Reichenberger Automobil-Fabrik
Die Reichenberger Automobil-Fabrik (RAF) war ein Fahrzeughersteller aus Böhmen mit Sitz in Reichenberg.
Geschichte
Die Produktionsgeschichte in Reichenberg begann im Jahre 1858 mit dem Tiroler Christian Linser. Seine Fabrik Stand an der Mündung des Harzdorfer Bachs in die Neiße. Man produzierte Anlagen für die Textilindustrie, für Brauereien, Papierhersteller und Feuerwehrspritzen. Zur Wende des 19./20. Jahrhunderts begann die Produktion von Motorfahrrädern und Motorrädern, welche auch im Motorradrennsport erfolgreich waren.
Drei Textilmagnaten, Theodor Freiherr von Liebieg, Willy Ginzkey und Oskar Freiherr von Neustadt/Tafelfichte, alle technikbegeisterte Pioniere der Modernisierung, übernahmen die Linser’sche Fabrik, gründeten die RAF und zogen im Jahr 1908 in das neue Produktionsgebäude im Stadtteil Berzdorf.
Schon im gleichen Jahr wurde der fünfzigste Wagen ausgeliefert. Man baute luxuriöse, sportliche Autos auf Fahrgestellen des Mercedes-Systems mit Karosserien von Peter und Sohn aus Hohenelbe und Engelmann aus Warnsdorf sowie in Lizenz gefertigte Knight-Motoren, die sehr kultiviert und leise liefen.
RAF hatte das Lizenzabkommen mit der Daimler Motor Company in Coventry zum Bau der Knight-Motoren mit Schiebersteuerung. 1912 entstand der LK 1 mit Knight-Motor und einer Leistung von 35 PS. Knight-Motoren wurden von RAF auch an Puch in Graz geliefert.
Eines der ersten RAF-Autos war das Modell T mit einem 4,5-Liter-Vierzylindermotor und 30 PS. Es verfügte bereits über eine Vierradbremse und wurde 1908 auf dem Prager Automobilsalon vorgestellt. Dieser Wagen wurde mit teuren Karosserien versehen. Es gab auch eine Version mit einem Zweizylindermotor.
Danach folgte 1910 das Modell H 10, ebenfalls mit einem Vierzylindermotor, aber mit 5,3 Litern Hubraum und 45 PS. Dieses Fahrzeug war mit vier voneinander unabhängigen Bremsen ausgerüstet – zwei Fußbremsen, die als Getriebe- und Hinterradbremse dienten, einer normalen Handbremse und der damals üblichen Bergstütze. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 90 km/h.
Gleichzeitig wurde der FW 25 gebaut, ein Lieferwagen mit 3,05 Litern Hubraum. 1910 folgte der 14/18. Bei diesem Fahrzeug waren Motor, Kupplung und Getriebe auf einem Hilfsrahmen befestigt, der sehr schnell zu Reparaturarbeiten vom Chassis gelöst werden konnte.
Unter der Führung des damals bekannten Konstrukteurs Paul Henze wurden der C 25 mit 5,7 Litern Hubraum und der 28/32 mit 3,5-Liter-Motor entwickelt. Beides waren sehr teure Autos. Da sich diese Wagen nur in kleinen Stückzahlen verkaufen ließen, wurden der Hansa 6/14 PS und der Hansa 10/22 PS der Vareler Hansa-Werke („Hansa-Automobil-Gesellschaft“) in Lizenz gefertigt.
Seit 1908 gab es auch einen Lastkraftwagen mit 4,5 Litern Hubraum. Bei diesem Fahrzeug war der Motor unter dem Fahrersitz eingebaut.
Die Autos aus Reichenberg erwarben sich europaweit einen so hervorragenden Ruf, daß sich Adel, Ärzte, Anwälte, kirchliche Würdenträger und andere höhere öffentliche Institutionen in den Verkaufsräumen drängten. Wie so oft führte der Konkurrenzdruck zu Kooperationen mit anderen Firmen; zunächst mit Puch bei Hallein im Land Salzburg und schließlich kam es zur Verbindung mit Laurin und Klement in Jungbunzlau. Letztere wurde schließlich von Skoda übernommen.
Als sich 1912 der Niedergang der Firma RAF abzeichnete, fusionierte sie noch im gleichen Jahr mit Laurin & Klement. RAF bestand noch bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs und es wurden in dieser Zeit mit dem 18/50 PS und dem 13/40 PS noch zwei neue Modelle entwickelt, beide mit Knight-Motoren. Viele Konstruktionen von Laurin & Klement basierten auf früheren RAF-Konstruktionen.