Tabori, George

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George Tabori

George Tabori, geboren als Tábori György (* 24. Mai 1914 in Ofen-Pest; † 23. Juli 2007 in Berlin) war ein jüdischer Schriftsteller, Drehbuchautor, Übersetzer, Dramatiker und Theaterregisseur.[1]

Werdegang

Herkunft

George (eigentl. György) Tabori wurde 1914 als zweiter Sohn des linksorientierten Journalisten, Schriftstellers und Hobbyhistorikers Cornelius Tabori (1879-1944) und dessen Ehefrau Elsa (1889–1963) in Budapest (Josephstraße 16) geboren.[2] Sein Vater war Mitglied des „Galileo-Kreises“, dem auch Georg Lukács angehörte. Da seine Mutter Tochter eines österreichischen Kurarztes war, wuchs Tabori zweisprachig auf (ungarisch-deutsch). Bis zum Alter von sieben Jahren erzogen ihn seine Eltern als Katholik unter Katholiken und klärten ihn erst dann auf, daß er von Juden abstammte.

Ausbildung

Da sein Vater der Ansicht war, daß es in Ungarn mehr Schreibende als Leser gäbe, sollte sein Sohn George trotz erkennbarer Begabung einer soliden Form des Gelderwerbs nachgehen. George Tabori besuchte bis zum Abitur ein Gymnasium in Budapest. Im Oktober 1932 fuhr der Vater mit seinem Sohn nach Berlin. Dort begann George Tabori ein halbes Jahr lang eine Hotelfachlehre (Koch), zuerst im „Hotel Adlon“ und dann im „Hotel Hessler“ in der Kantstraße in Berlin-Charlottenburg. Im Mai 1933 kehrte er nach Budapest zurück und studierte dort, bis er 1936 nach London ging, wo bereits sein Bruder Paul (1908–1974) lebte. Tabori war seit 1945 britischer Staatsbürger.

Wirken

George Tabori arbeitete in London als Journalist und Übersetzer. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verdingte er sich beim britischen Nachrichtendienst. Er ging er als Auslandskorrespondent nach Bulgarien, dann in die Türkei. 1941-1943 leistete er als Intelligence Officer Kriegsdienst in der britischen Armee.[3] Als britischer Geheimdienstoffizier war er in Palästina (Jerusalem) stationiert. 1943 nach London zurückgekehrt, machte Tabori bei der BBC-Propaganda mit.[4]

Er unternahm erste schriftstellerische Versuche. Noch in London erschien 1943 sein erster Roman „Beneath the Stone“, dem die Romane „Companions of the Left Hand“ (1946) und „Original Sin“ (1947) folgten. 1947 wanderte Tabori nach Amerika aus und traf hier mit berühmten Zeitgenossen wie Thomas Mann und Lion Feuchtwanger zusammen. In Hollywood machte sich Tabori als Drehbuchautor einen geachteten Namen. Seine Erfahrungen bei der antideutschen BBC-Propaganda konnte er als Drehbuchautor für die „Thriller“-Spezialisten Alfred Hitchcock und Anatole Litvak verwenden. Über die Begegnung mit Bert Brecht (1947), von dem er drei Stücke ins Englische übersetzte, entdeckte Tabori das Theater für sich. 1952 wurde von Elia Kazan am Broadway Taboris erstes Theaterstück, „Flight into Egypt“, uraufgeführt.[3] Das ironische Melodram über eine österreichische Familie, die versucht, in die Vereinigten Staaten zu emigrieren, erwies sich als Flop. 1956 stellte Tabori mit Strindbergs „Fräulein Julie“ in Neu York seine erste Inszenierung mit seiner zweiten Ehefrau, der Schauspielerin Viveca Lindfors, in der Titelrolle vor. Für das Londoner Aldwych-Theatre schrieb Tabori u. a. „Brouhaha“ (1958) und für das Neu Yorker Theater De Lys „Brecht on Brecht“ (1962). Wesentliche Erfahrungen mit Gruppenarbeit im Theater sammelte Tabori Anfang der 1960er Jahre am „Free Southern Theater“ in New Orleans.[3] 1966 gründete er zusammen mit Viveca Lindfors die Gruppe „The Strolling Players“, mit der er verschiedene Tourneen unternahm. Zeitweise lehrte Tabori an StrasbergsActors Studio“ in Neu York.[4]

1968 kam Tabori nach Deutschland und inszenierte am Berliner Schiller-Theater sein Auschwitz-Stück „Die Kannibalen“. Seither arbeitete er vorwiegend im deutschsprachigen Raum. Der Literat und Theaterleiter George Tabori gehört zur unübersehbaren Schar Kunstschaffender, für die auch über ein halbes Jahrhundert nach Hitlers Tod die NS-„Bewältigung“ die Hauptsache war.[4]

