Polizistenmorde auf dem Bülowplatz

Aus Metapedia
Wechseln zu: Navigation, Suche

Die Polizistenmorde auf dem Bülowplatz (juristisch auch: Mordsache Bülowplatz oder Fall Bülowplatz) beschreibt die Meuchelmorde an deutschen Polizisten am 9. August 1931 an der südlichen Spitze des dreieckigen Berliner Bülowplatzes[1] durch Kommunisten des sogenannten „Parteiselbstschutzes“ (PSS),[2] der Wehrsportgruppe der KPD in Berlin. In der Zeit vom 1. Januar 1928 bis Ende Oktober 1932 wurden von der Terrororganisation der KPD acht Polizeibeamte ermordet und 870 Polizisten verletzt, überwiegend schwer.[3]

Franz Lenck (links) und Paul Anlauf: ermordet am 9. August 1931

Rotmord

Vorgeschichte

Die Gefahr war groß, das Proletarierviertel um den Bülowplatz, die Hochburg der Berliner Kommunisten, wurde seit geraumer Zeit vom „Roten Frontkämpferbund“, der illegalen paramilitärischen Organisation der KPD, terrorisiert. Rote Gewalt war an der Tagesordnung. Am 29. Mai 1931 wurde der Polizeihauptwachtmeister Zänkert durch einen Bauchschuß tödlich verletzt – das erste Todesopfer auf seiten der Polizei. Am selben Tag wurde ein anderer Beamter durch Messerstiche verletzt, ein dritter erhielt einen Schuß in den Arm. Auch ein Mitglied des Stahlhelmbundes wurde hinterrücks erschossen. Am 1. August 1931 wurde Polizeihauptwachtmeister Fiebig bei einer KPD-Demonstration in den Rücken geschossen. Obwohl die Kugel beide Lungenflügel traf, überlebte er. Im Polizeibericht war zu lesen:

„Die Art der Durchführung des Feuerüberfalls selbst beweist ... eine beachtenswerte Fertigkeit, die zweifellos das Produkt einer besonderen Schulung ist, besonders da es sich größtenteils um jüngere Personen handelt, die nicht am Kriege teilgenommen haben. Demgemäß konnten auch die Täter zunächst entweichen.“

Feuerüberfall

Die Beamten der Revierwache 7 in der Hankestraße[4] waren an diesem Sonntag, dem Wahlabend (zur Abstimmung stand die Auflösung des Preußischen Landtags), vollzählig im Dienst; es war große Alarmstufe angeordnet worden, durch Polizisten der Inspektion Alexander und des Gewerbeaußendienstes wurden sie zusätzlich verstärkt. Die Offiziere der Schutzpolizei Hauptmann Paul Anlauf (Revierleiter bzw. -vorsteher), Hauptmann Franz Lenck vom Gewerbeaußendienst (Lebensrune.png 1892) und Polizeioberwachtmeister August Willig machten einen Kontrollgang. Vor dem Karl-Liebknecht-Haus, der KPD-Zentrale, sahen sie eine größere Menschenansammlung und sprachen kurz mit Polizeioberwachtmeister Burkert, der dort seit 19 Uhr mit mehreren Beamten auf Posten stand.

Um ca. 20 Uhr krachten in der Weydinger Straße, Ecke Bülowplatz aus dem Hinterhalt mindestens zehn Schüsse. Lenck und Anlauf sackten tödlich getroffen zusammen, Willig wurde schwer verletzt. Die Pistolen, aus denen die Schüsse kamen, waren Offizierspistolen in den Händen von Erich Mielke und Erich Ziemer. Sie und ihre Mittäter flohen und ließen die drei Polizisten blutüberströmt zurück.

„Anlauf geht in der Mitte, Lenck links und Willig rechts von ihm. Willig hört plötzlich unmittelbar hinter sich eine Stimme: ‚Du – Husar, du – Schweinebacke, und du – den anderen.‘ Willig weiß sofort, daß ein Anschlag auf sie verübt werden soll. Er greift zu seiner Pistole und will sich umdrehen. In diesem Augenblick fallen salvenartig mehrere Schüsse. Anlauf erhält einen Kopfschuß und fällt tot vornüber. Lenck wird in den Rücken getroffen, stürzt ebenfalls, erhebt sich aber wieder. Er zieht seine Pistole, wankt in den Vorraum des Kinos ‚Babylon‘ und bricht dort zusammen. Er stirbt auf dem Weg zur Rettungsstelle. Willig sackt nach den Schüssen in die Knie, erhebt sich aber ebenfalls und verfeuert sein ganzes Magazin auf die umstehenden Personen. Erst beim Nachladen bemerkt er eine Verwundung an der Hand; das Magazin fällt zu Boden. Mit einem Bauchschuß kommt er ins Krankenhaus. Er wird überleben.“[5]

