Quelle / Rede vom 6. Oktober 1939 (Adolf Hitler)

Aus Metapedia
Wechseln zu: Navigation, Suche

Rede Adolf Hitlers vom 6. Oktober 1939

Quelle
Folgender Text ist eine Quellenwiedergabe. Unter Umständen können Rechtschreibfehler korrigiert oder kleinere inhaltliche Fehler kommentiert worden sein. Der Ursprung des Textes ist als Quellennachweis angegeben.

Abgeordnete, Männer des deutschen Reichstages!


In einer schicksalsschweren Zeit haben Sie, meine Abgeordneten, als Vertreter des deutschen Volkes am 1. September dieses Jahres hier getagt. Ich mußte Sie damals in Kenntnis setzen von den schweren Entschlüssen, die uns durch die intransigente, provokatorische Haltung eines Staates aufgezwungen worden waren.

Seitdem sind nun fünf Wochen vergangen. Wenn ich Sie nun heute wieder herbitten ließ, dann geschah es, um Ihnen einen Rechenschaftsbericht über das Vergangene und den für Sie nötigen Einblick in die Gegenwart und – soweit es möglich ist – in die Zukunft geben zu können.

Seit zwei Tagen sind unsere Städte, Märkte und Dörfer geschmückt mit den Fahnen und Symbolen des neuen Reiches. Unter Glockenläuten feiert das deutsche Volk einen großen, in seiner Art geschichtlich einmaligen Sieg. Ein Staat von immerhin 36 Millionen Menschen, eine Armee von rund 50 Infanterie- und Kavalleriedivisionen sind gegen uns angetreten, ihre Absichten waren weitgespannte, die Zuversicht der Vernichtung unseres Deutschen Reiches galt als selbstverständlich.

Acht Tage nach Ausbruch dieses Kampfes aber waren die Würfel gefallen. Wo immer polnische Truppen mit deutschen Verbänden zusammenstießen, wurden sie zurückgeworfen oder zerschlagen. Das kühne Gebäude der strategischen Offensive Polens gegen das deutsche Reichsgebiet stürzte schon in den ersten 48 Stunden dieses Feldzuges ein. Todesmutig im Angriff, mit unvergleichlichen Marschleistungen haben die deutschen Divisionen die Luft- und Panzerwaffe sowie die Einheiten der Marine das Gesetz des Handelns an sich gerissen. Es konnte ihnen in keinem Augenblicke mehr entwunden werden. Nach 14 Tagen waren die größten Teile des polnischen Heeres entweder versprengt, gefangen oder umschlossen. Die deutschen Armeen aber hatten in dieser Zeit Entfernungen zurückgelegt und Räume besetzt, zu deren Bewältigung vor 25 Jahren über 14 Monate benötigt worden sind.

Wenn auch eine Anzahl besonders geistreicher Zeitungsstrategen der anderen Welt das Tempo dieses Feldzuges als für Deutschland dennoch enttäuschend hinstellen wollte, so wissen wir doch alle, daß es eine größere Leistung höchsten Soldatentums in der Kriegsgeschichte bisher kaum gegeben hat. Daß sich die letzten Reste der polnischen Armee in Warschau, Modlin und in Hela bis zum 1. Oktober zu halten vermochten, war nicht die Folge ihrer Tüchtigkeit, sondern nur unserer kühlen Klugheit und unserem Verantwortungsbewußtsein zuzuschreiben.

Ich habe es verboten, mehr Menschen zu opfern, als unbedingt notwendig war. Das heißt: Ich habe die deutsche Kriegsführung von der noch im Weltkriege herrschenden Meinung, um des Prestiges wegen bestimmte Aufgaben unter allen Umständen in einer bestimmten Zeit lösen zu müssen, bewußt frei gemacht. Was zu tun unbedingt erforderlich ist, geschieht ohne Rücksicht auf Opfer. Was aber vermieden werden kann, unterbleibt. Es wäre für uns kein Problem gewesen, den Widerstand von Warschau, so wie wie ihr ihn vom 25. bis 27. September gebrochen haben, vom 10. bis 12. zu brechen. Ich habe nur erstens deutsche Menschenleben schonen wollen und zweitens mich der – wenn auch trügerischen – Hoffnung hingegeben, es könnte auch auf der polnischen Seite wenigstens einmal die verantwortungsbewußte Vernunft statt dem verantwortungslosen Wahnsinn siegen.

Es hat sich aber gerade hier im kleineren Rahmen genau das gleiche Schauspiel wiederholt, wie wir es im größten Umfange vorher erleben mußten.

Der Versuch, die verantwortliche polnische Truppenführung – soweit es eine solche überhaupt noch gab – von der Zwecklosigkeit, ja dem Wahnwitz eines Widerstandes gerade in einer Millionenstadt zu überzeugen, schlug fehl. Ein Generalissimus, der selbst in wenig ruhmvoller Weise die Flucht ergriff, zwang der Hauptstadt seines Landes einen Widerstand auf, der höchstens zu ihrer Vernichtung führen mußte. In Erkenntnis, daß die Fortifikationen allein dem deutschen Angriff wohl nicht standhalten würden, verwandelte man die Stadt als solche in eine Festung, durchzog sie kreuz und quer mit Barrikaden, richtete auf allen Plätzen, in Straßen und in Höfen Batteriestellungen ein, baute Tausende von Maschinengewehrnestern aus und forderte die gesamte Bevölkerung auf zur Teilnahme am Kampf. Ich habe einfach aus Mitleid mit Frauen und Kindern den Machthabern in Warschau angeboten, wenigstens die Zivilbevölkerung ausziehen zu lassen. Ich ließ Waffenruhe eintreten, sicherte die notwendigen Ausmarschwege, und wir alle warteten genau so vergebens auf einen Parlamentär wie Ende August auf einen polnischen Unterhändler. Der stolze polnische Stadtskommmandant würdigte uns nicht einmal einer Antwort.

Ich habe die Fristen für alle Fälle verlängern lassen, Bomber und schwere Artillerie angewiesen, nur einwandfrei militärische Objekte anzugreifen und meine Aufforderung wiederholt. Es blieb wieder vergeblich. Ich habe daraufhin angeboten, einen ganzen Stadtteil, Praga, überhaupt nicht zu beschießen, sondern für die zivile Bevölkerung zu reservieren, um dieser die Möglichkeit zu geben, sich dorthin zurückzuziehen. Auch dieser Vorschlag wurde mit polnischer Verachtung gestraft. Ich habe mich zweimal bemüht, dann wenigstens die internationale Kolonie aus der Stadt zu entfernen. Dies gelang endlich mit vielen Schwierigkeiten, bei der russischen erst in letzter Minute. Ich habe nun für den 25. September den Beginn des Angriffes befohlen.

Dieselbe Verteidigung, die es erst unter ihrer Würde fand, auf die menschlichen Vorschläge auch nur einzugehen, hat dann allerdings äußerst schnell ihre Haltung geändert. Am 25. September begann der deutsche Angriff, und am 27. September hat sie kapituliert. Sie hat es mit 120.000 Mann nicht gewagt (so wie einst unser deutscher General Litzmann mit weitaus unterlegeneren Kräften bei Brzesiny), einen kühnen Ausfall zu machen, sondern es nun vorgezogen, die Waffen zu strecken. Man soll daher hier keine Vergleiche mit dem Alkazar ziehen. Dort haben spanische Helden wochenlang schwersten Angriffen heldenmütig getrotzt und sich damit mit Recht verewigt. Hier aber hat man in schamloser Weise eine große Stadt der Zerstörung anheimgegeben und dann nach 48 Stunden Angriff kapituliert. Der polnische Soldat hat im einzelnen an manchen Stellen tapfer gefochten, seine Führung aber kann – von oben beginnend – nur als unverantwortlich, gewissenlos und unfähig bezeichnet werden.

Auch vor Hela hatte ich befohlen, ohne gründlichste Vorbereitung keinen Mann zu opfern. Auch dort erfolgte die Übergabe in dem Augenblick, da endlich der deutsche Angriff angekündigt wurde und seinen Anfang nahm.

Ich treffe diese Feststellungen, meine Abgeordneten, um der geschichtlichen Legendenbildung zuvorzukommen, denn wenn sich in diesem Feldzug um jemand eine solche bilden darf, dann nur um den deutschen Musketier, der angreifend und marschierend seiner unvergänglichen, ruhmvollen Geschichte ein neues Blatt hinzufügte. Sie kann sich bilden um die schweren Waffen, die dieser Infanterie unter unsagbaren Anstrengungen zu Hilfe eilten. Dieser Legende würdig sind die schwarzen Männer unserer Panzerwaffe, die in verwegener Entschlossenheit, ohne Rücksicht auf Übermacht und Gegenwehr den Angriff immer wieder aufs neue vortrugen, und endlich mag die Legende verherrlichen jene todesmutigen Flieger, die wissend, daß jeder Absturz, der sie nicht in der Luft tötete, bei ihrem Absprung auf der Erde zu ihrer furchtbaren Massakrierung führen mußte, in unentwegter Beharrlichkeit beobachteten und mit Bomben und Maschinengewehr angriffen, wo immer der Angriff befohlen war oder ein Ziel sich zeigte. Und das gleiche gilt für die Helden unserer U-Boot-Waffe. Wenn ein Staat von 36 Millionen Einwohnern und dieser militärischen Stärke in vier Wochen restlos vernichtet wird und wenn in dieser ganzen Zeit für den Sieger nicht ein einziger Rückschlag eintritt, dann kann man darin nicht die Gnade eines besonderen Glückes sehen, sondern den Nachweis höchster Ausbildung, bester Führung und todesmutiger Tapferkeit.

Das deutsche Soldatentum hat sich den Lorbeerkranz, der ihm 1918 hinterlistig geraubt worden war, nunmehr wieder fest um das Haupt gelegt. Wir alle stehen in tief ergriffener Dankbarkeit vor den vielen unbekannten namenlosen tapferen Männern unseres deutschen Volkes. Sie sind zum ersten Male angetreten aus allen Gauen Großdeutschlands. Das gemeinsam vergossene Blut aber wird sie noch stärker aneinaderbinden als jede staatsrechtliche Konstruktion.

