Wehrertüchtigungslager

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Wehrertüchtigungslager (auch: Wehrertüchtigungs-Lager; WEL; WE.-Lager) waren ab 1942 Einrichtungen der Hitler-Jugend (HJ) zur vormilitärischen Ausbildung (Vorstufe für die Rekrutenausbildung) von 16 bis 17 Jahre alte Jugendliche während des Zweiten Weltkrieges. Mit einer Art Wehrsport beabsichtigte die Führung des Reiches durch vormilitärische Ausbildung, auch die deutsche Jugend für den Endkampf bereit zu machen, was 1945 leider notwendig geworden war, als die feindlichen Invasoren aus Westen und Osten vor den Toren des Vaterlandes standen.

Wehrertüchtigungslager Hämelheide

Erläuterung

Heinrich Himmler, Artur Axmann und Reichsinspizient der Wehrertüchtigungslager Gerhard Hein in einem WEL in Kaiserslautern

Schon die Ritterturniere des Mittelalters dienten der Wehrertüchtigung, der Tauglichkeitsmessung und der Bestimmung von sozialen Rangordnungen wie auch dem spielerischen Zeitvertreib. Durch die Identifikation des Zuschauers mit dem Kämpfer erfährt auch dieser den „Kampf als inneres Erlebnis“ (Ernst Jünger).

In vielen Länder der Erde hatte und hat die Wehrertüchtigung der Jugend einen hohen, anerkannten Stellenwert als wertvolle erzieherische Maßnahme zur Vermittlung der Verantwortung eines jeden Staatsbürgers zur Verteidigung der Heimat.

Wehrertüchtigung hat in Deutschland eine lange Tradition. Die „Jugendpflege“ im Deutschen Kaiserreich, die allgemein „Wehrertüchtigung“ und nationale Erziehung der männlichen Jugend zwischen Volksschule und Kaserne vorsahen, war seit 1888 in Staatsgesetzen eingeführt. Seit 1916 sahen Pläne der dritten OHL eine allgemeine Dienstpflicht der Jugend zur Vorbereitung auf die Kriegsfront vor, die der „Vaterländische Hilfsdienst“ großenteils erfüllte.

Drittes Reich

Junge Kriegsfreiwillige für die Division „Großdeutschland“ rücken am 25. November 1944 zum Kriegsdienst ein[1]

Hier wurden nun erstmals alle Jugendlichen, also nicht wie bisher nur HJ-Führer und Ausbilder für die HJ, zu einer dreiwöchigen Schulung zusammengefaßt und erhielten eine Schieß- und Geländeausbildung. Davon betroffen waren zunächst alle Angehörigen des Geburtsjahrgangs 1924, gleichgültig ob sie Mitglied der HJ waren oder nicht. Generell galt die Regelung für alle männlichen Jugendlichen ab 16 ½ Jahren.

Dem Schießunterricht wurde in den WE.-Lagern ganz besondere Aufmerksamkeit gerichtet. Auch hier wurden die Jungen von erfahrenen Frontkämpfern nicht nur in die hohe Kunst des Schießens eingeweiht, sondern sie lernten die Handhabe des Gewehrs (insbesondere die des K 98) von Grund auf. Nach der drei- bis maximal achtwöchigen Unternehmung „WEL“ erfolgte oft der Dienst beim RAD, ab 1944 aber auch bei Eignung direkt der Kriegsdienst bei Wehrmacht oder Waffen-SS.

„Die 1942 beabsichtigte Einrichtung von Kasernenlehrgängen des Heeres für die älteren Hitlerjungen zur militärischen Ausbildung führte zur Schaffung der Hitler-Jugend. Adolf Hitler verfügte die Erfassung und Ausbildung von Jugendlichen des letzten zum Wehrdienst anstehenden Jahrgangs durch kurzfristige Lehrgänge in Lagern der Hitler-Jugend. Die Wehrmacht hatte zur Unterstützung der Hitler-Jugend HJ-Führer, bewährte Frontoffiziere, die im Ersatzheer standen und nicht mehr kriegsverwendungsfähig waren, für diesen Zweck abgestellt. Ziel dieser Lager war unter anderem die jugendgemäße waffenlose Ausbildung im Gelände, ergänzt unter anderem durch Schießausbildung. Im Dezember 1944 nach Aufruf zum Volkssturm gelang es der Reichsjugendführung, die Wehrertüchtigungslager zum Volkssturm III. Aufgebot erklären zu lassen. Jetzt mußte erstmalig die Ausbildung an Sturmgewehr, Maschinengewehr und Panzerfaust erfolgen. Zugleich gab es den Auftrag, diese Lager bei Vordringen des Feindes in feindfreies Gebiet zurückzuführen, was im Westen weitgehend gelang. Damit wurde viel junges Blut gespart. Die Panzernahkampfeinheiten standen in keinem Zusammenhang mit den WE-Lagern. Sie wurden gebildet aus Freiwilligen der HJ und der WE-Lager, die in der Panzernahbekämpfung und der Panzerfaust ausgebildet wurden. Ihre Aufgabe sollte sein, hinter der Front, wo sie aufgestellt wurden, durchgebrochene Panzer zu vernichten.“ — Dr. Jutta Rüdiger, in: Hitlers Kinder antworten Prof. Guido Knopp

Sowohl Lagerleiter als auch Ausbilder mussten vor ihrem Einsatz Einweisungslehrgänge der Reichsjugendführung zur Durchführung der Wehrertüchtigung durchlaufen. Von Seiten der Ausbilder, der Wehrmacht und der Waffen-SS wurden die Lager als erfolgreich und positiv bewertet, weil sie den Jungen eine „straffe Haltung" vermittelten und einen „zeitlichen Gewinn" für die spätere militärische Ausbildung darstellten.