Nach der Tat

Fünf bewaffnete Männer deckten die Flucht der Schützen, acht Mann ohne Waffen sollten im Bedarfsfalle die Polizisten durch Festhalten, Beinstellen und ähnliches behindern. Bei der anschließenden Suche nach den Tätern durch Bereitschaftspolizei kam es zu weiteren, teilweise heftigen Schießereien. Die Polizei hatte in dieser Nacht ein viertes Opfer zu beklagen, ein Schutzmann wurde angeschossen. Auch die Kommunisten und ihre Sympathisanten beklagten in der Nacht zahlreiche Opfer, die genaue Zahl der Verwundeten und Getöteten konnte nicht ermittelt werden.

„Die Ermittlungen nach den Tätern des feigen, planmäßigen Mordüberfalls am damaligen Bülowplatz, wo am 9. August 1931 die Polizeihauptleute Anlauf und Lenck von kommunistischen Mordbuben hinterrücks erschossen wurden, sind von der Kriminalpolizei in engster Zusammenarbeit mit der SA so weit durchgeführt worden, daß die Voruntersuchung gegen insgesamt 21 Kommunisten wegen gemeinschaftlichen Mordes geführt wird. Wir veröffentlichen zur Information für das Publikum, das bei der Suche nach den Mordbeteiligten helfen soll.“ — Fahndungsplakat der Berliner Polizei, 1933

Nach der Bluttat feierten die Mordgesellen im „Lichtenberger Hof“, der Lieblingsgaststätte des „Rotfrontkämpferbundes“, wo Erich Mielke angab:

„Heute wird ein Ding gefeiert, das ich gedreht habe!“

Am 10. April 1931 berichtete das „Berliner Tageblatt“ über Paul Anlaufs Tochter:

„Nach der Schießerei am Bülowplatz kam das elfjährige Töchterchen, das sich allein in der Wohnung befand, zum Polizeirevier und erkundigte sich nach seinem Vater. Keiner der Polizeileute hatte den Mut, dem Mädchen vom Tod des Vaters zu erzählen.“

Opfer (Polizisten)

  • Paul Anlauf (43 Jahre) Todesrune.png
  • Franz Lenck (39 Jahre) Todesrune.png
  • August (Richard) Husar Willig (überlebte schwer verletzt)

Täter (Kommunisten)

