Jens, Walter

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Walter Jens (* 8. März 1923 in Hamburg; † 9. Juni 2013 in Tübingen) war ein deutscher Literaturwissenschaftler und Schriftsteller. Er war Präsident des P.E.N.-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland und Präsident der Akademie der Künste zu Berlin.

Werdegang

Walter Jens, ev., wurde am 8. März 1923 in Hamburg geboren. Sein Vater Walter war ein deutschnational denkender Bankdirektor, die Mutter Anna (geb. Martens) eine sozialdemokratisch orientierte Lehrerin. Walter Jens besuchte ab 1933 die Gelehrtenschule des Johanneums in Hamburg, wo er das Abitur kriegsbedingt bereits 1941 ablegte. Von einem Kriegseinsatz blieb er wegen seines schweren Asthmaleidens verschont, arbeitete jedoch einige Monate als Luftschutzhelfer im Rotlichtmilieu der Hansestadt. 1941-1945 studierte er Klassische Philologie und Germanistik an den Universitäten Hamburg und Freiburg/Br. Mit der Dissertation „Die Funktion der Stichomythie in Sophokles' Tragödien der Mannesjahre“ promovierte er 1944 zum Dr. phil. Nach dem Krieg (1945-1949) war er als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Hamburg tätig. 1949 habilitierte er sich in Tübingen mit der Schrift „Tacitus und die Freiheit“.[1]

Wirken

Walter Jens gehörte ab 1950 der linken Umerziehungs-„Gruppe 47“ an. Er arbeitete (ab 1950) als Dozent an der Tübinger Eberhard-Karls-Universität, wo er 1956 zum apl. Professor für Klassische Philologie und 1962 zum o. Professor für Klassische Philologie und Allgemeine Rhetorik ernannt wurde. 1964 nahm er eine Gastprofessur in Stockholm wahr. Von 1965 bis zu seiner Emeritierung im Juli 1988 hatte er in Tübingen den bundesweit ersten Lehrstuhl für Allgemeine Rhetorik inne, der eigens für ihn eingerichtet worden war. Als Mitglied des Gründungssenats beteiligte er sich 1971 am Aufbau der Universität Bremen. Im März 1980 sollte Walter Jens auf einen neu einzurichtenden „Gotthold-Ephraim-Lessing-Lehrstuhl“ in Hamburg berufen werden, was an Formfehlern und den Protesten politischer Gegner scheiterte. Einen zweiten Ruf nach Hamburg lehnte er im Mai 1981 ab.

In seinen zahlreichen öffentlichen Erklärungen und Veröffentlichungen unterstützte er die Bestrebungen der Frankfurter Schule. Wie deren meiste Vertreter, griff er in den sechziger Jahren zugunsten der Linken in Bundestagswahlkämpfe ein und trug dazu bei, daß ein geistiges Klima entstand, in welchem nach 1968 allein die SPD, insbesondere unter den Intellektuellen, als „fortschrittlich“ galt. Eine plumpe Reduktion des Begriffs des Politischen auf einen einsetig „emanzipatorisch“ definierten Fortschrittsbegriff, gehörte zu dieser eher pseudo-intellektuellen als tatsächlich intellektuellen Attitüde.[2] So wurde in einem Manifest zur Bundestagswahl 1965 von Seiten Frankfurter Professoren-Mitarbeiter abschließend demagogisch erklärt: „Die Bundesrepublik ist auf dem Wege einer autoritären Gesellschaft. Unter den führenden Repräsentanten der Regierungsparteien [damals CDU-CSU-FDP] ist kein einziger zu finden, dessen Denken dieser Entwicklung widerspricht. Wird die permanente Regierung verlängert, so ist das Schicksal der zweiten Demokratie besiegelt.“[3] Ebenso griff Jens in den Landtagswahlkampf 1980 zugunsten Erhard Epplers (SPD) und im selben Jahr mit Günter Grass in den Bundestagswahlkampf für eine „sozialdemokratische Wählerinitiative“ ein.

Wie der Jude Heinrich Heine gegen den deutschen Genius Goethe, so giftete Walter Jens gegen Friedrich Nietzsche.[2] Er beschloß einen Verriß des großen Philosophen mit den Worten: „Nietzsche, ein Pfarrer und Komödiant, ein Artist, der als Künstler tief gefallen ist — aber nur, weil er so hoch stand und ein Virtuose ohne gleichen war: Schillernd, maskenreich und wirkungsträchtig, Erbe Montaignes und wilhelminischer Rhetor, Psychologe und Rhapsode in einer Person. Dieser Friedrich Nietzsche wurde durch den Wahnsinn bis zur Kenntlichkeit entstellt.[4] Darauf hielt ihm der damals in Münster lehrende Philosoph und Nietzsche-Kenner Günter Rohrmoser vor, daß sein Bewußtsein offenbar „nicht nur den Blick für jedes Maß verloren hat, sondern in den Untiefen eines bodenlos gewordenen Geschwätzes sich selbst auflöst“.[5]

Walter Jens warf der SPD Abkehr von den marxistisch-revolutionären Ideen vor, forderte den demokratischen Sozialismus, trat energisch für „Karl-Liebknecht-Plätze, Rosa-Luxemburg-Wege und Ossietzky-Gassen“ ein und kritisierte Straßenbenennungen nach dem „Steigbügelhalter Hitlers, nämlich Hindenburg“.[6] Selbst ein wohlbezahlter Staatsbeamter, ging er lautstark gegen die >Berufsverbote< vor, allerdings nur, wenn solche Maßnahmen Linksradikale und Kommunisten trafen. Er wandte sich polemisch gegen die Treuepflicht des Beamten, weil diese »aus dem Allgemeinen Landrecht von 1794 stammt« und alles Preußische natürlich für ihn verabscheuenswert ist (ebd.).[2]

