Galle, Johann Gottfried

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Johann Gottfried Galle (* 9. Juni 1812 in Radis; † 10. Juli 1910 in Potsdam) war ein deutscher Astronom und Entdecker des Planeten Neptun.

Leben

Zunächst als Lehrer tätig, arbeitete er ab 1835 als Assistent Johann Franz Enckes an der Berliner Sternwarte. Hier entdeckte er 1838 einen inneren dunklen Ring des Saturns, später drei neue Kometen und mit dem Fraunhofer-Refraktor der Berliner Sternwarte mit 24,4 cm Öffnung (er wird heute auch als Galle-Refraktor bezeichnet) am 23. September 1846 den Neptun. Das war der erste Planet, der auf Grund genauer mathematischer Berechnungen entdeckt werden konnte. Die Sternwarte in Berlin wurde durch diese Entdeckung auf der ganzen Welt bekannt.

Die Geschehnisse des folgenden Abends sind in der Publikation vom 12. Oktober in den Astronomischen Nachrichten wiedergegeben: „Denselben Abend verglich Herr Galle die vortreffliche Karte, welche Herr Dr. Bremiker gezeichnet hat … mit dem Himmel und ward fast sogleich sehr nahe an dem Orte den Herr le Verrier bestimmt einen Stern der 8t. Gr. gewahr der auf der Karte fehlte.“ Damit war der achte Planet im Sonnensystem entdeckt.[1]

Die Sternkarte, welche die betreffende Himmelsposition zeigte, wurde erst kurz zuvor von Carl Bremiker fertiggestellte.

Ab 1851 war Johann Gottfried Galle als Direktor an der Sternwarte zu Breslau tätig und Professor für Astronomie an der Universität Breslau und gab die „Mittheilungen der Königlichen Universitäts-Sternwarte zu Breslau“ heraus. Er widmete sich hier vorrangig der Bestimmung der Sonnenparallaxe und setzte sich mit der genauen Bahnbestimmung von Planeten auseinander. Darüber hinaus befaßte er sich mit dem Polarlicht, Meteoren, Kometen, dem Magnetismus der Erde und der Klimatologie. Er starb am 10. Juli 1910 in Potsdam.


Nachruf:

