Mein Haus

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Mein Haus ist ein Gedicht des deutschen Schriftstellers Gerd Honsik.

Text

Um der Herausgabe eines Buches willen verpfändet und in die Waagschale geworfen:


Der Mutter Traum – ich hatt’ ihn mir erfüllt,
als ich nach langem Suchen Dich gefunden.
Ich floh dem Grau, das meine Stadt verhüllt,
und traf von alten Bäumen Dich umwunden.


Und als getreten ich dann durch Dein Tor,
hielt eine Zauberwelt mich jäh umfangen:
Aus Efeuranken sahst Du scheu hervor,
und hohe Eiben säumten Deine Wangen.


Und Dein Gemäuer fand ich reich und schwer
voll altem Hausrat und voll guter Schatten,
und Bilder jener hingen ringsumher,
die hier gelebt einst und gelitten hatten.


Ließ Dir den Garten wild und unberührt,
ließ Dir der Toten Bilder an den Wänden.
Zum Dank hast Du die Stunden mir verziert
mit guter Geister unsichtbaren Händen.


Und meiner Kinder helles Rufen klang
so ohne Ehrfurcht fort durch Deine Räume,
und meiner Gäste Lachen und Gesang
gedieh hier ebenso wie meine Träume.


In Deinem Garten lernte meine Frau
die Erde lieben und die grünen Triebe
und Festtagsstimmung in des Herbstes Grau,
am Tag der Ernte, voller Stolz und Liebe.


Du sahst der Kinder göttlich’ Jugendzeit,
ach welche Spanne voller Glück und Gaben,
nur manchmal mahnend schon getrübt durch Leid.
(So als wir unsern „Hektor“ einst begraben.)


Dank Deinen Mauern, die im Sommer kühl
und warm im Winter, wenn die Stürme pfeifen.
Noch hält das Dach, wenn die Gewitter schwül
an die bemoosten, alten Ziegel greifen.


Bis zu des Sonnenaufgangs blasser Glut,
bis sich die Finsternis mählich gelichtet,
hab’ oftmals ich in Deiner sichern Hut –
allein mit Dir so manche Nacht durchdichtet.


Doch plötzlich kam’s wie Unrast auf mich her:
Erkannt’ den Auftrag – wußt’ mir aufgetragen
Botschaft zu senden nordwärts bis ans Meer.
Mir blieb kein Weg, als Dich darum zu wagen.


Und habe Dich geschreckt aus Deiner Ruh’:
Die Wechsler borgten Geld für Deine Räume.
Unendlich schwer – aus altem Stein bist Du,
doch schwerer wogen meine kühnen Träume.


Vor Deiner Stille hat mir heut’ gebangt:
Sie haben Dich begafft, geschätzt – geschändet.
So hab’ ich Deinen Geistern schlecht gedankt
die Gastlichkeit – nun, da ich Dich verpfändet.


Vergib dies Wagnis, trag’ mir keinen Groll!
Versteh mich doch: Was sind schon unsre Bande
vor jener Botschaft, die ich senden soll?
Vor Deutschlands Not und Todesschlaf und Schande?


Sei mir nicht gram, vergib, mein altes Haus!
Seid mir nicht gram, ihr sanften, guten Götter!
Wer wagt – gewinnt! Dies Spiel – es geht gut aus!
Und bald verzogen sind die dunklen Wetter.


Und wenn ich steigen werd’ aus diesem Spiel
siegreich hervor zuletzt, dann will ich kaufen
Dich wieder frei. Und will als erstes Ziel
mit frischem Kalk die alten Mauern taufen.


Dann will ein neues Dach ich auf Dein Haupt
und neue Dielen in Dein Herz Dir legen,
und Deine Wetterwand wird neu verbaut,
auf daß Du nimmer frierst in Sturm und Regen.


Doch kommt es anders, füge ich mich drein
und werde still mit meinen Lieben gehn.
Was zählt ist Blut! Du bist ja nur von Stein.
Drum wirst Du unsre Tränen auch nicht sehn.