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Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913

Quelle
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583 –
Reichs=Gesetzblatt.
Jahrgang 1913.


Nr. 46.
Inhalt: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz. S 583 -–- Gesetz zur Abänderung des Reichs-
Militärgesetzes sowie des Gesetzes, betreffend Änderungen der Wehrpflicht vom 11. Februar 1888.
S. 593. -–- Gesetz, betreffend die Änderung zweier Reichstagswahlkreise. S. 597.

(Nr. 4263) Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz.   Vom 22. Juli 1913.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden, Deutscher Kaiser, König

von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats
und des Reichstags, was folgt:

E r s t e r A b s c h n i t t .
Allgemeine Vorschriften.
§ 1.

Deutscher ist, wer die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaat (§§ 3

bis 32) oder die unmittelbare Reichsangehörigkeit (§§ 33 bis 35) besitzt.
§ 2.

Elsaß-Lothringen gilt im Sinne dieses Gesetzes als Bundesstaat
Die Schutzgebiete gelten im Sinne dieses Gesetzes als Inland.

Z w e i t e r A b s c h n i t t .
Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate.
§ 3.

Die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate wird erworben
1. durch Geburt (§ 4),
2. durch Legitimation (§ 5),
Reichsgesetzbl. 1913. 93
Ausgegeben zu Berlin den 31. Juli 1913.


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3. durch Eheschließung (§ 6),
4. für einen Deutschen durch Aufnahme (§§ 7, 14, 16),
5. für einen Ausländer durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16).

§ 4.

Durch die Geburt erwirbt das eheliche Kind eines Deutschen die Staats-

angehörigkeit des Vaters, das uneheliche Kind einer Deutschen die Staatsange
hörigkeit der Mutter.

Ein Kind, das in dem Gebiet eines Bundesstaats aufgefunden wird

(Findelkind), gilt bis zum Beweise des Gegenteils als Kind eines Angehörigen
dieses Bundesstaats.
§ 5. Eine nach den deutschen Gesetzen wirksame Legitimation durch einen Deutschen begründet für das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters. § 6. Durch die Eheschließung mit einem Deutschen erwirbt die Frau die Staats-angehörigkeit des Mannes. § 7. Die Aufnahme muß einem Deutschen von jedem Bundesstaat, in dessen Gebiet er sich niedergelassen hat, auf seinen Antrag erteilt werden, falls kein Grund vorliegt, der nach den §§ 3 bis 5 des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 55) die Abweisung eines Neu- anziehenden oder die Versagung der Fortsetzung des Aufenthalts rechtfertigt. Der Antrag einer Ehefrau bedarf der Zustimmung des Mannes; die fehlende Zustimmung kann durch die Vormundschaftsbehörde ersetzt werden. Für eine unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft stehende Person wird, wenn sie das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, der Antrag von dem gesetzlichen Vertreter gestellt; hat sie das sechzehnte Lebensjahr vollendet, so bedarf ihr Antrag der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. § 8. Ein Ausländer, der sich im Inland niedergelassen hat, kann von dem Bundesstaat, in dessen Gebiete die Niederlassung erfolgt ist, auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn er 1. Nach den Gesetzen seiner bisherigen Heimat unbeschränkt geschäftsfähig ist oder nach den deutschen Gesetzen unbeschränkt geschäftsfähig sein würde oder der Antrag in entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 2 Satz 2 von seinem gesetzlichen Vertreter oder mit dessen Zustimmung gestellt wird, 2. einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat,


