Lateinische Einflüsse auf die deutsche Sprache

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Die Einflüsse der lateinischen Sprache auf das Deutsche sind äußerst groß und hängen damit zusammen, daß Latein vom Mittelalter bis weit in die Frühe Neuzeit hinein als eine dem Deutschen weit überlegene Sprache angesehen wurde. Da die Bibel bis zur deutschen Übersetzung durch Martin Luther fast ausschließlich auf Latein verfügbar war, herrschte auch der Glaube vor, Latein sei eine heilige Sprache. Infolge des Glaubens einer Höherwertigkeit der lateinischen Sprache wurden im Laufe der Zeit viele Begriffe aus dem Lateinischen importiert. Erst im 18. Jahrhundert gab es mit dem immer stärker aufkommenden deutschen Nationalbewußtsein eine Gegenbewegung dazu, wo etwa Begriffe wie „Gotteshaus“ (als Ersatz für das von „templum“ abgeleitete Wort „Tempel“) geschaffen wurden. Dies setzte sich jedoch nicht durch, selbst während des Nationalsozialismus wurden die dem Lateinischen entnommenen Fremdwörter beibehalten, „allzu altgermanische Begriffe“ sollten sogar vermieden werden. Bis heute sind viele Wörter im Deutschen – und dies nicht nur in der Fachsprache – immer noch auf das Lateinische zurückzuführen.

Bis in die Frühe Neuzeit hinein war es sogar nicht unüblich, deutsche Nachnamen mit lateinischen Endungen zu versehen und im Text entsprechend zu deklinieren, so finden sich etwa im Volksbuch des Dr. Faustus neben Faustus noch die Deklinationsformen Fausti, Fausto und Faustum verwendet. Der Name Jesus Christus wird dabei bis heute noch lateinisch dekliniert, so heißt es etwa nicht „Jesus' Tod“, sondern „Jesu Tod“. Bei dieser Deklination handelt es sich jedoch um eine Sonderform im Lateinischen, die nach altgriechischem Vorbild dekliniert wird. Die bis heute gebräuchliche Glücksformel „Petri Heil“ stellt ebenso eine lateinische Deklination dar.

Trotz dieser bedeutenden Einflüsse des Lateinischen auf das Deutsche gilt die Deutsche Sprache, ihrem allgemeinen Charakter nach, als germanische Sprache, mehr noch als das Englische und im Unterschied zu den romanischen Sprachen. Historisch liegt dies weitgehend darin begründet, daß die weitaus größten Teile Germaniens, und damit des heutigen deutschen Gebietes, seit der Hermannsschlacht nie dauerhaft durch das Römische Reich unterworfen werden konnten. Da es dennoch zu einer kulturellen Berührung zwischen Germanen und Römern in diesem Gebiet kam, übernahmen die Germanen bereits manche Wörter, für die sie keine Entsprechung kannten.

Entlehnungswellen

Es gab in der deutschen Sprachgeschichte vier Entlehnungswellen, in denen viele lateinische Ausdrücke in die deutsche Sprache entlehnt wurden.

Erste lateinische Entlehnungswelle: Römerzeit

Diese Welle fand etwa im Zeitraum 50 v. d. Z. bis 500 n. d. Z. statt. Durch den Kontakt der Germanen mit den Römern kam es auch zu einem sprachlichen Austausch. Da die lateinische Sprache bereits deutlich mehr Begriffe kannte, übernahmen die Germanen einige. Typische Themenfelder, aus denen Begriffe übernommen wurden, sind dabei aus dem Kriegs- und Handelswesen (viele Germanen dienten im römischen Heer), dem Haus- und Steinbau (die Germanen hatten lediglich Bauten aus Holz und Lehm) sowie dem Obst- und Gartenbau. Die Wörter kamen zuerst als reine Fremdwörter in die deutsche Sprache und machten schließlich im Laufe der Zeit wie rein germanische Begriffe die lautlichen Entwicklungen mit, wie etwa die Zweite Lautverschiebung. Somit können Wörter wie „Mauer“, „Fenster“ oder „Pfahl“ ohne germanistisches Hintergrundwissen nicht mehr als Lehnwörter erkannt werden – sie haben sich vollständig an die deutsche Sprache angepaßt.

