Meuterei der Jagdflieger

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Hier im feudalen Klubraum im „Haus der Flieger“ soll die Konfrontation stattgefunden haben, die beinahe in zahlreichen Reichskriegsgerichtsverfahren wegen Landesverrat geendet wäre.

Die von Hermann Göring selbst als „Meuterei“ (der Jagdflieger) bezeichnete heftige, offen ausgetragene Meinungsverschiedenheit zwischen bewährten Offizieren der Jagdwaffe und ihm selbst als Oberbefehlshaber der Luftwaffe, fand zur Jahreswende 1944/45 statt. Ausschlaggebend für diese Auseinandersetzung war die Entpflichtung Adolf Gallands als General der Jagdflieger durch den Reichsmarschall.

Das Geschehen

Im Herbst 1944 arbeitete Adolf Galland mit seinem Jägerstab einen Plan aus, nach welchem erstmals wieder eine größere Reserve an Tagjägern geschaffen und für koordinierte Einsätze gegen die fast ungehindert operierenden VS-Bomberverbände der 8th USAAF (dt. 8. VS-Luftflotte) und der 9th US Army Air Force (dt. 9. VS-Luftflotte) in Bereitstellung gehalten werden sollte.

Als durch schwierige, gezielte Maßnahmen im Winter 1944 erstmals wieder 41 einsatzfähige Jagdgruppen für die Reichsluftverteidigung zur Verfügung standen, wäre Galland in der Lage gewesen, den alliierten Bombern schwere Verluste zuzufügen. Doch Hermann Göring befahl den Einsatz dieser Reserven für Bodenangriffe als Unterstützung der Ardennenoffensive in Belgien. Weiters wurden am 1. Januar 1945 ein Großteil dieser wertvollen und letzten Reserven im Unternehmen „Bodenplatte“ für die Zerstörung von Feindmaschinen am Boden geopfert.

Die Folge war, daß bei 400 Abschüssen 300 eigene unersetzbare Flugzeuge verlorengingen und 22 Verbandsführer, drei Geschwaderkommodore, fünf Gruppenkommandeure und 14 Staffelkapitäne vom Einsatz nicht zurückkehrten. Dies brachte den lange schwelenden Konflikt zwischen Galland und Göring zur Eskalation. Wegen „unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten“ wurde der Jagdfliegergeneral abgesetzt und durch den Brillantenträger Oberst Gordon M. Gollob ersetzt.

Walter Krupinski über die Lage: „Aber auch sonst war die Lage katastrophal. Die Luftüberlegenheit war erdrückend, schon beim Start hingen die Spitfire, Tempest, Mustangs und Thunderbolts über unserem Platz. Die Stimmung war ‚mies‘, unser Oberbefehlshaber hatte uns Feiglinge genannt, Kommodores hatten eine ‚Meuterei‘ versucht, ohne jeden Erfolg. Man mußte sich wundern, daß sie noch lebten. Der Sprit war knapp, der Ersatzflugzeugführer war blutjung und unerfahren und die Verluste bei jedem Einsatz entsprechend hoch.“

„Wie mir soeben gemeldet wird, befindet sich die Jagdwaffe in der größten Vertrauenskrise zum Oberbefehlshaber. Teilweise schärfste Verbitterung. Die unmöglichsten Gedanken werden laut. Ähnliche Vorgänge wie die vom 20. Juli müssen vermieden werden [...] solche Gedanken über einen erzwungenen Rücktritt des Oberbefehlshabers, das wäre ja Soldatenrat (Meuterei) [...]“ — General der Flieger Karl Koller, Tagebucheintrag vom 13. Januar 1945, 14.45 Uhr[1]

Die Forderung an den Reichsmarschall

Tage später forderten viele Jagdgeschwaderführer des Jagdfliegerkorps, darunter Bennemann, Graf, Lützow, Michalski, Neumann, Priller, Steinhoff, Rödel und Trautloft seine Rückkehr. Lützow trug am 19. Januar 1945 als Wortführer der besorgten Offiziere die hitzige Diskussion mit Göring im Berliner „Haus der Flieger“ aus. Lützow plante folgende Punkte Göring vorzutragen:

  • 1.) Der Abgang General Gallands wird von der Truppe nicht verstanden, da er in der Waffe als der überragendste Kopf und Führer anerkannt ist und - trotz seiner Härte nach unten - das Herz der Jagdflieger besitzt.
  • 2.) Oftmaliger Vorwurf der Feigheit der Jagdflieger von Seiten des Herrn Reichsmarschalls, obwohl gerade die Jagdwaffe Verluste erlitten hat wie wohl kaum eine Waffe, auch nicht eine in anderen Wehrmachtteilen.
  • 3.) General Peltz kann trotz Achtung seiner Person und seiner Leistungen niemals das Vertrauen der Jagdwaffe haben, da er
    • a) das IX. Korps in dieser schweren Zeit der Nation infolge übertriebener Ausbildungsforderungen vom Einsatz zurückhält, während gleichzeitig die schlecht ausgebildeten Tagjager rücksichtslos in den Kampf geworfen werden müssen,
    • b) kein Jäger ist,
    • c) für die Durchführung des Einsatzes am 1.1.45, der die Jagdwaffe 2 Kommodore, 3 Kommandeure, 17 Staffelkapitäne und 199 Flugzeugführer kostete, verantwortlich war,
    • d) nachhaltig [für die Me 262 als Kampfflugzeug eingetreten ist, obwohl dieses Flugzeug nach Ansicht der Jagdwaffe als Kampfflugzeug bei weitem nicht so geeignet ist wie als Jagdflugzeug,
    • e) für die den Jägern gegenüber feindliche Einstellung des IX. Korps verantwortlich ist,
    • f) und da er eng mit Oberst Krafft von Dellmensingen zusammenarbeitet, der in der Jagdwaffe als der größte Jägerhasser angesehen wird.
  • 4.) Oberst Gollob und Oberst Herrmann werden in der Jagdwaffe nicht anerkannt und werden sich das Vertrauen der Jäger nicht erwerben können, Die Gründe hierfür sind:
    • a) Oberst Gollob ist Abschiesser gewesen, niemals aber Verbandsführer. Er stellt persönliche Interessen über die Sache. Beweis dafür ist, daß er in seiner Unzufriedenheit, statt sich durchzubeißen, den Versuch machte, zu einem anderen Wehrmachtteil überzuwechseln.
    • b) Bei Oberst Herrmann wird anerkannt, daß er dem Vaterland in schwerer Stunde, jedoch - und dies muß besonders betont werden - mit Hilfe von General Galland geholfen hat. Die Jagdwaffe macht ihm aber den Vorwurf, daß er, als die taktischen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt waren, dies aus persönlichen ehrgeizigen Gründen nicht nach oben zugab und dadurch untragbare Verluste bei nicht nennenswerten Erfolgen verschuldete.
  • 5.) Die Jagdwaffe ist der Überzeugung, daß die Umgebung des Herrn Reichsmarschall diesen falsch beriet. Sie ist der Auffassung, daß sämtliche Offiziere, soweit sie nicht eine größere Kriegserfahrung - vor allem aus der Zeit der schweren Kämpfe - besitzen, ausgetauscht werden müssen, wobei den augenblicklichen Verhältnissen entsprechend die Austauschoffiziere aus dem Kreis erfahrener Jagdflieger herausgezogen werden müssen ... "

Die Auseinandersetzung

Als Göring und General Koller eingetroffen waren und alle Platz genommen hatten, blieb Günther Lützow als einziger stehen. Die oben genannten Punkte wurden Göring in Kopie auf seinen Platz gelegt. So trugt er vor: „Herr Reichsmarschall! Namens dieser Versammlung muß ich Sie bitten, mir 50 Minuten Redefreiheit zu geben mit der Versicherung, daß Sie nichts dazwischensagen. Sonst ist unser Vorhaben, Sie aufzuklären, zwecklos.“

Lützow beginnt seinen Bericht und erläutert diesen.

