Das Wiedersehen
Das Wiedersehen ist ein Lied des deutschen Liedermachers Frank Rennicke, das 1997 auf dem Album „Der Väter Land“ erschien.
Text
- Vor mir ein Bild aus Kindertagen,
- eine Schulklasse und ich bin dabei,
- dritte Reihe, zwei die sich gut vertragen:
- Klaus und ich – lang ist’s vorbei.
- Was haben wir zwei nicht alles angestellt,
- als die Welt noch heil und klar?!
- Wir haben über Jahre uns zusammengesellt,
- wie ein Bruder er für mich war.
- In all’ den Jahren keine Zwistigkeit,
- nur ein Blick, ein Wort, und jeder verstand,
- kein Lügen und Heucheln und auch kein Neid,
- es war Freundschaft, die uns verband.
- Ich ging in die Lehre, er machte Abitur,
- so trennten sich uns’re Wege,
- doch trafen wir uns, und jeder erfuhr,
- wie der andere emsig und rege.
- Die Jahre durchs Land, das Kind wird ein Mann,
- ein Ideal, das hat Konjunktur,
- er ging nach Hamburg, ich in den Süden dann,
- und so verlor sich unsere Spur.
- Ich fand meinen Weg und sehe ein Ziel,
- mancher schimpft „Deutschtümelei“,
- ich leb’, was ich sprech’, mit klarem Profil,
- was aus dem anderen geworden mag sein?
- Eine Reise in die Heimatstadt,
- eine Reise in die Vergangenheit,
- die Zelte abgebrochen, doch trink’ ich mich satt
- in Erinnerungen, was mir Schmerzen bereit’.
- Das Elternhaus und Vaters Grab, mein Gott,
- was haben wir uns gestritten?
- Entschuldige Vater – manchen Fehler ich tat,
- heut’ wär’n wir Freunde – unbestritten.
- Dort das Schloß, der Bahnhof und die Feuerwehr,
- in dem Verein hab’ ich Jahre zugebracht,
- sehe ich den Stadtpark, das Herz wird mir schwer
- und denke an jene Sommernacht.
- Was im Herzen begraben, das bricht nun hervor
- und ich ertrag’ es heut’ nicht mehr
- was quäl’ ich mich so? Du bist ein Tor,
- es ist vorbei und ich tränenleer!
- Vorbei am Theater, zur Stadtmitte hin,
- ins Auto und dann nur hier raus.
- Und plötzlich dies’ Gesicht, an das ich mich entsinn’,
- ich faß’ es nicht – vor mir steht Klaus!
- Ganz Erfolgstyp, eine Frau an seiner Seite,
- ich hab’ ihn anfangs nicht erkannt.
- Die Frau war jung, es war seine zweite,
- er lachte, strahlte, war braungebrannt.
- So alt wie ich, doch längst war er oben,
- er hat es Zug um Zug und Schritt um Schritt vollbracht,
- war kühl und reserviert – den Erfolg muß man loben,
- an seiner Karriere arbeitete er mit Bedacht.
- Selbst Belangloses sprach er noch überlegt,
- „Small Talk“, wie es heut’ so heißt.
- Vielleicht hätt’ mich solches sonst nicht so erregt,
- nur grad’ heut’ es mich innerlich zerreißt.
- Seine Häuser, sein Auto und seine „weite Welt“,
- nein, warum?, Kinder hat er nicht.
- Berechnend die Worte – alles ist gestellt,
- oh Klaus – wie das in meinem Herzen sticht!
- Geld und Status waren uns doch einerlei,
- was hast du nur aus dir gemacht?
- „Ich hab’ dazugelernt“ – es klang wie Schulmeisterei
- und hat das Jugendbildnis umgebracht.
- Es graute mir vor seinen peinlichen Fragen –
- ich schämt’ mich meines Mantels, dünn und alt,
- wußte von Geld und Aufstieg nichts zu sagen
- und mich so jämmerlich und kalt.
- Und statt vom Gelde sprach von Jugendtagen
- ich schnell und drauf vom deutschen Vaterland!
- Er war in Eile – hatte keine Fragen –
- grüßte hastig, winkte und verschwand.