Quelle
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In seinem 99. Lebensjahre hat Geheimrat Professor Dr. Johann Gottfried Galle am 10. Juli 1910 seinen Erdenlauf vollendet. Mit ihm ist ein Astronom verschieden, der in der Geschichte der Himmelskunde für immer unvergeßlich ist und dem wegen seiner Sorgfalt und seines Pflichtgefühls allgemeine Hochachtung und Verehrung entgegen gebracht wurde.
J. G. Galle wurde am 9. Juni 1812 im Pabsthaus bei Gräfenhainichen zwischen Wittenberg und Bitterfeld geboren. Der Pabst heißt dort ein Wald, und den damaligen Teerofen des Pabsthauses hatte sein Vater gepachtet. Galle erhielt den ersten Unterricht bei einem benachbarten Pastor und absolvierte bis 1830 das Wittenberger Gymnasium. Nach dreijährigem Studium auf der Universität Berlin legte er die Prüfung pro facultate docendi ab und war 1833-35 Gymnasiallehrer für Mathematik in Guben und Berlin.
1835 berief ihn sein Lehrer Encke als seinen ersten und einzigen Gehilfen an der in diesem Jahre von Schinkel am Ende der Charlottenstraße neu erbauten Sternwarte in Berlin. Hier widmete er sich 16 Jahre hindurch besonders dem neuen Refraktor von 9 Pariser Zoll Öffnung aus der Werkstatt von Utzschneider und Fraunhofer, und die »Astronomischen Nachrichten« bringen fortwährend Berichte über seine Beobachtungen und Bahnrechnungen von Planeten und Kometen. In diese Zeit fallen seine wichtigen Entdeckungen.
Den inneren dunklen Ring des Saturn findet und mißt er 1838 und beschreibt ihn als einen schleierförmigen Anhang des Hauptringes. Encke erwähnt Galles Entdeckung in der Berliner Akademie zweimal, aber nur gelegentlich, da ihn mehr seine Auffindung der Enckeschen Teilung interessiert. So kam es, daß Galles Entdeckung zunächst wenig beachtet und vergessen wurde und daß Bond in Cambridge Mass. den dunklen Ring 1850 von neuem entdeckte. Ohne seine Priorität besonders zu wahren, veröffentlicht Galle jetzt seine Messungen des dunklen Ringes von 1838 und 1839, nur um nachzuweisen, daß dieser schon damals vorhanden und sichtbar gewesen war, da die Frage der Veränderlichkeit des Ringsystems aufgeworfen war. Noch 1872 schreibt Galle in den Astr. Nachr. Bd. 101, daß, nachdem Encke seine Beobachtung erwähnt hatte, und da dieser auf dergleichen Beschreibung physischer Verhältnisse einen geringen Wert zu legen pflegte, so hätte er damals, wo er erst seit einigen Jahren in die astronomische Beschäftigung eingetreten war, es nicht für angemessen und wichtig genug gehalten, weiter über seine Entdeckung des Ringes zu schreiben. Man ersieht hieraus Galles persönliche Bescheidenheit und seine sachliche Korrektheit.
Im Alter von 27 Jahren entdeckt Galle drei Kometen, am 2. Dezember 1839, am 25. Januar und 6. März 1840, den ersten und dritten vor Sonnenaufgang. Sie erregten, zumal da seit 5 Jahren keine neuen Kometen entdeckt waren, das lebhafte Interesse der Astronomen, und gleich darauf stiftete der König von Dänemark eine Kometenmedaille (Astr. Nachr. Nr. 400).
Galle promoviert 1845 Berlin und reduziert in seiner Dissertation sorgfältig die Kopenhagener Meridianbeobachtungen von Olaf Roemer vom 20. bis 23. Oktober 1706, die allein der Feuersbrunst vom 21. Oktober 1728 entgangen waren. Er bestimmte aus ihnen, die als erste Meridianbeobachtungen einen höheren Grad der Genauigkeit ergaben, für diese frühe Zeit die Örter von 88 hellen Sternen, sowie von Sonne, Mond und Planeten. Am 23. September 1846 entdeckte Galle den Neptun. Als er am Morgen dieses Tages von Leverrier den Brief mit dem Dank für die Übersendung seiner Dissertation und mit der Ortsangabe des errechneten Planeten erhält, betrachtet er die Nachsuchung als seine Pflicht. Er teilt den Brief Encke mit und erlangt von ihm die Zustimmung zur Nachforschung, obwohl Encke sich über die Aussicht auf Erfolg sehr zweifelhaft ausspricht. Der Wunsch von d'Arrest, der in Berlin seinen Studien oblag, bei der Nachsuchung zugegen sein zu dürfen, wird anstandslos gewährt. Galle findet I° von Leverriers Ort entfernt einen Stern 8. Größe, der in der Berliner Akademischen Sternkarte von 2ih fehlt, und seine wiederholten Messungen ergeben eine kleine, aber noch zweifelhafte Bewegung. Am 24. September ist eine Bewegung von 4S vorhanden und damit die Planetennatur des Gestirns erwiesen. Näheres über die Vorgänge bei der Beobachtung findet man in Galles lesenswerten Aufsätzen in den A.N. Bd. 89 und 101. Er selbst lehnte es stets ab als Entdecker zu gelten und bezeichnete Leverrier als den eigentlichen Entdecker des Neptun. Doch erhielt Galle aus Paris das Kreuz der Ehrenlegion.