lat. ahd. mhd. nhd. Anmerkung
fenestra ? venster Fenster Die Germanen kannten bereits Fenster, jedoch nicht aus Stein, und so gab es bereits das Wort „Windauge“ (ahd. augadoro = nhd. „Augentor“). Die lateinische Entlehnung verdrängte schließlich die bereits bekannte Form, im Dänischen und Englischen hat sie sich mit vindue und window jedoch erhalten.
caesar ? keiser Kaiser Das Wort Kaiser leitet sich vom römischen Diktator Gaius Iulius Caesar ab, dessen Beiname zu seinen Lebzeiten mit „ei“ ausgesprochen wurde. Der Begriff wurde in der römischen Kaiserzeit zusammen mit augustus als Herrschaftstitel verwendet, ein caesar war dann meist der designierte Nachfolger des amtierenden Kaisers. Der russische Herrschertitel Zar hat ebenso wie der deutsche Kaiser die gleiche sprachliche Wurzel.
campus ? kampf Kampf
cellarium ? këller Keller Das lateinische Wort cellarium wurde dann mit der zweiten Welle aus dem Lateinischen erneut entlehnt, woraus das deutsche Wort Zelle entstand.
cista ? kiste Kiste
murus mura mûr(e) Mauer
palus ? phâl Pfahl
piper ? phëffer Pfeffer
pilum ? phîl Pfeil
pistor ? phister Pfister Inzwischen nicht mehr gebräuchlich und durch das deutsche Wort Bäcker ersetzt.
planta ? phlanze Pflanze
emplastrum ? phlaster Pflaster
pondo ? phunt Pfund
spicarium ? spîcher Speicher
(via) strata ? strâze Straße
vinum ? wîn Wein Bis zum Kontakt und Austausch mit den Römern war den Germanen der Wein nicht bekannt, statt dessen wurde Met hergestellt.
tegula ? ? Ziegel

Zweite lateinische Entlehnungswelle: Christianisierung

Die zweite Welle lateinischer Begriffe, die in das Deutsche einsickerte, betrifft in etwa den Zeitraum von 500 bis 800 n. d. Z. In dieser Zeit begann die Christianisierung der germanischen Völker, und so wurden viele lateinische Begriffe mit einem religiösen Kontext, die der Kultur der Germanen meist fremd waren, in die junge deutsche Sprache übernommen. Durch die Entstehung vieler Klöster auch auf deutschem Boden waren neben religiösen Begriffen auch viele Wörter aus dem Gartenbau und der Schriftkultur darunter.

lat. ahd. mhd. nhd. Anmerkung
domus ? ? Dom
claustrum ? ? Kloster
crux cruzi kruiz(e) Kreuz
monasterium ? ? Münster
petrosilium ? ? Petersilie
scuola [mlat.] scuola ? Schule
tincta ? ? Tinte
cellarium ? ? Zelle
cipolla cibolla z(w)ibolle Zwiebel

Dritte lateinische Entlehnungswelle: Humanismus

Eine dritte Welle setze mit dem Aufkommen des Humanismus ein, bei dem die griechisch-römische Antike wieder stark in den Mittelpunkt des gelehrten Interesses rückte. Viele Humanisten verwendeten untereinander sogar eine lateinisch-deutsche Mischsprache, bei der oftmals lediglich die lateinischen Verben durch deutsche ersetzt wurden, was für Nichtmuttersprachler einfacher zu sprechen war.

Vierte lateinische Entlehnungswelle: Internationalisierung

Im 19. und 20. Jahrhundert kamen in Europa eine Reihe von Wortbildungen auf, die international sein sollten und somit auf dem Lateinischen und Altgriechischen basierten.

Beispiele für aus dem Lateinischen abgeleitete Wörter

Substantive

  • Fenster (lat. fenestra)
  • Hospital (lat. hospitalis – dt. gastfreundlich)
  • Kalk (lat. calx)
  • Keller (lat. cellarium)
  • Kurie (lat. curia)
  • Labor (lat. laborare – dt. arbeiten)
  • Mantel (lat. mantellum – dt. Decke, Hülle)
  • Mirakel (lat. miraculum)
  • Mutation (lat. mutare – dt. verändern)
  • Nebel (lat. nebula)
  • Observatorium (lat. observare – dt. beobachten)
  • Sack (lat. saccus)
  • Taverne (lat. taberna)
  • Tempel (lat. templum)
  • Zelle (lat. cella)

Verben

  • assimilieren (lat. assimilare)
  • konservieren (lat. conservare)
  • monieren (lat. monere)
  • parieren (lat. parere)

Adverbien

  • moderat (lat. moderatus – dt. gemäßigt)
  • national (lat. natio – dt. Geburt, Volk)
  • sozial (lat. socius – dt. Genosse, Gefährte)

Siehe auch