1961 erschien seine „Deutsche Literatur der Gegenwart“, 1966 sein Fernsehspiel „Die rote Rosa“ zu Ehren der jüdischen Spartakistin Rosa Luxemburg. Er erhielt unter anderem 1953 den Preis der Freunde der Freiheit in Paris, 1968 den Lessing-Preis der Stadt Hamburg. Von 1976 bis 1982 amtierte er als Präsident des deutschen PEN-Zentrums, ab 1988 dessen Ehrenpräsident. 1980 trat er durch die Losung „Lieber rot als tot“ in der Friedensbewegung hervor und nahm 1984 an der Sitzdemonstration vor dem VS-Atomwaffendepot Mutlangen teil, was ein gerichtliches Nachspiel hatte.[2]

Als im Jahre 2006 bei der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland die nationale Begeisterung immer stärker wurde, wandte sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gegen die deutsche Nationalhymne, unter anderem mit der Broschüre „Argumente gegen das Deutschlandlied“. Geschichte und Gegenwart eines furchtbaren Lobliedes auf die deutsche Nation“.[2] Walter Jens unterstützte diese antideutsche Aktion, erklärte, das Deutschlandlied habe einen „teilweise unverständlichen Text“, und schlug vor, als neue deutsche Nationalhymne die „Kinderhymne“ von Bert Brecht einzuführen.[7]

Nachdem im Jahre 2006 Günter Grass — als einer der heuchlerischsten Vergangenheitsbewältiger — zugegeben hatte, im letzten Kriegsjahr freiwillig zur Waffen-SS gegangen zu sein, kam bei Durchsicht entsprechender Karteien auch heraus, daß Walter Jens Mitglied der NSDAP gewesen war, ebenso andere Prominente wie Siegfried Lenz, Martin Walser, Dieter Hildebrandt, Horst Ehmke, Peter Böhnisch, Niklas Luhmann, Hermann Lübbe, Wolfgang Iser, Günther Oellers und Tankred Dorst[8]. Teilweise wurde die Mitgliedschaft zunächst abgestritten oder durch persönlich nicht vollzogenen Eintritt erklärt. Kurz darauf zeigte sich bei Walter Jens eine sich rapide verschärfende Altersdemenz, die von seinem Sohn Anfang 2009 in schon peinlicher Weise mit der an Licht gekommenen Parteizugehörigkeit in Verbindung gebracht wurde.[2]

Auszeichnungen

Ehrendoktorwürden der Universitäten Stockholm (1969), Athen (1987), Jena (1989), Augsburg (1992) und Hamburg (2005).

Mitgliedschaften / Ämter

PEN-Zentrum der Bundesrepublik Deutschland (seit 1961; Präsident 1976-1982 und interimsmäßig 1988-1989; seit 1982 Ehrenpräsident), Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung (seit 1962), Deutsche Akademie der Darstellenden Künste in Frankfurt/M., Freie Akademie der Künste in Hamburg, Akademie der Künste Berlin-Brandenburg (Präsident 1989-1997; seither Ehrenpräsident), Martin-Niemöller-Stiftung (Vorsitzender 1988-1994; seither im Vorstand), Humanistische Union (Beirat).

Von 1961 bis 1993 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin (West), Sektion Literatur. Von 1986 bis 1990 Korrespondierendes Mitglied der Akademie der Künste, Berlin (Ost), Sektion Literatur und Sprachpflege. Von 1990 bis 1993 Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste, Berlin (Ost), Sektion Literatur und Sprachpflege. Seit 1993 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin, Sektion Literatur. Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt, der Freien Akademie der Künste, Hamburg, und der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste, Frankfurt am Main.

Familie

Walter Jens ist seit 1951 mit der Literaturwissenschaftlerin Dr. Inge Jens, geb. Puttfarcken, verheiratet. Die Söhne Tilman und Christoph sind beide im Medienbereich tätig. Der Fußballfanatiker Walter Jens war in seiner Jugend Torhüter beim damals erfolgreichen Eimsbütteler Turnverein. Bei Jens, der neben dem lebenslangen Asthma auch immer wieder an depressiven Schüben litt, zeigten sich 2003 erste Symptome einer progredierenden Demenz, weshalb er sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückzog. In einem Gespräch mit Arno Luik im Winter 2003/2004[9] äußerte Jens, der immer wieder für eine aktive Sterbehilfe plädiert hatte: „Nicht mehr schreiben zu können, heißt für mich: Nicht mehr atmen zu können. Dann ist es Zeit zu sterben. Dann möchte ich tot sein.

Fußnoten

  1. Internationales Biographisches Archiv 27/2008
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Rolf Kosiek: Die Frankfurter Schule und ihre zersetzenden Auswirkungen - Grabert/Hohenrain-Verlag 2001 ISBN 978-3891800614
  3. zit. in Schrenck-Notzing 1965, S. 307
  4. Die Welt, 6. Februar 1974
  5. Die Welt 23. April 1974
  6. Stuttgarter Nachrichten, 27. September 1978
  7. FAZ, 17. Juni 2006
  8. FAZ, 27. Juli 2007; Der Spiegel, Nr. 29, S. 134, 2007
  9. vgl. Der Stern, 3. April 2008