Stern und Goldsmiths;
  • in der Türkei und im Balkan Baron Hirsch;
  • in Rußland Poliakoff und Speyer;
  • in Ägypten Sir Ernest Cassel (Finanzierung des ersten Nildamms, Gründung der Nationalbank);
  • aus Deutschland kamen die Bischoffsheim, Cassel, Erlanger, Heine, Kuhn, Lehman, Salomon Loeb, Seligman, Speyer und Warburg. Zu dieser Ära gehören auch Spekulanten wie Jules Mires (1809–71) in Frankreich und Baron Grant (alias Albert Gottheimer, 1830–99) in England. In Belgien entwickelte sich seit 1854 die Banque Lambert zu einem bedeutenden Emissionshaus.
  • VSA: August Belmont, 1816 Alzey – 1890 New York, dem Judentum entfremdet; (als Agent Rothschilds) Gründer des Bankhauses A. Belmont und Co. um 1840 in Neu York; als Diplomat, demokratischer Politiker, Rennstallbesitzer und Kunstsammler gleich erfolgreich.

Durch die Verbesserung der zwischenstaatlichen Verbindungen und die wachsende Bedeutung der Aktiengesellschaften und Zentralbanken verlor das Bankwesen seit der Mitte des 19. Jh. seine überragende Bedeutung und seinen persönlichen Charakter. Jedoch waren Juden als Organisatoren und Verwalter am Aufstieg der neuen großen Aktienbanken hervorragend beteiligt: Carl Fürstenberg, Jakob Goldschmidt, Eugen Gutmann, die Mendelsaohns, Jakob Riesser, Paul M. Warburg und Oscar Wassermann mögen die wichtigsten sein.

Quellen

Wahrnehmung in den Medien

Bekannte Beispiele für „Hofjuden“ sind der Film „Jud Süß“ von Veit Harlan und das Buch „Hofjuden“ von Peter Deeg.

Siehe auch

Literatur

Verweise