Quelle / Aus Churchills Lügenfabrik
Aus Churchills Lügenfabrik ist ein Aufsatz Joseph Goebbels’ vom 12. Januar 1941.
Es hat gar keinen Zweck, mit Mr. Churchill in eine Debatte über englische Schiffsverluste oder durch deutsche Luftangriffe angerichtete Schäden einzutreten. Er geht da einfach nach dem altbewährten britischen Schema vor, immer nur das zuzugeben, was unter keinen Umständen mehr bestritten werden kann, davon dann regelmäßig die Hälfte abzuziehen und zum Ausgleich dafür die Verlustzahlen des Gegners zu verdoppeln oder zu verdreifachen. Das ergibt eine glatte Rechnung. Das Imponierende dabei ist nur, daß er als echter John Bull grundsätzlich bei der einmal ausgesprochenen Lüge bleibt und sich durch nichts und niemanden daran hindern läßt, sie so lange zu wiederholen, bis er sie am Ende wenigstens selbst glaubt. Es ist das ein alter englischer Trick, auf dessen Originalität sich Mr. Churchill nichts einzubilden braucht, der vielmehr zu den in aller Welt bekannten Kunstkniffen der britischen Politik gehört. Man hat ihn auch im großen Krieg ausgiebig zur Anwendung gebracht, nur mit dem Unterschied zu diesem Kriege, daß damals die öffentliche Weltmeinung noch darauf hereinfiel, wovon heute selbstverständlich gar nicht mehr die Rede sein kann. Und das ist so zu erklären: Als der Weltkrieg zu Ende war, glaubte die britische Plutokratie, Deutschland liege so am Boden, daß es sich nie wieder erholen werde. Sie beging deshalb, teils aus Gleichgültigkeit, teils aber auch aus selbst-gefälliger Geschwätzigkeit, den Fehler, der Welt die Kniffe zu verraten, mit denen sie das Reich zu Fall gebracht hatte. In den Memoiren der britischen Staatsmänner, die England im Weltkrieg geführt haben, vor allem in denen eines gewissen Mr. Churchill, konnte man also einige Jahre nach dem Kriege des längeren und breiteren nachlesen, daß man in der Londoner Plutokratie während des Krieges gar nichts dabei gefunden hatte, das Blaue vom Himmel herunterzulügen, ja, daß man sich noch viel darauf zugute hielt und stolz darauf war, Deutschland auf eine so simple Weise an der Nase herumgeführt und mit Pfiffigkeit überlistet zu haben. Damit waren nun diese Methoden entlarvt. Sie genießen deshalb heute auch keinerlei Glaubwürdigkeit mehr. Man braucht von unserer Seite nur auf den Weltkrieg zu verweisen und zu betonen, daß augenblicklich fast dieselben Männer die englische Nachrichtenpolitik machen, die sie auch von 1914 bis 1918 gemacht haben, und man weiß Bescheid.
Das ist natürlich für die Betroffenen mehr als peinlich. Man soll im allgemeinen seine Führungsgeheimnisse nicht verraten, zumal man nicht weiß, ob und wann man sie noch einmal gut gebrauchen kann. Das hauptsächlichste englische Führungsgeheimnis ist nun nicht so sehr in einer besonders hervorstechenden Intelligenz als vielmehr in einer manchmal geradezu penetrant wirkenden dummdreisten Dickfelligkeit zu finden. Die Engländer gehen nach dem Prinzip vor, wenn du lügst, dann lüge gründlich, und vor allem bleibe bei dem, was du gelogen hast! Sie bleiben also bei ihren Schwindeleien, selbst auf die Gefahr hin, sich damit lächerlich zu machen.
