Schlacht um Cholm

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Der Kessel von Cholm war die Einkreisung deutscher Truppen bei Cholm vom 23. Januar 1942 bis Mai 1942. Einen zweiten Kessel schloß die Rote Armee bei Demjansk.

Geschichte

Die 5.500 Eingeschlossenen gehörten zur 123. und 218. Infanteriedivision, dem Infanterieregiment 553 der 329. Infanteriedivision, dem III. Bataillon des Luftwaffenfeldregiments 1, dem Jagdkommando 8 und dem Polizeibataillon 65. Das Kommando hatte Theodor Scherer. Für die Kämpfe um Cholm wurde u. a. Albert Biecker mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet, das Cholmschild gestiftet und das Polizei-Bataillon 65 nach „Cholm“ benannt.

Polizeitruppe im Cholm

Quelle
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Theodor Scherer, der „Löwe von Cholm“

Entscheidenden Anteil an den harten und schweren Kämpfen, die fast vier Monate lang gegen eine gewaltige bolschewistische Übermacht von der vor nunmehr einem Jahr in Cholm – im nördlichen Teil der Ostfront – eingeschlossenen Kampfgruppe „Scherer“ bestanden werden mußten, deren Taten längst In das Heldenbuch der deutschen Geschichte eingegangen sind, hatte das Polizeibataillon „Cholm“. In feierlicher Form wurde den Offizieren und Männern dieses Bataillons durch den Chef der Ordnungspolizei, SS-Oberst-Gruppenführer und Generaloberst der Polizei Daluege In Krakau der vom Führer verliehene Cholm-Schild übergeben. Wir bringen aus diesem Anlaß Erlebnisberichte nach Aufzeichnungen des Hauptmanns der SchP. Krull, die die Kämpfe der eingeschlossenen Kampfgruppe in der Eiseskälte des vorigen Winters noch einmal lebendig werden lassen.

Der 18. Januar in Cholm

Am 17. Januar 1942, abends spät, sah Cholm die Ankunft der auf der westlichen Strecke liegengebliebenen Teile unseres Polizeibataillons. Ein Zug war es. Quartier war schnell gefunden. Die Männer waren stockmüde und schliefen auf dem Fußboden. Fünfhundert Kilometer bei 45 Grad Kälte und offenen Fahrzeugen lagen hinter ihnen, aber sie waren im Osten von Anfang an dabei und nicht mehr verwöhnt. Posten bei den Fahrzeugen und vor dem Quartier – dem nachmalig so heiß umkämpften Kino – wurden ausgestellt. Da plötzlich ein Feuerüberfall! Sofort war alles wach und kampfbereit. Die Männer hatten mit dem Gewehr im Arm geschlafen. Weder Rock, Mantel, Stiefel oder gar die Hose waren ausgezogen. Ein Reserveleutnant übernimmt die Führung: „Gruppe X. mit nach vorn, Sie mit Ihrer Gruppe folgen mir links auf der Straße! M. mit seinen Männern übernimmt die Sicherung der Fahrzeuge und Unterkunft!“ Auf der Straße vor dem Quartier nichts außergewöhnliches. Schläft etwa alles im Ort? Oder war gar blinder Alarm? Da – wieder das Schießen. Das war doch bei der Ortskommandantur? Auch Maschinengewehre knatterten. Es waren keine deutschen. „Ran und mir nur folgen.“ Die Gruppen hasten in den Gräben links und rechts der Straße vor. Allen voran der Leutnant! Ihm wird gefolgt, ihm wird vertraut, so wie es schon Immer war. „Pss, pffit, pfit.“ Die Schüsse peitschen dicht über die Straßendecke. Der Feind weiß bescheid, er kennt die Gegend haargenau. Er liegt in Höhe der Ortskommandantur und schon vor dieser. Aus dem Gebäude raus kommen einzelne Gewehrschüsse. Das Gebäude liegt an der Zunge einer Straßengabel. In beiden Straßen ist der Feind eingedrungen. „MG hier in Stellung, auf erkannten Feind Feuer frei. – Wir müssen in den toten Winkel des Grabens vor der Ortskommandantur kommen.“ Auch die anderen Gruppen werden eingesetzt. Leutnant O. stößt mit seinen Männern links und rechts der Straße vor, drängt den über die Ortskommandantur schon hinausgekommenen Feind zurück und setzt zum Stoß gegen die Widerstandsnester in Höhe der Ortskommandantur an. Das erste wird erledigt, seinen Leuten immer voraus stürmt er weiter, überquert mit einem Sprung die Straße und ist schon im Graben auf der anderen Seite, als ihn, fast im Sprung noch, der Schuß eines Scharfschützen trifft. Seine Ordonnanz, ihm immer dicht auf, erhält an derselben Stelle einen Schuß und stürzt, schwer verwundet, neben Ihm nieder. Der Angriff wird von den Männern nun erst recht verbissen weiter vorgetragen, der Feind nach kurzem, heftigem Kampf geworfen. Auch im Westen Cholms fühlt der Feind zur selben Zeit vor. Auch dort trifft er auf wenige Männer der Polizei desselben Bataillons, Köche und Fahrer, die zusammen mit den Mannschaften der Seite an Seite mit Ihnen kämpfenden Landesschützenkompanie den Westausgang von Cholm decken.