Uns alle erfüllt das Bewußtsein dieser Stärke unserer Wehrmacht mit selbstsicherer Ruhe. Denn sie hat nicht nur die Kraft im Angriff bewiesen, sondern auch im Halten des Erworbenen. Die vorzügliche Ausbildung des einzelnen Offiziers und Mannes haben sich auf das höchste bewährt. Ihr ist die so überaus geringe Zahl der Verluste zuzuschreiben, die – wenn auch im einzelnen schmerzlich – im gesamten doch weit unter dem liegen, was wir glaubten erwarten zu müssen. Allerdings gibt die Gesamtsumme dieser Verluste kein Bild über die Härte der einzelnen Kämpfe. Denn es gab Regimenter und Divisonen, die von einer Übermacht polnischer Verbände angegriffen oder im Angriff selbst auf sie stoßend, sehr schwere Blutopfer bringen mußten. Ich glaube, Ihnen aus der großen Reihe der so rasch aufeinanderfolgenden Schlachten und Kämpfe nur zwei Episoden als Beispiel für viele erwähnen zu dürfen:

Als sich zur Deckung des gegen die Weichsel vorstürmenden Heeres des Generaloberst v. Reichenau an dessen linken Flügel die Divisionen der Armee des Generaloberst Blaskowitz gestaffelt gegen Warschau hinbewegten mit dem Auftrag, den Angriff der polnischen Zentralarmee in die Flanke der Armee des Generals v. Reichenau abzuwehren, da traf in einem Augenblick, da man im wesentlichen die polnischen Armeen als schon im Rückzug auf die Weichsel befindlich annahm, plötzlich ihr Stoß in die marschierende Armee des Generals Blaskowitz. Es war ein verzweifelter Versuch der Polen, den sich um sie schließenden Ring zu sprengen. Vier polnische Divisionen und einige Kavallerieverbände warfen sich auf eine einzige deutsche aktive Divison, die, selbst auseinadergezogen, eine Linie von fast 30 Kilometern zu decken hatte. Trotz fünf- oder sechsfacher Überlegenheit des Feindes und trotz der Ermüdung der eigenen seit Tagen kämpfenden und marschierenden Truppe hielt diese Division den Angriff auf und warf ihn zm Teil in blutigstem Handgemenge zurück und wich und wankte nicht, bis die notwendigen Verstärkungen herangeführt werden konnten. Und während der feindliche Rundfunk bereits triumphierend die Nachricht vom Durchbruch auf Lodz verbreitete, meldete mir der Divisionsgeneral, den zerschossenen Arm geschient, den Verlauf des Angriffes, die Verhinderung des Durchbruches, das tapfere Verhalten seiner Soldaten. Hier waren die Verluste freilich große.

Eine deutsche Landwehrdivision hatte mit geringen anderen Verbänden den Auftrag, die Polen in den nördlichen Korridor zu drücken, Gdingen zu nehmen und in der Richtung auf die Halbinsel Hela vorzustoßen. Dieser Landwehrdivision standen gegenüber polnische Eliteverbände, Marinetruppen, Fähnrich- und Unteroffziersschulen, Matrosen-Artillerie und Reiterei. Mit ruhiger Sicherheit ging diese deutsche Landwehrdivision an die Lösung eines Auftrages, der ihr auch einen zahlenmäßig weit überlegenen Gegner als Feind gab. In wenigen Tagen wurde der Pole aber von Position zu Position zurückgeworfen, 12.600 Gefangene gemacht, Gdingen befreit, gestürmt und weitere 4.700 Mann auf die Halbinsel Hela abgedrängt und eingeschlossen.

Als die Gefangenen abmarschierten, bot sich ein ergreifendes Bild: Die Sieger, zum großen Teil bejährte Männer, viele mit dem Abzeichen des großen Krieges auf der Brust, und an ihnen zogen die Kolonnen der Gefangenen vorbei, junge Menschen im Alter von 20–28 Jahren. Da ich Ihnen nun die Zahl unserer Toten und Verletzten bekanntgebe, bitte ich Sie aufzustehen. Wenn auch diese Zahl dank der Ausbildung unserer Truppen, dank der Wirkung unserer Waffen und der Führung unserer Verbände kaum den zwanzigsten Teil von dem ausmacht, was wir bei Beginn befürchten zu müssen glaubten, so wollen wir doch nicht vergessen, daß jeder einzelne, der hier sein Leben gegeben hat, für sein Volk und unser Reich das größte opferte, was der Mann seinem Volk geben kann.

Es sind nach der Angabe vom 30.09.1939, die wesentliche Veränderungen nicht mehr erfahren wird, in Heer, Kriegsmarine und Luftwaffe einschließlich der Offiziere gefallen: 10.572, verwundet: 30.322, vermißt: 3.409 Mann. Von diesen Vermißten wird ein Teil, der in polnische Hände fiel, leider wohl ebenfalls als massakriert und getötet angesehen werden müssen. Diesen Opfern des polnischen Feldzuges gehört unsere Dankbarkeit, den Verwundeten unsere Pflege, den Angehörigen unser Mitempfinden und unsere Hilfe.

Mit dem Fall der Festung Warschau, Modlin und der Übergabe von Hela ist der polnische Feldzug beendet. Die Sicherung des Landes vor herumstrolchenden Marodeuren, Räuberbanden und einzelnen Territorien wird mit Entschlossenheit durchgeführt. Das Ergebnis des Kampfes ist die Vernichtung aller polnischen Armeen. Die Auflösung dieses Staates war die Folge. 694.000 Mann Gefangene haben den Marsch nach Berlin angetreten. Die Beute an Material ist noch unübersehbar.

Seit Ausbruch des Krieges steht zugleich im Westen die deutsche Wehrmacht in ruhiger Bereitschaft und erwartet den Feind. Die Reichskriegsmarine hat im Kampf um die Westerplatte, Gdingen und Hela, in der Sicherung der Ostsee und der Deutschen Bucht ihre Pflicht erfüllt. Unsere U-Boot-Waffe aber kämpft würdig der einstigen unvergessenen Helden.

Angesichts dieses geschichtlich einmaligen Zusammenbruches eines sog. Staatswesens erhebt sich wohl für jeden die Frage nach der Ursache eines solchen Vorganges. Die Wiege des polnischen Staates stand in Versailles. Aus unermeßlichen blutigen Opfern nicht der Polen, sondern der Deutschen und Russen, war dieses Gebilde geboren worden. Was vorher schon in Jahrhunderten seine Lebensunfähigkeit erwiesen hatte, wurde durch eine ebenso lebensunfähige deutsche Staatsführung erst im Jahre 1916 künstlich gezeugt und 1920 nicht weniger künstlich geboren. Unter Mißachtung einer fast halbtausendjährigen Erfahrung, ohne Rücksicht auf die Gegebenheit einer mehrhundertjährigen geschichtlichen Entwicklung, ohne Würdigung der ethnographischen Verhältnisse, und unter Mißachtung aller wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit wurde in Versailles ein Staat konstruiert, der seinem ganzen Wesen nach früher oder später die Ursache schwerster Krisen werden mußte. Ein Mann, der leider heute wieder unser grimmigster Gegner ist, hat dies damals klar vorausgesehen: Lloyd George. So wie viele andere warnte auch dieser nicht nur während der Entstehung dieses Gebildes, sondern auch in der Zeit der späteren Ausweitung, die gegen jede Vernunft und gegen jedes Recht vorgenommen worden war. Er sprach damals die Befürchtung aus, daß in diesem Staat eine ganze Reihe von Konfliktstoffen geschaffen würde, die früher oder später die Anlässe zu schweren europäischen Auseinadersetzungen abgeben könnten. Tatsache ist, daß dieser neue sogenannte Staat in der Struktur seiner Nationalitäten bis zum heutigen Tag nicht geklärt werden konnte. Man muß die Methoden polnischer Volkszählungen kennen, um zu wissen, wie gänzlich wahrheitsfern und damit belanglos die Statistiken über die völkische Zusammensetzung dieses Gebietes waren und sind. 1919 wurden von den Polen Gebiete beansprucht, in denen sie behaupteten, Mehrheiten von 95 Prozent zu besitzen, z. B. in Ostpreußen, während dann die später stattfindende Abstimmung volle 2 Prozent für die Polen ergab. In dem dann endgültig auf Kosten des frühereren Rußlands, Österreichs und Deutschlands geschaffenen Staat wurden die nichtpolnischen Völker so barbarisch mißhandelt und unterdrückt, tyrannisiert und gefoltert, daß jede Abstimmung nurmehr von den Belieben des jeweiligen Woiwoden abhängig war und somit das gewünschte oder verlangte gefälschte Resultat ergab. Allein auch das unzweifelhaft polnische Element selbst erhielt kaum eine höhere Bewertung.

Wenn dieses Gebilde von den Staatsmännern unserer westlichen Halbkugel auch noch als Demokratie angesprochen wurde, dann war dies eine Verhöhnung der Grundlagen ihrer eigenen Systeme. Denn in diesem Lande regierte eine Minorität aristokratischer oder nichtaristokratischer Großgrundbesitzer und vermögender Intellektueller, für die das eigene polnische Volk nur im günstigsten Falle eine Waffe von Arbeitskräften herstellte. Hinter diesem Regime standen deshalb auch niemals mehr als 15 Prozent der Gesamtbevölkerung. Dem entsprach die wirtschaftliche Notlage und der kulturelle Tiefstand. Im Jahre 1919 übernahm dieser Staat von Preußen und auch von Österreich in jahrhunderterlanger Arbeit mühselig entwickelte, ja zum Teil geradezu blühende Provinzen. Heute, 20 Jahre später, sind sie im Begriff, allmählich wieder zu versteppen. Die Weichsel, der Strom, dessen Meeresmündung für die polnische Regierung immer so ungeheuer wichtig war, ist mangels jeder Pflege schon jetzt ungeeignet für jeden wirklichen Verkehr und je nach der Jahreszeit entweder ein wilder Strom oder ein ausgetrocknetes Rinnsal. Städte und Dörfer sind verwahrlost. Die Straßen mit geringsten Ausnahmen verlottert und verkommen. Wer zum ersten Mal dieses Land zwei oder drei Wochen lang besichtigt, der erhält erst einen Begriff vom Sinn des Wortes: „Polnische Wirtschaft!“

Trotz der unerträglichen Zustände in diesem Lande hat Deutschland versucht, ein erträgliches Verhältnis zu ihm herzustellen. Ich selbst habe mich in den Jahren ’33 und ’34 bemüht, irgendeinen gerechten billigen Ausgleich zwischen unseren nationalen Interessen und den Wünschen auf Aufrechterhaltung des Friedens mit diesem Land zu finden. Es gab eine Zeit, da Marschall Pilsudski noch lebte, in der es zu gelingen schien, diese Hoffnung – wenn auch in bescheidenem Ausmaß – verwirklichen zu können. Es gehörte dazu eine unerhörte Geduld und eine noch größere Selbstüberwindung. Denn für viele der polnischen Woiwoden schien die staatliche Verständigung zwischen Deutschland und Polen nur ein Freibrief zu sein für die nunmehr erst recht ungefährliche Verfolgung und Vernichtung des dortigen Deutschtums. In den wenigen Jahren bis 1922 haben über 1,5 Millionen Deutsche ihre frühere Heimat verlassen müssen. Sie wurden davongejagt, ohne auch nur ihre notwendigsten Kleider mitnehmen zu können.