Das gilt auch für die augenblicklich sich abspielenden dramatischen Ereignisse in der Luft- und Seekriegführung. Mr. Churchill behauptet einfach, selbstverständlich wider besseres Wissen und im Gegensatz zu allen realen Tatsachen, England sei dabei im Vorteil, und er läßt sich durch keinerlei, wenn auch noch so handgreifliche Beweise vom Gegenteil überzeugen. Die Royal Air Force hat Hamburg pulverisiert, sie hat, wie bekannt, sämtliche Berliner Bahnhöfe zerstört, die deutschen Kriegsindustriestätten in Schutt und Asche gelegt, dabei aber peinlichst darauf geachtet, daß nirgendwo etwa einmal ein Lazarett, ein Krankenhaus, ein Alters- oder Säuglingsheim oder überhaupt ein ziviles Ziel getroffen wurde. Die deutsche Luftwaffe dagegen hat merkwürdigerweise niemals besonderen Wert auf militärische oder industrielle Ziele gelegt. Sie fühlte sich ausschließlich mit einer seltsamen magnetischen Kraft von Kirchen, Schulen, Heimstätten für obdachlose Kinder und Arbeiterwohnungen angezogen. Insbesondere aber haben Botschaften, Konsulate oder Geschäftshäuser, die den Amerikanern gehören, es ihr angetan. Sie fliegt ziel- und planlos über englischen Städten herum, sucht so lange, bis sie ein derartiges Ziel ausfindig gemacht hat, und stürzt sich dann mit wohlgezielten Bombenabwürfen darauf los. Aus lauter Bosheit nimmt sie es aufs Korn, und zwar zu dem ganz durchsichtigen Zweck, die USA. in den Krieg hineinzutreiben. Findet dagegen ausnahmsweise einmal ein Angriff der deutschen Luftwaffe auf eine reine Industriestadt wie Cardiff oder Coventry statt, dann wird das der staunenden Mitwelt seitens des englischen Reuterbüros etwa mit den sibyllinischen Worten mitgeteilt:
Unbekannte Flugzeuge griffen irgendwann irgendwo mit unbekannten Kräften irgend etwas an. Der Schaden ist noch nicht übersehbar, es steht nur fest, daß keine militärischen oder industriellen Ziele getroffen wurden. Nähere Einzelheiten folgen noch.
Und auf diese Einzelheiten kann dann die Öffentlichkeit getrost bis Kriegsende warten. Spricht sich ein besonders verheerender Schaden trotz aller englischen Zensurmaßnahmen durch die neutrale Presse dann doch herum, dann wird der King bemüht, zu dem ausgesprochenen Zweck, auf die Tränendrüsen der Welt zu drücken. Er muß die zerstörte Stadt höchstselbst besichtigen. Es fehlt dabei natürlich nicht an den über die angerichteten Verwüstungen geradezu in einen Begeisterungstaumel verfallenden englischen Arbeitern, die angesichts ihrer zerstörten Häuser nichts Eiligeres zu tun haben, als auf den noch rauchenden Ruinen den Union Jack aufzupflanzen, zwischen den kohlenden Mauerresten den Lambeth Walk zu tanzen und den König mit aufmunternden Zurufen anzufeuern, auf diesem glückverheißenden Weg weiter fortzufahren, bis in ganz England kein Stein mehr auf dem anderen steht und damit der ersehnte Augenblick gekommen ist, gegen die dreimal verfluchten deutschen Teufel die glorreiche englische Offensive zu ergreifen. Was auf Seine Majestät verständlicherweise einen so tiefen Eindruck macht, daß er sich bemüßigt fühlt, 200 Pfund — macht ungefähr 2000 Reichsmark — aus der Westentasche zu ziehen und in die Armenkasse zu legen. Der Besuchtstag Seiner Majestät wird dann sinnigerweise damit abgeschlossen, daß der König im Hafen mit Interesse dem Ausladen eines Schiffes zuschaut. Es handelt sich, wie das Reuterbüro triumphierend verkündet, um amerikanisches Gefrierfleisch, was da ausgeladen wird, womit zur Genüge dargetan ist, daß ad eins der Atlantikverkehr noch durchaus normal funktioniert und ad zwei Seine Majestät sich trotz des Ernstes der Lage voller geistiger und körperlicher Frische erfreut.