Cholm ist nach eineinhalb Stunden wieder feindfrei, ist gehalten. Unter den Gefallenen des Bataillons, den hinterrücks ermordeten Posten und den im Kampf gefallenen Männern der damals in Cholm liegenden Einheit der Landesschützen befand sich auch der Ortskommandant. Er fiel im Kampf bei einem erfolgreichen Ausfallversuch aus der von den Sowjets bereits belagerten Ortskommandantur.

Die „Orgelschlucht“

Sie wurde Trennungslinie zwischen Ost- und Nordabschnitt im zweiten Drittel des Kampfes um Cholm, diese „Orgelschlucht“. Mit dem Beginn der Kämpfe war der ganze Ort in unserer Hand. In Höhe der Hauptkampflinie war diese Schlucht zunächst eine Mulde ohne Bedeutung. Nur von den Essen- und Munitionsträgern wurde sie wohl einmal genannt. Als aber ein Teil der Stadt verlorengegangen war, blieb unsere Häusergruppe nun eine Halbinsel, umspült und umstürmt von den Bolschewisten. Die zur Lowat hin immer mehr abfallende Senke war nun der einzige „An- und Abrobbweg“ für unsere Munitions- und Essenträger. Mit dem sich stetigen Mehren der Feindpanzer und Schwinden unserer Verteidigungskräfte wurde diese Landzunge schlecht haltbar. Wir räumten das Trümmerfeld und richteten uns in einer besser zu verteidigenden rückwärtigen Straßenstellung ein. Von dem Tage an hatten wir eine „Laus im Pelz“ und noch ein zweites Sorgenkind: die Schlucht. Was wir hätten aufgeben müssen, wurde allein durch die von irgendeiner Seite sehr treffend gegebene Bezeichnung „Laus im Pelz“ populär, die Schlucht aber wurde für den engeren Kreis ihrer Verteidiger Brennpunkt und taktische Schlüsselstellung. Wir sicherten sie unter Berücksichtigung der wenigen Mittel, die uns damals zur Verfügung standen, mit je einem vorgeschobenen Schweige-MG. links und rechts der Schluchtränder.

Wir verwandten darauf viel Sorgfalt, scheuten keine Mühe und Last; denn für uns, den Nachbarabschnitt, war dies die Pulsader. Wurde sie aufgerollt, ausgeschnitten, mußte der Nachbarabschnitt verbluten und wir dabei und in der Folge viel Blut lassen. Die Bolschewisten hatten es sich zum Ziel gesetzt, die Schlucht zu besitzen, und trotz ungeheurer Verluste ließen sie von diesem Ziel nicht ab. Wir klärten durch die Schlucht auf. Sie wurde betastet, beschrieben, bestürmt und berannt, aber nie von den Sowjets bezwungen! Diese Reihenfolge wiederholte sich bei jedem Kommandoführer- und Truppenwechsel auf der Gegenseite. Und das war oft der Fall! Wir fingen schon an auszurechnen, wann bei Fortsetzung der Sturheit des Anrennens die Schlucht nur noch eine Mulde sein würde, gefüllt mit den toten Leibern der immer wieder von den Politruks vor unsere Maschinengewehrläufe getriebenen Bestien. Die drüben verbluteten sich bis auf ihre letzten Reserven. Dann war tagelang Ruhe. Plötzlich ging es dann von neuem los und wir wußten: Es hat wieder einmal ein Wechsel im Kommando stattgefunden. Dann wurde es noch unangenehmer. Der Bolschewik schoß sich auf den die Front bildenden und dahinter liegenden Teil der schmalen Schlucht mit einer Batterie seiner Artillerie ein. Immer wieder richtete er auf die Schlucht seine Granatwerfer ein. Schon beim Abschuß erreichte uns ihr herannahendes Getöse, das aber noch vervielfacht wurde, wenn etliche Zehnerreihen dieser Granaten in unserer engen Schlucht detonierten. Es war dann ein unheilvolles Orgeln für Minuten um uns. Das war und blieb aber, Gott sei Dank, auch immer alles. Wir hatten nie Verluste dadurch. Wir staunten selbst darüber. Es ist da wohl der hohe Schnee mit uns im Bunde gewesen, der den Dingern alle Wirkung nahm. So blieb eben nur ihr Name, die „Orgelschlucht“!