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– 585 – 3. an dem Orte seiner Niederlassung eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat und 4. an diesem Orte sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist. Vor der Einbürgerung ist über die Erfordernisse unter Nr. 2 bis 4 die Gemeinde des Niederlassungsorts und, sofern diese keinen selbständigen Armen- verband bildet, auch der Armenverband zu hören. § 9. Die Einbürgerung in einen Bundesstaat darf erst erfolgen, nachdem durch den Reichskanzler festgestellt worden ist, daß keiner der übrigen Bundesstaaten Bedenken dagegen erhoben hat; erhebt ein Bundesstaat Bedenken, so entscheidet der Bundesrat. Die Bedenken können nur auf Tatsachen gestützt werden, welche die Besorgnis rechtfertigen, daß die Einbürgerung des Antragstellers das Wohl des Reiches oder eines Bundesstaats gefährden würde. Die Vorschriften des Abs. 1 finden keine Anwendung 1. auf ehemalige Angehörige des Bundesstaats, bei dem der Antrag gestellt wird, auf deren Kinder oder Enkel, sowie auf Personen, die von einem Angehörigen des Staates an Kindes Statt angenommen sind, es sei denn, daß der Antragsteller einem ausländischen Staate angehört, 2. auf Ausländer, die im Deutschen Reiche geboren sind, wenn sie sich in dem Bundesstaate, bei dem der Antrag gestellt wird, bis zu Voll- endung des einundzwanzigsten Lebensjahres dauernd aufgehalten haben und die Einbürgerung innerhalb zweier Jahre nach diesem Zeitpunkt beantragen. § 10. Die Witwe oder geschiedene Ehefrau eines Ausländers, die zur Zeit ihrer Eheschließung eine Deutsche war, muß auf ihren Antrag von dem Bundesstaat, in dessen Gebiete sie sich niedergelassen hat, eingebürgert werden, wenn sie den Erfordernissen des § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2 entspricht. Über das Erfordernis unter Nr. 2 ist vor der Einbürgerung die Gemeinde des Niederlassungsorts zu hören. § 11. Ein ehemaliger Deutscher, der als Minderjähriger die Reichsangehörigkeit durch Entlassung verloren hat, muß auf seinen Antrag von dem Bundesstaat, in dessen Gebiet er sich niedergelassen hat, eingebürgert werden, wenn er den Er- fordernissen des § 8 Abs. 1 entspricht und den Antrag innerhalb zweier Jahre nach der Volljährigkeit stellt. Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 findet Anwendung. § 12. Ein Ausländer, der mindestens wie ein Deutscher im Heere oder in der Marine aktiv gedient hat, muß auf seinen Antrag von dem Bundesstaat, 93*

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in dessen Gebiet er sich niedergelassen hat, eingebürgert werden, wenn er den Er- fordernissen des § 8 Abs. 1 entspricht und die Einbürgerung nicht das Wohl des Reichs oder eines Bundesstaats gefährden würde. Die Vorschriften des § 8 Abs. 2 und des § 9 Abs. 1 finden Anwendung. § 13. Ein ehemaliger Deutscher, der sich nicht im Inland niedergelassen hat, kann von dem Bundesstaate, dem er früher angehört hat, auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn er den Erfordernissen des § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2 ent- spricht, dem ehemaligen Deutschen steht gleich, wer von einem solchen abstammt oder an Kindes Statt angenommen ist. Vor der Einbürgerung ist dem Reichs- kanzler Mitteilung zu machen; die Einbürgerung unterbleibt, wenn der Reichs- kanzler Bedenken erhebt. § 14. Die von der Regierung oder der Zentral- oder höheren Verwaltungs- behörde eines Bundesstaats vollzogene oder bestätigte Anstellung im unmittel- baren oder mittelbaren Staatsdienst, im Dienste einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes, im öffentlichen Schuldienst oder im Dienste einer von dem Bundesstaat anerkannten Religionsgesellschaft gilt für einen Deutschen als Auf- nahme, für einen Ausländer als Einbürgerung, sofern nicht in der Anstellungs- oder Bestätigungsurkunde ein Vorbehalt gemacht wird. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die Anstellung als Offizier oder Beamter des Beurlaubtenstandes. § 15. Die im Reichsdienst erfolgte Anstellung eines Ausländers, der seinen dienstlichen Wohnsitz in einem Bundesstaate hat, gilt als Einbürgerung in diesen Bundesstaat, sofern nicht in der Anstellungsurkunde ein Vorbehalt gemacht wird. Hat der Angestellte seinen dienstlichen Wohnsitz im Ausland und bezieht er ein Diensteinkommen aus der Reichskasse, so muß er von dem Bundesstaate, bei dem er den Antrag stellt, eingebürgert werden; bezieht er kein Dienstein- kommen aus der Reichskasse, so kann er mit Zustimmung des Reichskanzlers eingebürgert werden. § 16. Die Aufnahme oder Einbürgerung wird wirksam mit der Aushändigung der von der höheren Verwaltungsbehörde hierüber ausgefertigten Urkunde oder der Urkunde über die unter den Voraussetzungen des § 14 oder des § 15 Abs.1 erfolgte Anstellung. Die Aufnahme oder Einbürgerung erstreckt sich, insofern nicht in der Ur- kunde ein Vorbehalt gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, deren gesetzliche Vertretung dem Aufgenommenen oder Eingebürgerten kraft elterlicher Gewalt zusteht. Ausgenommen sind Töchter, die verheiratet sind oder verheiratet gewesen sind.

