Abschied von Deutschlands Pferden

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Abschied von Deutschlands Pferden ist ein Gedicht von Gerd Honsik.

Text

Sie traten mit den Vätern aus der Nacht
und trugen Korn und Äxte auf dem Rücken
und hielten schnaubend an den Feuern Wacht,
mit wilden Nüstern und mit sanften Blicken.


Und durch das Dickicht brach sich das Gespann
der ersten Wege zaghaft scheue Breite
und schleifte stampfend Stämme aus dem Tann,
dem Urwald raubend unserer Fluren Weite.


Sie rangen keuchend, wankend sich voran
mit urgewaltig schweren, wüsten Lasten.
Schwer wog das Roß, und schwer wog auch der Mann,
und schwer die Fäuste, die die Zügel faßten.


Sie trugen Helden in der Schlacht Gebräu
für eine Handvoll Hafer statt um Ehre,
und äugten aus dem Walde stumm und scheu,
da Siegfried stürzte unter Hagens Speere.


Und schleppten Panzerreiter durch den Sand
und haben aus dem Jordanfluß getrunken,
und wie sein Kreuzheer sind in fernem Land
mit Kaiser Barbarossa sie versunken.


Und da’s hier Papst – hier Martin Luther gellt,
zermalmten sie mit flüchtig-wilden Hufen
den deutschen Acker, den sie einst bestellt,
den sie in Fron von tausend Jahren schufen.


Bis endlich kraftlos aus dem Sattel fiel
der irre Ungeist, der sie hat geritten,
da trotteten, mißbraucht und ratlos still,
zurück zum Pfluge sie mit müden Schritten.


Und alle Fuhren, die sie eingeholt
– die Ernte des Jahrtausends bleibt vergessen
vorm Opfer, das sie brachten ungewollt
– da sie die Schlachtbank all des Kampfs durchmessen.


So manches stolze, edle deutsche Roß
hat sterbend unterm Sattel ausgelitten,
da Preußens König, auserwählt und groß,
dem wankend’ Heer zum Sturm vorausgeritten.


Auch deutsche Rosse waren es vor Wien,
– die hier voran der Türken Macht durchbrochen.
Man hat, als seine Reiterschar erschien,
zum erstenmal von Prinz Eugen gesprochen.


In Rußlands Steppen, in Isonzos Karst
erwies sich hohl der Donner der Maschinen.
Durch Fels und Schnee, der rings von Feuer barst,
wankte das Packpferd, von der Schlacht umschienen.


Als todgeweihte Schwere Reiterei
moderner Feuerwaffen Sturm durchschritten,
und da sie niedersanken Reih auf Reih,
da schienen sie dem Schmerz der Schlacht entglitten.


Ein letztes Mal erzwang ein düst’res Los
sie, mitzuziehn zum größten aller Kriege.
Noch einmal unentbehrlich ward das Roß
und trug die Lasten für die großen Siege.


Bis dann zu Ende neigte sich die Schlacht,
die Dämme barsten und die Fronten wankten.
Es schien ihr letztes Opfer längst vollbracht
– bis jählings Deutschlands erste Dörfer brannten.


Der Kinder Weinen und der Weiber Not
– die rief noch einmal sie in die Geschichte
des deutschen Volks zurück, und Flucht und Tod
schlug ihren Traum vom Gnadenbrot zunichte.


Durch Pommern und durch Preußen ging die Fahrt
– mit dürren Rippen und mit hohlen Flanken.
In Planenwagen führten sie verwahrt
ihr Kleinod mit – auf morscher Achsen Schwanken.


Schon wehte Kampfeslärm von Osten her,
und Frauenhände griffen in die Zügel
– nicht minder zielbewußt, nicht minder schwer
und Panzerlärm schwang schon durch Hain und Hügel.


Nie, Rösser, habt ihr Größeres versucht
in eurem Dienst von mehr als tausend Jahren,
da Deutschlands Kinder – auf der großen Flucht –
ihr Tag und Nacht durch Kampf und Tod gefahren.


Ach, wieviel Blut hat Mensch und Tier gezollt,
das ungesühnt wird rauchen alle Zeiten,
wenn irgendwo von Panzern überrollt
der flücht’ge Treck ward in des Ostens Weiten.


Wer weiß vom Marsch noch übers große Haff,
da tausend Wagen – wie den Zug der Goten –
die Faust des Feindes ohne Gnade traf,
und da vom Himmel Bordgeschütze tobten?


Dank euren Nüstern, Pferde, die so sanft
– da Mütter tränennaß die Wangen preßten
an eure Häupter, grau und ohne Glanz
– bei jener großen, letzten Hast nach Westen.


Bei klammem Frost – in eisig’ Sturm und Schnee
seid ihr am Memelstrome aufgebrochen,
und dann – am Ziele – grünte schon der Klee
– als müde Trecks die Oder überkrochen.


Längst haben Jahre gütig Schutt getürmt
– verweht die Wagenspur, das Leid verklungen
in Herzen nur begraben und beschirmt,
da hat das Lied vom Pferde fortgeklungen.


Sah jüngst Trakehner unterm Sattel gehn,
sah helle Blessen, sah die Augensterne,
sah Hufe wirbeln wild und Schweife wehn
und hab’ zurückgeschaut in weite Ferne.


Und weiter schwingen wird der Hufe Schlag
– einst Fluchtgefährte für so viele Wochen,
– wird uns geleiten bis zum jüngsten Tag
wie eines deutschen Herzens stetes Pochen.


Mich würgt wie Heimweh eine Traurigkeit,
und trautes Schnauben klingt noch in den Ohren.
Nach tausend Jahren der Gemeinsamkeit
– im grellen Lärm, im Fauchen der Motoren,
– hat, mit dem Traum vom Reich und Herrlichkeit,
des Pferdes treue Fährte sich verloren.