Als im Jahre 1938 das Olsagebiet an Polen fiel, gingen diese mit der gleichen Methode auch gegen die dort wohnenden Tschechen vor. Viele Tausende von ihnen mußten von ihren Arbeitsplätzen, ihren Wohnungen, ihren Dörfern und Städten fort, kaum daß ihnen gestattet war, auch nur einen Koffer oder ein Kistchen mit Kleidungsstücken mitzunehmen.

So geht es in diesem Staate seit Jahren zu, und jahrelang haben wir dem zugesehen. Immer bestrebt, durch eine Verengung unseres staatspolitischen Verhältnisses vielleicht eine Besserung des Loses der dort lebenden unglücklichen Deutschen erreichen zu können. Allein, es konnte nicht übersehen werden, daß jeder deutsche Versuch, auf diesem Wege zu einer Behebung der Mißstände zu kommen, von den polnischen Herrschern nur als Schwäche ausgelegt wurde. Vielleicht sogar als Dummheit. Da die polnische Regierung nun daran ging, auf tausend Wegen auch Danzig allmählich zu unterjochen, versuchte ich durch geeignete Vorschläge eine Lösung sicherzustellen, die nationalpolitisch Danzig entsprechend dem Willen seiner Bevölkerung Deutschland angliedern konnte, ohne daß den wirtschaftlichen Bedürfnissen und sog. Rechten Polens dadurch Abbruch zu tun. Wenn heute jemand behapuptet, daß es sich hier um ultimative Forderungen gehandelt hätte, dann ist dies eine Lüge. Denn die im März 1939 der polnischen Regierung zugeleiteten Vorschläge waren nichts anderes als die von mir persönlich mit dem Außenminister Beck selbst schon längst vorher besprochenen Anregungen und Gedanken. Nur, daß ich glaubte, im Frühjahr 1939 der polnischen Regierung vor ihrer eigenen öffentlichen Meinung das Eingehen auf diese Vorschläge erleichtern zu können durch das Angebot, als Äquivalent ihr einen Anteil an der von der Slowakei gewollten Sicherung ihrer Unabhängigkeit einräumen zu können. Wenn die polnische Regierung damals nun das Eingehen auf eine Besprechung dieser Vorschläge ablehnte, dann gab es hierfür zwei Gründe:

1. Die hinter ihr stehenden aufgeputschten chauvinistischen Kriegskräfte dachten überhaupt nicht daran, die Frage Danzig zu lösen, sondern im Gegenteil, sie lebten bereits in den später publizistisch und rednerisch vorgetragenen Hoffnungen weit über Danzig hinaus das deutsche Reichsgebiet erwerben, das heißt also angreifen und erobern zu können. Und zwar blieben diese Wünsche nicht etwa bei Ostpreußen stehen, nein, in einer Flut von Publikationen und in einer fortgesetzten Folge von Unsprachen und Reden, von Revolutionen usw. wurde außer der Einverleibung Ostpreußens auch noch die Annektion von Pommern, Schlesien verlangt, die Oder als Mindestgrenze gefordert, ja am Ende sogar die Elbe als die natürliche Scheidelinie zwischen Deutschland und Polen bezeichnet. Diese heute vielleicht als irrsinnig empfundenen, damals aber mit fanatischem Ernst vorgetragenen Forderungen wurden in einer geradezu lachhaften Weise motiviert mit der Behauptung einer „polnischen zivilisatorischen Mission“ und als berechtigt, weil erfüllbar hingestellt mit dem Hinweis auf die Kraft der polnischen Armee. Während ich dem damaligen polnischen Außenminister die Einladung zu Besprechungen über unsere Vorschläge schickte, schrieben die polnischen militärischen Zeitschriften bereits von der Wertlosigkeit des deutschen Heeres, der Feigheit des deutschen Soldaten, der Minderwertigkeit der deutschen Waffen, der selbstverständlichen Überlegenheit der polnischen Wehrmacht und der Sicherheit im Falle eines Krieges, die Deutschen vor Berlin zu schlagen und das Reich zu vernichten.

Der Mann aber, der die deutsche Armee vor Berlin „zerhacken“ wollte, war nicht irgendein kleiner polnischer Analphabet, sondern der zur Zeit in Rumänien lebende Generalissimus Rydz-Smigly. Was Deutschland und die deutsche Wehrmacht an Verletzungen und Beleidigungen durch diese militärischen Dilettanten einstecken mußte, wären von keinem anderen Staat hingenommen worden, allerdings auch von keinem anderen Volk zu erwarten gewesen.

Kein französischer und wohl auch kein englischer General würde sich jemals ein ähnliches Urteil über die deutsche Wehrmacht erlaubt haben und umgekehrt kein Deutscher über die englische oder französische oder italienische, so wie wir dies seit Jahren und nach dem März 1939 immer wieder von polnischer Seite zu hören und zu sehen bekamen. Es gehörte eine große Selbstüberwindung dazu, diesen frechen, unverschämten Anpöbelungen gegenüber ruhig zu bleiben trotz dem Bewußtsein, daß die deutsche Wehrmacht in wenigen Wochen diesen ganzen lächerlichen Staat samt seiner Armee zerschlagen und von der Erde hinwegtilgen würde. Allein, diese Geisteshaltung, für die die führende Schicht in Polen selbst verantwortlich war, bildete die erste Ursache, warum die polnische Regierung es ablehnte, die deutschen Vorschläge auch nur in einer Diskussion zu erörtern.

Der zweite Grund aber lag in jenem unseligen Garantieversprechen, das man einem Staat gab, der überhaupt nicht bedroht war, der aber, nunmehr gedeckt durch zwei Weltmächte, sich sehr schnell in die Überzeugung hineinlebte, eine Großmacht ungestraft provozieren zu können, ja vielleicht sogar hoffte, damit die Voraussetzung für die Verwirklichung seiner eigenen hirnverbrannten Ambitionen herbeiführen zu können. Denn sowie sich Polen im Besitz dieser Garantie wußte, begann für die dort lebenden Minoritäten ein wahres Schreckensregiment.

Ich habe nicht die Aufgabe, über das Los der ukrainischen oder der weißrussischen Volksteile zu sprechen, deren Interessen liegen heute bei Rußland. Aber ich habe die Pflicht, über das Los jener Hunderttausenden von Deutschen zu reden, die einst diesem Lande seit vielen hundert Jahren überhaupt erst die Kultur gebracht haben, die man nun auszutreiben, zu unterdrücken und zu vergewaltigen begann, die aber seit dem März 1939 einem wahrhaft satanischen Schreckensregiment ausgeliefert waren. Wieviele von ihnen verschleppt sind, wo sie sind, kann auch heute nicht festgestellt werden. Ortschaften mit hunderten an deutschen Einwohnern haben keine Männer mehr. Sie sind restlos ausgerottet worden. In anderen wieder hat man die Frauen vergewaltigt und ermordet, Mädchen und Kinder geschändet und getötet. Im Jahre 1598 schrieb der Engländer Sir George Carew in seinen diplomatischen Berichten an die britische Regierung, daß die hervorstechenden Charaktereigenschaften der Polen Grausamkeit und moralische Zügellosigkeit seien. Diese Grausamkeit hat sich in den vergangenen Jahrhunderten nicht geändert.

So wie man erst Zehntausende von Deutschen abschlachtete und in sadistischer Weise zu Tode marterte, so hat man die während des Kampfes gefangenen deutschen Soldaten gefoltert und massakriert. Dieses Schoßkind der westeuropäischen Demokratien gehört überhaupt nicht zu den kulturellen Nationen. Über vier Jahre lang war ich im großen Krieg im Westen. Auf keiner der streitenden Seiten wurde damals etwas ähnliches getan. Was sich aber in diesem Lande in den letzten Monaten abgespielt hat und in den letzten vier Wochen ereignete, ist eine einzige Anklage gegen die verantwortlichen Macher eines sogenannten Staatsgebildes, dem jede volkische, historische, kulturelle und sittliche Voraussetzung fehlt. Wenn nur ein Prozent von diesen Scheußlichlichkeiten irgendwo in der Welt an Engländern verübt würde, dann möchte ich die empörten Biedermänner sehen, die heute in scheinheiliger Entrüstung das deutsche oder das russische Vorgehen verurteilen.

Nein! Diesem Staat und dieser Staatsführung eine Garantie auszustellen, so wie dies geschehen war, konnte nur zu schwerstem Unheil führen. Weder die polnische Regierung oder der sie tragende kleine Klüngel noch das polnische Staatsvolk als solches waren befähigt, die Verantwortung zu ermessen, die in einer solchen Verpflichtung halb Europas zu ihren Gunsten lag.

