Schmidt, Erich (1853)

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Prof. Dr. Erich Schmidt

Franz Erich Schmidt (Lebensrune.png 20. Juni 1853 in Jena; Todesrune.png 29. April 1913 in Berlin) war ein deutscher Literaturwissenschaftler und Hochschullehrer. Er war u. a. Mitbegründer und Erster Vorsitzender der 1888 gegründeten „Gesellschaft für deutsche Literatur“.

Werdegang

Aus: „Zur Erinnerung an Erich Schmidt. Gedenkworte von Ludwig Bellermann in der Sitzung der Gesellschaft für Deutsche Literatur am 21. Mai 1913“
Schmidt besaß eine umfangreiche germanistische Bibliothek (ca. 10.000 Bände), die auch viele bibliophile Stücke wie Erstausgaben und Widmungsexemplare umfaßte. Besonderer Schwerpunkt seiner Sammlung waren Werke von und über Goethe, aber auch Lessing und Kleist. Gleichzeitig erhielt Schmidt als Förderer moderner Literatur von der nachklassischen Zeit bis zum Naturalismus zahlreiche Widmungs- und Rezensionsexemplare zeitgenössischer Autoren. Neben dem Exlibris und einem Stempel aus seiner Wiener Zeit hinterließ Schmidt häufig handschriftliche Annotationen und seinen Namenszug in seinen Büchern, so daß diese meist eindeutige Provenienzspuren aufweisen. Nach seinem Tode im Jahre 1913 kaufte der Berliner Verleger Rudolf Mosse vor einer geplanten Auktion die komplette Bibliothek von dem Antiquar Martin Breslauer an. Die Autographen-Sammlung Schmidts wurde dann 1914 von Breslauer verkauft. Rudolf Mosse ließ die Bibliothek im Erdgeschoß seines Hauses am Leipziger Platz 15 aufstellen und machte sie ab März 1914 an vier Tagen der Woche für jeweils zwei Stunden unter Auf­sicht öffentlich zugänglich.
„Erich Schmidt studierte klassische Philologie in Graz und Jena, setzte die Studien an der Reichsuniversität Straßburg fort und wechselte dort an das Germanische Seminar zu Wilhelm Scherer. Hier erfolgte die entscheidende Wende Schmidts zur neueren deutschen Literaturgeschichte. Bereits zum Ende seines einundzwanzigsten Lebensjahres wurde er mit der Arbeit ‚Reinmar vom Hagenau und Heinrich von Rugge‘ promoviert. Ein Jahr später habilitierte er sich in Würzburg mit der Schrift ‚Heinrich Leopold Wagner, Goethes Jugendgenosse‘, stieg im Jahre 1875 zum Privatdozenten für Literaturgeschichte auf und wurde mit vierundzwanzig Jahren bereits außerordentlicher Professor für deutsche Philologie in Straßburg. Die Universität Wien berief ihn 1880. Als Direktor an das Goethe-Archiv in Weimar wechselte er im Jahre 1885. Die Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität berief Schmidt im Jahre 1887 auf den Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur. Zum 100-jährigen Jubiläum war er Rektor der Berliner Alma Mater. ‚Die litterarische Persönlichkeit‘ war das Thema seiner Rede zum Antritt des Rektorats, gehalten in der Aula am 15. Oktober 1909. Erich Schmidt pflegte Verbindungen zu zeitgenössischen Dichtern, wie Heyse, Storm, Keller, Fontane und Hauptmann. Er hat die neuere deutsche Literaturwissenschaft als selbständige Disziplin mitbegründet. Weit über die Fachkreise hinaus wurde er als Entdecker des ‚Urfaust‘ (1887), als Organisator und Mitherausgeber der ‚Sophien-Ausgabe‘ von Goethes Werken (1887–1918) bekannt. Die grundlegende zweibändige Ausgabe "Lessing. Geschichte seines Lebens und seiner Schriften" von 1884 bis 1892 muss genannt werden, ebenso wie seine ‚Beiträge zur Kenntnis der Klopstock‘schen Jugendlyrik‘ von 1880. Nach Erich Schmidts Tod 1913 benötigte die Universität sieben Jahre, um einen Nachfolger für den frei gewordenen Lehrstuhl zu finden, der die Kontinuität gewährleisten konnte. Julius Petersen wurde 1920 sein Nachfolger.“