Im Herbst 1851 wurde Galle als Nachfolger v. Boguslawskis zum Professor an der Universität und Direktor der Sternwarte nach Breslau berufen. Hier hat er eine segensreiche Lehrtätigkeit entfaltet, bis in sein 80. Lebensjahr regelmäßig Vorlesungen gehalten und die Leitung der Sternwarte 45 1/2 Jahre sorgfältig ausgeübt. Seine Vorlesungen umfaßten gegen die frühere Zeit erheblich erweiterte Gebiete, und seine Hörerzahl im Privatkolleg stieg 1878 auf 60 Studierende. Vorzüglich vorbereitet las er lichtvoll und klar und führte so viele Schüler der Astronomie dauernd zu.
Von seinen wissenschaftlichen Arbeiten geben die Register der A. N. dauernd Kunde. Er gab und behandelte in seiner Breslauer öffentlichen Antrittsvorlesung die Verbesserung von Planetenbahnen aus Beobachtungen im Moment der Oppositionen. Er gab eine Methode zur Berechnung der Höhe des Nordlichtes, regte erfolgreich die Bestimmung der Sonnenparallaxe durch die Beobachtung verhältnismäßig erdnaher kleiner Planeten an und verfaßte eine elegante Methode zur Berechnung von Meteorbahnen. Sein wichtigstes Werk ist das allbekannte Verzeichnis aller bisher berechneten Kometenbahnen bis 1894 mit Angabe aller Quellen der Beobachtung und Rechnung.
Außerdem hat er die Konstanten des Erdmagnetismus für Breslau durch tägliche Beobachtungen bestimmt, bis die Legung der Schienen der Straßenbahn neben der Universität die Fortsetzung dieser Arbeit durch lokale Störungen des Erdmagnetismus unmöglich machte. In seinen Grundzügen der schlesischen Klimatologie hat er die Mittelwerte und Extreme für Breslau bestimmt. Diese Grundzüge erschienen zuletzt 1891 in den Schriften der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. Er selbst gründete und leitete deren geographische Sektion.
In seinen Mitteilungen der Breslauer Sternwarte von 1879 gibt er pietätvoll Nachrichten über die Entstehung des astronomischen Unterrichts und der Sternwarte sowie ihrer baulichen Veränderungen, endlich ein Verzeichnis aller vorhandenen Instrumente und ihrer Herkunft, die geographischen, meteorologischen und magnetischen Konstanten von Breslau.
Galle war auswärtiges Mitglied der Königl. Astronomischen Gesellschaft in London, korrespondierendes Mitglied der Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Ehrenmitglied der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. Aus Anlaß von Jubiläen hat er in den letzten Jahren von Seiten der Astronomen und von seiner Universität Breslau, an der er bis zu seiner Übersiedelung nach Potsdam im April 1897 wirkte, vielfache Ehrungen erfahren.
Am 9. Juni 1902, zu seinem 90. Geburtstage kamen Deputationen der Astronomischen Gesellschaft, des Astrophysikalischen Instituts in Potsdam, der Berliner und Breslauer Sternwarte und anderer Körperschaften zu ihm zur Beglückwünschung aus Anlaß der seltenen Feier. Der neunzigjährige Greis hörte stehend alle Ansprachen an und erwiderte stehend jede einzelne in rüstiger Gesundheit. Alle Briefe, die er zu Jubiläen, an Geburtstagen oder zu Neujahr erhielt, beantwortete er selbst mit sicherer Hand und besonders schöner Handschrift ausführlich. Erst nach seinem 98. Geburtstage, 9. Juni 1910, übernahm sein Sohn die Beantwortung. Verheiratet war Galle mit der Tochter des Breslauer Professors Regenbrecht und aus dieser Ehe erwuchsen ihm zwei Söhne.
Ein ernster, religiöser Sinn, Treue und große Sorgfalt auch in Einzelheiten, verbunden mit Genialität sind die Eigenschaften, die seinen Charakter auszeichneten. Seinen reichen Anteil an den Erfolgen und Errungenschaften deutscher Wissenschaft hat er sich in stiller Arbeit und deutscher Gründlichkeit gesichert.

Quelle: Astronomische Nachrichten, Band 185, S. 309f. (Text im Weltnetz)


Nach ihm wurden der Mondkrater Galle, der Marskrater Galle, ein Ring des Neptun sowie ein Asteroid benannt.

Werke (Auswahl)

  • Grundzüge der schlesischen Klimatologie (PDF-Datei)
  • Verzeichniss der Elemente der bisher berechneten Cometenbahnen nebst Anmerkungen und Literatur-Nachweisen, 1894 (PDF-Datei)

Verweise

Fußnoten