Internationale Filmfestspiele von Venedig 1935

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Der Schauplatz der III. Internationalen Filmfestspiele in Venedig[1]

Die 3. Internationalen Filmfestspiele von Venedig war eine zwanzig Tägige Veranstaltung um Filme auszuzeichnen.

Hintergrund

Die III. Internationale Filmfestspiele von Venedig war die zweite große internationale Veranstaltung des Films von 1935. An fünfzig Filme, die besten der Weltfilmproduktion, wurden in den zwanzig Tagen einem interessierten Publikum vorgeführt und gaben nicht nur die Möglichkeit, die einzelnen filmkünstlerischen Leistungen zu werten, sondern auch die, festzustellen, welche Fortschritte die künstlerische Entwicklung des Films in den verschiedenen Ländern gemacht hatte. Es läßt sich nicht leugnen, daß der Gesamteindruck schwächer war als der der vorjährigen Filmkunstschau. Wenn auch Filmwerke zur Aufführung kamen, deren große künstlerische Qualitäten unumwunden anerkannt zu werden verdienen, Filme, die in mancherlei Hinsicht neue Ideen und Wege zeigten, so vermochten sie doch nicht, ein gewisses Gefühl des Unbefriedigtseins mit dem Gesamtwert der Ausstellung auszugleichen. Die in Venedig gezeigten Filme sollten die von jedem Land selbst ausgewählten Spitzenwerke sein, sie sollten das nationale Filmschaffen eines jeden Landes auf dem internationalen Wettbewerb der Filmkunst vertreten und mußten daher als Maßstab genommen werden bei der Beurteilung des Niveaus aller anderen, im letzten Jahr geschaffenen Filme.

Das quantitativ wiederum am stärksten vertretene Amerika konnte nur mit drei bis vier Filmen wirklich verdiente Beachtung finden, während die übrige Produktion sich zwar als gute Unterhaltungsware erwies, welche filmkünstlerisch aber nicht voll zu überzeugen vermochte. Der beste amerikanische Film „Greater Glory" (Die Buben aus der Palgasse) gefiel. Sowohl in der Handlung als auch besonders wegen einer ausgezeichneten Spielleitung (Frank Borzage) und wegen des Spiels der Hauptdarsteller, Jungens im Alter von 8 bis 12 Jahren. Der kämpferische Geist der jüngsten Generation fand in ihm seinen filmkünstlerisch geformten Ausdruck. „Black Furie", in seiner Handlung etwas zu tendenziös, ist in der Formgebung (Archie Mayo) von starker Wirkung. Er reißt mit, schon durch das echte, natürliche Spiel des Hauptdarstellers Paul Muni, der hier seine Meisterleistung vollbrachte. Technisch gekonnt, künstlerisch mit vielen Mängeln behaftet, war der neue Farbenfilm „Becky Skarp" des Regisseurs Mamoulin. Bisher sah man kaum einen Film, dessen Bilder gerade durch die Farbwirkung derart plastisch war. Von eindringlicher Bildwirkung war auch der neue Cecil-B.-de-Mille-Film „The crusaders" (Die Kreuzritter), der sich würdig an „Cleopatra" und „Ben Hur" anreiht. Die Leitung der Massen war vorbildlich und unübertroffen zu jener Zeit. Als gute Unterhaltungsfilme mit künstlerischen Qualitäten waren „Anna Karenina" mit Greta Garbo und „Wedding night" (Hochzeitsnacht) mit Anna Sten und Gary Cooper zu werten.

Weniger stark waren „China Seas" (Jean Harlow, Clark Gable und Wallace Beery) und „Naagthy Marietta", doch auch sie konnten das Interesse des Publikums für sich buchen. Vom rein künstlerischen Standpunkt abzulehnen waren alle übrigen fünf bis sechs amerikanischen Wettbewerbsfilme. England, der vorjährige Hauptträger mit „Man of Aran" enttäuschte völlig. Weder der Elisabeth-Bergner-Film „Es cape me never", noch „Bosambo" (Sander of the river), geschweige denn „Old Heidelberg" führten wesentliche künstlerische Qualitäten ins Treffen. Erfolgreich schnitt Frankreich ab. Ausgezeichnet in der Gesamtwirkung war der Film des Regisseurs Pierre ChanelCrime et chäte ment" (Raskolnikoff, nach Dostejewskys Roman). Die Fotografie, eine unerhört realistische Darstellung (Pierre Blanchar — Harry Baur) und die einheitliche Linienführung der Spielleitung schufen die Atmosphäre, Dostejewsky „Schuld und Sühne" in seiner düsteren Stimmung auf den Film zu übertragen. Auch der französische Staatspreisfilm „Marie Chapdeleine" überzeugte künstlerisch, während „Le bonheur" unverdient abgelehnt wurde, obgleich er in Regie (Marcel L'Herbier), Fotografie Schnitt und Darstellung (Charles Boyer, Gaby Morley und Michel Simon) beachtliches Können verriet. Die anderen französischen Kunstschaufilme, einschließlich „Kameliendame" und „Un voyage imprevu" erwiesen sich als interessante Unterhaltung, mit der man gern einverstanden war. Ohne Qualitäten waren nur „Towaritsch" und „Marie des Angoisses".