Suche nach den Bülowplatzmördern von 1931

Haupttäter

Trauerzug für die am 9. August 1931 bei Unruhen im Scheunenviertel ermordeten Berliner Polizeihauptleute Paul Anlauf und Franz Lenck, August 1931; Original-Bildbeschreibung: „Die feierliche Beisetzung der ermordeten Schupo-Offiziere in Berlin! Die Fahnen-Kompagnie mit der Standarte der Schutzpolizei an der Spitze im feierlichen Trauerzug der Schutzpolizei.“
Die Führer der Berliner Schutzpolizei von links nach rechts: Kommandeur Polizeioberst Magnus Heimannsberg, Polizeipräsident Albert Grzesinski, Polizeivizepräsident Dr. jur. Bernhard Weiß und der Vizekommandeur im Trauerzuge
Unter ungeheurer Beteiligung der Bevölkerung bewegte sich der feierliche Trauerzug über den Oranienburger Platz in Berlin.
  • Heinz Neumann (politischer Hauptverantwortlicher)
    • Der KPD-Politiker verlor im November 1932 sein Reichstagsmandat. Zunächst als Kominternemissär nach Spanien versetzt und 1933 ausgebürgert, lebte er illegal in der Schweiz. Ende 1934 in Zürich von der Schweizer Fremdenpolizei verhaftet, war er dort ein halbes Jahr inhaftiert und wurde dann 1935 in die Sowjetunion ausgewiesen. Hier geriet er in den Großen Terror, wurde am 27. April 1937 vom NKWD verhaftet, am 26. November 1937 vom Militärkollegium des Obersten Gerichtes der Sowjetunion zum Tode verurteilt und noch am selben Tag erschossen.
  • Hans Kippenberger[6] (Anstifter bzw. Auftraggeber, Leiter des militärischen Terrorapparates der KPD)
    • Leutnant des Deutschen Heeres an der Westfront im Ersten Weltkrieg, mehrfach verwundet; USPD- und KPD-Politiker, Mitglied des Reichstages, Provokateur, er emigrierte 1935 zunächst nach Paris und wurde von dort nach Moskau beordert. Hier wurde er im Rahmen der Stalinschen Säuberungen im November 1936 verhaftet und nach einem Geheimprozeß als angeblicher „Reichswehragent“ zum Tode verurteilt und am 3. Oktober 1937 in der Lubjanka per Genickschuß hingerichtet. Seine geschiedene Frau Thea, die den Bülowplatzmördern zur Flucht verholfen hatte, wurde im Frühjahr 1938 verhaftet, verstarb 1939/40 in einem sibirischen Gulag. Die Töchter der beiden (Margot, 12 Jahre und Jeannette, 4 Jahre) wurden von den Bolschewisten nach Sibirien verschleppt.[7]
  • Max Matern
    • 1933 verhaftet, am 19. Juni 1934 vom Schwurgericht I beim Landgericht Berlin wegen „gemeinschaftlichen Mordes und Begünstigung“ zum Tode verurteilt und am 22. Mai 1935 durch Enthauptung hingerichtet.
  • Friedrich Broede (leitete den „PSS“ im Unterbezirk Berlin-Wedding; Hauswart bzw. Wachmann in der Berliner Zentrale der KPD)
    • Broede wurde am 16. Juli 1933 von der SA verhafte, am 19. Juni 1934 vom Schwurgericht I beim Landgericht Berlin wegen „gemeinschaftlichen Mordes und Begünstigung“ zum Tode verurteilt und beging am 19. März 1935 in seiner Zelle Suizid durch Erhängen.
  • Michael Klause (Verbindungsmann zwischen Parteiführung und Ordnerdienst der KPD, wählte die Schützen aus und organisierte den Ablauf der Bluttat)
    • Klause wurde am 19. Juni 1934 vom Schwurgericht I beim Landgericht Berlin wegen „gemeinschaftlichen Mordes und Begünstigung“ zum Tode verurteilt. Ein Gnadengesuch an Adolf Hitler führte zur Umwandlung des Todesurteils in eine lebenslange Zuchthausstrafe. Im April 1943 soll er in der Bewährungseinheit „Dirlewanger“ an der Ostfront eingesetzt worden sein; sein weiteres Schicksal ist unbekannt.
  • Erich Mielke (Schütze)
    • Wie auch Ziemer ging Mielke 1936 als Politkommissar nach Spanien. 1951 schrieb Mielke, schon Staatssekretär für Staatssicherheit in der DDR, eigenhändig in seinem Lebenslauf: „Aufgrund meiner Teilnahme an der Bülowplatzaktion wurde ich vom Z.K. der K.P.D. in die S.U. geschickt.“
  • Erich Ziemer (Schütze)
    • Zuletzt Aspirant der Lenin-Schule (Dezember 1935) ging er, wie auch Mielke, 1936 als Politkommissar nach Spanien. Der Historiker und Stasi-Experte John O. Koehler schreibt, Ziemer sei als Angehöriger der kommunistischen Geheimpolizei in der Zweiten Spanischen Republik im Kampf gegen die Befreiungsarmee des Generals Franco gefallen. Er soll an der Ebrofront nach einem Luftangriff der Legion Condor in seinem Panzer verbrannt und posthum zum „Held der Sowjetunion“ deklariert worden sein.
  • Wilhelm Peschky (1902–1943)
    • unmittelbarer Leiter der Aktion auf dem Bülowplatz, flüchtig ins Saargebiet, Verbleib unbekannt; bei ihm soll es sich laut Mielkes Aussage vor Gericht ebenfalls um einen Schützen gehandelt haben, der Hauptmann Anlauf in den Oberschenkel traf und dann weglief. Erst Mielke soll Anlauf dann in den Kopf geschossen haben. Er starb im Mai 1943 gemeinsam mit seinem Sohn bei einem Grubenunglück in der Sowjetunion, wohin er geflüchtet war.