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§ 17. Die Staatsangehörigkeit geht verloren 1. durch Entlassung (§§ 18 bis 24), 2. durch den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (§ 25), 3. durch Nichterfüllung der Wehrpflicht (§§ 26, 29), 4. durch Ausspruch der Behörde §§ 27 bis 29), 5. für ein uneheliches Kind durch eine von dem Angehörigen eines anderen Bundesstaats oder von einem Ausländer bewirkte und nach den deutschen Gesetzen wirksame Legitimation, 6. für eine Deutsche durch Eheschließung mit dem Angehörigen eines anderen Bundesstaats oder mit einem Ausländer.

§ 18. Die Entlassung einer Ehefrau kann nur von dem Manne und, sofern dieser ein Deutscher ist, nur zugleich mit seiner Entlassung beantragt werden. Der Antrag bedarf der Zustimmung der Frau.

§ 19. Die Entlassung einer Person, die unter elterlicher Gewalt oder unter Vor- mundschaft steht, kann nur von dem gesetzlichen Vertreter und nur mit Geneh- migung des deutschen Vormundschaftsgerichts beantragt werden. Gegen die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts steht auch der Staatsanwaltschaft die Beschwerde zu; gegen den Beschluß des Beschwerdegerichts ist die weitere Be- schwerde unbeschränkt zulässig. Die Geneh­migung des Vormundschaftsgerichts ist nicht erforderlich, wenn der Vater oder die Mutter die Entlassung für sich und zugleich kraft elterlicher Gewalt für ein Kind beantragt und dem Antragsteller die Sorge für die Person diese Kindes zusteht. Erstreckt sich der Wirkungskreis eines der Mutter bestellten Beistandes auf die Sorge für die Person des Kindes, so bedarf die Mutter zu dem Antrag auf Entlassung des Kindes der Geneh­migung des Beistandes.

§ 20. Die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate be- wirkt gleichzeitig die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit in jedem anderen Bundesstaate, soweit sich der Entlassene nicht die Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundesstaate durch eine Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde des entlassenden Staates vorbehält. Dieser Vorbehalt muß in der Entlassungs- urkunde vermerkt werden.


