Stalin-Noten

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Unter den Stalin-Noten versteht man Stalins Angebot in einer Note vom 10. März 1952 zu Verhandlungen mit den drei Westmächten Frankreich, Vereinigtes Königreich und den Vereinigten Staaten über die Wiedervereinigung Deutschlands (jedoch ohne Österreich und Ostdeutschland) unter der Bedingung der neutralen Stellung Deutschlands. Diese Note und die Erwiderungen Stalins auf die Antworten der Westmächte werden als Stalin-Noten bezeichnet.

Ernsthaftigkeit des Angebots

Einige Historiker interpretieren das Angebot als einen Versuch, die Westintegration der Bundesrepublik zu verhindern. Es wird jedoch nicht ausgeschlossen, daß Stalins Angebot ernstgemeint war, immerhin war das gleiche auch in Österreich passiert, das zu einem neutralen Staat wurde. Auch ist anzumerken, daß die Sowjetunion als einzige Siegermacht sich immer wieder für einen gesamtdeutschen Staat (aus West- und Mitteldeutschland bestehend) aussprach, während vor allem der Besatzer Frankreich für die größtmögliche Teilung war.

„Adenauer selbst war jedoch auch daran interessiert, ob die Stalinnote vom März 1952 mehr als ein Propagandamanöver war, und ließ sie von einem unabhängigen Gutachter, dem früheren Leiter der Ostabteilung im Reichsaußenministerium Richard Meyer von Achenbach, prüfen, der feststellte, daß die Note ernst gemeint und die aus dem Osten drohende Gefahr relativ gering sei. Adenauer war über das Gutachten schockiert. Er wußte sich jedoch zu helfen, erklärte es kurzerhand für geheim und unterband damit eine weitere Diskussion. Zum Ergebnis, daß es sich um eine ernst gemeinte Note handelte, kamen auch die Westmächte.“[1]

Ablehnung des Westens

Sowohl die westlichen Besatzungsmächte als auch Adenauer lehnten das Angebot ab.

„Da Adenauer Verhandlungen über die Stalinnote ablehnte, besserten die Russen nach: Auf der Berliner Außenministerkonferenz vom 25.01. bis zum 18.02.1954 boten sie zusätzlich noch den Verzicht auf Reparationen an (geradezu unglaublich, wenn man bedenkt, daß BRD und DDR von 1945 bis 1990 ca. 300 Milliarden DM an Reparationen bezahlt haben) sowie die Nichtbindung aller Abmachungen der beiden deutschen Teilstaaten (also u. a. auch die Vereinbarung zwischen DDR und Polen vom 06.07.1950 über die sog. ‚Oder-Neiße-Friedensgrenze‘, über die lt. Spiegel Nr. 24/1983 nach Äußerungen des russischen Hochkommissars Wladimir Semjonow in Gesprächen mit bürgerlichen DDR-Politikern das letzte Wort noch nicht gesprochen war). Den letzten Streitpunkt räumten die Russen im Januar 1955 aus, indem sie sich mit gesamtdeutschen freien Wahlen unter internationaler Kontrolle einverstanden erklärten.“[1]

Gustav Heinemann sagte 1962 im Rückblick nochmals das, was er schon zehn Jahre vorher erklärt hatte:

„Über der Politik der großen Worte und einer eingebildeten Stärke wurde das Angebot der Sowjetunion von 1952/54 noch nicht einmal ausgelotet, sondern rundweg ausgeschlagen – das Angebot, einen Friedensvertrag mit einer frei gewählten gesamtdeutschen Regierung gegen Verzicht des wiedervereinigten Deutschland auf militärischen Aufmarsch gegen die Sowjetunion einzuhandeln. [...] Uns [...] von der Hinterlassenschaft der Adenauer-Politik abzuwenden, steht uns leider nicht frei. Die Angebote, die Alternativen, die gestern galten, sind heute überholt. Die Zeit hat nicht für, sondern gegen Gesamtdeutschland gearbeitet. Nichts weist die Sowjetunion heute heftiger zurück, als was sie vor zehn Jahren vergeblich anbot. Auch Europa will nicht halten, was die Adenauer, Schuman und de Gasperi in den fünfziger Jahren versprachen.“[2]

Fazit

Professor Gerhard Wettig – einer der besten deutschen Kenner der sowjetischen Deutschlandpolitik dieser Periode – stellt die Frage: „War Stalin bereit, Deutschlands Einheit in Freiheit zu gewähren?“. In seinem Buch (Bereitschaft zu Einheit in Freiheit? Die sowjetische Deutschlandpolitik 1945-1955. Olzog Verlag, München 1999) gibt er darauf eine eindeutig negative Antwort. Die Frage könnte jedoch auch anders formuliert werden: „War Stalin bereit, Deutschlands Einheit unter den Prämissen seiner Neutralität und seiner Freiheit anzuerkennen?“. In diesem Fall wäre die Antwort aus meiner Sicht nicht so eindeutig negativ. Gerhard Wettig schreibt richtig von einem „inneren Spannungsverhältnis“ der Ziele Stalins in Bezug auf Deutschland. Er meint, es gälte für ihn, das westdeutsche Potential zu paralysieren und aus dem besiegten Deutschland eine Bastion des Sozialismus zu machen. Beide Ziele hätten unverbunden nebeneinander gestanden. (Gerhard Wettig. Stalins Deutschlandpolitik 1945-1953: Kontinuität und Wandel. In: 50 Jahre sowjetische und russische Deutschlandpolitik S. 15.)[3]

Literatur

Filmbeitrag

Reconquista Germania:
Die Stalin-Noten – Adenauers Verrat
Siegfried Prokop: Die Stalinnoten und der Verrat Adenauers an der deutschen Einheit

Siehe auch

Verweise

Fußnoten