Schukow-Plan

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Die Erwägungen für den strategischen Aufmarsch der Streitkräfte der Sowjetunion für den Fall eines Krieges mit Deutschland und seinen Verbündeten, auch kurz Schukow-Plan[1] genannt, wurden am 15. Mai 1941 von den beiden höchsten sowjetischen Militärs Marschall Timoschenko (Verteidigungskommissar) und General Schukow (Chef des Generalstabes) dem sowjetischen Diktator Josef Stalin vorgelegt.

Inhalt

Das Memorandum fordert die geheime Mobilmachung, die Zuführung von Armeekräften aus Westsibirien und Fernost und die Umstellung auf eine totale Kriegswirtschaft. Der Plan sah einen Angriff auf das Deutsche Reich vor. Schukow begründete den Plan nicht mit einem drohenden Angriff des aufrüstenden Deutschlands, sondern mit Verweis darauf, dass Deutschland einem Aufmarsch der Sowjetunion zuvorkommen könnte. Wörtlich heißt es im Schukow-Plan:

„Wenn man in Betracht zieht, dass Deutschland sein Heer mit eingerichteten Rückwärtigen Diensten mobil gemacht hält, so kann es uns beim Aufmarsch zuvorkommen und einen Überraschungsschlag führen. Um dies zu verhindern und die deutsche Armee zu zerschlagen, erachte ich es für notwendig, dem deutschen Kommando unter keinen Umständen die Initiative zu überlassen, dem Gegner beim Aufmarsch zuvorzukommen und das deutsche Herr dann anzugreifen, wenn es sich im Aufmarschstadium befindet, noch keine Front aufbauen und das Gefecht der verbundenen Waffen noch nicht organisieren kann“[2].

Die an der sowjetischen Westgrenze konzentrierten Hauptkräfte des deutschen Heeres sollten östlich der Weichsel bei Lublin nach Einkesselung vernichtet werden. Der Hauptschlag sollte in Richtung Krakau-Kattowitz laufen. Für den Einsatz waren ca. 256 Sowjetdivisionen vorgesehen, die sich auf vier Heeresgruppen verteilten.

Nur Kenntnisnahme oder Bestätigung durch Stalin?

Auf dem Schukow-Plan finden sich drei mit blauem Stift geschriebene Buchstaben: „J. St.“, die Paraphe Stalins.[3] Es steht fest, dass Stalin dieses Dokument mit seinem Monogramm abgezeichnet hat. Umstritten ist aber, welche Bedeutung diese Abzeichnung gehabt hat.[4]. Nach einer Ansicht ist darin nur eine routinemäßig Kenntnisnahme zu sehen. Eine andere Deutung, die u.a. von Vertretern der sog. „Präventivkriegsthese“ geteilt wird, sieht darin eine Bestätigung des Plans durch Stalin.[5] Heinz Magenheimer argumentiert, „daß ein Plan von derartiger Tragweite auf Grund der sowjetischen Staats- und Behördenpraxis nur im Auftrag Stalins erstellt werden durfte und daß dieser ihn im wesentlichen auch gebilligt hatte“[6]. Auch Rainer F. Schmidt, Professor für Geschichte an der Universität Würzburg, vertritt die Position, dass der Schukow-Plan mit Wissen Stalins erstellt worden sei und nennt dafür drei Gründe:

1.) Es sei unvorstellbar, dass die Generäle hinter Stalins Rücken aktiv geworden wären. Dies hätte Stalin nicht geduldet. Spätestens nach den herben Verlusten unmittelbar nach Kriegsausbruch wären Köpfe gerollt. Für eine Kenntnis Stalins spräche auch, dass Stalin mit beiden Generälen zwischen April und Juni mindestens achtzehnmal zusammentraf. Augenfällig sei dabei, dass Schukow und Timoschenko sowohl in den Tagen unmittelbar vorher als auch nachher empfangen wurden.

2.) Zwanzig Jahre nach Kriegsende räumte Schukow ein, der Plan sei im Zusammenhang der Stalin-Rede vom 5. Mai 1941 entwickelt worden, in der dieser „über die Möglichkeit offensiven Handelns gesprochen habe“.

3.) Die entscheidenden Passagen des Schukow-Planes decken sich mit den operativen Bewegungen der Roten Armee in den verbleibenden Wochen bis zum Ausbruch des Krieges.[7]

Der tatsächlich vollzogene Aufmarsch der Roten Armee wurde im Wesentlichen dem Schukow-Plan entsprechend begonnen, jedoch nicht abgeschlossen. Die Armeen der zweiten strategischen Staffel befanden sich am 22. Juni auf dem Transport aus dem Landesinneren nach Westen.