Mädel an die Front

Teilnahmebescheinigung für einen Mitglied des Nationalen Jeugdstorm an einem Wehrertüchtigungs-Lager der germanischen Jugend, 1944

Im Frühjahr 1945 nahmen auch die ersten Mädchen (direkt vom BdM, nicht aber aus den Reihen der Wehrmachtshelferinnen) im Wehrertüchtigungslager Gadebusch an 10tägige Lehrgänge für den „Werwolf“ teil. Die Mädel wurden an allen möglichen Waffen ausgebildet (K 98, Pistole 08, Panzerfaust), lernten Stiel- und Eierhandgranaten scharf zu machen und bereiteten sich vor, die Nachschubwege des Feindes zu unterbinden und zu stören.

Vergeltung des Feindes

Die Russen haben unzählige Jugendliche nach dem Krieg inhaftiert, u. a. im Lager 7503/11 Anschero-Sudschensk, nur weil sie an WEL teilgenommen hatten. Nicht weniger dieser Jungen und Mädchen starben an Hunger, Krankheit, Folter und Sklavenarbeit.

Personen (Auswahl)

Bekannte Teilnehmer

Wehrunterricht in der Nachkriegszeit

DDR

Ab 1976 erhielten DDR-Schüler der Klasse 9 und 10 das Fach Wehrunterricht, welches durch die FDJ mit organisiert wurde. Nach der 9. Klasse schloß sich für die Jungen ein zweiwöchiges Wehrertüchtigungslager an, die Mädchen nahmen an einem Lehrgang in „Zivilverteidigung“ teil.

Vereinigte Staaten

Boy Scouts

In den VSA haben die hierarchisch streng organisieren „Boy Scouts of America“ (kaum zu vergleichen mit den BRD-Pfadfindern) im erweiterten Sinne einen paramilitärischen Charakter, Angeln, Geographie, Umgang mit dem Meeser (welches stets mitzuführen ist), moralische Stärke (Moral Strength) Staatsbürgerschaft in der Nation (Citizenship in the Nation), aber Waffenkunde (die Boy Scouts haben schon hervorragende Scharfschützen hervorgebracht) und Überleben (Survival; zum „wilderness survival kit“ gehören auch Schmerztabletten) stehen auf dem Ausbildungsplan. Die Trupps (Troops) sind weitgehend autark, müssen aber an jährliche Lager teilnehmen.

JROTC

Das „Junior Reserve Officers' Training Corps“ erlaubt seit 1916 (stark erweitert 1964) die Wehrerziehung junger Amerikaner mit dem Ziel, zeit- bzw. Berufssoldat sowie Offizier zu werden. Die Kadetten müssen mindestens 14 Jahre alt sein und die 9. Klasse einer High School besuchen. In drei bis vier Jahren werden sie neben dem Schulalltag zu gutfunktionieren Soldaten ausgebildet: Exerzieren, Waffen- und Uniformkunde, Taktik und weitere Fächer stehen auf dem Lehrplan. Mindestens einmal wöchentlich muß der Kadett einen Schultag in Uniform verbringen. Im Sommer werden Ausbildungsstätten des Heeres, der Luftwaffe, der Marine, der Marine-Infanterie oder der Küstenwache aufgesucht und es werden Prüfungen im Felddienst abgelegt. Mannschaften und Unteroffiziere werden nach dem Schulabschluß in den Militärdienst übernommen, während Offizieranwärter ggf. an einer Militärakademie studiert oder an einer zivilen Universität, wobei das Militär die Kosten bezahlt, den Kadetten verpflichtet, am universitären ROTC-Programm (Reserve Officers' Training Corps) teilzunehmen und anschließend für mehrere Jahre als Offizier den Streitkräften zu dienen.

Es gibt JROTC-Programme an rund 3.300 High Schools in allen 50 Bundesstaaten der VSA (Stand: 2016).

Bildergalerie

Fußnoten

  1. Kriegsfreiwillige rücken ein. Die durch nichts zu erschütternde Siegeszuversicht des Deutschen Volkes kann nicht besser gekennzeichnet werden als durch die Tatsache des unaufhörlichen Freiwilligenstromes, der jetzt auch im 6. Kriegsjahr den verschiedenen Waffengattungen zuströmt. Täglich rücken in Arbeitsdienst, in Wehrertüchtigungslagern und anderen vormilitärischen Lehrgängen der HJ bestens vorgebildete junge Männer in den Waffendienst ein. Von fronterfahrenen Ausbildern mit den neuesten und besten Waffen ausgebildet, werden sie in absehbarer Zeit an der Front stehen. Unsere Bilder zeigen die in schlichtem, erhebendem Rahmen einer militärischen Feierstunde einrückenden Kriegsfreiwilligen einer Ersatz-Einheit der Pz.-Gren.-Div. „Großdeutschland“ geleitet von einem Bannführer der HJ. Aufnahme: Schwahn 1801-44 Zentralbild II. Weltkrieg 1939–45 Junge Menschen vom Arbeitsdienst, aus Wehrertüchtigungslagern und vormilitärischen Lehrgängen der HJ melden sich im 6. Kriegsjahr als Kriegsfreiwillige zur Panzer-Grenadier-Division „Großdeutschland“. U. B. z: die Kriegsfreiwilligen marschieren am 25.11.1944, geführt von einem HJ-Bannführer und zwei Ritterkreuzträgern der Division „Großdeutschland“, zum Marktplatz ihrer Garnisonstadt, wo sie bei einer militärischen Feierstunde von der Ersatz-Einheit der Panzer-Grenadier-Division „Großdeutschland“ übernommen werden.