Aus dieser aufgeputschten Leidenschaft einerseits sowie aus dem Gefühl der Sicherheit, die ja Polen unter allen Umständen garantiert worden war, entsprang das Verhalten der polnischen Regierung in der Zeit zwischen den Monaten April und August dieses Jahres. Dies bedingt auch die Stellungnahme zu meinen Befriedungsvorschlägen. Die Regierung lehnte diese Vorschläge ab, weil sie sich von der öffentlichen Meinung gedeckt oder sogar angetrieben fühlte, und die öffentliche Meinung deckte und trieb sie auf diesen Weg, weil sie von der Regierung nicht eines besseren belehrt worden war und vor allem, weil sie sich bei jedem Akt nach außen hin als genügend gesichert empfand. So mußte es zur Häufung der furchtbaren Terrorakte gegen das deutsche Volkstum kommen, zur Ablehnung aller Lösungsvorschläge und endlich zu größeren Übergriffen auf das Reichsgebiet selbst. Es war bei einer solchen Mentalität allerdings auch verständlich, daß man die deutsche Langmut nur als Schwäche ansah, das heißt, daß jedes deutsche Nachgeben nur als Beweis für die Möglichkeit eines weiteren Vorgehens angesehen wurde. Die Warnung an die polnische Regierung, Danzig nicht mehr mit weiteren ultimativen Noten zu belästigen und vor allem die Stadt auf die Dauer nicht wirtschaftlich zu erdrosseln, führte zu keiner Erleichterung der Lage, sondern im Gegenteil zur verkehrstechnischen Abschnürung der Stadt. Die Warnung, die ewigen Erschießungen, Mißhandlungen und Marterungen der Volksdeutschen endlich einzustellen bzw. ihnen entgegenzutreten, führte zu einer Vermehrung dieser grausamen Akte und zu verschärften Aufrufen und Hetzreden der polnischen Woiwoden und militärischen Machthaber. Die deutschen Vorschläge, noch in letzter Minute einen billigen und vernünftigen Ausgleich herzustellen, wurden mit der Mobilmachung beantwortet. Das deutsche Ersuchen (entsprechend der von England selbst gegebenen Anregung), einen Unterhändler zu schicken, wurde nicht befolgt und am zweiten Tag mit einer geradezu verletzenden Erklärung beantwortet.

Unter diesen Umständen war es klar, daß bei weiteren Angriffen auf das Reichsgebiet die deutsche Geduld nunmehr ihr Ende finden würde. Was die Polen als Schwäche ausgelegt hatten, war in Wirklichkeit unser Verantwortungsbewußtsein und mein Wille, wenn irgendmöglich doch noch zu einer Verständigung zu kommen. Da sie aber glaubten, daß diese Geduld und diese Langmut als Schwäche ihnen alles gestatten würde, blieb nichts anderes übrig, als sie über diesen Irrtum aufzuklären und endlich mit den Mitteln zurückzuschlagen, deren sie sich selbst seit Jahren bedient hatten. Unter diesen Schlägen ist dieser Staat in wenigen Wochen zerfallen und hinweggefegt worden. Eine der unsinnigsten Taten von Versailles ist damit beseitigt.

Wenn sich nun in diesem deutschen Vorgehen eine Interessensgemeinschaft mit Rußland ergeben hat, so ist diese nicht nur in der Gleichartigkeit der Probleme begründet, die die beiden Staaten berühren, sondern auch in der Gleichartigkeit der Erkenntnisse, die sich in beiden Staaten über die Ausgestaltung der Beziehungen zueinander herausgebildet haben.

Ich habe schon in meiner Danziger Rede erklärt, daß Rußland nach Prinzipien organisiert ist, die verschieden sind von unseren deutschen. Allein, seit es sich ergab, daß Herr Stalin in diesen russisch-sowjetischen Prinzipien keinen Hinderungsgrund erblickte, mit Staaten anderer Auffassung freundschaftliche Beziehungen zu pflegen, kann auch das nationalsozialistische Deutschland keine Veranlassung mehr sehen, etwa seinerseits einen anderen Maßstab anzulegen. Sowjetrußland ist Sowjetrußland, und das nationalsozialistische Deutschland ist das nationalsozilaistische Deutschland.

Eines aber ist sicher. Im selben Moment, in dem die beiden Staaten sich gegenseitig ihre verschiedenen Regime und deren Prinzipien respektieren, entfällt jeder Grund für irgendeine gegenseitige feindselige Haltung.

In geschichtlich langen Zeiträumen der Vergangenheit hat es sich erwiesen, daß die Völker dieser beiden größten Staaten Europas dann am glücklichsten waren, wenn sie miteinander in Freundschaft lebten. Der große Krieg, den einst Deutschland und Rußland gegeneinander führten, ist zum Unglück beider Länder geworden. Es ist verständlich, daß besonders die kapitalistischen Staaten des Westens heute ein Interesse daran besitzen, die beiden Staaten und ihre Prinzipien wenn möglich gegeneinader auszuspielen. Sie würden zu diesem Zweck und insoweit sehr wohl Sowjet-Rußland als genügend salonfähig betrachten, um mit ihm nützliche Militärbündnisse abzuschließen. Sie halten es aber für eine Perfidie, wenn diese ehrbare Annäherung abgelehnt wird, und sich statt dessen eine Annäherung zwischen jenen Mächten ergibt, die allen Grund haben, in gemeinsamer friedlicher Zusammenarbeit, im Ausbau ihrer wirtschaftlichen Beziehungen das Glück ihrer Völker zu suchen. Ich habe schon vor einem Monat im Reichstag erklärt, daß der Abschluß des deutsch-russischen Nichtangriffspaktes eine Wende in der ganzen deutschen Außenpolitik bedeutet.

Der unterdes zwischen Deutschland und Sowjetrußland abgeschlossene neue Freundschafts- und Interessenspakt wird beiden Staaten nicht nur den Frieden, sondern eine glückliche dauerhafte Zusammenarbeit ermöglichen. Deutschland und Rußland werden gemeinsam eine der gefährlichen Stellen Europas ihres bedrohlichen Charakters entkleiden und jeder in seinem Raum zur Wohlfahrt der dort lebenden Menschen und damit zum europäischen Frieden beitragen.

Wenn heute gewisse Kreise je nach Bedarf bald eine Niederlage Rußlands oder eine Niederlage Deutschlands erblicken wollen, so möchte ich ihnen darauf folgende Antwort geben: Man hat seit vielen Jahren der deutschen Außenpolitik Ziele angedichtet, die höchstens der Phantasie eines Gymnasiasten entspringen könnten. In einem Augenblick, da Deutschland um die Konsolidierung eines Lebensraumes ringt, der nur wenige hunderttausend Quadratkilometer umfaßt, erklären unverschämte Zeitungsschreiber in Staaten, die selber 40 Millionen Quadratkilometer beherrschen, Deutschland strebe seinerseits in diesem Kampf nach der Weltherrschaft.

Die deutsch-russischen Abmachungen müßten gerade für diese besorgten Advokaten der Weltfreiheit eine ungeheure Beruhigung darstellen, denn sie zeigen ihnen doch wohl in authentischer Weise, daß alle diese Behauptungen eines Strebens Deutschlands nach dem Ural, der Ukraine, Rumänien und so weiter nur eine Ausgeburt ihrer erkrankten Marsphantasie waren. In einem allerdings ist der Entschluß Deutschlands ein unabänderlicher, nämlich: auch im Osten unseres Reiches friedliche, stabile und damit tragbare Verhältnisse herbeizuführen. Und gerade hier decken sich die deutschen Interessen und Wünsche restlos mit denen Sowjetrußlands. Die beiden Staaten sind entschlossen, es nicht zuzulassen, daß zwischen ihnen problematische Zustände entstehen, die den Keim von inneren Unruhen und damit auch äußeren Störungen in sich bergen und vielleicht das Verhältnis der beiden Großmächte zueinander irgendwie ungünstig tangieren könnten. Deutschland und Sowjetrußland haben daher eine klare Grenze der beiderseitigen Interessensgebiete gezogen mit dem Entschluß, jeder auf seinem Teil für die Ruhe und Ordnung zu sorgen und alles zu verhindern, was dem anderen Partner einen Schaden zufügen könnte. Die Ziele und Aufgaben, die sich aus dem Zerfall des polnischen Staates ergeben, sind dabei, soweit es sich um die deutsche Interessensphäre handelt, etwa folgende:

  1. Die Herstellung einer Reichsgrenze, die den historischen, ethnographischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten gerecht wird.
  2. Die Befriedung des gesamten Gebietes im Sinne der Herstellung einer tragbaren Ruhe und Ordnung.
  3. Die absolute Gewährleistung der Sicherheit nicht nur des Reichsgebietes, sondern der gesamten Interessenszone.
  4. Die Neuordnung, der Neuaufbau des wirtschaftlichen Lebens, des Verkehrs und damit aber auch der kulturellen und zivilisatorischen Entwicklung.
  5. Als wichtigste Aufgabe aber: Eine neue Ordnung der ethnographischen Verhältnisse, das heißt eine Umsiedlung der Nationalitäten so, daß sich am Abschluß der Entwicklung bessere Trennungslinien ergeben, als es heute der Fall ist. In diesem Sinne aber handelt es sich nicht um ein Problem, das auf diesen Raum beschränkt ist, sondern um eine Aufgabe, die viel weiter hinausgreift. Denn der ganze Osten und Südosten Europas ist zum Teil mit nicht haltbaren Splittern des deutschen Volkstums gefüllt. Gerade in ihnen liegt ein Grund und eine Ursache fortgesetzter zwischenstaatlicher Störungen. Im Zeitalter des Nationalitätenprinzips und des Rassegedankens ist es utopisch zu glauben, daß man diese Angehörigen eines hochwertigen Volkes ohne weiteres assimilieren könnte. Es gehört daher zu den Aufgaben einer weitreichenden Ordnung des europäischen Lebens, hier Umsiedlungen vorzunehmen, um auf diese Weise wenigstens einen Teil der europäischen Konfliktstoffe zu beseitigen. Deutschland und die Union der Sowjetrepubliken sind übereingekommen, sich hierbei gegenseitig zu unterstützen. Die Deutsche Reichsregierung wird es dabei niemals zugeben, daß der entstehende polnische Reststaat irgend ein störendes Element für das Reich selbst ober gar eine Quelle von Störungen zwischen dem Deutschen Reich und Sowjetrußland werden könnte.

Wenn Deutschland und Sowjetrußland diese Sanierungsarbeit übernehmen, dann können beide Staaten mit Recht darauf hinweisen, daß der Versuch dieses Problem mit den Methoden von Versailles zu lösen, restlos mißlungen ist. Und er mußte mißlingen, weil diese Aufgaben überhaupt nicht vom grünen Tisch aus oder durch einfache Anordnungen erledigt werden können. Die meisten der Staatsmänner, die in Versailles über diese komplizierten Probleme zu urteilen hatten, besaßen nicht die geringste historische Vorbildung, ja oft nicht einmal eine blasse Ahnung von dem Wesen der ihnen gestellten Aufgabe.

