Molotow, Wjatscheslaw

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Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow (geb. 25. Februar 1890 in Kukarka, Gouvernement Wjatka, Russisches Kaiserreich (heute Sowetsk, Oblast Kirow, Russland); gest. 8. November 1986 in Moskau) war von 1930 bis 1941 Vorsitzender des Rates der Volkskommissare (Regierungschef) der Sowjetunion. Von 1939–1949 war er Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten und von 1953–1956 sowjetischer Außenminister.

Werdegang

Wjatscheslaw Michailowitsch Skrjabin war der Sohn eines Ladenbesitzers in Kukarka (heute: Sowjetsk) im Gouvernement Wjatka (jetzt Gebiet Kirow). Er war Mordwine und Neffe des Komponisten Alexandr Skrjabin (* 1871; † 1915). In Kasan besuchte er die Schule, wurde 1906 Sozialist und nahm später den Parteinamen „Molotow“ (Hammer) an. 1909 wurde er wegen Agitation verhaftet und ins Gouvernement Wologda verbannt, wo er mit den Werken von Karl Marx, Friedrich Engels und Lenin vertraut wurde und sich den Bolschewiki anschloß.

Nach zweijähriger Verbannung studierte er ab 1911 am technologischen Institut in St. Petersburg. 1912 übernahm Molotow die Redaktion der Parteiorgane „Prawda“ (Wahrheit) und „Swesda“ (Stern) und hielt engen Kontakt mit dem im Ausland lebenden Lenin. 1913 und 1914 wieder verhaftet, wurde er 1915 wieder für drei Jahre nach Irkutsk/Sibirien verschickt. 1916 gelang ihm die Flucht nach Petrograd, und er trat in das russische Büro des ZK der Bolschewiki ein.

Nach der Oktoberrevolution 1917 war er bis 1920 leitender Funktionär in den Gebieten Petrograd, Nischni-Nowgorod und im Donbass. Von 1921-1957 war er ununterbrochen Mitglied des ZK der KPdSU,[1] von 1921-1926 Kandidat und anschließend bis 1952 Mitglied des Politbüros der KPdSU. Stationen der Parteiarbeit waren von 1924-1928 die Leitung des Parteikomitees für Dorfarbeit, 1928-1930 das Amt des Sekretärs des Stadtparteikomitees Moskau. Von Ende 1930 bis 1941 war er schließlich Vorsitzender des Rates der Volkskommissare, d.h. Ministerpräsident der Sowjetunion. In diesen Jahren war er, wie es auch offiziell hieß, „engster Freund und Kampfgefährte des Genossen Stalin“, der sich auf Molotow unbedingt verlassen konnte. Er war damit mitverantwortlich für die grausame, opferreiche Zwangskollektivierung der Landwirtschaft und überwachte mit buchhalterischer Gründlichkeit die brutalen stalinistischen „Säuberungen“, denen die meisten alten Kampfgefährten zum Opfer fielen. Seine Ergebenheit gegenüber Stalin war so groß, daß er 1952 widerspruchslos die Verbannung seiner ersten (jüdischen) Frau Poljana (sie wurde 1953 befreit) hinnahm.[2]

Am 3. Mai 1939 wurde Molotow als Nachfolger von Litwinow zusätzlich noch Außenminister (bis 1949). Im Mai 1941 übernahm Stalin selbst den Vorsitz des Rates der Volkskommissare. Molotow blieb als Stellvertreter und ab 1942 als 1. Stellvertreter die rechte Hand des Diktators (auch in dessen Funktion als Vorsitzender des Staatskomitees für Verteidigung). Zuvor schloß Molotow den Nichtangriffspakt vom 23. August 1939 mit Hitler ab. Im November 1940 besuchte Molotow noch einmal Hitler in Berlin. Im Juni 1941 wich Molotow mit der Regierung nach Kuibyschew aus. 1941 hat Molotow den Neutralitätspakt mit Japan unterzeichnet, der der Sowjetunion den Rücken freihielt. Im Juni 1942 reiste er zum Abschluß von Kriegsbündnissen nach London und Washington.

Mit seinem Namen ist die primitive Antipanzerwaffe „Molotow-Cocktail“ verbunden. Er nahm dann an Stalins Seite an allen großen Konferenzen der Alliierten teil: 1943 in Teheran, 1945 in Jalta, 1945 in Potsdam. Molotow führte auch die Delegationen der UdSSR zur UN-Konferenz nach San Francisco (April bis Mai 1945), New York 1946 und zur Pariser Friedenskonferenz 1946. Wegen der zumeist negativen Voten ging er als „Mister Njet“ in die Geschichte des Kalten Krieges ein. Im März 1949 wurde er als Außenminister von Vyshinsky abgelöst, blieb jedoch 1. stellv. Ministerpräsident.

Während Stalins Krankheit vertrat Molotow den Partei- und Regierungschef. Nach Stalins Tod bildete er mit Ministerpräsident Malenkow und Innenminister Berija – nunmehr wieder Außenminister – zunächst das entscheidende Triumvirat, unterlag aber später ebenfalls im Machtkampf gegen Chruschtschow. Molotow blieb Außenminister und nahm 1954 an der Berliner Konferenz und an der Genfer Konferenz teil, 1955 war er einer der Unterzeichner des Wiener Staatsvertrages.

Anfang Juni 1956 wurde Molotow durch Schepilow ersetzt, blieb zunächst aber noch 1. stellv. Ministerpräsident und wurde im November 1956 Minister für Staatskontrolle. Am 3. Juli 1957 wurde Molotow nach einem vergeblichen Versuch, Chruschtschow zu stürzen, zusammen mit Malenkow, Kaganowitsch und Schepilow als „Parteifeind“ sämtlicher Partei- und Regierungsämter enthoben und wenig später als Botschafter nach Ulan Bator (Äußere Mongolei) abgeschoben. 1960/61 trat Molotow noch einmal als Sowjetvertreter bei der Internationalen Atomenergiekommission in Wien auf. 1962 wurde er endgültig kaltgestellt, blieb aber sonst unbehelligt und lebte danach als Pensionär in seiner Moskauer Wohnung. Seit Ende der 1960er Jahre erfuhr er in der sowjetischen Memoirenliteratur wieder respektvolle Behandlung. 1974 wurde er in die Große Sowjetenzyklopädie und im Juli 1984 wieder in die Partei aufgenommen. Im Juli 1986 berichtete TASS von einem Besuch bei dem „glücklichen Pensionär“ Molotow, der u.a. äußerte, gern 100 Jahre alt zu werden.

Familie

Molotow war seit 1920 mit der Jüdin Olga Pauline Semtschunina, geb. Karpowskaja (Todesrune.png 1970), verheiratet. Ein Sohn fiel im Krieg. Eine Tochter heiratete den Sohn Stalins.

Im hohen Alter von 96 Jahren starb Molotow im November 1986 in Moskau. Er wurde ohne Beteiligung der Parteiprominenz auf dem Nowodewitschi-Friedhof beigesetzt. Der Enkel Molotows, Oberst Dschugaschwili, nahm an der Beisetzung teil.

Siehe auch

Verweise

Fußnoten

  1. Internationales Biographisches Archiv 51/1986
  2. Munzinger-Archiv GmbH, 1986