Lagarde, Paul de

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Paul Anton Bötticher, genannt de Lagarde

Paul Anton de Lagarde, ursprünglich Paul Anton Bötticher (Lebensrune.png 2. November 1827 in Berlin; Todesrune.png 22. Dezember 1891 in Göttingen), war ein deutscher Kulturphilosoph und Orientalist. Er zeigte sich als ein christlicher Verfechter eines zukünftigen neuen Germaniens anstelle des Nationalstaates und Vordenker der Sehnsucht nach einer organischen deutschen nationalen Einheit. Diese wäre in seinem Denken jedoch mit einer Assimilation nichtdeutscher und nichtsüdslawischer Völker in Südosteuropa verbunden gewesen.

Werk

Reklame für de Lagardes Schriften in den Bozner Nachrichten von 1913
Paul de Lagarde’ Grab
Berlin, St. Annen Kirchhof, Dahlem-Dorf
Inschrift des Grabsteins

Nach seinem Studium der Orientalistik wurde er im März 1869 an die Universität Göttingen berufen. Dort übernahm er den Lehrstuhl für orientalische Sprachen und wurde als Mitglied in die Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften aufgenommen. Parallel zu seinem wissenschaftlichen Werk verfolgte er den Versuch, eine deutsche Nationalreligion zu gründen.

Vom Staat verlangt Lagarde als dessen wichtigste Aufgabe, daß er ein Klima schaffe, in dem eine eigene deutsche nationale Religion gedeihen könne. Die auf Gott hoffenden Menschen verpflichtete er, in radikaler Moralität bei jeder Handlung ausschließlich zwischen „Pflicht oder Sünde“ zu unterscheiden.[1] Im zweiten Teil seines 1875 erschienenen Buches „Über die gegenwärtige Lage des deutschen Reichs“ schließt er daran an und konkretisiert dies folgendermaßen:[2]

„Deutschland ist die Gesamtheit aller deutsch empfindenden, deutsch denkenden, deutsch wollenden Deutschen: jeder Einzelne von uns ein Landesverräter, wenn er nicht in dieser Einsicht sich für die Existenz, das Glück, die Zukunft des Vaterlandes in jedem Augenblicke seines Lebens persönlich verantwortlich erachtet, jeder Einzelne ein Held und Befreier, wenn er es thut.“

Bekannt war Lagarde mit dem Gründer der antisemitischen Berliner Bewegung, Adolf Stoecker. Interesse zeigte er auch für völkisch-antisemitische Vereinigungen wie den Deutschen Volksverein von Bernhard Förster und Max Liebermann von Sonnenberg und die Deutschsoziale Partei von Theodor Fritsch. Diesem schickte er seine Schrift „Die nächsten Pflichten deutscher Politik“. In seinen „Deutschen Schriften“, in denen er in den ab 1878 erfolgenden Auflagen seine bereits publizierten politischen Aufsätze zusammenstellte, finden sich zahlreiche judenfeindliche Passagen, aus denen unter anderem hervorgeht, daß er Juden als größte Barriere für die deutsche Einigung ansah, während er gleichzeitig das Konzept einer deutschen Besiedlung Südosteuropas verfolgte und die dort ansässige jüdische Bevölkerung nach Palästina oder Madagaskar umzusiedeln vorschlug.[3] Denn es gab für ihn nur die Alternative der völligen Assimilation oder Auswanderung. Aus diesem Grund zählen ihn manche zu den Wegbereitern des modernen Antisemitismus.[4] Andere sehen Lagardes christlichen Antijudaismus – ideologisch betrachtet – lediglich als eine Vorführung von etwas althergebrachtem, nämlich als polemische, religiös-rechthaberische Abgrenzung der eigenen, aus dem Judentum stammenden christlichen Ansichten zur Mutterreligion aus dem Alten Testament.

Während Paul de Lagarde heute mehr oder weniger vergessen ist, waren sein unmittelbares Nachleben und sein Nachruhm bis in die Zeit des Nationalsozialismus von intensiver Breitenwirkung im deutschen Bürgertum. Über verschiedene Verlage erfuhren seine kulturphilosophischen Werke, vor allem die Ideen aus den „Deutschen Schriften“, weite Verbreitung. Zu seinen Lesern zählten auch Houston Stewart Chamberlain, der in Lagarde einen seiner wichtigsten Gewährsmänner sah, Heinrich Claß als Vorsitzender des Alldeutschen Verbandes, Adolf Hitler, Karl Lamprecht, Julius Langbehn, Friedrich Nietzsche, Alfred Rosenberg, Hans Rothfels, Richard Wagner, aber auch Martin Buber.[5] Auch an den 180 Lagarde-Feiern, die zu seinem 50. Todestag am 22. Dezember 1941 deutschlandweit stattfanden, läßt sich sein posthumer Erfolg ablesen.

Schriften (Auswahl)

Literatur

  • Anna de Lagarde: Paul de Lagarde: Erinnerungen aus seinem Leben für die Freunde zusammengestellt (1894); PDF-Datei
  • Ludwig Schemann: Paul de Lagarde – Ein Lebens- und Erinnerungsbild (Leipzig 1920) (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
  • Mario Krammer: Paul de Lagarde, in: Willy Andreas und Wilhelm von Scholz (Hrsg.): Die großen Deutschen. Neue Deutsche Biographie. Vier Bände, Propyläen Verlag, Berlin 1935–1937 , Bd. 4, S. 24–38
  • Johann von Leers: Paul de Lagarde, in: Nationalsozialistische Erziehung und Führung im Heere, Heft 1/1943, S. 37–43
  • Ulrich Sieg: Deutschlands Prophet. Paul de Lagarde und die Ursprünge des modernen Antisemitismus, Carl Hanser, München/Wien 2007, ISBN 3-446-20842-9

Verweise

Weltnetz

Bücher

Fußnoten

  1. Deutsche Schriften; Göttingen, 19205, S. 81. Vgl. dazu Ulrich Sieg (2007), S. 162–166
  2. Deutsche Schriften; Göttingen, 19205, S. 186
  3. Magnus Brechtken: Madagaskar für die Juden – Antisemitische Idee und politische Praxis 1885–1945, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1998, S. 16 f.
  4. Vgl. u. a. Lagarde: Die Stellung der Religionsgesellschaften im Staate, Kap. 5; Programm für die konservative Partei, Kap. 10
  5. Vgl. hierzu die Kapitel „Prophet des Deutschtums“ und „Ein Vordenker des Nationalsozialismus“ bei Ulrich Sieg (2007).