Mittäter (Auswahl)

  • Albert Kuntz (Organisationssekretär des Bezirks Berlin-Brandenburg, Ulbrichts rechte Hand)
    • Verfahren vorerst eingestellt, da die Mitwisserschaft unter eine Amnestie fiel, bei einem anderen Prozeß wegen Hochverrats zu anderthalb Jahren Zuchthausstrafe verurteilt, danach KL-Aufenthalt, im Januar 1945 wegen Sabotageakten an den dort produzierten V-Waffen hingerichtet.
  • Erich Wichert
    • wegen Hochverrats zu 15 Jahren Schutzhaftstrafe verurteilt, späterer Generalmajor des MfS
  • Walter Ulbricht (Politischer Leiter des Bezirks Berlin-Brandenburg)
    • Kein Hauptverfahren, ihm war eine direkte Beteiligung nicht nachzuweisen
  • Wilhelm Becker
  • Herbert Dobersalske
  • Paul Kähne
  • Karl Holstein
  • Gerhard Wallitschke
  • Max Thunert

Trauerfeier

An der Trauerfeier für die Polizisten, die einem Staatsakt glich, nahmen auch Reichsinnenminister Joseph Wirth und der preußische Innenminister Carl Severing teil. Aus dem gesamten Reich trafen Kränze ein. Der Pfarrer fand bedeutende Worte:

„Unser aller Herz stand still, als wir von diesem Verbrechen hörten, von diesem Verbrechen, das ein Brudermord war von Deutschen an Deutschen.“

Trauer und Leere bei den Hinterbliebenen

Hauptmann Anlauf, der nach dem Tod seiner Gattin (Todesrune.png 15. Juli 1931 an einer Nierenbeckenentzündung) seit drei Wochen alleinerziehender Vater war, hinterließ zwei Töchter, 20 und 11 Jahre alt (Dora). Sie wurden Vollwaisen, die älteste Tochter konnte jedoch ein Verbringen in ein Waisenheim verhindern, indem sie ihre Hochzeit mit ihrem Verlobten, einem Polizisten, die erst für das nächste oder übernächste Jahr geplant war, vorverlegen konnte und somit Erziehungsberechtigte für ihre jüngere Schwester wurde. Nach der Beisetzung mit Ehrengarde wurde den Töchtern der von Kugeln durchbohrte Polizei-Tschako des Vaters übergeben.[8]

„Ein Gespräch wie heute ist für mich immer noch nicht einfach. Aber ich tue es meinem Vater zuliebe. Ich habe ihn in so guter Erinnerung. Dass man ihn auf diese Weise umgebracht hat, nur weil er seinen Dienst tat, war so hässlich und gemein, dass ich ihn immer noch verteidigen muss. In der Familie war er ganz sanft und ganz lieb. Besonders zu mir, ich war ja das Nesthäkchen. Meine Schwester war neun Jahre älter. Er war gebürtiger Schlesier und etwas christlich eingestellt. Nach außen war er sehr gerecht. Und eigentlich war er auch in der Gegend sehr beliebt. [...] Es ist bekannt geworden, dass Mielke ein Mörder ist und zwei Offiziere von hinten erschossen hat, ganz feige und hässlich. Er ist also ein Meuchelmörder. Ich tue, weil er verurteilt wurde, nichts Verkehrtes, wenn ich ihn Mörder nenne. In meiner Familie hat man immer sehr viel Wert auf das Andenken an meinen Vater gelegt. Meine Neffen wussten von vornherein, dass ihr Großvater im Dienst erschossen wurde. Dennoch sind beide zur Polizei gegangen und dort etwas geworden. Ich hatte keinen Einfluss darauf, aber fand es trotzdem ganz gut. Obwohl mein Vater nicht da war, blieb er in meiner Familie immer das Oberhaupt. Das ist er heute noch bei mir. Obwohl ich die Letzte bin, die das sagen kann.“ — Dora Zimmermann, geborene Anlauf in einem Gespräch mit der taz vom 10. Oktober 2005

Strafverfolgung

Als Adolf Hitler 1933 Reichskanzler wurde, ließ er die Polizei anweisen, verstärkt unaufgeklärte „Rotmord-Fälle“ zu verfolgen, die in der Weimarer Republik vernachlässigt worden waren. Am 21. März 1933 wurde als erster Max Thunert erneut festgenommen, dies führte wiederum zu Max Matern, der dann vollständig aussagte. Insgesamt erfolgten 15 Verhaftungen (allesamt geständig), zehn weitere Mittäter waren zur Fahndung ausgeschrieben. Im September 1933 meldete die Kriminalpolizei:

„Das schwere Verbrechen ist restlos aufgeklärt.“

Der Verhaftung hatten sich Mielke (Haftbefehl vom 23. April 1933) und Ziemer gleich nach der Tat durch Flucht in die Sowjetunion über Antwerpen (nach anderen Quellen Rostock) und Leningrad nach Moskau entzogen (nach anderen Quellen gelangten sie erst 1932 nach Moskau). Sie nahmen dort an der „VI. deutschen Schule“ der internationalen Militärschule teil und erhielten von der Stalindiktatur Tarnnamen und falsche Papiere.

