Arnold, Uwe-Christian

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Uwe-Christian Arnold war u. a. Führungsmitglied des Schweizer Sterbehilfevereins „Dignitas“.

Uwe-Christian Arnold (Lebensrune.png 1944 in Berlin; Todesrune.png 12. April 2019 ebenda) war ein deutscher Facharzt für Urologie (bis 2000 in eigener Praxis), Sportmediziner und Betriebsarzt. Seit Ende der 1990er Jahre hatte er sich zunehmend mit Fragen des humanen Sterbens beschäftigt. Zu guter Letzt stand er wie kein anderer Mediziner in Deutschland aufgrund seiner hundertfach geleisteten Freitodhilfe bei Schwerkranken im Lichte der Öffentlichkeit. Er war zudem u. a. Mitglied im Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung.

Leben

„Uwe-Christian Arnold wurde 1944 in Berlin geboren. Nach dem Abitur absolvierte er ein Medizinstudium in Berlin und erhielt 1973 seine Approbation. Anschließend machte er seinen Facharzt für Urologie und war von 1980 bis 2000 in eigener Praxis tätig. Zudem bildete er sich als Sportarzt, Tauchmediziner und Betriebsmediziner weiter und betreute in dieser Funktion auch Unternehmen. Mit dem Thema ‚humane Sterbehilfe‘ setzte er sich erstmalig Mitte der 90er Jahre auseinander. Getragen von dem Gedanken, dass der Patient im Mittelpunkt der Behandlung stehen sollte und nicht die Krankheit, engagiert sich Uwe-Christian Arnold in den letzten 15 Jahren für das Recht auf den ärztlich begleiteten Suizid und hilft todkranken Menschen beim Sterben. Kein anderer deutscher Mediziner hat sich so offen zu seiner Tätigkeit als Sterbehelfer bekannt, was zahlreiche Medienbeiträge zur Folge hatte. So brachte die ARD im November 2012 eine aufsehenerregende Dokumentation (‚Sie bringen den Tod – Sterbehelfer in Deutschland‘) über sein Leben und seine Arbeit. In der anschließenden Sendung ‚hart, aber fair‘ gelang es ihm, die Aufgabe der ärztlichen Sterbebegleitung so überzeugend darzustellen, dass er seither zahlreiche Anfragen erhält.
Für Debatten sorgte insbesondere das 2007 eingeleitete Gerichtsverfahren zwischen Christian Arnold und der Berliner Ärztekammer, die es ihm verboten hatte, einer Patientin todbringende Substanzen für deren beabsichtigten Suizid zu überlassen. Im April 2012 gewann Arnold den Rechtsstreit. Das Berliner Verwaltungsgericht stellte fest, dass ein generelles Verbot der ärztlichen Suizidbegleitung gegen die Grundrechte der Gewissensfreiheit und der Freiheit der Berufsausübung verstoßen würde. Vertreter konservativer Parteien, der Ärztekammer wie auch der Kirchen reagierten empört auf das Berliner Urteil. In der Bevölkerung jedoch traf Arnolds Position auf große Zustimmung. So stimmten bei einer Online-Befragung, die der ‚Berliner Kurier‘ 2011 anlässlich der Berichterstattung über den vermeintlichen ‚Dr. Selbstmord‘ durchführte, 92 Prozent (!) der Leser für eine Legalisierung der Sterbehilfe in Deutschland.
Neben seinem unermüdlichen Einsatz für das Recht auf Letzte Hilfe engagierte sich Uwe-Christian Arnold auch für den Humanistischen Pressedienst, dem wichtigsten Nachrichtenportal der säkularen Szene. Dass der Deutsche Bundestag entgegen dem klaren Votum der Bevölkerung Ende 2015 das ‚Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung‘ verabschiedete, das jede Form der professionellen Freitodbegleitung verbietet und schwerstleidende Menschen katastrophal im Stich lässt, hat ihn schwer getroffen. Mit großer Ungeduld wartete Christian deshalb auf die Eröffnung des Verfahrens zu den Verfassungsbeschwerden gegen das ‚Sterbehilfeverhinderungsgesetz‘ §217 StGB. Zur mündlichen Verhandlung am 16./17. April 2019 sollte er eine Stellungnahme vor dem Bundesverfassungsgericht vortragen. Doch die Krebserkrankung, unter der er schon lange litt, ließ dies nicht mehr zu. Am 12. April schied Uwe-Christian Arnold selbstbestimmt aus dem Leben. Noch am Abend vor seinem Tod versendete er eine Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht, sein politisches Vermächtnis.“[1]

Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht

Uwe-Christian Arnold I.png

Auszug aus der Stellungnahme von Uwe-Christian Arnold für das Bundesverfassungsgericht (geschrieben am 11. April 2019, ein Tag vor seinem Freitod:

„[…] Ich habe Hunderten von Menschen beim Sterben geholfen, so dass ich mit dem gesamten Spektrum an Leid konfrontiert wurde, das mit schwerwiegenden Erkrankungen unterschiedlichster Art einhergeht. Leider werde ich dieses Wissen wegen meiner eigenen schweren Erkrankung nicht mehr teilen können. Doch mein Buch ‚Letzte Hilfe – Ein Plädoyer für das selbstbestimmte Sterben‘ gibt einen guten Eindruck von diesen unterschiedlichen persönlichen Schicksalen und auch von der Notwendigkeit einer humanen Sterbehilfe. Es ist, wenn Sie so wollen, mein politisches Testament. Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand, der dieses Buch mit Herz und Verstand gelesen hat, weiterhin für eine Aufrechterhaltung von § 217 StGB eintreten kann. Deshalb bitte ich Sie, verehrte Richterinnen und Richter, beschäftigen Sie sich mit den individuellen Schicksalen, die in ‚Letzte Hilfe‘ geschildert werden – und treffen Sie erst danach Ihre Entscheidung! Bitte verschließen Sie nicht die Augen vor der Realität, indem Sie sich vom ‚Mythos des natürlichen Todes‘ blenden lassen. Wir alle werden irgendwann sterben müssen – und dies sollte mit Hilfe eines erfahrenen Arztes möglichst schmerzfrei und selbstbestimmt geschehen, nicht qualvoll und fremdbestimmt! Versagen Sie den Menschen nicht ihr ‚letztes Menschenrecht‘ auf einen würdevollen Tod!“

Diese Stellungnahme wurde postum am ersten Verhandlungstag (16. April 2019) vor dem Bundesverfassungsgericht von seinem Rechtsanwalt verlesen. Im Februar 2020 erklärte das Bundesverfassungsgericht § 217 StGB (dem Verbot der „geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“) für verfassungswidrig und nichtig.

Literatur

  • Uwe-Christian Arnold: Letzte Hilfe: Ein Plädoyer für das selbstbestimmte Sterben, Rowohlt, 2014, ISBN 978-3498096175

Verweise

Fußnoten