Stern, Fritz

Aus Metapedia
Wechseln zu: Navigation, Suche
Fritz Stern (2007)

Fritz Richard Stern (geb. 2. Februar 1926 in Breslau, Preußen; gest. 18. Mai 2016 in Neuyork) war ein deutschsprachiger jüdischer Historiker.

Werdegang

Herkunft

Fritz Richard Stern wurde am 2. Februar 1926 im damals preußischen Breslau als Sohn einer wohlhabenden Familie des Bildungsbürgertums geboren. Seine Mutter Katharina, geb. Brieger, war promovierte Physikerin, später Montessori-Pädagogin und Autorin, sein Vater Rudolph Stern, Sproß einer schlesischen Ärzte-Dynastie, Professor der Medizin. Die assimilierten jüdischen Eltern ließen Stern protestantisch taufen. Fritz Stern erhielt seinen Vornamen bei der Taufe nach seinem Paten, dem Chemiker und jüdischen Nobelpreisträger von 1918, Fritz Haber (1868-1934). Die Familie wanderte im September 1938 in die Vereinigten Staaten von Amerika aus, wo Stern 1947 eingebürgert wurde. Sowohl sein Vater Rudolf Stern als auch seine Großväter waren Ärzte, während seine Mutter Käthe Brieger promovierte Physikerin war und sich später als Mathematik-Didaktikerin einen Namen machte. Er hatte noch eine ältere Schwester Toni.[1]

Ausbildung

Fritz Stern besuchte das Breslauer Maria-Magdalena-Gymnasium, dann in Neu York Stadt die Bentley School. Nach dem High-School-Abschluß 1943 riet ihm ein weiterer befreundeter Nobelpreisträger, Albert Einstein, zu einem Medizinstudium. Stern entschied sich für Geschichte an der New Yorker Columbia University, wo er 1946 den „Bachelor“-Grad, 1948 den „Master“-Titel (M.A.) erwarb und 1953, bei Jacques Barzun, mit einer Dissertation über radikalnationalistische Strömungen im Deutschland des 19. Jahrhunderts zum Ph.D. in Geschichtswissenschaft promoviert wurde.

Wirken

Fritz Stern wurde an der New Yorker Universität Assistant Professor, 1963 ordentlicher Professor, 1967 Seth-Low-Professor. Mit Unterbrechungen für Gastprofessuren und seine Tätigkeit am renommierten Institute for Advanced Study in Princeton 1969/70 blieb er bis zur Emeritierung 1997 in dieser Position.

Neben seiner Lehrtätigkeit ist er Mitglied des hinter den Kulissen wirkenden, einflußreichen „Council on Foreign Relations“ (CFR), genannt „Politbüro des Kapitalismus“.[2]

Der Professor für europäische Geschichte an der New Yorker Columbia-Universität Fritz Stern hielt 1987 auf Einladung des damaligen Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger (CDU) die offizielle Rede zum Jahrestag des 17. Juni-Aufstandes. Unter dem Beifall der Bonner Abgeordneten behauptete er, der Volksaufstand sei gar keine Erhebung für die deutsche Einheit gewesen. „Gefahren“ würden von einem wiedervereinigten Deutschland ausgehen, betonte er, denn „antiwestliche Instinkte“ würden in den Deutschen „nisten“. Die Deutschen könnten einem „verlockenden Ostwind“ erliegen. Er mahnte im Bundestag das deutsche Volk, der „politischen Kultur der USA“ stets zu folgen. Bei anderer Gelegenheit hatte er die Bonner Westbindung als „Erlösung von deutscher Größe“ bezeichnet.[2]

2003 warnte er die USA vor „imperialer Arroganz“.[2]

Mitgliedschaften

Fritz Stern war 1971/1972 Mitglied der OECD-Gruppe für die bundesdeutsche Bildung, 1972/1973 des „Netherlands Institute for Advanced Study“, 1983-2000 des Aspen Institute Berlin, 1987-1993 des Wissenschaftlichen Beirats des Wissenschaftskollegs Berlin und 1993-1997 des deutsch-amerikanischen Wissenschaftsrats. 1981-1999 war er Kurator des „German Marshall Funds“. Er trat der „Phi-Beta-Kappa-Vereinigung“ (Senator-at-large 1973-1978), der „American Academy of Arts and Sciences“ (1969) sowie der „American Philosophical Society“ (1988) bei und wurde Senator der „Deutschen Nationalstiftung“ (1993).[3]

