Balders Träume

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Balders Träume, Baldrs draumar (oder auch Wegtamlied, Vegtamskvidha, altnord. Vegtamskviða) ist ein Götterlied aus der Lieder-Edda, in welchem Wodan (bzw. nordgerm. Odin) versucht herauszufinden, warum den allseits geliebten Balder schreckliche Träume plagen. Von dem Lied sind nur 14 Strophen aus einer Handschrift überliefert, die einige Jahrzehnte nach dem Codex Regius entstanden ist. Da es jedoch übereinkommende Stellen mit der Völuspá und dem Thrymlied hat, muss es nicht zwingend zu den jüngeren Liedern gerechnet werden.

Inhalt

Wodan reist in die Unterwelt Nifelheim, um dort, unter dem Decknamen Wegtam, eine Seherin zu beschwören. Die Wölwa offenbart ihm, daß Balder hier bereits erwartet wird. Denn der Sohn Wodans werde schon bald von seinem Bruder Hödur getötet werden. Wodan will noch wissen, wer Balder rächen wird. Ihm wird geweissagt, daß die Erdgöttin Rind ein Kind namens Wali gebären werde. Das werde, nur einen Tag alt, Balders Töter erschlagen.

Anmerkungen zur Vegtamskviða (von Karl Simrock)

Quelle
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Mit Anbruch des Tages ist das Vorspiel zu Ende, das Str. 20 auf den Morgen verwiesen hatte. Die Nacht ist wirklich von Odhin zu neuen Entschlüßen genutzt worden, deren Ausführung den Gegenstand des Hauptliedes, unserer Wegtamskwida, bildet. Daß dieß mit dem Morgen beginnt und nur den Raum des nächsten Tages zu füllen braucht, wird deutlicher, wenn man nach der ersten Strophe, wo die Asen sich bei der Gerichtsstätte versammelt haben, was in der Frühe zu geschehen pflegt, die eingeklammerten vier Strophen, die sich nur in spätern Handschriften finden und den Eindruck schwächen, hinwegdenkt. Offenbar sollen sie Vorhergegangenes nachholen, wobei sie aber arge Verwirrung anrichten, und sogar den Schein erregen als ob von einer doppelten Versammlung an der Gerichtsstätte die Rede wäre, obgleich der Verfaßer eigentlich nur die Veranlaßung zu der in der ersten Strophe erwähnten angeben will. Arge Verwirrung scheint es uns, wenn St. 4 schon der Eide gedenkt, die alle Wesen schwören musten, Baldurn nicht zu schaden, denn zu diesem Auskunftsmittel, das vollkommen beruhigen muste, konnte nicht gegriffen werden ehe der Ausspruch der Wala ergeben hatte, daß Baldurs Leben bedroht sei. Zwar sollen dieß nach Str. 2 und 3 schon andere vorschauende Wesen angesprochen haben; aber damit würde der Grund zu Odhins Besuch bei der Wöla hinwegfallen und das ganze Gedicht müßig sein. Ja selbst mit der ersten Strophe, welche durch diese eingeschobenen doch erläutert werden soll, steht dieß im Widerspruch, denn die Asen brauchten sich nicht erst zu berathen, was Baldurs böse Träume bedeuten möchten, wenn sie schon wüsten, daß er dem Tode bestimmt sei. Nur bei der Annahme, daß sie von dem Verfaßer des Vorspielliedes eingeschoben sind, begreifen sich diese Strophen. Dieß hat jetzt auch der neueste Herausgeber des Textes angenommen.