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§ 21. Die Entlassung muß jedem Staatsangehörigen auf seinen Antrag erteilt werden, wenn er die Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundesstaate besitzt und sich diese gemäß § 20 vorbehält. § 22. Fehlt es an den Voraussetzungen des § 21, so wird die Entlassung nicht erteilt 1. Wehrpflichtigen, über deren Dienstverpflichtung noch nicht endgültig entschieden ist, sofern sie nicht ein Zeugnis der Ersatzkommission darüber beibringen, daß nach der Überzeugung der Kommission die Entlassung nicht in der Absicht nachgesucht wird, die Erfüllung der aktiven Dienst- pflicht zu umgehen; 2. Mannschaften des aktiven Heeres, der aktiven Marine oder der aktiven Schutztruppen, 3. Mannschaften des Beurlaubtenstandes, der im § 56 Nr. 2 bis 4 des Reichsmilitärgesetzes bezeichneten Art, sofer sie nicht die Geneh­migung der Militärbehörde erhalten haben, 4. sonstigen Mannschaften des Beurlaubtenstandes nachdem sie eine Ein berufung zum aktiven Dienst erhalten haben, 5. Beamten und Offizieren, mit Einschluß derer des Beurlaubtenstandes, bevor sie aus dem Dienst entlassen sind. Aus anderen als in den in Abs. 1 bezeichneten Gründen darf in Friedenszeiten die Entlassung nicht versagt werden. Für die Zeit eines Krieges oder einer Kriegs- gefahr bleibt dem Kaiser der Erlaß besonderer Anordnungen vorbehalten.

§ 23. Die Entlassung wird wirksam mit der Aushändigung einer von der höheren Verwaltungsbehörde des Heimatstaats ausgefertigten Entlassungsurkunde. Die Urkunde wird nicht ausgehändigt an Personen, die verhaftet sind oder deren Ver- haftung oder Festnahme von einer Gerichts- oder Polizeibehörde angeordnet ist. Soll sich die Entlassung zugleich auf die Ehefrau oder die Kinder des Antragstellers beziehen, so müssen auch diese Personen in der Entassungsurkunde mit Namen aufgeführt werden. § 24. Die Entlassung gilt als nicht erfolgt, wenn der Entlassene beim Ablauf eines Jahres nach der Aushändigung der Entlassungsurkunde seinen Wohnsitz oder seinen dauernden Aufenthalt im Inland hat. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Entlassene sich die Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundesstaate gemäß § 20 vorbehalten hat.


1913 046 589.jpeg – 589 – § 25. Ein Deutscher, der im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauern- den Aufenthalt hat, verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder auf den Antrag des Ehemanns oder des gesetzlichen Vertreters erfolgt, die Ehe- frau und der Vertretene jedoch nur, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach den §§ 18, 19 die Entlassung beantragt werden könnte. Die Staatsangehörigkeit verliert nicht, wer vor dem Erwerbe der aus- ländischen Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag die schriftliche Geneh­migung der zuständigen Behörde seines Heimatstaats zur Beibehaltung seiner Staats- angehörigkeit erhalten hat. Vor der Erteilung der Geneh­migung ist der deutsche Konsul zu hören. Unter Zustimmung des Bundesrats kann von dem Reichskanzler angeordnet werden, daß Personen, welche die Staatsangehörigkeit in einem bestimmten aus- ländischen Staate erwerben wollen, die im Abs. 2 vorgesehene Geneh­migung nicht erteilt werden darf. § 26. Ein militärpflichtiger Deutscher, der im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt hat, verliert seine Staatsangehörigkeit mit der Vollendung des einunddreißigsten Lebensjahres, sofern er bis zu diesem Zeitpunkt noch keine endgültige Entscheidung über seine Dienstverpflichtung herbeigeführt hat, auch eine Zurückstellung über diesen Zeitpunkt hinaus nicht erfolgt ist. Ein fahnenflüchtiger Deutscher, der im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt hat, verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Ab- lauf von zwei Jahren nach Bekanntmachung des Beschlusses, durch den er für fahnenflüchtig erklärt worden ist (§ 360 der Militärstrafgerichtsordnung). Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Mannschaften der Reserve, der Land- oder Seewehr und der Ersatzreserve, die für fahnenflüchtig erklärt worden sind, weil sie einer Einberufung zum Dienste keine Folge geleistet haben, es sei denn, daß die Einberufung nach Bekanntmachung der Kriegsbereitschaft oder nach Anordnung der Mobilmachung erfolgt ist. Wer aufgrund der Vorschriften des Abs. 1 oder 2 seine Staatsan- gehörigkeit verloren hat, kann von einem Bundesstaate nur nach Anhörung der Militärbehörde eingebürgert werden. Weist er nach, daß ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt, so darf ihm die Einbürgerung von dem Bundesstaate, dem er früher angehörte, nicht versagt werden.