Neue Deutsche Biographie

Nach dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums der Admonter Benediktiner in Graz kam S. 1864 nach Jena, wo er in die von dem Herbartianer →Karl Volkmar Stoy (1815–85) geführte Erziehungsanstalt eintrat. 1868 setzte er seine Ausbildung in Schulpforta fort. Nach dem Abschluß 1871 studierte S. Klassische Philologie in Graz, Jena und Straßburg. Hier vollzog sich durch die Bekanntschaft mit →Wilhelm Scherer (1841–86) die Wende S.s zur Neueren dt. Literaturgeschichte. 1874 mit der Dissertation „Reinmar von Hagenau und →Heinrich von Rugge, Eine literaturhistorische Untersuchung“ (1874) bei Scherer promoviert, habilitierte er sich ein Jahr später in Würzburg mit „→Heinrich Leopold Wagner, Goethes Jugendgenosse, Nebst neuen Briefen und Gedichten von Wagner und Lenz“ (1875, ²1879). 1875-77 war S. Privatdozent in Würzburg, 1877-80 als Nachfolger Scherers Extraordinarius in Straßburg. 1880 wechselte er an die Univ. Wien (Nachfolge →Karl Tomaschek, 1828–78), wo er ein Jahr später ein Ordinariat für Neuere dt. Literaturgeschichte erhielt. Auf Empfehlung Scherers amtierte S. seit 1885 als Direktor des neu begründeten Goethe-Archivs in Weimar, wo er Goethes „Urfaust“ (1887, ⁸1915) herausgab. Nach Scherers Tod übernahm S. 1887 das Ordinariat für Neuere dt. Literaturgeschichte in Berlin und eröffnete dort das Germanistische Seminar als dessen erster Direktor (Dekan 1899/1900, Rektor 1909/10). Hier vollendete er sein wissenschaftliches Hauptwerk „Lessing, Geschichte seines Lebens und seiner Schriften“ (2 Bde., 1884/92, ⁴1923, Nachdrr. 1967 u. 1983), das ihn als überzeugten Anhänger der von Scherer inaugurierten historisch-philologischen und biographischen Forschung in der neueren dt. Literatur ausweist. Dies belegen auch seine Mitherausgeberschaft von „Goethes Werken“ im Rahmen der sog. Weimarer „Sophien-Ausgabe“ seit 1887 sowie die von ihm geleitete Werkedition „→Heinrich von Kleist“ (1904-05, ²1936-38). Letzteres wie auch zahlreiche Studien zur Gegenwartsliteratur in dem Sammelband „Charakteristiken“ (2 Bde., 1886/1901, ²1902/12) und die große Anzahl an Literaturkritiken zeigen S. zudem als entschiedenen Förderer moderner Literatur von der nachklassischen Zeit bis zum Naturalismus der Jahrhundertwende (v. a. Gerhart Hauptmanns). Dies schloß den geselligen Verkehr in literarischen Salons in Wien und Berlin genauso ein wie den freundschaftlichen Umgang mit Schriftstellern (wie →Theodor Storm, →Paul Heyse, →Theodor Fontane). Durch sein großes Engagement als Hochschullehrer und Wissenschaftsorganisator war S. Repräsentant seines Faches in der Öffentlichkeit des Kaiserreichs. Zu der Vielzahl seiner prominenten Schüler zählen →Julius Petersen, →Friedrich Gundolf, →Georg Minde-Pouet, →Alfred Kerr und →Arthur Eloesser.[1]

Familie

Erich Schmidt war der Sohn des Zoologen Prof. Dr. Eduard Oscar Schmidt (1823–1886) und dessen Frau Friederike Maria, geb. Koller. Sein Vater habilitierte sich in Jena 1847. Er lehrte ab 1848 in Jena, ab 1855 in Krakau, ab 1857 in Graz und ab 1872 in Straßburg. Er war einer der ersten Verfechter der Darwinschen Evolutionstheorie und wandte diese in seinen Forschungsgebieten an.

Ehe

Schmidt heiratete 1880 seine Verlobte Walborg „Wally“ Strecker (1857–1936), Tochter des Adolf Strecker (1822–1871), Professor für Chemie in Straßburg. Aus der Ehe sind zwei Söhne und eine Tochter (Hilde, verheiratete Richter) entsprossen.

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

Werke (Auswahl)

  • Heinrich Leopold Wagner, Goethes Jugendgenosse (PDF-Datei)
  • Lenz und Klinger: Zwei Dichter der Geniezeit (PDF-Datei)
  • Richardson, Rousseau und Goethe: Ein Beitrag zur Geschichte des Romans im 18. Jahrhundert (PDF-Datei)
  • Goethe's Faust in ursprünglicher Gestalt (PDF-Datei)
  • Lessing. Geschichte seines Lebens und seiner Schriften (1892) (PDF-Dateien: Band 1, Band 2)
  • Die orientalischen Literaturen: Die Anfänge der Literatur und die Literatur der primitiven Völker (PDF-Datei)
  • Werke; im Auftrage der Goethe-Gesellschaft ausgewählt und hrsg. von Erich Schmidt (PDF-Dateien: Band 1, Band 2, Band 3, Band 4, Band 5, Band 6)

Fußnoten

  1. Schmidt, Franz Erich, in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 182–183
  2. Deutscher Ordens-Almanach, 1908, S. 1352