Polytheismus

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Polytheismus (von altgr. πολύς, „viel“ sowie θεός, „Gott“) bezeichnet ein religiöses System oder einen Glauben, welcher über eine mannigfaltige, durchweg in einem mehr oder minder hierarchischen System geordnete Götterwelt verfügt.

Monotheismus und Atheismus

In zumeist schroffer Abgrenzung dazu steht der Monotheismus sowie der Atheismus. Polytheistische Religionen finden sich in der gesamten antiken Welt, z.B. im alten Griechen- und Römertum sowie auch in der germanischen Göttermythologie. Ebenso findet sich der Polytheismus in zahlreichen Naturreligionen.

Das polytheistische Erbe des Hinduismus

Heutzutage ist die bedeutendste polytheistische Religion im Hinduismus zu finden, welcher –- entgegen neuerer Behauptungen –- in seiner Kernlehre keinen Monotheismus postuliert. Vielmehr spricht das von den Befürwortern dieser These oft zitierte, kurze hinduistische Gebet „Wie die Sonne, die sich in den Teichen spiegelt, als ungezählte Sonnen erscheint, so erscheinst auch du, O Mutter, als viele – Du Eine ohne Zweites, Höchstes Brahman!“ nur auf den ersten Blick einen monotheistischen Gedanken aus, zeigt aber letztendlich nur seine Verwandtschaft mit dem atheistischen Kern der buddhistischen Lehre, wie sie sich u.a. im vom Buddha ausgesprochenen „Nicht-Selbst“ ausdrückt. Der allgemein praktizierte Hinduismus ist aber unverkennbar polytheistisch ausgerichtet.

Europäische Neuzeit polytheistisch gedeutet

Christliche Theologen und Philosophen stimmen – in weiten Bereichen des entsprechenden Schrifttums – oft darin überein, daß der christliche Monotheismus eine unvermeidbare, geschichtlich notwendige und unumkehrbare Fortentwicklung sei, die als religiöser „Fortschritt“, ja als religiöse „Höherentwicklung“ anzusehen sei. In lexikalischen Darstellungen findet sich diese Einschätzung regelmäßig als einzig vorstellbare Option und geradewegs als „Ziel“ der ganzen menschlichen Religionsgeschichte beschrieben.

Gegen diese ideenhistorische Verengung hat Peter Sloterdijk dafür plädiert, den mittelalterlichen, christlichen Monotheismus vielmehr als „Exil“ der antiken europäischen Göttinnen und Götter aufzufassen. Sloterdijk schreibt in Anknüpfung an das frühneuzeitliche reformatorische Geschehen:

„Warum Luther zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Gnade so stark macht? Weil er durch Kirchenmauern hindurch den neuen Zeitgeist wittert, der unter dem Namen der Fortuna eine prickelnde Theologie des Erfolgs und Mißerfolgs popularisiert. Fortuna ist die erste unter den Göttinnen der Antike, die aus dem Exil zurückkehren. Venus folgt wenig später, Dionysos zeigt sich am Horizont, auf dem von Tigern gezogenen Wagen. Luther reagiert darauf mit einer Flucht ins Mittelalter. Indem er die Gnadentheologie übertreibt, versucht Luther das neue Interesse von Christenmenschen an den Wendungen von Glück und Unglück unter die Kontrolle des Einen zurückzubringen. Vergeblich, denn Fortunatus und Co. sind schon auf den Straßen Europas unterwegs, Jacob Fugger kontrolliert die Tiroler Silberminen, Doktor Faustus fliegt durch die Lüfte und beschläft die Haremsdamen von Istanbul. Die List des vernünftigen Glaubens sorgte jedoch dafür, daß die Lutheraner ihrem Doktor nicht ins Mittelalter folgten. Sie benutzten seine begnadete Sturheit, um das Heil an Orten zu finden, wo weder Mönche noch Pastoren dabei sind. [...] Heftiger noch fällt die Anti-Fortuna-Reaktion bei Calvin aus, indem er den Gnadengedanken zu einer öden Prädestinations-Metaphysik übersteigert. Glück und Unglück werden in seinen Doktrinen vollends um ihre kontingente Qualität gebracht. Was Spiel des Zufalls war, gerät bei ihm zum Zeichen in einer bis ins Detail reichenden Diktatur Gottes. Viel drastischer als Luther führt Calvin vor, was es kostet, die Autokratie des Himmels wiederherzustellen, nachdem sich die Zufallsgenien von den Fesseln der Prädestination losgerissen haben.[1]

Zitate

  • Wie der Polytheismus die Personifikation einzelner Teile und Kräfte der Natur ist; so ist der Monotheismus die der ganzen Natur, – mit einem Schlage.“ — Arthur Schopenhauer[2]

Literatur

  • Geoffrey Parrinder: Sexualität in den Religionen der Welt. Patmos-Verlag, Düsseldorf 2004, ISBN 3-491-69114-1 [englische Originalausgabe: London 1980]
  • Michael Baigent: Die Gottesmacher. Die Wahrheit über Jesus von Nazareth und das geheime Erbe der Kirche. Lübbe, Bergisch Gladbach 2006 [englische Originalausgabe: The Jesus Papers: Exposing the Greatest Cover-Up in History], ISBN 3-7857-2252-4
  • Gerhard Zacharias: Satanskult und Schwarze Messe. Ein Beitrag zur Phänomenologie der Religion. Limes-Verlag, Wiesbaden ²1970 [keine ISBN zugewiesen, Erstausgabe: 1964].

Fußnoten

  1. Peter Sloterdijk: Zeilen und Tage. Notizen 2008-2011. Suhrkamp Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-518-42342-4, S.322
  2. Arthur Schopenhauer: Parerga und Paralipomena II, Kapitel XV. Ueber Religion, §. 178 Ueber Theismus.