Sie trugen aber auch keinerlei Verantwortung für die Folgen ihres Handels. Die Erkenntnis, daß ihr Werk vielleicht doch nicht richtig sein könnte, war deshalb ohne Bedeutung, weil in der Praxis kein Weg zu einer wirklichen Revision vorhanden war. Denn im Versailler Vertrag war wohl vorgesehen, daß die Möglichkeit solcher Revisionen offen bleiben müßte, allein in der Wirklichkeit sind alle Versuche zu einer solchen Revision zu kommen, gescheitert und sie mußten um so mehr scheitern, als ja der Völkerbund als zuständige Instanz aufhörte, eine innere Berechtigung für die Durchführung einer solchen Prozedur in Anspruch nehmen zu können. Nachdem es zuerst Amerika abgelehnt hatte, den Friedensvertrag von Versailles zu sanktionieren oder gar in den Völkerbund einzutreten, später aber auch andere Völker ihre Anwesenheit in diesem Gremium mit den Interessen ihrer Länder nicht mehr vereinbaren zu können glaubten, sank diese Vereinigung immer mehr zu einem Zirkel der Interessenten des Diktates herab. Tatsache ist jedenfalls, daß keine der von Anfang an als notwendig erkannten Revisionen durch den Völkerbund erfolgt ist.

Da sich in der heutigen Zeit der Gebrauch einbürgert, eine geflüchtete Regierung noch immer als existent zu betrachten, auch wenn sie nur aus drei Mitgliedern besteht, sofern sie nur so viel Gold mitgenommen hat, um nicht den demokratischen Gastländern wirtschaftlich zur Last zu fallen, ist anzunehmen, daß auch der Völkerbund tapfer weiterbestehen wird, wenn auch nur zwei Nationen in ihm beisammensitzen. Ja, am Ende tut es vielleicht auch eine!

Nach dem Gesetz des Bundes aber würde jede Revision der Versailler Klauseln auch dann noch dieser illustren Vereinigung unterstehen, das heißt mit anderen Worten, praktisch unmöglich sein. Nun ist der Völkerbund nichts Lebendes, sondern schon heute etwas Totes, aber die betroffenen Völker sind nicht tot, sondern sie leben; und ihre Lebensinteressen werden sie auch dann durchsetzen, wenn der Völkerbund unfähig sein sollte, sie zu sehen, zu begreifen oder zu berücksichtigen. Der Nationalsozialismus ist daher auch keine Erscheinung, die in Deutschland groß wurde, um mit boshafter Absicht dem Völkerbund seine Revisionsbestrebungen zu verhindern, sondern eine Bewegung, die kam, weil man 15 Jahre lang die Revision der natürlichsten Menschen- und Volksrechte einer großen Nation verhinderte.

Und ich persönlich möchte es mir verbitten, wenn ein fremder Staatsmann nun auftritt und erklärte, ich sei wortbrüchig, weil ich diese Revisionen nun durchgeführt habe. Ich habe im Gegenteil dem deutschen Volk mein heiliges Versprechen verpfändet, den Versailler Vertrag zu beseitigen und ihm das natürliche Lebensrecht als große Nation wiederzugeben.

Das Ausmaß, in dem ich dieses Lebensrecht sicherstellte, ist ein bescheidenes. Wenn 46 Millionen Engländer das Recht in Anspruch nehmen, 40 Millionen Quadratkilometer der Erde zu beherrschen, dann ist es kein Unrecht, wenn 82 Millionen Deutsche das Recht verlangen, in 800.000 Quadratkilometer zu leben, dort ihren Acker zu bebauen und ihrem Handwerk nachzugehen. Und wenn sie weiter verlangen, daß man ihnen jenen kolonialen Besitz zurückgibt, der einst ihr Eigen war, den sie niemandem durch Raub oder Krieg abnahmen, sondern den sie durch Kauf und Tausch und Verträge redlich erworben haben. Ich versuchte außerdem bei allen Forderungen, die ich aufstellte, immer erst auf dem Wege von Verhandlungen die Revisionen zu erreichen. Ich habe es allerdings abgelehnt, das deutsche Lebensrecht irgendeinem internationalen nicht zuständigen Konsortium als untertänige Bitte vorzutragen. So wenig ich annehme, daß Großbritannien um die Respektierung seiner Lebensinteressen bittet, so wenig soll man das gleiche vom nationalsozialistischen Deutschland erwarten. Ich habe aber, daß muß ich hier in feierlicher Weise erklären, das Ausmaß außerordentlich begrenzt. Ich habe besonders überall dort, wo ich ich die natürlichsten Lebensinteressen meines Volkes bedroht sah, dem deutschen Volk selbst geraten, sich zu bescheiden und zu verzichten. Irgendwo aber müssen diese 80 Millionen leben.

Denn eine Tatsache hat auch der Versailler Vertrag nicht aus der Welt zu schaffen vermocht: Er hat wohl in der unvernünftigsten Weise Staaten aufgelöst, Wirtschaftsgebiete zerrissen, Verkehrslinien durchschnitten und so weiter, aber die Völker, d. h. die lebendige Substanz aus Fleisch und Blut ist geblieben, und sie wird auch in der Zukunft bleiben.

Es kann nun nicht bestritten werden, daß seit das deutsche Volk im Nationalsozialismus seine Wiederauferstehung erhalten und gefunden hat, eine Klärung des deutschen Verhältnisses zur Umwelt in einem großen Ausmaß eingetreten ist. Die Unsicherheit, die heute das Zusammenleben der Völker belastet, kommt nicht aus deutschen Forderungen, sondern aus den publizistischen Verdächtigungen der sogenannten Demokratien.

Die deutschen Forderungen selbst sind sehr klar und präzise gestellt worden. Sie haben allerdings ihre Erfüllung gefunden nicht dank der Einsicht des Genfer Völkerbundes, sondern dank der Dynamik der natürlichen Entwicklung.

Das Ziel der von mir geführten Außenpolitik des Reiches war aber in keinem Fall ein anderes als dem deutschen Volk die Existenz und damit das Leben sicherzustellen. Die Ungerechtigkeiten und Unsinnigkeiten eines Vertrages zu beseitigen, der nicht nur Deutschland wirtschaftlich zerstört hat, sondern die Siegernationen genau so in das Verderben hineinriß. Im übrigen aber war die ganze Arbeit der Wiederaufrichtung des Reiches eine nach innen gewandte. In keinem Land der Welt war deshalb auch die Sehnsucht nach Frieden größer als im deutschen Volk. Es ist ein Glück für die Menschheit und kein Unglück, daß es mir gelungen war, ohne innenplolitische Belastungen der fremden Staatsmänner die wahnsinnigsten Unmöglichkeiten des Versailler Vertrages friedlich zu beseitigen. Daß diese Beseitigung im einzelnen für gewisse Interessenten schmerzlich sein mochte, ist verständlich. Allein, um so größer ist wohl das Verdienst, daß sich die neue Regelung in allen Fällen mit Ausnahme der letzten ohne Blutvergießen vollzog. Die letzte Revision dieses Vertrages aber hätte genau so auf friedlichem Wege erfolgen können, wenn nicht die von mir erwähnten zwei Umstände sich zum Gegenteil ausgewirkt hätten. Die Schuld daran tragen aber in erster Linie jene, die nicht nur nicht erfreut waren über die früheren friedlichen Revisionen, sondern die es im Gegenteil beklagten, auf friedlichem Wege ein neues Mitteleuropa sich aufbauen zu sehen, und zwar ein Mitteleuropa, das allmählich seinen Bewohnern wieder Arbeit und Brot geben konnte.

Ich habe es erwähnt, daß es ein Ziel der Reichsregierung war, Klarheit in die Beziehungen zwischen uns und unseren Nachbarn zu bringen. Und ich darf nun auf Tatsachen hinweisen, die nicht durch die Schreibereien internationaler Presselügner aus der Welt zu schaffen sind.

  1. Deutschland hat mit den baltischen Staaten Nichtangriffspakte abgeschlossen. Seine Interessen sind dort ausschließlich wirtschaftlicher Natur.
  2. Deutschland hat mit den nordischen Staaten schon früher keine Interessenskonflikte und hat sie auch heute genau so wenig. Schweden und Norwegen haben beide von Deutschland Nichtangriffspakte erhalten und sie nur abgelehnt, weil sie sich selbst gar nicht irgendwie bedroht fühlten.
  3. Deutschland hat Dänemark gegenüber keinerlei Konsequenzen aus der im Versailler Vertrag vorgenommenen Abtrennung des deutschen Gebietes gezogen, sondern im Gegenteil mit Dänemark ein loyales und freundschaftliches Verhältnis hergestellt. Wir haben keinerlei Forderungen auf eine Revision erhoben, sondern mit Dänemark einen Nichtangriffspakt abgeschlossen. Das Verhältnis zu diesem Staat ist damit auf einen unabänderliche loyale und freundschaftliche Zusammenarbeit gerichtet.
  4. Holland. Das neue Reich hat die traditionelle Freundschaft in Holland weiterzuführen versucht. Es hat keine Differenzen zwischen den beiden Staaten übernommen und keine neuen geschaffen.
  5. Belgien. Ich habe sofort nach der Übernahme der Staatsgeschäfte versucht, das Verhältnis zu Belgien freundschaftlich zu gestalten. Ich habe auf jede Revision und auf jeden Revisionswunsch verzichtet. Das Reich hat keine Forderung gestellt, die irgendwie geeignet gewesen wäre, in Belgien als eine Bedrohung empfunden zu werden.
  6. Schweiz. Diese gleiche Haltung nimmt Deutschland der Schweiz gegenüber ein. Die Reichsregierung hat niemals auch im leisesten zu einem Zweifel an ihrem Wunsch zu einer loyalen Gestaltung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern Anlaß gegeben. Sie hat im übrigen auch selbst niemals eine Klage über das Verhältnis zwischen beiden Ländern vorgebracht.
  7. Ich habe sofort nach vollzogenem Anschluß Jugoslawien mitgeteilt, daß die Grenze auch mit diesem Staat von jetzt ab für Deutschland eine unabänderliche sei, und daß wir in Frieden und Freundschaft mit ihm zu leben wünschten.
  8. Mit Ungarn verbindet uns ein langjähriges traditionelles Band enger und herzlicher Freundschaft. Auch hier sind die Grenzen unabänderliche.
  9. Die Slowakei hat selbst an Deutschland den Wunsch um Hilfe anläßlich ihrer Entstehung gerichtet. Ihre Selbständigkeit wird vom Reich anerkannt und nicht angetastet. Allein nicht nur zu diesen Staaten hat Deutschland die doch immerhin zum Teil durch den Versailler Vertrag belasteten Beziehungen geklärt und geregelt, sondern auch zu den Großmächten. Ich habe im Verein mit dem Duce eine Änderung des Verhältnisses des Reiches zu Italien herbeigeführt. Die zwischen den beiden Staaten bestehenden Grenzen sind von beiden Reichen als unabänderliche feierlich anerkannt. Jede Möglichkeit von Interessensgegensätzen territorialer Art wurde ausgeschaltet. Aus den einstigen Gegnern des Weltkrieges sind unterdes herzliche Freunde geworden. Es blieb nicht bei einer Normalisierung der Beziehungen, sondern es führte dies in der Folgezeit zum Abschluß eines weltanschaulich und politisch fundierten engen Paktes, der sich als ein hartes Element der europäischen Zusammenarbeit ausgewirkt hat.

