Schlußwort im Nürnberger Prozeß: Fritz Sauckel

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Meine Herren Richter! Von den im Prozeß offenbar gewordenen Untaten bin ich in innerster Seele erschüttert. Ich beuge mich in tiefer Demut und Ehrfurcht vor den Opfern und Gefallenen aller Völker und vor dem Unglück und dem Leid meines eigenen Volkes, an dem allein ich mein Schicksal zu messen habe.

Ich stamme aus Lebensverhältnissen völlig anderer Art als meine mitangeklagten Kameraden. In Wesen und Gesinnung blieb ich ein Seemann und Arbeiter. Nach dem ersten Weltkrieg wurde mein Lebensweg bestimmt durch das eigene Erleben der Sorgen und Nöte der um ihr Dasein ringenden Massen meines Volkes. Innerliche Konflikte zwangen mich zur Politik. Ich konnte nichts anderes als Sozialist sein. Ich konnte mich aber nicht zum kommunistischen Manifest bekennen. Ich war nie antireligiös oder gar gottlos, sondern gerade das Gegenteil. Ich selbst habe mit mir hart gerungen, ehe ich zur Politik ging. So bekannte ich mich endlich zur sozialistischen Liebe und Gerechtigkeit denen gegenüber, deren einziger Reichtum ihre Arbeitskraft darstellt, und zugleich zum Schicksal meiner Nation. Darin sah ich die einzige mögliche Verbindung zwischen sozialistischer Gesinnung und wahrer Vaterlandsliebe. Dieser Glaube allein bestimmte mein Leben und Handeln. Ich sah hier keinen Gegensatz zu den Gesetzen der Humanität. In Führertum und Gefolgschaftstreue erkannte ich keinerlei willkürliche Diktatur oder Tyrannis. Mein Irrtum war vielleicht der Überschwang meines Gefühls und meines Vertrauens, sowie meine große Verehrung für Hitler. Ihn kannte ich nur als den Anwalt der Lebensrechte des deutschen Volkes und sah in ihm den gütigen Menschen gegen Arbeiter, Frauen und Kinder und den Förderer der Lebensinteressen Deutschlands. Den Hitler dieses Prozesses konnte ich nicht erkennen. Vielleicht war ein weiterer Mangel meine Vereinsamung und meine Verbohrung in meine Vorstellungswelt und meine Aufgaben. Gesellschaftlichen Umgang mit Inhabern hoher Reichsstellen hatte ich fast nie. Meine knappe Freizeit gehörte meiner Familie. Ich war und bin glücklich, daß meine Frau die Tochter eines Arbeiters ist, der selbst Sozialdemokrat war und blieb.

Ich versichere feierlich in diesem meinem letzten Wort: Alle außenpolitischen Ereignisse und der Beginn aller Kriegshandlungen überraschten mich vollkommen.

Unter keinen Umständen hätte ich mitgewirkt als deutscher Arbeiter und für deutsche Arbeiter und mitgeplant, den Wahnsinn der Entfesselung eines Angriffskrieges heraufzubeschwören.

Ich bin nur Nationalsozialist geworden, weil ich Klassenkampf, Enteignung und Bürgerkrieg verurteilte und an den absoluten Willen zum Frieden, zur Verständigung mit der Mitwelt und an die Aufbauarbeit Hitlers felsenfest glaubte. Ich habe in meinem eigenen Aufgabengebiet immer alles darangesetzt, weil ich Arbeiter war, Ausschreitungen, Willkür und Roheit jeder Art zu verhindern. Ich war naiv genug, gegen Himmler und Goebbels mein Manifest und viele an dere Anordnungen für den Arbeitseinsatz, die die humane und korrekte Behandlung der fremden Arbeiter allen Stellen zwingend vorschrieben, durchsetzen zu wollen.

Ich hätte nie vermocht, widerspruchslos das Wissen furchtbarster Geheimnisse und Verbrechen zu ertragen, noch mit einem derartigen Bewußtsein meinem Volk oder meinen zehn unschuldigen Kindern unter die Augen zu treten. Ich habe keinen Anteil an irgendeiner Verschwörung gegen den Frieden oder die Menschlichkeit, noch habe ich Morde und Mißhandlungen geduldet.

Im Krieg selbst mußte ich meine Pflicht erfüllen. Die Aufgabe des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz erhielt ich in schwerster Krisenzeit 1942, für mich völlig überraschend. Ich war gebunden an die schon bestehenden Arbeitsgesetze, die Aufträge des Führers und die Verordnungen des Ministerrats für die Reichsverteidigung. Ich weiß nicht, warum ich gerade den Auftrag bekam. In meinem eigenen Gau hatte ich mir besonders das Vertrauen der Arbeiter, Bauern und Handwerker erworben und war schon vor 1933, also vor Hitlers Machtergreifung, mit großer Mehrheit durch freie parlamentarische Wahlen zum Chef der dortigen Landesregierung gewählt worden.

Ich glaube, daß die Vorsehung mich mit einer guten Anlage für Organisation wie für praktische Arbeit, sowie Begeisterungsfähigkeit ausgestattet hat. Vielleicht erhielt ich deshalb diesen Auftrag. Er bürdete mir eine schwere Last auf; der Berliner Boden war mir völlig fremd.

