Natürliche Auslese
Natürliche Auslese oder natürliche Zuchtwahl (von engl. natural selection) ist das berühmt gewordene Schlagwort für das Erklärungsprinzip der Abstammungslehre, das von Charles Darwin im Titel seines 1859 erschienenen zentralen Werkes über „Über die Entstehung der Arten“ (im engl. Original: On the Origin of Species [...]) zuerst formuliert und dort im 4. Kapitel genauer erläutert wurde.[1]
Der dynamische Prozeß der Evolution unterscheidet sich von allen anderen Gegenstandsbereichen der Naturwissenschaften. Während sich die besondere Stärke naturwissenschaftlicher Modelle in der Wiederholbarkeit aller Effekte und Mechanismen zeigt, so ist die Einmaligkeit der Entwicklung unserer Biosphäre ein Phänomen, das im strengen Sinne nicht testbar ist. Deshalb ist jede Liste, die Auskunft über die Anzahl der Evolutionsfaktoren geben will, notwendig unabschließbar, weil ja der Evolutionsprozeß selber nicht abgeschlossen ist.
Evolution, Devolution, Mutation, Degeneration, natürliche Auslese, genetische Rekombination und die Wirkung von Isolaten sowie intraspezifischer Selektion und Epigenetik – dies alles sind wirksame Faktoren; es bleibt jedoch fraglich, wieviele weitere und andere Faktoren es geben mag, die in der gegenwärtigen Biologie nicht anerkannt sind. So gilt jede Spekulation über Teleologie, einem klassischen Begriff der Aristotelischen Philosophie, als „unwissenschaftlich“. Dabei muß es künftig jedoch keineswegs bleiben.
Die Schlagwortwendung „natürliche Auslese“ ist aber auch anderen Gebieten außerhalb der Naturwissenschaft angepaßt worden, wie unter anderem das Stichwort von der sozialen Auslese zeigt. In der Wirtschaftspolitik werden oftmals interessengeleitete, lobbygestützte Interventionen und gesetzliche Festlegungen mit dem Verweis auf die biologischen Erkenntnisse bemäntelt. Hier wird ein Kategorienfehler politisch-ideologisch geadelt. So wesentlich Auslese in allen Bereichen von Staat und Gesellschaft ist, aber die Ausgestaltung dessen, kann eben nicht im Rückgriff auf eine vermeintliche „Natürlichkeit“ gefaßt werden, sondern immer nur kulturell. Eben nicht ein „freies Spiel der Kräfte“ (wie der Liberalismus dies behauptet) bringt Kultur und Zucht hervor, sondern gerade die gebundene Form, das bewußte Bekenntnis und die Einhegung vom Wildwuchs.
Siehe auch
Literatur
- David M. Wilson (Hg.): Die Geschichte der nordischen Völker. Die Welt der Germanen, Kelten, Wikinger, Slawen. Orbis Verlag, München 2003, ISBN 978-3-572-01462-X. [Lizenzausgabe der Beck'schen Verlagsbuchhandlung, München, deutsche Ausgabe erstmals 1980; Originalausgabe: London 1980; zahlreiche großformatige Abbildungen.]