Das Gastland Italien holte sich starke Wirkungen mit „Passapor to rosso", von Guido Brignone einem Roman von G. G. Napolitana nachgestaltet. Die Stärke des Films lag in seiner Handlung, in dem Willen, die Kraft eines Volkes zu zeigen, wenn es in schweren Tagen zusammenhält. Die Gestaltung ließ wertvolle künstlerische Ansätze erkennen. Ein Kriegsfilm aus den DolomitenLe scarpe al sole" (Schuhe an der Sonne), Regie Marco Elster, fand besonders die Anerkennung des italienischen Publikums, ohne künstlerisch viel zu geben. Wenn auch schleppend in der Handlung, konnte der italienische Martha-Eggerth-Film „Casta Diva" (Eine Episode aus Vincenzo Bellinis Leben) durch Form und Gestaltung interessieren. Dem Kameramann Franz Planer gelangen Aufnahmen, die an alte Gemälde erinnern. Auch musikalisch (Schmidt-Gentner) vermittelt der Film starke Eindrücke. Regisseur Gallone hätte durch ein schärferes Tempo die Gesamtwirkung wesentlich verflachen können. Qualitativ ausgezeichnet war ein Filmdokument „Lo stato corporativo", welches das Aufbauwerk des faschistischen Regimes in Italien zeigte.

Die beiden anderen italienischen Filme „Amore" und „Freccio d'oro" errangen Achtungserfolge Die Tschechos1owakei, von der man künstlerisch viel erwartete, mußte sich die Ablehnung der gezeigten Filme gefallen lassen. Nach einem Skandal bei „Tatra-Romanze", unter der Regie von Josef Rovensky und Eugen Thiele langatmig gestaltet, konnte sich „... und das Leben dauert fort" durch ausgezeichnet gesehene Landschafts- und Außenaufnahmen aus Jugoslawien ein wohlwollendes Interesse sichern. Nicht besonders schnitt Österreich ab, das im vorigen Jahr mit „Maskerade" einen beachtlichen Erfolg errang. Bei „Episode" und „... nur ein Komödiant" interessierte die Darstellung durch Paula Wessely und Rudolf Forster.

Ungarn zeigte nach einem Film „Kleine Mutti" einen sehr guten Film aus dem Leben des Komponisten Franz Liszt. „Liebesträume", der in Regie (Heinz Hille), Handlung und Darstellung künstlerische Wirkungen erzielte, die packend und mitreißend waren. Auch Polen stellte einen gekonnten Film „Dzein wielkiej przygody" (Der Tag des großen Abenteuers) zum Wettkampf. Von Josef Leytes mit sauberen Mitteln inszeniert, zeigte er die Jugend Polens, wie sie 1935 war. Ein Erfolg, der völlig gerechtfertigt war, zeichnete ihn aus.

Schweden holte sich mit „Swe denhielms" eine unumwundene Anerkennung. Abgelehnt wurde ein Film Hollands „Op hoop van zeegen" (Die gute Hoffnung), obwohl derselbe teilweise ein beachtliches künstlerisches Niveau besaß. Von künstlerischer Qualität war ein Film der Schweiz, „Die ewige Maske", der nicht, wie viele der gezeigten Filme, verfilmtes Theater, sondern in seiner Formgebung filmkünstlerischer Selbstzweck war. Bild, Handlung, Regie (Werner Hochbaum), Darstellung und Musik waren harmonisch zu einem einheitlichen Ganzen zusammengefügt. Die Darstellung von Matthias Wiemann, Olga Tschechowa und Peter Petersen sichert die Qualität des Films.

Sowjetrußland, Japan und Spanien fehlten völlig mit eigenen Werken und haben die Zusage zur Beteiligung an der Ausstellung wieder zurückgezogen. Der künstlerische Eindruck der von Deutschland gezeigten Spitzenfilme war, auch in der Meinung des internationalen Publikums und der italienischen Presse, stark und eindeutig. Sowohl „Der verlorene Sohn", der als aussichtsreichster Kandidat im Kampf um den Preis für den besten Film des Jahres, die „Coppa Mussolini" gilt, als „Triumph des Willens', „Hermine und die sieben Aufrechten“ und „Der alte und der junge König" führten das deutsche Filmschaffen zu einem großen, unbestrittenen Erfolg, der von keinem anderen Land auch nur annähernd erreicht werden konnte. Es war stark damit zu rechnen, daß sich dieser Vorsprung auf die weitere Entwicklung des deutschen Filmexportes günstig auswirken konnte. Wie immer auch die endgültige Entscheidung zu diesen Zeitpunkt ausfallen wird, es stand fest, daß Deutschland und das künstlerische deutsche Filmschaffen den Sieg im Wettkampf der Filmnationen errungen hat. Deutschland konnte daher die III. Internationale Filmkunstausstellung von Venedig mit stolzer Freude verlassen. Aber noch einen zweiten wesentlichen Prestigegewinn brachten die Tage von Venedig dem deutschen Film. Ein langgehegter Wunsch war mit der auf Deutschlands Initiative erfolgten Gründung der Internationalen Filmkammer erfüllt worden. Die Spitzenorganisationen und Fachfederationen der Produktion, des Verleihs, des Theaterbesitzes und des Kulturfilms hatten sich in dieser Organisation zu gemeinsamer Arbeit gefunden unter der vorläufigen Führung Deutschlands.[2]

Im Jahr 1935 vergab zum ersten Mal eine internationale Jury die Preise.

Fußnoten

  1. Filmwelt – Das Film- und Foto-Magazin, Nr. 32, 11. August 1935
  2. Filmwelt – Das Film- und Foto-Magazin, Nummer 37, 15. September 1935