Familie

Aus der 1947 geschlossenen Ehe mit Margaret J. Bassett gingen ein Sohn (Frederick P.) und eine Tochter (Katherine) hervor. Nach der Scheidung 1992 heiratete Fritz Stern im Januar 1996 die US-Verlegerin Elisabeth Niebuhr Sifton (Farrar, Straus and Giroux, seit 1993 mehrheitlich zur Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck gehörend), Tochter des einflussreichen Theologen Reinhold Niebuhr (1892-1971), dessen Eltern aus Deutschland in die USA eingewandert waren. Als Freizeitinteressen nannte er Lesen, Wandern und Skitouren. Stern ließ sich in New York nieder, wo er seine Wohnung mit zahlreichen Möbeln aus der Hand des bekannten Architekten Hans Poelzig (1869-1936) einrichtete, die seine Eltern aus Deutschland mitgenommen hatten. Zu seinem Freundeskreis zählte die „ZEIT“-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff († 2002) sowie der deutsch-britische Soziologe Ralf Dahrendorf.[3]

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

  • (Hrsg.): Geschichte und Geschichtsschreibung. Möglichkeiten, Aufgaben, Methoden. Texte von Voltaire bis zur Gegenwart. Piper, München 1966 (englisch zuerst als: The varieties of history. From Voltaire to the present. Meridian Books, New York 1956).
  • Kulturpessimismus als politische Gefahr. Eine Analyse nationaler Ideologie in Deutschland. Klett-Cotta, Stuttgart 2005, ISBN 3-608-94136-3 (englisch zuerst als Dissertation: The politics of cultural despair. A study in the rise of the Germanic ideology. University of California Press, Berkeley u. a. 1961).
Die Arbeit behandelt Paul de Lagarde, Julius Langbehn und Arthur Moeller van den Bruck, drei Schlüsselfiguren des Illiberalismus, die seit der Reichsgründung 1871 großen Einfluss auf das Nationalgefühl weiter Teile des deutschen Bürgertums hatten.
  • Das Scheitern illiberaler Politik. Studien zur politischen Kultur Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert. Propyläen, Frankfurt am Main u. a. 1974, ISBN 3-549-07303-8 (englisch zuerst als: The Failure of Illiberalism. Essays on the Political Culture of Modern Germany. Knopf, New York 1972).
  • Gold und Eisen. Bismarck und sein Bankier Bleichröder. Neuausgabe, Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2000, ISBN 3-499-60907-X (englisch zuerst als: Gold and Iron. Bismarck, Bleichröder, and the building of the German empire. Knopf, New York 1977, ISBN 0-394-49545-4).
Dieses Buch handelt von dem Bankier Gerson Bleichröder, einem vertrauten Freund Otto von Bismarcks. Stern untersucht die Entwicklung der unsicheren Beziehungen zwischen Juden und Nicht-Juden in Deutschland.
  • Der Traum vom Frieden und die Versuchung der Macht. Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert. Pantheon, München 2006. ISBN 3-570-55013-3 (englisch zuerst als: Dreams and Delusions. The Drama of German History. Knopf, New York 1987, ISBN 0-394-55995-9).
  • Verspielte Größe. Essays zur deutschen Geschichte. C. H. Beck, München 1996, ISBN 3-406-41328-5 (3. Aufl. 2005, ISBN 3-406-49420-X).
  • Das feine Schweigen. Historische Essays. C. H. Beck, München 1999, ISBN 3-406-45674-X.
  • Fünf Deutschland und ein Leben. Erinnerungen. C. H. Beck, München 2007. ISBN 978-3-406-55811-5 (Rezension von Norbert Frei in: Die Zeit, 23. August 2007, S. 47); englische Originalausgabe: Five Germanys I Have Known. Farrar, Straus and Giroux, New York 2006. ISBN 0-374-15540-2).
  • Der Westen im 20. Jahrhundert. Selbstzerstörung, Wiederaufbau, Gefährdungen der Gegenwart. Wallstein, Göttingen 2008, ISBN 978-3-8353-0254-9.
  • Helmut Schmidt, Fritz Stern: Unser Jahrhundert: Ein Gespräch, C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3406601323.

Film

  • Fritz Stern – Mein Leben. Dokumentation, Deutschland, USA, Polen 2007, 43 Min., Regie: Jean Boué, Produktion: JAB Film, ZDF, arte, Erstsendung: 30. März 2008, Inhaltsangabe von arte.

Verweise

Fußnoten

  1. Internationales Biographisches Archiv 31/2008
  2. 2,0 2,1 2,2 David Korn: Wer ist wer im Judentum? - FZ-Verlag ISBN 3-924309-63-9
  3. 3,0 3,1 Munzinger-Archiv GmbH, 2008
  4. Laudatio von Bundespräsident Horst Köhler, 28. September 2006.