Bülowplatz-Prozeß

Einweihung des Ehrenmals am Horst-Wessel-Platz in Berlin durch Polizei, Reichswehr und politische Führung Berlins

In Berlin fielen am 19. Juni 1934 die Urteile gegen fünfzehn Angeklagte in der „Mordsache Bülowplatz“ – die KPD-Mitglieder, die von einer Schwurgerichtskammer als Anstifter oder Schmieresteher ausgemacht worden waren. Sieben Angeklagte erhielten Zuchthausstrafen zwischen vier und fünfzehn Jahren. Als die Todesschützen überführten die Berliner Richter die flüchtigen Ziemer und Mielke, ein dritter Schütze (möglicherweise Wilhelm Peschky), der vermutet wurde, konnte nicht einwandfrei identifiziert werden.

„Eine schwerwiegende parteifeindliche Handlung hatte Heinz Neumann begangen, als er ... gemeinsam mit Hans Kippenberger die Erschießung von zwei Polizeioffizieren organisierte ... Heinz Neumann hatte hinter dem Rücken der Parteiführung und der Berliner Bezirksleitung unter Berufung auf seine Eigenschaft als Mitglied des Sekretariats des Zentralkomitees die Anweisung gegeben, zur Abschreckung der Polizei die beiden Polizeioffiziere ... niederzuschießen ... Die Mitarbeiter der Parteiführung, die anderen Mitglieder des Sekretariats und die Berliner Bezirksleitung wurden völlig überrascht.“Walter Ulbricht[9]

Ehrenmal für die Gefallenen der Berliner Polizei

Polizei-Denkmal am Horst-Wessel-Platz in Berlin: „Den Polizei-Hauptleuten Anlauf und Lenck [...] zum ehrenden Andenken.“

Am 25. September 1934[10] erfolgte die Denkmalsweihe auf dem Horst-Wessel-Platz, wie der Bülowplatz nach 1933 hieß. Die Bronzestatue wurde von dem deutschen Bildhauer Hans Dammann, schwer verwundeter Hauptmann der Reserve im Ersten Weltkrieg, gestaltet. Es erfolgte ein feierlicher Aufmarsch an dem neuen Polizei-Denkmal, das in Zukunft „Ehrenmal für die Gefallenen der Berliner Polizei“ heißen sollte. Ansprachen hielten der Schupo-Kommandeur Dillenburger, der Oberpräsident Kube und der Minister Dr. Frick.

Zentralbild „Tag der deutschen Polizei“ am 16. Januar 1937 in Berlin: Kranzniederlegungen am Polizeidenkmal, dem Horst-Wessel-Platz, durch den Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler (ganz rechts), den Chef der Ordnungspolizei General der Polizei Kurt Daluege (rechts auf der Stufe), den Chef der Sicherheitspolizei und des SD SS-Gruppenführer Reinhard Heydrich (ganz links) und der Korpsführer des NSKK Adolf Hühnlein (vor dem Denkmal).
„Heute vormittag fand auf dem Horst-Wessel-Platz die feierliche Enthüllung des Denkmales der im Beruf gefallenen und verwundeten Polizei-Offiziere und Wachtmeister statt. Drei Jahre ist es her, daß an dieser Stelle die Polizeihauptleute Anlauf und Lenck, von den Kugeln entmenschten, politischen Verbrechertums niedergemäht, den Soldatentod starben. Heute trägt der Platz ein neues Gesicht. Lang streckt sich die Front der Neubauten rings um den Platz, der eine Gedenkstätte Berlins werden wird, und gegenüber der Polizeiwache, deren Vorsteher damals der erschossene Polizeihauptmann Anlauf war, ragt das neue Denkmal empor. Schon rein äußerlich ein herrliches Symbol der Einheit auf diesem Platz, der einst die furchtbarsten Schrecken einer trostlosen Zerrissenheit erlebte. Zu vielen Tausenden drängten sich die Menschen in den anliegenden Straßen, auf den Dächern der Häuser, an den Fenstern. Zahlreiche Ehrengäste wohnten der Denkmalsenthüllung bei. Ein Fanfarensignal leitete die Feier ein. Nachdem dann die wuchtigen Rhythmen des alten Kampfliedes ‚Volk, ans Gewehr!‘ verklungen waren, nahm Polizeioberst Dillenburger, der Kommandeur der Berliner Schutzpolizei, das Wort. Anschließend sprach Oberpräsident Gauleiter Kube. Der Oberpräsident sprach von der tragischen Rolle der Polizei in der Systemzeit, der der stützende Wille der Staatsleitung fehlte. Niemand dankte es ihr, wenn sie gegen die Volksverderber aufstand und vorging. Auch damals waren die Angehörigen der Schutzpolizei aus rassisch bestem Erbgut zusammengesetzt, aber die Vorgesetzten besaßen zwar auch rassisches Erbgut, aber nicht deutsches, so daß sie naturnotwendig gegen die deutsche Freiheitsbewegung eingestellt waren. Wenn das Denkmal gerade an diesem Platz stehe, so soll es klarmachen, daß es nicht möglich war und ist, sich mit dem Kommunismus auf weltanschaulicher Basis auseinanderzusetzen! Die Fahnen senkten sich, die Arme streckten sich zum stummen Gruß. Das Lied vom guten Kameraden klang aus. Die Formationen präsentierten, das weiße Tuch fiel, und in der Sonne stand das von den Bildhauern Hans Dammann und Heinrich Rochlitz geschaffene Werk, das einen aufrecht dem Tode ins Antlitz schauenden und einen sterbenden Polizeioffizier zeigt. Bezirksbürgermeister Lach nahm das Ehrenmal zu treuen Händen in die Obhut der Stadt. Reichsinnenminister Dr. Frick sprach das letzte Lebewohl und schloß mit einem Siegheil auf Volk, Führer und Vaterland. Dann marschierten die Formationen an dem Denkmal vorbei. Diese schöne Stunde feierlichen Gedenkens war vorüber.“

