Metapedia:Weihnachten 2009

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Allen Autoren und Freunden der Metapedia ein besinnliches deutsches Weihnachts- und Julfest und alles Gute im neuen Kampfjahr 2010!





Der Tag war trübe und grau bis in den Abend hinein. Die Stille im Zimmer wurde immer schwerer. Zuletzt konnte die Frau es nicht mehr aushalten.
„Vater?" sagte sie.
„Mathilde?" fragte der Mann zurück.
„Ich weiß nicht, Vater," und wieder kam eine lange Stille, „ich weiß nicht, ob das recht ist - unserm Fritz gegenüber. Ich meine,
wir hätten doch lieber einen kleinen Baum und ein paar Kerzen . . ."
„Nein, keinen Baum! Und kein Licht und kein Lied! Ich mag nichts davon hören und sehen. Es wird mir s o schon schwer genug, über
diesen Tag und über dieses ,Fest' hinwegzukommen. Und dir doch erst recht, Mathilde! Ich kenn' dich doch!".
„Als unser Junge, heute vor zwei Jahren, als er grade am Heiligen Abend hier ankam . . .
„Da war Weihnachten, ja! Da war es ein Fest! Da war überall Licht und Leben! Aber nun, in diesem Jahr, wo doch alles aus und vorbei ist ... ?"
„Und im Herbst, Vater, als er das letzte mal auf Urlaub war. .."
„Mathilde!" sagte der Mann gequält, „ich muß dich um etwas bitten: Du mußt mich nun nicht mehr „Vater" nennen! Das stimmt doch
alles nicht mehr! Wir sind nun wieder ganz allein und sind nur noch Mann und Frau. Ich kann das „Vater und Mutter" nicht mehr
ertragen, das tut mir weh."
Und wieder eine lange, schwere Stille.
Und in die Stille hinein - von draußen, von der Straße her - langsam näherkommende Schritte und ein leises Klopfen an der Tür.
„Besuch? Für uns?"
Die Frau stand auf und ging zur Tür. Der Mann drehte nur den Kopf und guckte durch den Spalt zur Diele.
Ein großes, fremdes Mädchen stand in der Tür; ein gutes, stilles Gesicht, eine warme, weiche Stimme: „Frau Martens, nicht böse
sein, daß ich so spät noch störe! Darf ich einen Augenblick ... ich wollte nur mal etwas fragen?"
Sie trat ins Zimmer: „Herr Martens?"
„Ja?" Der Mann war aufgestanden und wollte nach dem Lichtschalter langen. „Ach nein,, kein Licht!" sagte das Mädchen bittend. „Und auch keine Umstände weiter!, Behalten Sie doch bitte Platz!“
Die Frau schob ihr einen Stuhl hin und setzte sich: „Sie wollen uns etwas fragen?“
„Ja," sagte das Mädchen leise, „das wollte ich, aber nun - nun weiß ich nicht, wie ich es anfangen soll. Ich wollte schon lange mal
kommen, und - mochte es nicht tun. Aber nun heute, nun konnte ich nicht anders." Sie legte ihre Hände zusammen und sah zum Fenster: „Es ist um - Ihren Sohn."
„Um unsern Fritz?" fragte die Frau. - „Ja, um Fritz."
Der Mann knöpfte die Jacke zu: „Wer sind Sie denn, wenn ich fragen darf? Und woher kommen Sie?"
„Ich bin Helene Rohwedder“, sagte sie, und nach kurzer, banger Stille: „Hat Fritz Ihnen nie etwas von mir gesagt? Und auch nichts davon geschrieben?"
„Nicht daß ich wüßte!"
„Mir hat er oft von Ihnen erzählt“, sagte sie leise, „und in seinem letzten Brief - hat er mir . . ."
„Haben Sie denn auch Briefe von ihm?" fragte die Frau.
„Unser Fritz hat sich mit vielen geschrieben," sagte der Mann, „er mochte gern Post haben, also mußte er auch selber viel schreiben."
„In seinem letzten Brief," sagte das Mädchen noch leiser als vorher, „hat er mir geschrieben, wenn ich mal in Not wäre, dürfte ich jederzeit - zu seinen Eltern gehen."
„Wenn Sie in Not wären?" die Stimme der Frau begann zu zittern. „Was sollte denn ... ? Wie mag er denn das gemeint haben?"
„Er hat damit", wie schwere Tropfen fielen ihre Worte, „er hat damit die Not gemeint, die für den, der sie tragen muß - oder tragen darf, zugleich auch das größte Glück bedeutet."
Die Frau holte ihr Taschentuch aus dem Ärmel und preßte es auf den Mund: „Und diese Not - eine solche Not - die ist - die wäre nun da?"
Das Mädchen nickte und sah wieder mit großen Augen zum Fenster. „Die Not - und das Glück."
„Und das ist wirklich und wahrhaftig wahr?" Der Mann stand auf und umkrallte mit der rechten Hand seine Stuhllehne: „Von unserm Fritz? Von unserm einzigen Jungen? Mit dreiundzwanzig Jahren?"
Sie nickte nur und starrte unverwandt zum Fenster. „Und wir haben nichts davon gemerkt und gewußt?" „Ich weiß es auch erst seit sechs Wochen," sagte sie leise.
Und wieder kam eine lange, bleierne Stille, und jeder hörte nur sein eigenes Herz. Dann hob die Frau den Kopf und wischte sich über die Augen: „Hat unser Fritz - habt Ihr Euch - hast Du ihn denn sehr lieb gehabt?"
Sie nickt wieder: „Mehr als alles andere auf der ganzen Welt. Wir kennen uns schon seit vier Jahren, und wir waren uns immer so einig und so gut."
„Und hat unser Fritz - hat er es auch noch erfahren, wie es um Dich steht?"
Sie nickt leise: „Ich glaube wohl, denn der Brief an ihn ist nicht zurückgekommen nur die beiden letzten,"
Der Mann setzte sich wieder auf seinen Stuhl und stützte den Kopf in beide Hände. Ganz still wurde es wieder, eine lange Zeit, und fragten und riefen und sangen doch tausend Stimmen. Und immer tiefer neigte sich die Nacht.
„Wenn es Euch recht ist," sagte das Mädchen leise, „ich habe einen Tannenzweig mitgebracht und ein kleines Licht." Sie legte beides auf den Tisch und steckte die Kerze in den Halter.
Der Mann reckte sich auf, aber er sagte nichts. Ein Streichholz flammte auf. Ein kleines Licht glomm und blakte einen Augenblick auf und ab, und stand dann still und hell und feierlich wie ein goldener Stern aus einer fremden Welt.
„Vater!" sagte die Frau leise,
„Mutter!" sagte der Mann, und seine Stimme war weich wie die Nacht. „Fritz!" hauchte das Mädchen. „Fritz, nun ist - nun bin ich da - bei dir im Hause." Und weinte still in sich hinein.
Ganz vorsichtig und leicht legte die Frau ihre Hand auf den Arm des großen, stillen Mädchens.
Und draußen stand schweigend und schwer - eine stille, heilige Nacht.