Salon

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Ein Salon – benannt nach dem Gesellschaftszimmer, einem repräsentativen Empfangszimmer – ist ein meist privat unterhaltenes, üblicherweise regelmäßig stattfindenes Treffen („jour fixe“ = fester Tag) zum Zwecke der Beschäftigung mit Politik, Literatur, Wissenschaft, Kunst und Musik. Seit dem frühen 19. Jahrhundert nahmen Salons in zunehmendem Maße eine großbürgerliche Form an und traten in kulturelle Konkurrenz zum repräsentativen Hofleben; Politiker, Bankiers, Financiers, schöngeistig und philosphisch Interessierte, Künstler, Musiker, hochstehende Bürgerliche und Adlige machten Gebrauch von dem Angebot, das auch der Unterhaltung und dem gesellschaftlichen Austausch diente.

Das klassische Zeitalter der Salonière

Eine weibliche, nicht selten adlige Führerin bzw. Leiterin eines Salons wurde als Salonière bezeichnet (im deutschen Sprachraum beispielhaft: Henriette Herz, Rahel Varnhagen, Johanna Schopenhauer, die Mutter des Philosophen, ferner die Nietzsche-Freundin Malwida von Meysenbug sowie Alma Mahler-Werfel; von den sehr viel zahlreicheren, berühmteren französischen Salonières sei Madame de Staël erwähnt).

In neueren, modernen kleinbürgerlichen Verhältnissen, in denen das Großbürgertum ähnlich unvollkommen imitiert wird – wie zuvor das Großbürgertum generationenlang seinerseits den herkömmlichen Adel zu imitieren versuchte –, wird der Salon auch „gute Stube“ genannt und blieb alltäglich strikt verschlossen. Wegen unzureichender oder sogar bedrückend enger Wohnverhältnisse kann diese kleinbürgerliche Attitüde, unbedingt einen „Salon“ (wenn auch noch so bescheiden) präsentieren zu wollen, zu lächerlichen Verkrampfungen führen – mithin also das glatte Gegenteil der angestrebten großbürgerlichen Freiheit, Großzügigkeit und kultivierten Geselligkeit demonstrieren.

Bürgerliche Kultur im Adelskostüm

Die Institution des Salons belegt indirekt, daß selbst in hohen Zeiten der bürgerlichen Kultur (im Europa des 19. Jahrhunderts) keine vollständige Ablösung dieser Kultur von adeligen Vorbildern stattgefunden hat. Das Machtgefälle der Feudalkultur blieb gut identifizierbar erhalten (mittels der strikten Exklusivität der Salonbesucher), und die eigentliche dort präferierte Kultur war patrizisch und eben nicht bürgerlich. Erst unter dem Druck sozialistischer Massenbewegungen im 20. Jahrhundert entdeckten die Bürger verspätet ihre tatsächlich eigene und eigenwertige Kultur (z. B. den Roman und die Verehrung für das Industriepatent und den Patenthalter), verabschiedeten jedoch rasch den Salon und biederten sich schon kurz darauf – im „sozialdemokratischen Jahrhundert“, wie Ralf Dahrendorf es genannt hat – egalitär-sozialistischen Bildungsparolen an (die eine Exklusivität von Bildung, Stil und erlesenem Umgang programmatisch zurückwiesen).

Die späte Feier einer „bürgerlichen Kultur“, wie sie sich etwa in den Werken von Joachim Fest findet, erscheint mitunter als die Verehrung einer Fata Morgana, denn die Großbürger versuchten doch stets, den Adel zu imitieren (als dann der Adel aber entmachtet war, wollten jene Bürger sogleich mit ihrer eigenen bürgerlichen Kultur viel lieber „weltbürgerliche“, „universalistische“ und „allgemeinmenschliche“ Ideen in Verbindung gebracht sehen). So geschah es, daß Salonkommunisten und Fracksozialisten die bürgerliche Kultur beerdigten, während sie nach außen hin den Eindruck zu erwecken suchten, diese zu schützen und weiterzugeben. Dieser gleitende Prozeß kann in der Geschichte der Bonner Republik (1949–1990) minutiös nachverfolgt werden: Vor 1959 – der Verabschiedung des Godesberger Programms der SPD (bis dahin war jene Partei als Arbeiterpartei und als Teil der sozialistischen Weltrevolution aufgestellt) – versuchten Sozialdemokraten, auf Biegen und Brechen als biedere, ehrwürdige Honoratioren zu erscheinen. Nach 1968 hingegen – als der Kulturmarxismus schockartig die Universitäten, dann die Medien und schließlich auch die Parlamente okkupierte – paßten sich insbesondere Sozialdemokraten den neuen Zeiten geschmeidig an und präferierten nunmehr nachlässige Kleidung, amorphe Frisuren und permissive Einstellungen.

Wenn der späte Rainer Maria Rilke träumend und leidend auf Schloß Duino bei Triest weilte und dichtete, und wenn er in den 1920er Jahren auf dem Schlößchen Château de Muzot an seiner schließlich tödlichen Leukämie siechte, dann mag dies ein Höhepunkt kulturellen Schaffens in der Epoche des Bürgertums gewesen sein, aber unverkennbar zeigt sich darin eben auch ein Bürgertum, das auf das Adelskostüm, auf Adelsattitüden und auf seine ureigene Adelssehnsucht keineswegs verzichten konnte.

Geheimpolitik und der politische Salon

In politischen Salons wurden in privatem, vertraulichem Ambiente teilweise großen Entscheidungen der Weg geebnet. So soll der einflußreiche Diplomat Friedrich August von Holstein ebenso wie der mit ihm befreundete Leo von Caprivi bei dem von der jüdischen Salonière Helene von Lebbin[1] unterhaltenen politischen Salon in der Berliner Wilhelmstraße verkehrt haben. Bei dieser regelmäßigen Salonveranstaltung waren vorrangig Politiker und Diplomaten des Auswärtigen Amtes zu Gast.

Nichtpolitische Salons

Gegenstand musikalischer Salons ist häufig Kammermusik, u. a. weil diese in entsprechend kleiner Besetzung auch in kleinen Privaträumen zur Aufführung gebracht werden kann.

Siehe auch

Literatur

  • Roberto Simanowski: Der Salon als dreifache Vermittlungsinstanz
  • Astrid Köhler: Salonkultur im klassischen Weimar. Geselligkeit als Lebensform und literarisches Konzept; Verlag M&P, Stuttgart 1994, ISBN 978-3-476-45145-3 (Kapitel u.a. über den Teetisch der Johanna Schopenhauer und über Goethes „Wahlverwandtschaften“.)
  • Peter Seibert: Der literarische Salon. Literatur und Gesellschaft zwischen Aufklärung und Vormärz; Metzler, Stuttgart 1993, ISBN 3-476-00943-2
  • Philipp Blom: Böse Philosophen. Ein Salon in Paris und das vergessene Erbe der Aufklärung; Carl Hanser Verlag, München 2011, ISBN 978-3-446-23648-6
  • Joachim Fest:
    • Der lange Abschied vom Bürgertum. Joachim Fest und Wolf Jobst Siedler im Gespräch mit Frank A. Meyer; wjs Verlag, Berlin 2005, ISBN 978-3-937-98910-5
    • Bürgerlichkeit als Lebensform. Späte Essays; Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2013, ISBN 978-3-498-02118-4

Fußnoten