Tolstoi, Alexei

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Alexei Nikolajewitsch Tolstoi

Alexei Nikolajewitsch Graf Tolstoi (russ. Алексей Николаевич Толстой; Lebensrune.png 10. Januar 1883 in Sosnowka nahe Nikolajewsk, Russisches Kaiserreich; Todesrune.png 23. Februar 1945 in Moskau) war ein russischer Schriftsteller und antideutscher Sowjet-Propagandist.

Leben

Alexei Nikolajewitsch Graf Tolstoi.jpg

Alexei Nikolajewitsch Graf Tolstoi wurde als Sohn des Offiziers der Kaiserlich-Russischen Armee Nikolai Alexandrowitsch Tolstoi und Alexandra Leontjewna Tolstoi (geb. Turgenjewa) geboren, als der Scheidungsprozess um seine Eltern bereits im Gange war. Noch mit Alexei schwanger, verliebte sich Alexandra Leontjewna in einen liberalen Gutsherrn namens Alexei Apollonowitsch Bostrom und floh mit ihm auf sein Kleingut Sosnowka an der Wolga. Dort wuchs Tolstoi auf.

1901 ging er nach Sankt Petersburg, um Mathematik zu studieren, begann dann aber Gedichte zu schreiben und gab sein Studium 1907 auf, um sich ganz der Literatur zu widmen. 1908 erschien seine erste Gedichtsammlung unter dem Titel Hinter blauen Flüssen; es folgten im Stil des Neorealismus geschriebenen Prosawerke, die Erzählung Eine Woche in Turgenjew und die Romane Die Sonderlinge und Der hinkende Fürst, und Maxim Gorki wurde auf den „großen und kraftvollen Schriftsteller“ aufmerksam..

Den Ersten Weltkrieges verbrachte Tolstoi als Kriegsberichterstatter in England und Frankreich. Er verfaßte Erzählungen und Skizzen über den Krieg (Auf dem Berg, Unter Wasser, Eine wundervolle Dame) und begann Komödien fürs Theater zu schreiben.

Die Oktoberrevolution zunächst ablehnend, arbeitete Tolstoi während des Bürgerkrieges in der Propagandaabteilung des weißen Generals Denikin, wo er neben Pamphleten gegen den Kommunismus eines seiner berühmtesten Werke, die Erzählung Nikitas Kindheit verfasste.

Im Jahre 1921 übersiedelte er nach Berlin, schloß er sich der Smena-Wech-Bewegung an, einer Gruppe russischer Nationalisten, die bereit waren, die Oktoberrevolution zu akzeptieren, und veröffentlichte in der sowjetfreundlichen Zeitschrift Nakanune (Am Vorabend) einen Brief, der von offizieller Seite begeistert aufgenommen wurde und zum Bruch mit den russischen Emigranten führt.

1923 kehrte Tolstoi in das bolschewistische Rußland zurück, wo er zunächst Distanz zum sowjetischen Regime hielt und sich dem unverfänglichen Genre des Science-Fiction zuwandte (Aelita und Geheimnisvolle Strahlen). Die Romantrilogie Der Leidensweg (1920-1941), in der am Beispiel einer Intellektuellenfamilie ein Panorama der russischen Gesellschaft vor, während und nach der Revolution gezeichnet wird, ist schon eindeutig der sozialistischen Tendenzliteratur zuzurechnen. Ebenso die Erzählung Brot, in der er durch die Verherrlichung von Stalins Rolle bei der Verteidigung der Stadt Zarizyn zu Geschichtsfälschung und Legendenbildung beiträgt. Für die Trilogie wurde Tolstoi 1943 mit dem Stalinpreis ausgezeichnet).

Nicht so eindeutig tendenziös ist der von der Literaturkritik oft als Tolstois Hauptwerk betrachtete Roman Peter der Große (1929-1945, nicht abgeschlossen), für den er schon vor seiner ideologischen Wende zu recherchieren begonnen hatte und in dem er ein breites und überzeugendes Bild der russischen Gesellschaft zur Zeit Peters des Großen zeichnet.

1936 starb Maxim Gorki, und Alexei Tolstoi löste seinen Freund als Vorsitzender des Schriftstellerverbandes und führende Figur der offiziellen Sowjetliteratur ab.

