Polnische Paßkrise

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Die Polnische Paßkrise war eine diplomatische Krise zwischen Polen und dem Deutschen Reich im Jahre 1938.[1]

Geschichte

Im Oktober 1938 erließ Polen eine Verordnung, nach der die Pässe aller länger als fünf Jahre im Ausland lebenden Polen ohne Sondervisum eines zuständigen Konsulats am 30. Oktober ablaufen sollten. Das betraf vor allem bis zu 18.000 von geschätzten 70.000 polnischen, meist verarmten Juden, die es vorzogen, vielfach illegal, im nationalsozialistischen Großdeutschen Reich anstatt in Polen zu leben.

Die deutsche Regierung stellte Polen daraufhin am 26. Oktober ein Ultimatum, die Rückkehrmöglichkeit der Staatenlosen zu garantieren, andernfalls werde man sie sofort ausweisen. Nach der erwarteten Ablehnung befahl die Gestapo allen Städten und Gemeinden am 27. Oktober, die Betroffenen sofort festzunehmen. In der Nacht zum 29. Oktober holte man sie aus ihren Wohnungen, transportierte sie in schwer bewachten Zügen und Lastwagen zur deutsch-polnischen Grenze.

Die polnischen Grenzbeamten verweigerten den Abgeschobenen zunächst mit Waffengewalt die Einreise, die Deutschen die Rückkehr. Sie mußten tagelang ohne Nahrung in den überfüllten Grenzbahnhöfen oder im Niemandsland warten, bis die polnischen Behörden sie passieren ließen. Ein Teil kam in den nächsten Tagen bei jüdischen Gemeinden in Polen unter, etwa 7.000 Personen mußten aber zum Flüchtlingslager Alt-Bentschen (pln. Zbąszyń) in der Wojewodschaft Posen marschieren, wo die polnische Regierung sie bis August 1939 internierte. Im Januar durften sie für kurze Zeit in ihre deutschen Heimatorte zurückkehren, um ihre Geschäfte zu verkaufen, Haushalte aufzulösen und so ihre Abschiebung zu regeln.

Verlauf

Die polnische Regierung erließ am 6. Oktober 1938 und veröffentlichte am 15. desselben Monats eine Verordnung, wonach alle Auslandspässe zu ihrer Weitergeltung einen Kontrollvermerk besitzen müssen. Auslandspässe, die diesen Vermerk nicht aufweisen, berechtigen nicht mehr zum Übertritt in das polnische Staatsgebiet. Mit dieser Verordnung beabsichtigte die polnische Regierung offensichtlich, den zahlreichen im Ausland - insbesondere in Deutschland - lebenden polnischen Juden die Rückkehr nach Polen unmöglich zu machen. Praktisch würde das bedeuten, daß etwa 70.000 polnische Juden im Reichsgebiet dauernd im Inland geduldet werden müssen.[2]

Mit diesen Worten informierte am 29. Oktober 1938 Ministerialdirigent Dr. Werner Best im Auftrag des Chefs der Deutschen Polizei, Reichsführer-SS Heinrich Himmler, den Chef der Reichskanzlei, Reichsminister Dr. Lammers, über die plötzlich getroffenen Maßnahmen der polnischen Regierung. Dr. Best führte in seinem Schreiben weiter aus, daß das Auswärtige Amt die deutsche Botschaft in Warschau sofort angewiesen hätte, bei der polnischen Regierung vorstellig zu werden, um zu erwirken, daß die in Deutschland ansässigen polnischen Juden auch ohne diesen Sichtvermerk nach Polen einreisen können.

Ferner wurde der polnischen Regierung mitgeteilt, daß sich die deutsche Regierung vorsorglich genötigt sehe, mit kürzester Frist alle polnischen Juden aus dem Reichsgebiet zu verweisen. Auch der spätere Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki war von dieser Maßnahme betroffen. Die polnische Paßverordnung sollte mit Ablauf des 29. Oktober 1938 in Kraft treten. Dr. Best teilt in diesem Zusammenhang weiter mit:

Im Laufe des 28.10.38 wurden daraufhin im ganzen Reich etwa 15.000 polnische Juden - namentlich männliche Erwachsene - in Abschiebungshaft genommen und in Sondertransporten an die polnische Grenze verbracht.

Die Züge der Aussiedler wurden von Sanitätspersonal begleitet, die Juden selbst reichlich mit Essen versorgt.

Die korrekte Durchführung der Maßnahmen, soweit sie auf deutschem Boden durchgeführt wurden, konnte durch zahlreiche Aussagen, auch von Juden, Belege und Fotografien nachgewiesen werden.[3]

Und wieder Dr. Best:

Trotzdem diese polnischen Juden im Besitz gültiger polnischer Pässe waren und die polnische Paßverordnung erst mit dem 30.10.38 in Kraft tritt, wurde die Übernahme der polnischen Juden von den polnischen Grenzbehörden - offensichtlich auf Weisung von Warschau hin - beim Grenzübertritt nach Polen verweigert. Durch die Zusammenballung tausender polnischer Juden in wenigen Grenzorten an der deutsch-polnischen Grenze entstanden teilweise sehr unerfreuliche Zustände. In der Nacht vom 28. auf den 29. Oktober 38 gelang es, etwa 12.000 polnische Juden teils über die Grenzübergangsstellen, teils über die grüne Grenze nach Polen abzuschieben.

Es war nicht generell beabsichtigt, alle diese polnischen Juden aus Deutschland auszuweisen - das muß hier ausdrücklich betont werden. Sie sollten sich lediglich von den polnischen Heimatbehörden den erforderlichen Kontrollvermerk besorgen, damit ihre Pässe weitere Gültigkeit besäßen und sie nicht als Staatenlose den deutschen Behörden zur Last fallen würden. Die polnische Regierung reagierte zunächst auf die unerwünschte Einwanderung so vieler polnischer Juden mit der Abschiebung deutscher Juden, die sich in ihrem Hoheitsgebiet befanden.