Ich habe es aber vor allem unternommen, das Verhältnis zu Frankreich zu entgiften und für beide Nationen tragbar zu gestalten. Ich habe hier in äußerster Klarheit all die deutschen Forderungen präzisiert, und ich bin von dieser Erklärung niemals abgewichen. Die Rückgabe des Saargebietes war die einzige Forderung, die ich als unabdingbare Voraussetzung einer deutsch-französischen Verständigung ansah. Nachdem Frankreich selbst dieses Problem loyal gelöst hat, fiel jede weitere Forderung an Frankreich fort: Es existierte keine solche Forderung mehr, und es wird auch nie eine solche Forderung erhoben werden. Das heißt: Ich habe es abgelehnt, das Problem Elsaß-Lothringen überhaupt auch nur zur Sprache zu bringen, nicht weil ich dazu gezwungen gewesen wäre, sondern weil diese Angelegenheit überhaupt kein Problem ist, das jemals zwischen dem deutsch-französischen Verhältnis stehen könnte. Ich habe die Entscheidung des Jahres 1919 akzeptiert und es abgelehnt, früher oder später für eine für eine Frage wieder in einen blutigen Krieg einzutreten, die in keinem Verhältnis zu den deutschen Lebensnotwendigkeiten steht, aber wohlgeeignet ist, jede zweite Generation in einen unseligen Kampf zu stürzen. Frankreich weiß dies. Es ist unmöglich, daß ein französischer Staatsmann aufsteht und erklärt, ich hätte jemals eine Forderung an Frankreich gestellt, die zu erfüllen mit der französischen Ehre oder mit den französischen Interessen unvereinbar gewesen wäre. Wohl aber habe ich statt einer Forderung an Frankreich immer nur einen Wunsch gerichtet, die alte Feindschaft für immer zu begraben und die beiden Nationen mit ihrer großen geschichtlichen Vergangenheit den Weg zueinander finden zu lassen.

Ich habe im deutschen Volk alles getan, um den Gedanken einer unabänderlichen Erbfeindschaft auszurotten und an Stelle dessen die Achtung einzupflanzen vor den großen Leistungen des französischen Volkes, seiner Geschichte genau so wie jeder deutsche Soldat die höchste Achtung besitzt vor den Leistungen der französischen Wehrmacht. Nicht geringer waren meine Bemühungen für eine deutsch-englische Verständigung, ja darüber hinaus für eine deutsch-englische Freundschaft. Niemals und an keiner Stelle bin ich wirklich den britischen Interessen entgegengetreten. Leider mußte ich mich nur zu oft britischer Eingriffe deutscher Interessen gegenüber erwehren, auch dort wo sie England nicht im geringsten berührten. Ich habe es geradezu als ein Ziel meines Lebens empfunden, die beiden Völker nicht nur zu verstandes-, sondern auch gefühlsmäßig einander näherzubringen. Das deutsche Volk ist mir auf diesem Wege willig gefolgt. Wenn mein Bestreben mißlang, dann nur, weil eine mich persönlich geradezu erschütternde Feindseligkeit bei einem Teil britischer Staatsmänner und Journalisten vorhanden war, die kein Hehl daraus machten, daß ihr einziges Ziel wäre, aus Gründen, die uns unerklärlich sind, gegen Deutschland bei der ersten sich bietenden Gelegenheit wieder den Kampf zu eröffnen. Je weniger fachliche Gründe diese Männer für ihr Beginnen besitzen, um so mehr versuchen sie mit leeren Phrasen und Behauptungen eine Motivierung ihres Handelns vorzutäuschen. Ich glaube aber auch heute noch, daß es eine Befriedung in Europa und in der Welt nur geben kann, wenn sich Deutschland und England verständigen. Ich bin aus tiefer Überzeugung heraus sehr oft den Weg zu einer Verständigung gegangen. Wenn diese am Ende doch nicht zum gewünschten Ergebnis führte, dann war es wirklich nicht meine Schuld.

Als letztes habe ich nun auch versucht, die Beziehungen des Reiches zu Sowjetrußland zu normalisieren und endlich auf eine freundschaftliche Basis zu bringen. Dank gleicher Gedankengänge Stalins ist nun auch dies gelungen. Auch mit diesem Staat ist nunmehr ein dauerndes freundschaftliches Verhältnis hergestellt, dessen Auswirkung für beide Völker segensreich sein wird. So hat im gesamten die von mir durchgeführte Revision des Versailler Vertrages kein Chaos geschaffen, sondern im Gegenteil die Voraussetzung für klare, stabile und vor allem tragbare Verhältnisse. Nur derjenige, der diese Ordnung der europäischen Zustände haßt und die Unordnung wünscht, kann ein Feind dieser Handlungen sein. Wenn man aber mit scheinheiliger Miene glaubt, die Methoden ablehnen zu müssen, durch die im mitteleuropäischen Raum eine tragbare Ordnung entstanden ist, dann kann ich darauf nur antworten, daß letzten Endes nicht so sehr die Methode entscheidend ist, als der nützliche Erfolg.

Vor meinem Machtantritt versank Mitteleuropa, und zwar nicht nur Deutschland, sondern auch die anliegenden Staaten, in eine Not der trostlosen Erwerbslosigkeit, die Produktionen fielen und damit verminderte sich zwangsläufig auch der Konsum der Menschen. Der Lebensstandard sank, Not und Elend waren die Folgen. Es kann keiner der kritisierenden fremden Staatsmänner bestreiten, daß es nicht nur im alten Reich, sondern darüber hinaus auch in allen nunmehr mit ihm vereinten Gebieten gelungen ist, diese Verfallserscheinungen zu beseitigen, und zwar unter den erschwerendsten Bedingungen.

Es hat sich damit erwiesen, daß dieser mitteleuropäische Raum überhaupt nur zusammengefaßt lebensfähig ist, und daß derjenige, der ihn trennt, ein Verbrechen an Millionen von Menschen begeht. Dieses Verbrechen beseitigt zu haben ist kein Wortbruch, sondern meine Ehre, mein Stolz und eine große geschichtliche Leistung.

Weder das deutsche Volk noch ich sind auf den Vertrag von Versailles vereidigt worden, sondern ich bin nur vereidigt auf das Wohl meines Volkes, dessen Beauftragter ich bin, und das Wohl jener, die das Schicksal in unseren Lebensraum gestellt hat und damit unlösbar mit unserem eigenen Wohle verband. Ihnen allen die Existenz und damit das Leben sicherzustellen, ist meine einzige Sorge. Der Versuch, dieses mein Handeln, vom Katheder einer internationalen Rechthaberei herab zu kritisieren, zu beurteilen oder abzulehnen, ist unhistorisch und läßt mich persönlich eiskalt. Das deutsche Volk hat mich durch sein Vertrauen berufen und wird durch jeden solchen Versuch einer fremden Kritik oder Einmischung in dieser Einstellung zu mir nur bestärkt.

Im übrigen habe ich bei jeder einzelnen Revision vorher Vorschläge unterbreitet. Ich habe versucht, auf dem Wege von Verhandlungen das unbedingt notwendige zu erreichen und sicherzustellen. Es ist mir dies auch in einer Reihe von Fällen gelungen. In anderen Fällen aber wurde leider mein Verhandlungswille und oft wohl auch das geringe Ausmaß meiner Forderungen, die Bescheidenheit meiner Vorschläge als Schwäche ausgelegt und abgelehnt. Dies konnte niemand mehr leid tun als mir selbst. Allein es gibt im Leben der Völker Notwendigkeiten, die wenn sie nicht auf friedlichem Wege ihre Erfüllung finden, allein durch die Kraft ihre Verwirklichung erhalten müssen. Das mag bedauerlich sein, aber dies gilt ebenso für das Leben der einzelnen Bürger wie für das Leben der Gemeinschaft.

Der Grundsatz, daß das größere, allen gemeinsame Interesse nicht verletzt werden kann durch den Eigensinn oder gar den bösen Willen der einzelnen Individuen und Gemeinschaften, ist unleugbar richtig. Ich habe auch Polen die maßvollsten Vorschläge unterbreitet. Sie verfielen nicht nur der Ablehnung, sondern im Gegenteil, sie führten zur Generalmobilmachung dieses Staates, mit einer Begründung, die genau ersehen läßt, daß man gerade in der Bescheidenheit meiner Vorschläge die Bestätigung für meine Schwäche zu sehen glaubte, ja am Ende sogar für meine Angst.

Eigentlich müßte einem diese Erfahrung geradezu einschüchtern, überhaupt noch vernünftige und maßvolle Vorschläge vorzutragen. Auch in diesen Tagen lese ich in gewissen Zeitungen bereits, daß jeder Versuch einer friedlichen Regelung das Verhältnis zwischen Deutschland einerseits und England und Frankreich andererseits ausgeschlossen sei und daß ein Vorschlag in diese Richtung nur beweise, daß ich angsterfüllt den Zusammenbruch Deutschlands vor mir sehe, daß ich ihn also nur aus Feigheit oder aus schlechtem Gewissen mache. Wenn ich nun trotzdem zu diesem Problem meine Gedanken bekanntgebe, dann nehme ich es also auf mich, in den Augen dieser Leute als Feigling oder als Verzweifelter zu gelten. Ich kann dies auch, weil das Urteil über mich in der Geschichte Gott sei Dank einst nicht von diesen erbärmlichen Skribenten geschrieben wird, sondern durch mein Lebenswerk feststeht. Und weil es mir ziemlich gleichgültig ist, welche Beurteilung ich nun im Augenblick von diesen Leuten erfahre. Mein Prestige aber ist groß genug, um mir so etwas erlauben zu können. Denn ob ich diese meine folgenden Gedanken nun wirklich aus Angst oder aus Verzweiflung ausspreche, das wird ja in jedem Fall der spätere Lauf der Dinge erweisen. Heute kann ich es höchstens bedauern, daß die Leute, die in ihrem Blutdurst nicht genug Krieg sehen können, leider nicht dort sind, wo der Krieg wirklich ausgekämpft wird und auch schon früher nicht dort waren, wo geschossen wurde.

