Die Schneeglöckchen
Die Schneeglöckchen ist ein deutsches Gedicht von Bogislav von Selchow. Es wurde von der Gruppe Arische Jugend auf dem Album „Von Trotz und Treue“ vertont.
Text
- Die alte Jette hatte sich
- redlich, fleißig und kümmerlich
- durch ihr Leben geschlagen;
- sie flickte, plättete und spann,
- und ihr Mann, ja, wo war ihr Mann?
- Man wußt es nicht zu sagen!
- Zwei stramme Jungen hatte Sie.
- es kostete sie manche Müh'
- mit den Kindern fertig zu werden.
- Aber sie verdroß das nicht,
- machte immer das selbe Gesicht
- trotz Arbeit und Beschwerden.
- Und wenn's im Dorf zu helfen galt,
- dann kam die alte Jette bald
- als erste herbei gelaufen.
- Sie half beim Backen und beim Näh'n,
- beim Ernten half sie und beim Säh'n,
- beim Sterben und Kindertaufen.
- Und eines Morgens in der Früh'
- zu Anfang März da sah ich sie
- steh'n in unser'm Garten;
- und als ich ihr die Hände gab,
- da wischte sie sich die Tränen ab, aus ihren Zügen den harten.
- So hatte ich sie nie gekannt.
- Ich drückte ihr die alte Hand:
- „Guten Morgen, Mutter Jette!
- Es ist so schön, die Sonne scheint.
- Sag mir, warum hast du geweint
- und hier an dieser Stätte?“
- „Mein Junge, das wirst du doch nicht
- versteh'n,
- hast du die Schneeglöckchen geseh'n,
- wie sie die Köpfe recken,
- wie sie durch den Winterschnee
- frisch und mutig sich in die Höh'
- nach der Sonnen strecken?
- Sieh mal, ich trage manches Leid,
- ich habe zum Lachen keine Zeit
- und keine Zeit zum Weinen.
- Nur ein einziges mal im Jahr,
- so im März oder Februar,
- wenn die Schneeglöckchen erscheinen.
- Dann wird es mir ums Herz so weich,
- dann werd ich immer so stark und reich;
- ich werde wie neu geboren.
- Dann kommt eine Kraft mir und ein Glanz;
- ich vergesse dann wieder ganz,
- was ich alles verloren.
- Du wirst ja auch einmal ein Mann.
- Sieh dir diese Schneeglöckchen an.
- Gib ihnen ein Versprechen.
- Sie sind die ersten, die unverzagt,
- die es frischen Mutes gewagt,
- die Schneedecke zu brechen.
- Später im Sommer, mein kleiner Freund,
- wenn jeden Tag die Sonne scheint,
- wenn warm die Lüfte spielen,
- dann ist es leicht, so mitzublüh'n
- wie Rosen oder wie Jasmin
- und wie die andern vielen.
- Aber jetzt im März, wo noch niemand weiß,
- wann zu Ende Kälte und Eis,
- als erster sich zu erheben
- und zu sagen: „Hier stehe ich, ich will auch meinen Platz für mich.“
- Das, ja das heißt Leben.
- Darum, wenn mir das Herz so schwer,
- dann komm ich immer wieder her,
- wenn die Schneeglöckchen erwachen.
- Darum lieb ich die Blumen so,
- weil sie mich mutig und froh
- für lange Wochen machen.
- Und wenn du später im Leben einmal
- stehst vor einer Wahl
- gleichwie an welcher Stätte,
- denke an die Schneeglöckchen dann:
- „Nur die Tat mach den Mann!“
- und an die alte Jette.
Verweise
- Abgerufen am 26. Juni 2012. Bei WebCite® archivieren.Sie sind die ersten, die unverzagt, die es frischen Mutes gewagt…, globalecho.org, 26. Juni 2012