Ich habe, weil ich ein Arbeiter bin, nie daran gedacht, fremde Menschen zu Sklaven zu machen. Meine Forderung, sparsam mit Menschen umzugehen, bedeutete keinesfalls deren unmenschliche Ausbeutung, sondern deren ökonomischen, vernünftigen, richtigen Einsatz bei der Arbeit. Ich habe nie beabsichtigt, gegen Völker-, Kriegs- und Menschenrecht Verbrechen zu begehen. Nicht einen Augenblick zweifelte ich an der Rechtmäßigkeit und Zulässigkeit meiner Aufgabe, denn ich hielt einen Völkerrechtsbruch durch die Deutsche Regierung für ausgeschlossen. Wenn mir vorgehalten wird, trotzdem durften die deutschen Arbeitsgesetze in den besetzten Gebieten nicht angewandt werden, dann bitte ich, erwidern zu dürfen, daß selbst hochgestellte Franzosen, Belgier, Polen und auch Russen mir erklärt haben, daß sie Deutschland durch Arbeiter deshalb unterstützen, um Europa gegen ein drohendes kommunistisches System zu schützen und um im Krieg Arbeitslosigkeit und Massenelend verhüten zu helfen. Ich habe aber nicht nur mit größtem Eifer mich für die Erfüllung meiner Aufgabe eingesetzt, sondern ich habe zugleich mit meiner ganzen Kraft angestrebt, den Tiefstand in der Organisation und in der Versorgung der ausländischen Arbeiter, welcher durch die Winterkatastrophe 1941/1942 eingetreten war, sofort bei Antritt meines Amtes mit allen Mitteln zu beseitigen und alle Unzulänglichkeiten und Mißstände abzustellen.

Ich glaube auch, wie meine Dokumente beweisen, daß bei einer korrekten Behandlung, wie ich sie verlangte, die ausländischen Arbeiter innerlich für unsere deutsche Aufgabe gewonnen werden konnten. Vielleicht war ich in den Augen von Himmler und Goebbels ein hoffnungsloser Utopist – sie waren meine Gegner. Ich habe aber ehrlich darum gekämpft, daß alle fremden Arbeiter die gleichen Rechte und Bedingungen erhalten sollten wie die deutschen. Auch dafür zeugen die zahlreichen Dokumente meines Verteidigers, und alle Aussagen der Zeugen vor diesem Gericht haben es bestätigt. Wenn mein Werk unvollkommen gewesen ist, kann es niemand mehr und schmerzlicher bedauern als ich selbst. Leider lag es nur zum Teil in meiner Hand, wie mein Anwalt bewiesen hat. Die Beweisaufnahme hat gezeigt, daß in den besetzten Gebieten Dinge geschehen sind, worauf ich und der zivile geregelte Arbeitseinsatz ohne jeden Einfluß waren.

Bei mir aber liefen die Beschwerden der deutschen wirtschaftlichen Bedarfsträger und Dienststellen ein, es seien für die Führung dieses Krieges stets zu wenig Arbeitskräfte von mir gestellt; ich sei schuld, wenn in der Kriegswirtschaft und Ernährungswirtschaft gefährliche Krisen drohten. Diese schweren Verantwortungen und diese Sorge beherrschten mich so sehr, daß ich für andere Vorgänge gar keine Zeit fand und hatte. Ich bedauere dies.

Für meine Anordnungen und für meine Beamten übernehme ich die Verantwortung. Die Protokolle der Zentralen Planung habe ich vor diesem Prozeß nie zu Gesicht bekommen, sonst hätte ich falsche oder mißverständliche Stellen richtiggestellt, wie zum Beispiel jene über das unmögliche Verhältnis von nur 200.000 freiwilligen Arbeitern. Das gleiche gilt auch für eine Anzahl anderer Äußerungen, die dritte Personen fälschlich von mir vermerkten und ohne daß diese Äußerungen von mir Wirklichkeit wurden. Weil ich Arbeiter bin und auf fremden Schiffen selbst Dienst geleistet habe, hege ich dankbare Gefühle für die fremden Arbeiter, die in Deutschland waren, denn sie halfen uns sehr und sie arbeiteten gut. Dies ist vielleicht ein Beweis dafür, daß sie im großen und ganzen korrekt und menschlich behandelt wurden. Ich selbst habe sie oft besucht. Weil ich Arbeiter war, habe ich 1943 und 1944 die Weihnachtsfeiern unter fremden Arbeitern verbracht, um ihnen meine Einstellung zu ihnen zu zeigen. Meine eigenen Kinder arbeiteten mitten unter fremden Arbeitern unter gleichen Arbeitsbedingungen. Konnten ich oder deutsche Arbeiter und das deutsche Volk dies für Sklaverei ansehen? Diese Notwendigkeit war unsere Kriegsnot. Das deutsche Volk und der deutsche Arbeiter hätte nie sklavenähnliche Zustände bei sich geduldet.

Mein Verteidiger hat in äußerster Sachlichkeit meinen Fall in voller Wahrheit dargelegt. Ich danke ihm aus tiefstem Herzen hierfür. Er war streng und korrekt bei der Untersuchung meines Falles von seiner Seite aus.

Mein Wollen und mein Gewissen ist rein; Unzulänglichkeiten und die Nöte dieses Krieges, die Furchtbarkeit seiner Verhältnisse gehen mir zutiefst zu Herzen. Ich selbst bin bereit, für jedes Schicksal, das die Vorsehung mir auferlegt, einzutreten, wie es mein gefallener Sohn tat. Die Gauleiter, die ich zu Bevollmächtigten einsetzte für den Arbeitseinsatz, hatten nur die alleinige Aufgabe, für die korrekte Versorgung und Behandlung der deutschen und der ausländischen Arbeiter zu sorgen.

Gott schütze mein über alles geliebtes Volk, der Herrgott segne wieder die Arbeit deutscher Arbeiter, denen mein ganzes Leben und Streben gegolten hat, und er schenke der Welt den Frieden.

Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg, Nürnberg 1947, Bd. 22, S. 450 ff. (Zeno)


Schlußworte im Nürnberger Prozeß