§ 27. Ein Deutscher, der sich im Ausland aufhält, kann seiner Staatsangehörig- keit durch Beschluß der Zentralbehörde seines Heimatstaats verlustig erklärt werden, wenn er im Falle eines Krieges oder einer Kriegsgefahr einer vom Kaiser an- geordneten Aufforderung zu Rückkehr keine Folge leistet.

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– 590 – Gehört er mehreren Bundesstaaten an, so verliert er durch den Beschluß die Staatsangehörigkeit in allen Bundesstaaten. § 28. Ein Deutscher, der ohne Erlaubnis seiner Regierung in ausländische Staats- dienste getreten ist, kann seiner Staatsangehörigkeit durch Beschluß der Zentral- behörde seines Heimatstaats verlustig erklärt werden, wenn er einer Aufforderung zum Austritt nicht Folge leistet. Gehört er mehreren Bundesstaaten an, so verliert er durch den Beschluß die Staatsangehörigkeit in allen Bundesstaaten.

§ 29. Der Verlust der Staatsangehörigkeit in den Fällen des § 26 Abs. 1, 2 und der §§ 27, 28 sowie der Wiedererwerb der Staatsangehörigkeit in den Fällen des § 26 Abs. 3 Satz 2 erstreckt sich zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, deren gesetzliche Vertretung dem Ausgeschiedenen oder dem Wiederein- gebürgerten kraft elterlicher Gewalt zusteht, soweit sich die Ehefrau oder die Kinder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft befinden. Ausgenommen sind Töchter, die verheiratet sind oder verheiratet gewesen sind.

§ 30. Ein ehemaliger Deutscher, der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die Reichsangehörigkeit durch Entlassung verloren hat, aber bei Anwendung der Vorschrift des § 24 Abs. 1 als nicht entlassen gelten würde, muß auf seinen Antrag von dem Bundesstaat, in dessen Gebiet er sich niedergelassen hat, ein- gebürgert werden, wenn er seit dem im § 24 Abs. 1 bezeichneten Zeitpunkt seinen Wohnsitz im Inland behalten hat und den Erfordernissen des § 8 Abs. 1 ent- spricht, auch den Antrag innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes stellt. Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Findet Anwendung. § 31. Ein ehemaliger Deutscher, der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die Reichsangehörigkeit nach § 21 des Gesetzes über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 355 ) durch zehnjährigen Aufenthalt im Ausland verloren hat, muß von dem Bundesstaat, in dessen Gebiet er sich niedergelassen hat, eingebürgert werden, wenn er keinem Staate angehört. Das gleich gilt von dem ehemaligen Angehörigen eines Bundesstaats oder eines in einen solchen einverleibten Staates, der bereits vor dem Inkraft- treten des Gesetzes vom 1. Juni 1870 nach Landesrecht seine Staatsangehörigkeit durch Aufenthalt außerhalb seines Heimatstaats verloren hat.

1913 046 591.jpeg – 591 – § 32. Ein militärpflichtiger Deutscher, der zur Zeit des Inkrafttretens dieses Ge- setzes im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt hat und vor diesem Zeitpunkt das neunundzwanzigste, aber noch nicht das dreiund- vierzigste Lebensjahr vollendet hat, verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Ablauf zweier Jahre, sofern er innerhalb dieser Frist keine endgültige Entscheidung über seine Dienstverpflichtung herbeigeführt hat. Ein fahnenflüchtiger Deutscher, der im § 26 Abs. 2 bezeichneten Art, der zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden Aufenthalt hat und vor diesem Zeitpunkt das dreiundvierzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Ablauf zweier Jahre sofern er sich nicht innerhalb dieser Frist vor den Militärbehörden gestellt.

      Die Vorschriften des § 26 Abs. 3 und des § 29 finden entsprechende Anwendung.