Besymenski verweist darauf, dass am 24. Mai 1941 bei Stalin eine wichtige Beratung der obersten Armeeführung stattfand. Obgleich es dazu kein Dokument gäbe, sei davon auszugehen, dass der Schukow-Plan dabei keine Erörterung fand und sowjetische Angriffspläne in die Reihe „belletristischer Exerzitien“ einzuordnen seien.[8]

Stellungnahmen nach dem Krieg

Schukow sprach in seinen letzten Lebensjahren über das Dokument und teilte dem Historiker Viktor A. Anfilov 1965 mit, die Idee einem Angriff Hitlers zuvorzukommen sei bei ihm und Timoschenko im Zusammenhang mit Stalins Rede vom 5. Mai 1941 gekommen, wo dieser über die Möglichkeit offensiven Handelns gesprochen habe.[9] Zugleich erklärte Schukow aber, Stalin habe den Plan abgelehnt. Zugleich gibt es ein Interview mit Marschall Wassilewski aus dem Jahre 1967, in welchem dieser aussagte, Stalin habe den Plan angenommen.

Weitere Pläne

Dieser Plan steht in einer engen Verbindung mit den anderen sowjetischen Generalstabsplänen, die im Jahre 1940 und im Frühjahr 1941 erstellt wurden.

Der Plan vom 18. September 1940 sah zwei Möglichkeiten: Den Vorstoß „im ersten Kriegsstadium in Richtung Lublin, Krakau und Breslau“, um Deutschland zu erreichen oder die deutschen Streitkräfte „innerhalb der Grenzen von Ostpreußen“ zu vernichten.[10] Der Schukow-Plan stellt in dieser Hinsicht eine leicht abgewandelte Form der ersten Variante dar.

Literatur

  • Gerd Überschär / Lev Bezymenski: Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion 1941. Die Kontroverse um die Präventivkriegsthese, Darmstadt 1998

Fußnoten

  1. Besymenski urteilt: „das Dokument ist unbedingt als Žukovs Plan zu bezeichnen, denn militärische Planung gehörte gerade zu seinen Aufgaben“. Lev Besymenski: „Zur Frage des Žukov-Plans“ vom 15. Mai 1941. In: Forum für osteuropäische Ideen- und Zeitgeschichte, Heft 1/2000, S. 127-144, S. 130.
  2. zit. nach: Voß: Stalins Kriegsvorbereitungen 1941, S. 21
  3. Generalmajor a.D. Prof. Solnyschkow / Oberst a.D. Dozent Iwan Kusmin, Rezension zu: Maser: Der Wortbruch, in: Österreichische Militärische Zeitschrift, Band 33 (1995), S. 121
  4. Heinz Magenheimer: Neue Erkenntnisse zur Entfesselung des Zweiten Weltkrieges und zum deutsch-sowjetischen Krieg, in: Geschichte und Gegenwart. Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Gesellschaftsanalyse und politische Bildung, 19. Jg. 2000, Heft 2, S. 67-78, S. 69
  5. Vgl. Rainer F. Schmidt: "Appeasement oder Angriff". Eine kritische Bestandsaufnahme der sog. "Präventivkriegsdebatte" über den 22. Juni 1941, in: Jürgen Elvert / Susanne Krauss (Hrsg.): Historische Debatten und Kontroversen im 19. und 20. Jahrhundert, S. 220-233, S. 230
  6. Heinz Magenheimer: Neue Erkenntnisse zur Entfesselung des Zweiten Weltkrieges und zum deutsch-sowjetischen Krieg, in: Geschichte und Gegenwart. Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Gesellschaftsanalyse und politische Bildung, 19. Jg. 2000, Heft 2, S. 67-78, S. 69
  7. Vgl. Rainer F. Schmidt: "Appeasement oder Angriff". Eine kritische Bestandsaufnahme der sog. "Präventivkriegsdebatte" über den 22. Juni 1941, in: Jürgen Elvert / Susanne Krauss (Hrsg.): Historische Debatten und Kontroversen im 19. und 20. Jahrhundert, S. 220-233, S. 230f
  8. Lev Besymenski: „Zur Frage des Žukov-Plans“ vom 15. Mai 1941. In: Forum für osteuropäische Ideen- und Zeitgeschichte, Heft 1/2000, S. 127-144, S. 144.
  9. Lev Besymenski: Žukov-Plans“ vom 15. Mai 1941. In: Forum für osteuropäische Ideen- und Zeitgeschichte, Heft 1/2000, S. 127-144, S. 134.
  10. Operative Planung der Führung der Roten Armee vom 18. September 1940, zit. nach: Überschär, S. 169