Ich verstehe sehr wohl, daß es Interessenten gibt, die an einem Kriege mehr verdienen als an einem Frieden, und ich verstehe weiter, daß für eine gewisse Abart internationaler Journalisten es interessanter ist, über den Krieg zu berichten als über die Handlungen oder gar kulturellen Schöpfungen eines Friedens, die sie nicht ermessen und verstehen. Und endlich ist es mir klar, daß ein gewisser internationaler Kapitalismus und Journalismus überhaupt nicht mit den Völkern fühlt, deren Interesse sie zu vertreten vorgeben, sondern als Herostraten der menschlichen Gesellschaft den größten Erfolg ihres Lebens in der Brandstiftung erblicken. Ich glaube aber auch noch aus einem anderen Grunde, meine Stimme hier erheben zu müssen.

Wenn ich heute gewisse internationale Presseorgane lese oder die Reden verschiedener heißblütiger Kriegsverherrlicher höre, dann glaube ich im Namen derer sprechen und antworten zu dürfen, die die lebendige Substanz für die geistige Beschäftigung dieser Kriegszielsetzer abzugeben haben. Jene lebendige Substanz, der ich über vier Jahre lang im großen Krieg auch als unbekannter Soldat angehört habe. Es wirkt großartig, wenn ein Staatsmann oder ein Journalist auftritt und in glühenden Worten die Notwendigkeit der Beseitigung des Regimes in einem anderen Land im Namen der Demokratie oder von irgendetwas ähnlichem verkündet. Die Ausführung dieser ruhmvollen Parole sieht dann allerdings wesentlich anders aus. Es werden heute Zeitungsartikel geschrieben, die der begeisterten Zustimmung eines vornehmen Leserpublikums sicher sind. Die Verwirklichung der in ihnen enthaltenen Forderungen wirkt allerdings viel weniger begeisternd. Über die Urteilskraft oder Fähigkeit dieser Leute will ich hier nicht sprechen. Was immer sie aber auch schreiben mögen, das wirkliche Wesen einer solchen Auseinandersetzung wird dadurch nicht berührt.

Vor dem polnischen Feldzug erklärten diese Skribenten, die deutsche Infanterie sei vielleicht nicht schlecht, allein die Panzerwaffe – überhaupt die motorisierten Verbände – wären minderwertig und würden bei jedem Einsatz glatt versagen. Jetzt – nach der Vernichtung Polens – schreiben die gleichen Leute mit eiserner Stirn, daß die polnischen Armeen überhaupt nur infolge der deutschen Panzerwaffen und der übrigen Motorisierung des Reiches zusammengebrochen wären, daß aber demgegenüber die deutsche Infanterie in einer geradezu bemerkenswerten Weise sich verschlechtert hätte und bei jedem Zusammenstoß mit Polen den Kürzeren gezogen haben. Darin – so meint wörtlich ein solcher Schreiber – sehe man mit Recht ein günstiges Symptom für die Führung des Krieges im Westen, und der französische Soldat werde sich diese wohl zu merken wissen.

Das glaube ich auch, sofern er das zu Gesicht bekommt und er sich später noch erinnern kann. Er wird vermutlich diesen militärischen Wahrsager dann an den Ohren nehmen. Leider wird dies aber deshalb unmöglich sein, weil diese Leute die Tüchtigkeit oder Minderwertigkeit der deutschen Infanterie persönlich ja gar nicht auf den Schlachtfeld erproben, sondern nur in ihren Redaktionsstuben beschreiben werden. Sechs Wochen – ach was – 14 Tage Trommelfeuer, und die Herren Kriegspropagandisten würden überall zu einer anderen Auffassung kommen. Sie reden immer vom notwendigen weltpolitischen Geschehen, aber sie kennen nicht den militärischen Ablauf der Dinge. Allein um so besser kenne ich ihn, und deshalb halte ich es für meine Pflicht, hier zu reden, selbst auf die Gefahr hin, daß die Kriegshetzer in dieser meiner Rede wohl wieder nur den Ausdruck meiner Angst und ein Symptom für den Grad meiner Verzweiflung sehen. Weshalb soll nun der Krieg im Westen stattfinden? Für die Wiederherstellung Polens? Das Polen des Versailler Vertrages wird niemals wieder erstehen. Dafür garantieren zwei der größten Staaten der Erde. Die endgültige Gestaltung dieses Raumes, die Frage der Wiedererrichtung eines polnischen Staates sind Probleme, die nicht durch den Krieg im Westen gelöst werden, sondern ausschließlich durch Rußland in einem Fall und durch Deutschland im anderen.

Übrigens würde selbst das Ausschalten dieser beiden Mächte in den in frage kommenden Gebieten nicht einen neuen Staat erzeugen, sondern ein restloses Chaos. Die Probleme, die dort zu lösen sind, werden weder am Konferenztisch noch in den Redaktionsstuben gelöst, sondern in einer jahrezehntelangen Arbeit. Es genügt eben nicht, daß sich einige im letzten Grund am Schicksal der Betroffenen ohnehin desinteressierte Staatsmänner zusammensetzen und Beschlüsse fassen, sondern es ist notwendig, daß jemand der am Leben dieser Gebiete selbst beteiligt ist, die Arbeit der Wiederherstellung eines wirklich dauerhaften Zustandes übernimmt.

Die Fähigkeit der westlichen Demokratien zur Herstellung solcher geordneten Zustände ist zumindest in letzter Zeit durch nichts erwiesen worden. Das Beispiel Palästinas zeigt, daß es besser sein würde, sich mit den vorliegenden Aufgaben zu beschäftigen und diese vernünftig zu lösen, als sich um Probleme zu kümmern, die innerhalb der Lebens- und Interessensphäre anderer Völker liegen und von diesen sicher besser gemeistert werden. Jedenfalls hat Deutschland in seinem Protektorat Böhmen und Mähren nicht nur die Ruhe und Ordnung sichergestellt, sondern vor allem auch den Grund zu einer neuen wirtschaftlichen Blüte gelegt und zu einer immer enger werden Verständigung zwischen beiden Nationen. England wird noch sehr viel zu tun haben, bis es in seinem palästinensichen Protktorat auf ähnliche Ergebnisse wird hinweisen können.

Man weiß übrigens ganz genau, daß dies eine Zwecklosigkeit sein würde. Millionen von Menschenleben zu vernichten und hunderte Milliarden an Werten zu zerstören, um etwa ein Gebilde wieder aufzurichten, das schon bei der seinerzeitigen Entstehung von allen Nichtpolen als Fehlgeburt bezeichnet worden war. Was soll also sonst der Grund sein?

Hat Deutschland an England irgendeine Forderung gestellt, die etwa das britische Weltreich bedroht oder seine Existenz in Frage stellt? Nein, im Gegenteil. Weder an Frankreich noch an England hat Deutschland eine solche Forderung gerichtet.

Soll dieser Krieg aber wirklich nur geführt werden, um Deutschland ein neues Regime zu geben? Das heißt: um das jetzige Reich wieder zu zerschlagen und mithin ein neues Versailles zu schaffen. Dann werden Millionen Menschen zwecklos geopfert. Denn weder wird das Deutsche Reich zerbrechen noch wird ein zweites Versailles entstehen. Aber selbst, wenn nach einem drei- oder vier- oder achtjährigen Krieg das gelingen sollte, dann würde dieses zweite Versailles für die Folgezeit schon wieder zur Quelle neuer Konflikte werden. Auf alle Fälle aber könnte eine Regelung der Probleme der Welt ohne Berücksichtigung der Lebensinteressen ihrer stärksten Völker in fünf oder zehn Jahren nicht um ein Haar anders enden, als dieser Versuch vor 20 Jahren heute geendet hat.

Nein, dieser Krieg im Westen regelt überhaupt kein Problem, es sei denn die kaputten Finanzen einiger Rüstungsindustrieller und Zeitungsbesitzer oder sonstiger internationaler Kriegsgewinnler. Zwei Probleme stehen heute zur Diskussion:

  1. Die Regelung der durch das Auseinaderfallen Polens entstehenden Fragen und
  2. das Problem der Behebung jener internationalen Besorgnisse, die politisch und wirtschaftlich das Leben der Völker erschweren.

Welche sind nun die Ziele der Reichsregierung in bezug auf die Ordnung der Verhältnisse in dem Raum, der westlich der deutsch-sowjetrußischen Demarkationslinie als deutsche Einflußsphäre anerkannt ist?

  1. Die Schaffung einer Reichsgrenze, die – wie schon betont – den historischen, ethnographischen und wirtschaftlichen Bedingungen entspricht.
  2. Die Ordnung des gesamten Lebensraumes nach Nationalitäten, d. h. eine Lösung jener Minoritätenfragen, die nicht nur diesen Raum berühren, sondern die darüber hinaus fast alle süd- und südosteuropäischen Staaten betreffen.
  3. In diesem Zusammenhang: Der Versuch einer Ordnung und Regelung des jüdischen Problems.
  4. Der Neuaufbau des Verkehrs- und Wirtschaftslebens zum Nutzen aller in diesem Raum lebenden Menschen.
  5. Die Garantierung der Sicherheit dieses ganzen Gebietes und
  6. Die Herstellung eines polnischen Staates, der in seinem Aufbau und in seiner Führung die Garantie bietet, daß weder ein neuer Brandherd gegen das Deutsche Reich Reich entsteht noch eine Intrigenzentrale gegen Deutschland und Rußland gebildet wird.

