Sitte

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Sitte sind die moralisch üblichen Werte und Normen einer Gesellschaft. Der Ausdruck „Moral“ geht auf das lateinische moralis (die Sitte betreffend; lat: mos, mores Sitte, Sitten) zurück.

Erläuterung

Die Sitte, mit ihrem strikten Bezug zu tradierten Vorstellungen, vermag auf dem Gebiet der Moral den unvermeidlichen Normenkonflikt nach außen hin wirksam zu überdecken. Ein einfaches Beispiel dafür ist etwa der Konflikt zwischen Ehrlichkeit und Höflichkeit, der jedoch nie ganz abgelöst oder überspielt werden kann durch bloßen Hinweis auf Sitte und Sittlichkeit. Auch Mut und Umsicht können in einen fundamentalen Normenkonflikt geraten, wie gleichermaßen Entschlossenheit und Achtsamkeit stets in der Gefahr stehen, als konkurrierende normative Größen gegeneinander in Stellung zu kommen.

Ein weiteres grundlegendes Problem der Sitte ist mangelhaftes Tradieren: Die gesunde Funktion einer Sitte kann den meisten Beteiligten verborgen bleiben (bei der Sitte handelt es sich ja oftmals um „implizites Wissen“, das ist nicht etwa grundsätzlich verkehrt, sondern nur in der Zuspitzung).

Wenn in einer existentiellen Situation überhaupt jeder nur noch mechanisch handelt – ohne über ein in Worte gefaßtes Wissen vom Sinn und Hintergrund einer bestimmten Sitte zu haben –, dann reißt der Traditionsstrang, der die Sitte trägt, notwendig ab. Menschen agieren dann tölpelhaft, unsicher, leicht störbar und gleichsam wie die Handpuppen eines unbegriffenen Prinzips. Auch rasche Überfremdung, revolutionäre Lagen und Kriegsereignisse werfen Menschen umstandslos zurück auf blind – und nicht selten unverstanden – übernommene Regeln, Setzungen und Verfahren, die sie bloß noch blutleer ausführen ohne jede geistige Durchdringung dessen, was sie tun.

Siehe auch

Literatur

  • Geoffrey Parrinder: Sexualität in den Religionen der Welt. Patmos-Verlag, Düsseldorf 2004, ISBN 3-491-69114-1 [englische Originalausgabe: London 1980]
  • Moritz Lazarus: Ueber den Ursprung der Sitten: Antrittsvorlesung, gehalten am 23. März 1860 in der Aula der Hochschule zu Bern, 1867 (PDF-Datei)
  • Heinz Leder: Du und Deine Volksgenossen. Ein Wegweiser zu neuzeitlichen Umgangsformen, 1936 (PDF-Datei)