Verbleib

Das Denkmal wurde im Zweiten Weltkrieg anläßlich der Metallspende des deutschen Volkes eingeschmolzen. Den Sockel ließ Mielke, inzwischen Staatssekretär im Ministerium für Staatssicherheit der DDR, 1951 abbauen und „restlos zerstören“. Nach anderen Quellen sollen Kommunisten nach dem 8. Mai 1945 das Ehrenmal zerstört und den Mythos von der „Metallspende“ selbst lanciert haben.

Medien

Die Medien waren grundsätzlich gegenüber der Polizeiführung kritisch. Albert Grzesinski hatte sich zwar 1919 für die militärische Niederschlagung des Berliner Spartakusputsches ausgesprochen, hatte im März 1927 als preußischer Innenminister (1926–1930) das Redeverbot für Adolf Hitler aufgehoben, sprach am 3. Mai 1929 für Preußen das Verbot des Roten Frontkämpferbundes (RFB) aus und prägte den Wahlspruch der Polizei als „Freund, Helfer und Kamerad der Bevölkerung“, aber er war ein „Ungelernter“, dessen Dienststellungen er aus politischen Erwägungen erhielt (Springerkarriere nur dem Parteibuch zu verdanken), so das Amt des Berliner Polizeipräsidenten am 6. November 1930. Er galt trotz aller Skepsis als gleich streng gegenüber „braunen und roten Schlägerbanden“. Im Ausland erhielt er den Beinamen „roter Preuße“, was aber so nicht stimmt.

Der Jude Bernhard Weiß war als Polizeivizepräsident noch weniger geeignet als Grzesinski, er galt als juristischer Fachmann, aber polizeilich zu weich und nachgiebig. Die nationalkonservative Presse der Weimarer Republik verabscheute Weiß, nannte seine Untergebenen Weiß’sche Bernhardiner und diente als „ViPoPrä“ (für Vizepolizeipräsident), auch durch die Veröffentlichungen des renommierten Karikaturisten Hans Herbert Schweitzer, als Gelächter der Straße.

Magnus Heimannsberg war gelernter Polizist von der Pike, unter anderem Ausbilder an der Polizeischule in Münster, aber auch Funktionär der Zentrumspartei. Auf Anweisung des Staatssekretärs Wilhelm Abegg mußte er die neue „Deeskalationsstrategie“ in der Reichshauptstadt einführen, die jedoch nicht nur wirkungslos blieb, sondern insgesamt den kommunistischen Rotterror stärkte. Während die KPD-Presse Heimannsberg und Polizeipräsident Karl Zörgiebel nach dem „Blutmai“ als die „vom kapitalistischen System gedungenen Henker“ betitelten, wurde Heimannsberg von rechts wegen seiner „Nibelungentreue“ gegenüber dem Juden „Isidor Weiß“ (nach Goebbels) angefeindet.