Seht euch demgegenüber die Deutschen an! Spricht der Führer nicht, so ist das ein Beweis dafür, daß er sich in tödlicher Verlegenheit befindet und keinen Ausweg mehr sieht. Spricht er dagegen, so kann man unschwer daraus schließen, daß die Lage im Reich katastrophal ist und dringend einer höchsten Aufmunterung bedarf. Sagt er nichts vom baldigen Sieg, dann glaubt er selbstverständlich selbst nicht mehr daran. Sagt er dagegen etwas darüber, dann will er der Welt nur Sand in die Augen streuen. Trifft er sich mit dem Duce, dann nur, weil die Achse einen Riß bekommen hat; trifft er sich nicht mit ihm, dann ist dieser Riß schon so tief, daß er auch durch eine Zusammenkunft nicht mehr geheilt werden kann. Geht er zu seinen Truppen, dann ist das eine Flucht vor der Stimmung in der Heimat; geht er nicht zu ihnen, dann natürlich nur aus Angst vor den Soldaten. In England pflegen die Menschen drei donnernde Hurras anzustimmen, wenn die Fett- und Fleischrationen heruntergesetzt werden. In Deutschland dagegen würde das eine Revolution zur Folge haben. In England wirken Schnee und Frost befeuernd auf die Personen- und Transportzüge, wogegen sie in Deutschland das ganze Transportsystem über den Haufen zu werfen pflegen. Die deutschen Methoden der Kriegführung sind verächtlich und gänzlich undiskutabel; aber man geniert sich nicht, sie in England nachzuahmen. Die englischen Methoden dagegen sind vorbildlich, human, liberal und fortschrittlich; bloß sie taugen nichts, sie führen zu keinem Erfolg und werden deshalb stillschweigend abgeschafft. Als wir vor Jahren erklärten, wir wollten zuerst Kanonen bauen und dann Butter essen, stieß ganz England einen einzigen entrüsteten Protestschrei aus. Jetzt haben die Engländer die Butter gegessen, und wir haben die Kanonen, und nun müssen sie auch nach demselben Prinzip verfahren, nach dem wir unsere Wehrmacht aufrüsteten, was natürlich nichts daran ändert, daß diese Methode, weil der Nationalsozialismus sie erfunden hat, dumm, kurzsichtig, engstirnig und geistlos ist. Gebt euch keine Mühe, es den Engländern recht zu machen. Solange Mr. Churchill am Ruder ist, gewinnt John Bull jede Ruhepause. Nur schade, daß er immer auch die Offensive verliert. Mr. Churchill ging kürzlich nach einem der verheerendsten deutschen Luftangriffe durch die Ruinen der Londoner City spazieren. Es fehlte natürlich nicht, wie das Reuterbüro zu berichten wußte, an beifallsfreudigem Publikum, das ihm lebhaft applaudierte und begeistert zurief: „Guter, alter Winston! Nur weiter so!“ Und als man ihn nach dem Frieden fragte, antwortete er: „Wenn wir gesiegt haben!“ Man könnte das für Größe halten, wenn man ihn nicht so gut kennte. Aber wir kennen ihn. Wir wissen, daß das alles bloße Pose ist, daß er keinen Ausweg mehr weiß, daß er sich in seine verbrecherische Politik so verrannt hat, daß es für ihn kein Zurück mehr gibt, daß er nun die Partie mit eiserner Stirn weiterspielen muß, wenn er auch keine Atouts mehr in der Hand hat und lediglich darauf hoffen kann, daß ein Wunder geschieht.
Solche Wunder aber gibt es nicht. Das Glück stellt sich immer nur auf die Seite dessen, der es verdient, und am Ende hat in der Geschichte doch immer der recht behalten, der für hohe Ideale eintrat und kämpfte und sich durch nichts vom einmal eingeschlagenen Weg abbringen ließ. Mr. Churchill verficht solche Ideale nicht. Er vertritt eine Welt, die im Innern schon gänzlich verfault und korrupt ist. Es ist die Welt des 18. Jahrhunderts, die sich mit den Symbolen des 19. Jahrhunderts drapiert hat und damit das 20. Jahrhundert erobern will. Diese Welt eines schrankenlosen individualistischen Bereicherungstriebes auf Kosten der Menschen und Völker ist in Europa bereits durch neue staatsaufbauende Prinzipien ersetzt worden. Ihnen gehört die Zukunft. Um ihre Fahnen hat sich eine opferbereite und gläubige Jugend versammelt. Diese Jugend siegt nicht nur deshalb, weil sie modern ausgerüstet ist, weil in ihren Diensten der Motor und die neue Technik steht; sie siegt, weil sie eben jung ist, weil sie eine Revolution repräsentiert, weil sie Kräfte mobilisiert hat, die durchschlagend und dynamisch wirken, gegen die es kein Halten mehr gibt. Das Rad der Geschichte läßt sich nicht zurückdrehen, auch nicht von Mr. Churchill. In seinen stillen Stunden wird er sich wohl manchmal schon eingestehen, daß er auf verlorenem Posten kämpft, daß seine Zeit vorbei ist, daß er längst schon hinter der Entwicklung herläuft und keine Hoffnung mehr haben kann, sie jemals noch einmal ein- zuholen.
Er ist in der Tat ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und doch das Gute schafft. Er erst hat unserer Revolution den entscheidenden letzten Stoß gegeben. Wäre er nicht gewesen, sie hätte vermutlich viel mehr Zeit gebraucht, um sich endgültig durchzusetzen, als das nun der Fall sein wird. So müssen wir ihm am Ende noch dankbar dafür sein. Weil er war, weil er wirkte, werden wir wahrscheinlich nur so viele Monate gebrauchen, wie wir sonst Jahre oder gar Jahrzehnte nötig gehabt hätten, um zum großen Ziel zu kommen.
Es wäre zwecklos, ihm das erklären zu wollen. Er gehört zu jenen unbelehrbaren Menschen, die nur durch Tatsachen überzeugt werden können. Also müssen wir diese Tatsachen schaffen.