Unser Lied ist auch nach den in der ersten Strophe erwähnten Träumen Baldurs ( Baldrs draumar) benannt. Den andern Namen führt es nach jenem, welchen sich darin Odhin beilegt. Wegtam bezeichnet den wegkundigen Wanderer, wie Waltam (so nennt er seinen Vater) den schlachtgewohnten Krieger. Aehnliche Beinamen Odhins, die wir zum Theil schon kennen, sind Gangradr, Gangleri, Widförull und Saxos viator indefessus.. Eine Erklärung bedarf in unserm Liede nur Str. 16, von der wir gestehen müssen, sie mit großer Freiheit übertragen zu haben. Wörtlich heißt die von Odhin gestellte Frage: »wie heißen die Mädchen, die nach Willkür weinen u. s. w.,« was man auf die Meereswellen, die Wolken oder Walküren zu beziehen pflegt. Wie aber dann an dieser Frage Odhin erkannt werden könnte, sähen wir nicht ab: darum haben schon andere vor uns vermuthet, Odhin frage nach dem Namen des Weibes, die nach dem Schluße von D. 49 Baldurs Tod nicht beweinen wollte. Freilich liegt dieß Ereigniss weit hinter Baldurs hier erst geweißsagtem Ende, aber auch die Rache, die Wali ( Str. 16 vgl. Wöluspa 37) an Hödur nehmen soll, liegt hinter demselben, und Thöcks (l. Döcks) Weigerung, Baldurn zu beweinen, gehört in den Plan eines Gedichts, das alle an seinen Tod sich knüpfenden Begebenheiten zusammenfaßen will. Und gerade an dieser Frage mochte Odhin erkannt werden, denn keinem Andern war dieser Blick in die ferne Zukunft zuzutrauen. Allerdings kann man einwenden, wenn Odhin so vorwißend sei, so habe er die Wöla nicht zu befragen gebraucht. Allein mit verständigen Reflexionen dieser Art würde man alle Poesie zerstören. Wirklich hat man, von Odhins Weisheit ausgehend, diesen Einwand gegen unser ganzes Gedicht gerichtet. »So nichtsbedeutend,« sagt Wiborg 264, »konnte doch wohl der Asenkönig nicht geworden sein, daß eine todte Hexe mehr als Er wußte.« Wir wollen uns aber mit so kühler Prosa jedenfalls ein Gedicht nicht zerstören laßen, das an zweien Stellen ( Str. 10. 12) ans Erhabene streift, wenn wir auch selbst an seiner Originalität einen bescheidenen Zweifel nicht bergen. Trifft nämlich unsere Deutung der letzten Frage zu, so ist unser Lied, wo nicht eine Nachahmung von Wafthrudnismal, doch in seinem Grundgedanken fast zu nahe mit ihm verwandt. Dort wird zwar Odhin an der Frage nach einer Begebenheit erkannt, die schon weit in der Vergangenheit liegt, ihm aber allein bewußt sein konnte, während ihn hier der Blick in die Zukunft verräth. Gemeinsam ist aber beiden Fragen die Beziehung auf Baldurs Tod und hierin erkennen wir eine Bestätigung unserer Vermuthung, die wir in den Text aufzunehmen nicht Bedenken getragen haben.

Zu Str. 16 vgl. Liebrecht G. G. A. 1865, 12., wonach hier von den Nornen die Rede wäre, die nach Willkür über die Geschicke verfügen mögen und die Enden ihrer Seile an den Himmel werfen. Auf Liebrechts Frage, was ich mir unter »himmelan werfen des Hauptes Schleier« gedacht habe, antworte ich: eine Gebärde der Klageweiber. Egilsons Deutung der Worte halsa skautum als ausgestreckte Hälse, kommt meiner Auffaßung nahe. Für Liebrechts Deutung auf die Nornen spricht, daß nicht von Einem Weibe, sondern von mehrern die Rede ist; entgegen steht ihr aber, daß an einer Frage nach den Nornen Odhin nicht erkannt werden konnte, wohl aber, wenn er auf ein in der fernsten Zukunft liegendes Ereigniss wie Thöcks Weigerung um Baldur zu weinen, hingedeutet hätte.


Literatur

  • Hermann Lüning: „Die Edda, eine Sammlung altnordischer Götter- und Heldenlieder“, 1859; S. 16ff: „Vegtamskvidha: Baldrs Draumar“ (PDF-Datei)