Darüber hinaus muß sofort versucht werden, die Wirkungen des Krieges zu beseitigen oder wenigstens zu mildern, d. h., durch eine praktische Hilfstätigkeit das vorhandene übergroße Leid zu mildern. Diese Aufgaben können – wie schon betont – wohl an einem Konferenztisch besprochen, aber niemals gelöst werden. Wenn Europa überhaupt an der Ruhe und am Frieden gelegen ist, dann müßten die europäischen Staaten dafür dankbar sein, daß Rußland und Deutschland aus diesem Unruheherd nunmehr eine Zone friedlicher Entwicklung zu machen, daß die beiden Länder dafür die Verantwortung übernehmen und die damit auch verbundenen Opfer bringen. Für das Deutsche Reich bedeutet diese Aufgabe, da sie nicht imperialistisch aufgefaßt werden kann, eine Beschäftigung auf 50–100 Jahre. Die Rechtfertigung dieser deutschen Arbeit liegt in der politischen Ordnung dieses Gebietes sowohl als in der wirtschaftlichen Erschließung. Letzen Endes kommt aber beides ganz Europa zugute.

Die zweite und weitaus wichtigste Frage ist aber die Herstellung nicht nur der Überzeugung, sondern auch des Gefühls einer europäischen Sicherheit. Dazu ist notwendig, daß

  1. eine unbedingte Klarheit über die Ziele der Außenpolitik der europäischen Staaten eintritt. Insoweit es sich um Deutschland handelt, ist die deutsche Reichsregierung bereit, eine restlose und volle Klarheit über ihre außenpolitischen Absichten zu geben. Sie stellt dabei an die Spitze dieser Erklärung die Feststellung, daß der Versailler Vertrag für sie als nicht mehr bestehend angesehen wird bzw. daß die deutsche Reichsregierung und mit ihr das ganze deutsche Volk keine Ursache und keinen Anlaß für eine weitere Revision erblicken außer der Forderung nach einem dem Reich gebührenden und entsprechenden kolonialen Besitz, in erster Linie also auf Rückgabe der deutschen Kolonien. Diese nach Forderung nach Kolonien ist begründet nicht nur im historischen Rechtsanspruch auf die deutschen Kolonien, sondern vor allem in dem elementaren Rechtsanspruch auf eine Beteiligung an den Rohstoffquellen der Erde. Diese Forderung ist keine ultimative und sie ist keine Forderung hinter der die Gewalt steht, sondern eine Forderung der politischen Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen allgemeinen Vernunft.
  2. Die Forderung nach einem wirksamen Aufblühen der internationalen Wirtschaft in Verbindung mit der Steigerung des Handels und des Verkehrs setzt die Inordnungbringung der Binnenwirtschaften bzw. der Produktionen innerhalb der einzelnen Staaten voraus. Zur Erleichterung des Austausches dieser Produktionen aber muß man zu einer Neuordnung der Märkte kommen und zu einer endgültigen Regelung der Währungen, um so die Hindernisse für einen freien Handel allmählich abzubauen.
  3. Die wichtigste Voraussetzung aber für ein wirtschaftliches Aufblühen der europäischen und außereuropäischen Wirtschaft ist die Herstellung eines unbedingt garantierten Friedens und eines Gefühls der Sicherheit der einzelnen Völker. Diese Sicherheit wird nicht nur ermöglicht durch die endgültige Sanktionierung des europäischen Status, sondern vor allem durch das Zurückführen der Rüstungen auf ein vernünftiges und auch wirtschaftlich tragbares Ausmaß. Zu diesem notwendigen Gefühl der Sicherheit gehört vor allem eine Klärung der Anwendbarkeit und des Verwendungsbereichs gewisser moderner Waffen, die in ihrer Wirkung jederzeit in das Herz eines anderen einzelnen Volkes vorzustoßen und die damit ein dauerndes Gefühl der Unsicherheit zurücklassen werden. Ich habe schon in meinen früheren Reichstagsreden in dieser Richtung Vorschläge gemacht. Sie sind damals – wohl schon, weil sie von mir ausgingen – der Ablehnung verfallen.

Ich glaube aber, daß das Gefühl einer nationalen Sicherheit in Europa erst dann entstehen wird, wenn auf diesem Gebiet durch klare internationale und gültige Verpflichtungen eine umfassende Fixierung des Begriffes erlaubter und unerlaubter Waffenanwendung stattfindet.

So wie die Genfer Konvention es einst fertig brachte, wenigstens bei den zivilisierten Staaten die Tötung Verwundeter, die Mißhandlung Gefangener, den Kampf gegen Nichtkriegsteilnehmer usw. zu verbreiten, und so, wie es gelang, diesem Verbot im Laufe der Zeit zu einer allgemeinen Respektierung zu verhelfen, so muß es gelingen, den Einsatz der Luftwaffe, die Anwendung von Gas usw., des U-Bootes, aber auch die Begriffe der Konterbande so festzulegen, daß der Krieg des furchtbaren Charakters eines Kampfes gegen Frauen und Kinder und überhaupt gegen Nichtkriegsteilnehmer entkleidet wird.

Die Perhorreszierung bestimmter Verfahren wird von selbst zur Beseitigung der dann überflüssig gewordenen Waffen führen. Ich habe mich bemüht, schon in diesem Kriege mit Polen die Luftwaffe nur auf sogenannte militärisch wichtige Objekte anzuwenden bzw. nur dann in Erscheinung treten zu lassen, wenn ein aktiver Widerstand an einer Stelle geleistet wurde. Es muß aber möglich sein, in Anlehnung an das Rote Kreuz eine grundsätzlich allgemein gültige internationale Regelung zu finden. Nur unter solchen Voraussetzungen wird besonders in unserem dicht besiedelten Kontinent ein Friede einkehren können, der dann befreit von Mißtrauen und von Angst die Voraussetzung für eine wirkliche Blüte auch des wirtschaftlichen Lebens geben kann. Ich glaube, es gibt keinen verantwortlichen europäischen Staatsmann, der nicht im tiefsten Grunde seines Herzens die Blüte seines Volkes wünscht. Eine Realisierung dieses Wunsches ist aber nur denkbar im Rahmen einer allgemeinen Zusammenarbeit der Nationen dieses Kontinents. Diese Zusammenarbeit sicherzustellen, kann daher nur das Ziel jedes einzelnen wirklich um die Zukunft seines Volkes ringenden Mannes sein.

Um dieses große Ziel zu erreichen, werden doch einmal die großen Nationen in diesem Kontinent zusammentreten müssen, um in einer umfassenden Regelung ein Statut auszuarbeiten, anzunehmen und zu garantieren, das ihnen allen das Gefühl der Sicherheit, der Ruhe und damit des Friedens gibt.

Es ist unmöglich, daß eine solche Konferenz zusammentritt, ohne die gründliche Vorarbeit, d. h. ohne die Klärung der einzelnen Punkte und vor allem ohne eine vorbereitende Arbeit.

Es ist aber ebenso unmöglich, daß eine solche Konferenz, die das Schicksal gerade dieses Kontinents auf Jahrzehnte hinaus bestimmen soll, möglich ist unter dem Dröhnen der Kanonen oder auch nur unter dem Druck mobilisierter Armeen. Wenn aber früher oder später diese Probleme doch gelöst werden müssen, dann wäre es vernünftiger, an diese Lösung heranzugehen, ehe noch erst Millionen an Menschen zwecklos verbluten, und Milliarden an Werten zerstört sind. Die Aufrechterhaltung des jetzigen Zustandes im Westen ist undenkbar. Jeder Tag wird bald steigende Opfer erfordern. Einmal wird dann vielleicht Frankreich zum ersten Mal Saarbrücken beschießen und demolieren. Die deutsche Artillerie wird ihrerseits als Rache Mülhausen zertrümmern. Frankreich wird dann selbst wieder als Rache Karlsruhe unter das Feuer der Kanonen nehmen und Deutschland wieder Straßburg. Dann wird die französische Artillerie nach Freiburg schießen und die deutsche Artillerie nach Kolmar oder Schlettstadt. Man wird dann weiterreichende Geschütze aufstellen, und nach beiden Seiten wird die Zerstörung immer tiefer um sich greifen, und was endlich von den Ferngeschützen nicht mehr zu erreichen ist, werden die Flieger vernichten. Und es wird sehr interessant sein für einen gewissen internationalen Journalismus und sehr nützlich für die Fabrikanten der Flugzeuge, der Waffen, der Munition usw., aber grauenhaft für die Opfer. Und dieser Kampf der Vernichtung wird sich nicht nur auf das Festland beschränken. Nein, er wird hinausgreifen über die See. Es gibt heute keine Inseln mehr. Und das europäische Volksvermögen wird in Granaten bersten, und die Volkskraft wird auf den Schlachtfeldern verbluten. Eines Tages aber wird zwischen Deutschland und Frankreich doch wieder eine Grenze sein. Nur werden sich an ihr dann statt der blühenden Städte Ruinenfelder und endlose Friedhöfe ausdehnen.

Es mögen diese meine Auffassungen nun die Herren Churchill und Genossen ruhig als Schwäche oder als Feigheit auslegen. Ich habe mich mit ihren Meinungen nicht zu beschäftigen. Ich gebe dieses Erläuterungen nur ab, weil ich selbstverständlich auch meinem Volk dieses Leid ersparen will.

Sollte aber die Auffassung der Herren Churchill und seines Anhangs erfolgreich bleiben, dann wird eben diese Erklärung meine letzte gewesen sein. Wir werden dann kämpfen. Weder Waffengewalt noch die Zeit werden Deutschland bezwingen. Ein November 1918 wird sich in der deutschen Geschichte nicht mehr wiederholen. Die Hoffnung auf eine Zersetzung unseres Volkes ist kindlich. Herr Churchill mag der Überzeugung sein, daß Großbritannien siegen wird. Ich aber zweifle keine Sekunde daran, daß Deutschland siegt.

Das Schicksal wird entscheiden, wer recht hat. Nur eines ist sicher: Es hat in der Weltgeschichte noch nie zwei Sieger gegeben, aber oft nur Besiegte. Schon im letzten Krieg scheint mir dies der Fall gewesen zu sein.

Mögen diejenigen Völker und ihre Führer nun das Wort ergreifen, die der gleichen Auffassung sind, und mögen diejenigen meine Hand zurückstoßen, die im Krieg die bessere Lösung sehen zu glauben müssen.

Als Führer des deutschen Volkes und als Kanzler des Reiches kann ich in diesem Augenblick dem Herrgott nur danken, daß er uns in dem ersten schweren Kampf um unser Recht so wunderbar gesegnet hat, und ihn bitten, daß er uns und allen anderen den richtigen Weg finden läßt, auf daß nicht nur dem deutschen Volk, sondern ganz Europa ein neues Glück des Friedens zuteil wird.

Quelle: Freiburger Zeitung, 7. Oktober 1939


Siehe auch