Im Rahmen des „Preußenschlages“ (an diesem Tag wurde vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg durch eine Reichsexekution das nur noch geschäftsführend amtierende preußische Minderheitskabinett Otto Brauns abgesetzt) wurde der Kommandeur der Schutzpolizei abgesetzt und zusammen mit seinen Vorgesetzten Grzesinski und dessen Stellvertreter Weiß am Morgen des 20. Juli 1932 in Haft genommen und in die Offizier-Arrestanstalt in Moabit verbracht. Alle wurden bereits am nächsten Tag entlassen. Heimannsberg wurde am 25. Januar 1933 (in der Nachfolge Ernst Schraders) zum Vorsitzenden des „Verbandes Preußischer Polizeibeamter“ gewählt. In der Nachkriegszeit biederte er sich als Gehilfe der Besatzer an und gab sich wahrheitswidrig als vermeintliches „Opfer des Nationalsozialismus“ aus, wofür er 1952 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde.

Berliner Morgenpost zum Polizistenmord

Polizei-Denkmal am Horst Wessel Platz in Berlin II.jpg

Die Berliner Morgenpost zum Polizisten-Mord 1931:

Berliner Morgenpost - Mord am Bülowplatz.jpg


Späte „Gerechtigkeit“

Nach dem Ende des von England 1939 entfesselten europäischen Krieges, den die in den VSA tonangebenden Kreise durch Kriegseintritt des Landes zum Weltkrieg machten, erließ die Staatsanwaltschaft der Viersektorenstadt Berlin 1947 erneut Haftbefehl gegen Mielke, doch beschlagnahmte die sowjetische Besatzungsmacht die Verfahrensakten.

Prozeß gegen Erich Mielke 1992/93

Verbrecher unter sich: Erich Mielke und Erich Honecker vor Gericht

Nach der deutschen Teilvereinigung eröffnete das Landgericht Berlin (23. Große Strafkammer) im November 1991 das Hauptverfahren gegen Mielke, nicht wegen seiner unzähligen Amtsverbrechen mit 200.000 Spitzeln (trotz mehr als 100 gegen ihn eingeleiteter Ermittlungsverfahren), nicht wegen der Morde in der Ostzone („DDR“) oder im Spanischen Bürgerkrieg, sondern wegen der Polizistenmorde 1931, die er, wie er aussagte, schon vergessen hatte. Der erste Verhandlungstag war der 10. Februar 1992, über anderthalb Jahre Schmierentheater und Justizposse standen den Zuschauern bevor.

Mielke schwankte, mimte den totkranken und schwachsinnigen Greis, Bereitschaftsarzt und Sanitäter auf Kosten des Steuerzahlers standen stets zur Stelle. Mal war er aufbrausend, mal weinerlich, lag mit dem Kopf auf dem Aktenpult, faselte vor sich hin, mal russisch, mal deutsch, dann wieder französisch und spanisch. Dann lametierte er wieder, er sei in den „Klauen der Klassenjustiz“ und „alles Lug und Trug“ sowie schließlich (ähnlich den Worten, die er am 13. November 1989 vor der DDR-Volkskammer benutzt hatte) „Nitschewo: Ich liebe euch doch alle, alle, alle.“ Oft war ein Verhandlungstag nach Minuten beendet. Nicht selten schauten seine drei Verteidiger verschämt zur Seite.

Zu den wichtigsten Zeugen gegen Mielke gehörte Manfred Ziche (Lebensrune.png 1933), der seinen Großvater nie kennenlernen durfte, aber alles aufgehoben hatte, darunter auch die blutverschmierte Geldbörse des Polizeihauptmannes. Das Schicksal meinte es nicht gut mit der ältesten Tochter Anlaufs. Nach der Kapitulation der Wehrmacht stürmten Kommunisten ihre Berliner Wohnung, stahlen das wenige Hab und Gut, verschleppten den Ehemann und Vater Ziche (ebenfalls Polizist), übergaben ihn als „Nazi“ den verbrecherischen Sowjet-Besatzern, die ihn in einem Speziallager erschlugen.