Aber noch im Laufe des 29. Oktober 1938 führten diplomatische Verhandlungen zwischen Berlin und Warschau zu dem Erfolg, daß die Abschiebung der beiderseitigen Staatsangehörigen gestoppt wurde. Die noch in Abschiebungshaft befindlichen polnischen Juden in Deutschland wurden wieder nach Hause entlassen. Die meisten der nach Polen eingedrungenen Juden kamen nach einiger Zeit zurück, entweder, um ihre Familie und ihren Besitz nachzuholen, oder mit dem gewünschten Sichtvermerk, der ihre polnischen Pässe verlängert hatte. Die überwiegende Mehrzahl der damals in Deutschland lebenden polnischen Juden war überdies von dieser ganzen Aktion nicht betroffen.

Diese völlig überflüssigerweise heraufbeschworene polnische Paßkrise war ein Ergebnis der absolut judenfeindlichen Politik der damaligen polnischen Regierung. Leidtragende waren nicht nur in Deutschland lebende polnische Juden, sondern ebenfalls deutsche, in Polen lebende Juden. Darauf nehmen nun die antideutschen Nachkriegsliteraten wenig Rücksicht. In ihren Augen handelt es sich um Heydrichs erste Massendeportation, die sich „wenig von den späteren Deportationen nach Auschwitz“ unterschied.[4] Die Opfer wurden „über die Grenze getrieben - vor die MGs polnischer Grenztruppen“.[5]

Zindel Grynszpans „Augenzeugenbericht“

Unter den Personen, die an die deutsch-polnische Grenze gebracht wurden, befanden sich auch die Eltern und Geschwister des in Paris lebenden 17jährigen Herschel Grynszpan - jenes jungen Mannes, der durch sein Attentat auf den deutschen Diplomaten vom Rath für einen Anlaß für die Reichskristallnacht sorgte.

Dreiundzwanzig Jahre später, während des Eichmann-Prozesses in Jerusalem, hat Vater Zindel Grynszpan seine Erinnerungen hervorgekramt und bringt eine dramatische Schilderung:

Die SS-Leute trieben uns mit Peitschen an, und denen, die nicht mitkamen, versetzten sie Peitschenhiebe, und Blut floß auf die Straße. Sie rissen uns unsere Koffer weg, sie behandelten uns auf die brutalste Weise; damals sah ich zum erstenmal die wilde Brutalität der Deutschen ... Ich wurde auch geschlagen und fiel in einen Graben.

Ingrid Weckert bewertet diese Aussage als unglaubwürdig, die deutschen Polizisten trugen zum einen nie Peitschen, noch fließe durch Peitschenhiebe Blut auf die Straße. Peitschenhiebe erzeugen Striemen und wenn die Wunden aufplatzten, würde die Kleidung das Blut aufsaugen. Friedrich Grimm, der sich um die Erforschung der damaligen Ereignisse intensiv bemüht hat, betont ausdrücklich: „Die Ausweisung, so bitter sie auch für die Betroffenen war, ist damals in humaner Weise durchgeführt worden.“[6]

In der Nacht vom 28. auf den 29. Oktober kam sein Transport an die deutsch-polnische Grenze. „Da kamen Züge aus allen möglichen Orten, aus Leipzig, Köln, Düsseldorf, Essen, Bielefeld, Bremen. Zusammen waren wir ungefähr 12.000 Menschen,“ erklärt Vater Grynszpan.

Von 12.000 spricht auch der Bericht Dr. Bests, aber diese 12.000 Juden sind in mehreren Schüben, an verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten über die polnische Grenze geschleust worden. Herr Grynszpan hat seinen „Augenzeugenbericht“ offenbar mit später erhaltenen Informationen angereichert.

Konsequenzen

Zindel Grynszpan schrieb in Polen angekommen einen Brief an seinen Sohn Herschel Grynszpan in Frankreich. Aus Empörung über das Schicksal seiner Familie ging der 17jährige hin, kaufte sich einen Revolver, erschien damit am 7. November 1938 morgens in der deutschen Botschaft in Paris und erschießt den dritten Botschaftssekretär Ernst vom Rath. Dieser wird zunächst schwer verwundet ins Krankenhaus gebracht und operiert, erliegt jedoch am Nachmittag des 9. November 1938 seinen Verletzungen. Noch am selben Tag folgen in Deutschland als Reaktion auf das Attentat Demonstrationen, die in die Novemberpogrome eskalieren.

Quelle

Fußnoten

  1. Eine ausführliche Darstellung der »polnischen Paßkrise« findet sich bei: David L. Hoggan, Der erzwungene Krieg. Ursachen und Urheber des 2. Weltkrieges, 11. Aufl. Tübingen 1977, S. 206-213.
  2. Der Originalbrief von Dr. Best sowie der weitere Briefwechsel in dieser Angelegenheit ist vorhanden im Bundesarchiv Koblenz
  3. Friedrich Grimm, Politische Justiz, Preuß. Oldendorf 1974. Zum Fall Grünspan vgl. die Seiten 117-124. Professor Dr. Friedrich Grimm vertrat im Grünspan-Prozeß in Paris die Angehörigen vom Raths.
  4. Gerald Reitlinger, Die Endlösung, Berlin 1956, S. 11; zur Reichskristallnacht vgl. die Seiten 10-21.
  5. Heinz Höhne: Der Orden unter dem Totenkopf, München 1967, S. 312
  6. Grimm, Politische Justiz, S. 122