Göring unterbricht: „Wollen Sie mir vorwerfen, ich hätte keine starke Luftwaffe aufgebaut?“
Lützow: „Jawohl, Herr Reichsmarschall, Sie haben eine starke Luftwaffe aufgebaut und in Polen und Frankreich Erfolge mit ihr gehabt. Dann aber, Herr Reichsmarschall, von da ab haben Sie geschlafen!“
Göring: „Was sagen Sie da? Das ist ja die Höhe! Das ist ja Meuterei! Ein Soldatenrat ist das hier! Wer ist bereit, mir damit die Treue zu brechen?“
Günther Lützow bleibt aufrecht stehen und strafft sich. Hannes Trautloft macht den Anstalten sich zu erheben, bleibt jedoch sitzen nachdem ihm kein anderer folgt.
Göring: „Da haben Sie es! Sie und Galland sind die einzigen Stänkerer hier!“
Dann versucht Göring die Offiziere gegeneinander auszuspielen, indem er beispielsweise Bennemann und Graf mit Lob überschüttet.
Lützow jedoch insistiert weiter: „Herr Reichsmarschall, in der gleichen Weise wie Sie besorgt über die Entwicklung des Krieges sind und in der Überzeugung, daß der Führer über die Vorgänge in der Luftwaffe nicht orientiert ist, bitte ich, mich morgen zum Frührapport bei ihm melden zu dürfen ... “
Göring: „Lützow! Wenn ich nicht wüßte, daß Sie im Grunde ein aufrechter Offizier sind, würde ich Sie erschießen lassen!“
Lützow kontert: „Herr Reichsmarschall! So hat das keinen Zweck. Ich bitte nunmehr im Namen aller anwesenden Kameraden darum, daß wir von unseren Ämtern und Dienststellen enthoben werden. Ich selbst stelle mich zur Verfügung, um als kleiner Infanterist an der Ostfront zu beweisen, daß ich nicht feige bin, wie Sie nicht müde werden zu behaupten.“
Göring: „Einen Dreck werden Sie tun! Ich werde Sie füsilieren lassen! Und Sie - gerichtet an die anderen anwesenden Offiziere - scheren sich zu Ihren Geschwadern zurück! Ich will Sie nicht mehr sehen!“ um mit diesen Worten den Saal zu verlassen.
Nach einigen Augenblicken des stummen Beisammenstehens meint Lützow: „Naja, also, dann gehen wir doch erstmal was essen ... “

Auswirkung

Dieser Vorfall ging „Meuterei der Jagdflieger“ in die Kriegsgeschichte ein. Göring drohte allen mit dem Reichskriegsgericht, besann sich aber Dank des Einsatzes von General der Flieger Karl Koller eines besseren, da die Flieger-Asse und geborenen Anführer unverzichtbar für die Reichsluftverteidigung waren. Am 31. Januar 1945 wurde Oberst Priller zum Inspekteur der Jagdflieger West unter dem General der Jagdflieger Brillantenträger Oberst Gollob ernannt. Prillers Ernennung überraschte, da er nur kurz zuvor im Zuge der „Meuterei“ massiv gegen Göring aufgetreten war. Nicht alle hatten so viel Glück: u. a. wurde Lützow als Führer der deutschen Jagdverbände in Italien nach Verona abgeschoben und Steinhoff als Kommodore des Jagdgeschwader 7 abgesetzt.

JG 44

Auf Druck Adolf Hitlers ließ Göring von Adolf Galland den Jagdverband 44 in München-Riem aufstellen, welcher aufgrund der nahenden Niederlage nicht mehr vollständig zur Wirkung gebracht werden konnte.

Fußnoten

  1. Vgl.: Eine höhere Pflicht – Wie ein deutscher Pilot seinem amerikanischen Feind im Zweiten Weltkrieg das Leben schenkte von Adam Makos, Riva (2014), ISBN 978-3868833973