Die Sowjetpropagandisten Ilja Ehrenburg (links, stehend) und Alexei Tolstoi (sitzender Mann mit Brille) beim Charkower Scheinprozeß, bei denen die Gaswagen „bewiesen“ wurden.

Ende 1943 gehörte Tolstoi der sowjetischen „Untersuchungskommission" an, die neben dem beim ersten Nürnberger Prozeß als Beweisdokument USSR-54 eingeführten Bericht, der wahrheitswidrig behauptet, die Erschießung kriegsgefangener polnischer Offiziere im Wald von Katyn“ sei von den „Deutschfaschisten“ durchgeführt worden,[1] bspw. auch das Beweisdokument USSR-8 über das Konzentrationslager Auschwitz[2] oder den als USSR-001 eingeführten Bericht über die „Gaswagen“ produzierte, die in der Folge von zahlreichen Geschichtsschreibern, wie bspw. Raul Hilberg, William L. Shirer oder Jean-Claude Pressac, benutzt wurden, um das offizielle Geschichtsbild zu zeichnen.[3]

Nikolai Tolstoi schrieb über seinen entfernten Verwandten Alexei Tolstoi:[4]

„Sein Freund Ilya Ehrenburg schrieb einmal, daß Tolstoi alles für ein ruhiges Leben tun würde und seine persönliche Philosophie nicht weiter ginge als diese confessio vitae, geäußert im Pariser Exil: ‚Ich weiß nur eines: Was ich am meisten verabscheue ist, mit leeren Taschen durch die Stadt zu laufen, in Schaufenster zu blicken, ohne die Möglichkeit etwas zu kaufen – das ist wahre Folter für mich‘. Es gab keine Lüge, keinen Betrug und keine Demütigung, die er nicht bereitwillig begehen würde, um diese leeren Taschen zu füllen, und in Stalin fand er einen würdigen Meister.“

Tod

Am 23. Februar 1945 starb Tolstoi und wurde auf dem Neujungfrauen-Friedhof in Moskau beigesetzt.

Werke (Auszug)

  • Das goldene Schlüsselchen oder die Abenteuer des Burattino, eine russische Version von Carlo Collodis Kinderbuchklassiker Pinocchio
  • Sonderlinge, Roman
  • Der hinkende Fürst, Roman
  • Geheimnisvolle Strahlen, Roman. Auch in der Gelben Reihe 1970 erschienen.
  • Emigranten, Roman
  • Aelita, Roman
  • Der Leidensweg, Epos, bestehend aus den Romanen Schwestern, Das Jahr 1918 und Finsterer Morgen
  • Peter der Erste, Roman (auch: Peter der Große)

Literatur

  • Ilja Ehrenburg: Memoiren. Menschen - Jahre - Leben I 1891 - 1922, München 1962, Seite 202-216, ISBN 3-463-00511-5
  • Emanuel Waegemans: Geschichte der russischen Literatur von Peter dem Großen bis zur Gegenwart, Konstanz: Universitätsverlag Konstanz 1998, ISBN 3879405743
  • Thomas Urban: Russische Schriftsteller im Berlin der zwanziger Jahre, Berlin: Nicolai 2003, Seite 32-45, ISBN 3-89479-097-0

Verweise

Fußnoten

  1. Eine deutsche Übersetzung von USSR-54 ist abgedruckt in: Trial Of The Major War Criminals Before The International Military Tribunal', Band 39, Nürenberg 1949, S. 290-332 (PDF)
  2. Trial Of The Major War Criminals Before The International Military Tribunal', Band 39, Nürenberg 1949, S. 261 (PDF)
  3. Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 7,S. 628.
  4. Nikolai Tolstoy, The Tolstoys, page 320:

    His friend Ilya Ehrenburg wrote once that Tolstoy would do anything for a quiet life, and his personal philosophy rose no higher than this confessio vitae, uttered when an exile in Paris: 'I only know this: the thing that I loathe most of all is walking in town with empty pockets, looking in shop windows without the possibility of buying anything -- that's real torture for me.' There was no lie, betrayal, or indignity which he would no hasten to commit in order to fill those empty pockets, and in Stalin he found a worthy master.