Manfred Ziche trat 1951 selbst wie Vater und Großvater in den Polizeidienst ein und lebte 40 Jahre lang mit dem Gedanken, den Mörder seines Großvaters auf freiem Fuß zu wissen. Unterstützt wurde Ziche auch von seiner Tante, Dora Zimmermann, der jüngeren Tochter Paul Anlaufs, die als Nebenklägerin insgesamt nur zwei Verhandlungstage verpaßte. Mielkes letzte Worte beeindruckten weder Ziche noch die anderen im Saal:

„Der Staat, der sich selbst als Rechtsstaat bezeichnet, führt gegen mich ein Verfahren, in dem aus Akten vorgelesen wird, die von einer Justiz angelegt und aussortiert worden sind, deren Unrechtsprechung Zehntausende zum Opfer gefallen sind. Und heute, über 60 Jahre nach den Vorfällen am Bülowplatz, bin ich faktisch gezwungen, gegen das Lügengebäude der Nazi-Justiz den Nachweis meiner Unschuld zu führen. Ist das gerecht? Ich habe das, was man mir vorwirft, nicht getan. Sprechen Sie mich frei. Lassen Sie mich frei. Lassen Sie mich in Frieden.“

Am 26. Oktober 1993 nach 20 Monaten und 86 Verhandlungstagen wurde der Verbrecher und Mörder Erich Mielke vom Landgericht Berlin wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in einem Fall zu sechs Jahren Haft im Regelvollzug verurteilt. Ausreichend beweiskräftig erschienen den Richtern vor allem zwei handschriftliche Lebensläufe aus den Jahren 1934 und 1951, in denen sich Mielke mit den Taten gebrüstet hatte. Er saß nach dem Kammerspruch allerdings „alters- und gesundheitsbedingt“ nur zwei Jahre ab, Ende 1995 ließ man ihn frei.

1998 wurden alle noch laufenden Verfahren gegen den dann 90jährigen aus Gesundheitsgründen endgültig eingestellt. Im Dezember 1998 sprach das Berliner Kammergericht Mielke außerdem umgerechnet 1.000 Euro Haftentschädigung zu, weil er 1991 drei Monate lang ergebnislos in Untersuchungshaft gesessen hatte. Damals war gegen Mielke noch wegen Totschlags an DDR-Flüchtlingen ermittelt worden. Aus Gesundheitsgründen kam es aber zu keinem Prozeß gegen ihn, und so konnte die Schuldfrage nie juristisch geklärt werden. Auch die auf umgerechnet rund 50.000 Euro geschätzten Verfahrenskosten sollten in diesem Fall zu Lasten der Justizkasse gehen.

Noch 2013 kämpfte Enkel Manfred Ziche für das Anbringen einer Gedenktafel vor dem Kino „Babylon“, seine Bemühungen wurden vom Bezirk und vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit stets abgelehnt.

Verweise

Fußnoten

  1. Berliner Bülowplatz, heute Rosa-Luxemburg-Platz
  2. Nachfolger des seit 1929 verbotenen Roten Frontkämpferbundes (RFB).
  3. Hans Holt / Richard Bayer / Helmut Lüders: Die Freimaurer – Ursprung, Geschichte, Entwicklung, ihre Ziele, in : „Vaterländische Schriften“, Band 1, Vermittler Verlag, S. 243
  4. Nach Wilhelm Hugo Hanke (1837–1897), Kommunalpolitiker und Bauunternehmer; heute: Rosa-Luxemburg-Straße (nördlichster Abschnitt)
  5. Wolfgang Zank: Mord auf dem Bülowplatz, Die Zeit, 16. August 1991
  6. Seit 1922 im geheimen Apparat der KPD tätig, leitete Kippenberger im Oktober 1923 den „Hamburger Putsch“. Er floh danach in die Sowjetunion , absolvierte eine militärpolitische Schulung und kehrte 1924 illegal zurück. Seit 1928 saß er im Reichstag und genoß damit Immunität.
  7. Die beiden Frauen wurden nach vielen Jahren der Zwangsarbeit in die BRD entlassen und lebten zuletzt (Stand: 1993) als Rentnerinnen in Berlin.
  8. 1991, als endlich Klage gegen Erich Mielke erhoben wurde, spielte diese Kopfbedeckung wieder eine entscheidende Rolle. Tochter Dora Zimmermann brachte ihn zur Verhandlung 1992 mit und bewies damit, daß Schupohauptmann Paul Anlauf heimtückisch von hinten erschossen wurde.
  9. In der unter seiner Ägide herausgegebenen „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“; Ob die Berliner Bezirksleitung wirklich so überrascht wurde, ist historisch sehr umstritten.
  10. Nach vereinzelten Quellen am 29. September 1934
BesondersLesenswertMedaille.png
ArtikeleinstufungBesondersLesenswertMedaille.png
Besonders lesenswerte Artikel sind außergewöhnlich gelungen und umfassend.
Verbesserungen und Erweiterungen sind dennoch gern gesehen. Umfangreichere strukturelle und inhaltliche Änderungen sollten zuvor diskutiert werden.