D r i t t e r A b s c h n i t t Unmittelbare Reichsangehörigkeit. § 33. Die unmittelbare Reichsangehörigkeit kann verliehen werden 1. einem Ausländer der sich in einem Schutzgebiete niedergelassen hat, oder einem Eingeborenen in einem Schutzgebiete; 2. einem ehemaligen Deutschen, der sich nicht im Inland niedergelassen hat; dem ehemaligen Deutschen steht gleich, wer von ihm abstammt oder an Kindes Statt angenommen ist. § 34. Einem Ausländer, der im Reichsdienst angestellt ist und seinen dienstlichen Wohnsitz im Ausland hat, muß auf seinen Antrag die unmittelbare Reichs- angehörigkeit verliehen werden, wenn er ein Diensteinkommen aus der Reichskasse bezieht, sie kann ihm verliehen werden, wenn er ein solches nicht bezieht. § 35. Auf die unmittelbare Reichsangehörigkeit finden die Vorschriften dieses Gesetzes über die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate mit Ausnahme der Vorschriften des § 4 Abs. 2, des § 8 Abs. 2, des § 10 Satz 2, des § 11 Satz 2, des § 12 Satz 2, und der §§ 14, 21 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß an die Stelle der Zentralbehörde des Bundesstaats der Reichskanzler und an die Stelle der höheren Verwaltungsbehörde der Reichskanzler oder die von ihm bezeichnete Behörde treten.

Reichsgesetzbl.   1913.								94

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– 592 – V i e r t e r A b s c h n i t t Schlußbestimmungen. § 36. Unberührt bleiben die Staatsverträge, die von Bundesstaaten mit aus- ländischen Staaten vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geschlossen sind.

§ 37.

        Soweit in Reichsgesetzen oder in Landesgesetzen auf Vorschriften des Gesetzes

über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 oder des Gesetzes, betreffend die Naturalisation von Ausländern, welche im Reichsdienst angestellt sind, vom 20. Dezember 1875 verwiesen ist, treten an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes.

§ 38. In den Fällen des § 7, der §§ 10, 11, 12, 30, 31 und des § 34 erster Halbsatz werden die Aufnahme- oder Einbürgerungsurkunden kostenfrei erteilt. Das gleiche gilt für die Erteilung von Entlassungsurkunden in den Fällen des § 21. Für die Erteilung von Entlassungsurkunden in anderen als den im § 21 bezeichneten Fällen dürfen an Stempelabgaben und Ausfertigungsgebühren zu- sammmen nicht mehr als drei Mark erhoben werden.

§ 39. Der Bundesrat erläßt Bestimmungen über die Aufnahme-, Einbürgerungs- und Entlassungsurkunden sowie über die Urkunden, die zur Bescheinigung der Staatsangehörigkeit dienen. Die Landeszentralbehörden bestimmen, welche Behörden im Sinne dieses Gesetzes als höhere Verwaltungsbehörden und als Militärbehörden anzusehen sind.

§ 40. Gegen die Ablehnung des Antrages auf Aufnahme gemäß § 7, auf Ein- bürgerung in den Fällen der §§ 10, 11, 15, des § 26 Abs. 3, der §§ 30, 31, des § 32 Abs. 3 oder des Antrags auf Entlassung in den Fällen der §§ 21, 22 ist der Rekurs zulässig. Die Zuständigkeit der Behörden und das Verfahren bestimmen sich nach den Landesgesetzen und, soweit landesgesetzliche Vorschriften nicht vorhanden sind, nach den §§ 20, 21 der Gewerbeordnung.


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– 593 – § 41. Diese Gesetz tritt am 1. Januar 1914 gleichzeitig mit einem Gesetze zur Abänderung des Reichsmilitärgesetzes sowie des Gesetzes, betreffend Änderungen der Wehrpflicht, vom 11. Februar 1888 in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Balholm, an Bord M.Y. „Hohenzollern“, den 22. Juli 1913.

(L. S.)