Er leitete das Bremer „Theaterlabor“ und die Münchner „Kammerspiele“. 1987 stieg er zum Intendanten des Wiener Schauspielhauses auf (bis 1990). Dann wirkte er am „Theater im Kreis“ der österreichischen Hauptstadt, später am „Berliner Ensemble“. Zu seinen bekanntesten Theaterstücken zählen „Die Kannibalen“ (KZ-ler haben einen gekochten Mithäftling zu verzehren), „Mein Kampf“, „Masada“ (nach Flavius Josephus) und das autobiographische Bühnenwerk „Peepshow“. Über eine „Peepshow“- lnszenierung berichtete der „Stern“ wie folgt: „Kalauer wechseln mit beklemmenden KZ-Visionen. Da wird ein Fötus mit der Stuhlkante bearbeitet und ein Penis aus Teig beknabbert, da wird gezeugt und gestorben, und alles verweht in einem riesigen Furz - zwei Windmaschinen blasen eine Wolke weißer Blätter ins Parkett.“[4]

Viel Aufsehen erregte die Uraufführung von „My Mother's Courage“ im Mai 1979 in einem Proberaum der Münchner Kammerspiele. Hanna Schygulla spielte die Hauptrolle in diesem Stück, in dem Tabori die Geschichte seiner Mutter erzählt. Michael Verhoeven verfilmte diese Erzählung („Mutters Courage“) 1996 mit Tabori in einer der Hauptrollen.

Auszeichnungen

Berliner Kunstpreis (1981), Bundesverdienstkreuz (1981), Mülheimer Dramatikerpreis (1983 und 1990), Frankfurter Hörspielpreis der „Künstlerhilfe“ (1985), Preis des Vereins „Zentrum Bundesrepublik Deutschland des Internationalen Theaterinstituts ITI“ (1986), Ernst-Hoferichter-Preis (1987), Kainz-Medaille (1988), Theaterpreis Berlin (1988), Mülheimer Dramatikerpreis (1990), Peter-Weiss-Preis (1990), Georg-Büchner-Preis (1992), Ehrenmitglied der Oper Leipzig (1994), Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, Österreich (1997), Ehrenmitglied des Burgtheaters in Wien (1997), Walter-Hasenclever-Literaturpreis der Stadt Aachen (1998), Goethe-Medaille der Stadt Weimar (2000), Ehrenbürgerschaft von Eschede (2000), Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (2001), Nestroy-Theaterpreis (2001; für Lebenswerk), Bruno-Kreisky-Preis (2003), Jeanette-Schocken-Preis (2003), Großes Goldenes Ehrenzeichen mit dem Stern der Republik Österreich (2006), „Ehren-Faust“ (2006; Deutscher Theaterpreis für Lebenswerk).

Ehrungen

Am 31. Mai 2010 war erstmals im Berliner Ensemble, der 20.000 Euro dotierte, „George-Tabori-Preis“ verliehen worden.

Mitgliedschaften

George Tabori war u. a. Mitglied der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg und der Deutschen Akademie der darstellenden Künste, Frankfurt am Main.

Familie

Seit Januar 1985 war George Tabori in dritter Ehe mit der Schauspielerin Ursula Höpfner verheiratet. In erster Ehe war er bis 1951 mit der Emigrantin Hannah Freund aus Darmstadt verheiratet, mit der er sich 1942 in Jerusalem vermählt hatte. Zwischenzeitlich hatte Tabori eine Liebesbezieung mit Greta Garbo. Aus seiner zweiten Ehe mit der schwedischen Schauspielerin Viveca Lindfors (1954-1972) stammen drei Stiefkinder - Lena, Kristoffer und John. Am 23. Juli 2007 starb Tabori im Alter von 93 Jahren in Berlin, wo er ganz in der Nähe des Berliner Ensembles am Schiffbauerdamm gewohnt hatte. Das Ensemble verabschiedete seinen Doyen am 27. August in einer Trauerfeier ohne Reden mit einer Lesung seiner Texte, so wie es sich Tabori gewünscht hatte.[3]

Fußnoten

  1. NZZ, 25. Juli 2007: Das Lachen als Schmerzprobe: Zum Tod des Dramatikers, Regisseurs und Schriftstellers George Tabori
  2. Internationales Biographisches Archiv 48/2007 vom 1. Dezember 2007
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Munzinger-Archiv GmbH, 2007
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 David Korn: Wer ist wer im Judentum? - FZ-Verlag ISBN 3-924309-63-9