Wer ist der Stärkere?

Der Bolschewik setzt plötzlich mit starkem Artilleriefeuer ein. Nach den letzten verhältnismäßig ruhigen Tagen wirkt der Eisenhagel alarmierend. Gegen 6 Uhr bricht das Feuer ab. Aber die Spannung bleibt. Ruhe vor dem Sturm. Genau um 8 Uhr setzt das Feuer der Sowjets mit furchtbarer Wucht und verheerender Wirkung wieder ein. Trommelfeuer! Die Bolschewisten schießen mit allen Batterien, dazu kommt die große Menge ihrer Granatwerfer schwersten Kalibers, kommen ihre Bomber. Jedes Haus, jede Ruine wird wieder vielfach schwer getroffen. Die Ohren schmerzen von den Detonationen berstender Bomben und Granaten. Man spürt den Willen der Sowjets, unter allen Umständen eine Entscheidung herbeizuführen. Mit Unterstützung schwerer Panzer stürmen sie schon früh in Massen gegen unsere Stellungen. Wir halten stand, aber uns fehlen die Pak-Geschütze zur Abwehr der feindlichen Panzer. Die Panzer mit geballten Ladungen zu erledigen, ist unmöglich wegen des hohen Schnees. Unsere Verluste sind stark. Der Gefechtsstand des Oberleutnants W. erhält mehrere Volltreffer. Er bleibt mit mehreren seiner Männer vermißt, der Feind drückt diesen Nordostabschnitt ein. Die Hauptkampflinie muß bis zur Hauptstraße zurückverlegt werden. Die Verstärkungen können sich nur sprungweise und unter Ausnutzung auch der kleinsten Deckungen heranarbeiten. Alle Telefonkabel sind zerstört. Die Melder leisten Unvorstellbares, ebenso die Munitionsträger. Manch einer von ihnen hat sein Ziel nicht mehr erreicht und blieb in dem furchtbaren Eisenhagel tot oder schwer verwundet liegen.

Endlich gegen 15 Uhr läßt das Feuer etwas nach. Die Dämmerung bricht schon herein, und es geht wie ein Aufatmen durch unsere Stellungen. Man hat schon das sichere Gefühl, der Feind wird heute nicht mehr stürmen. Obwohl er einige Häusergruppen nahm, hat er doch sein Ziel nicht erreicht. Da hört man den Schreckensruf: „Der Hauptverbandsplatz brennt!“ Alle stürzen aus den Unterständen heraus, um au retten, was zu retten ist, nur von dem einen Gedanken beseelt: Es darf kein Kamerad in den Flammen umkommen! Wir springen über Granattrichter, stolpern über Steinhaufen, klettern über vollständig ausgebrannte und in ein Gewirr von Eisenteilen verwandelte Fahrzeuge. Der Atem gefriert an unserem Munde, es sind 43 Grad unter Null. Von weitem schon sieht man die hellen Flammen. Wohin mit den Kameraden? In unserer Unterkunft befinden sich Gewölbe, die zum Teil als Pferdeställe gedient haben. In aller Eile werden die Verwundeten dorthin geschafft. Aber, obwohl alle wie verzweifelt arbeiten – die Brust keucht von den Anstrengungen, das Atmen schmerzt bei der furchtbaren Kälte –, geht es immer noch zu langsam. Es stehen nur wenige Schlitten zur Verfügung, so muß der größte Teil der Verwundeten getragen werden. Dieser Transport über Geröll und Granattrichter läßt die Kameraden doppelte Schmerzen erleiden. In den Gewölben werden schnell Lagerstätten aus Decken und Stroh hergestellt. Alles, was wir nur entbehren können, wird zur Verfügung gestellt. Trotzdem aber läßt es sich nicht vermeiden, daß bei manchem Kameraden zu seiner Verwundung noch schwere Frostwunden treten.

Unter dem Einsatz der letzten Kräfte gelang es, alle Verwundeten zu bergen. – Gegen Abend ließ auch zum Glück das Feuer noch mehr nach. Dafür aber hörte man peinigend das Stöhnen der Verwundeten, die auf ihren primitiven Lagerstätten auch noch stark unter der Kälte zu leiden hatten. Dazu kamen der Hunger und der Durst, die im ersten Augenblick nur zum kleinen Teil gelindert werden konnten, da ein Teil der Küchen ausgefallen war. Die Sowjets jedoch schickten ihre eisernen Grüße auch während der ganzen Nacht in die zur Ruine gewordene Stadt. Wer ist der Stärkere? Die deutschen Soldatennerven oder die Walze von Eisen, Stahl und stürzenden Massen?

„Mein Karabiner liegt noch vorn!“

Glashart stand der Frost über den Stellungen am Ostufer der Lowat. Das Thermometer zeigte 40 und weniger Grad unter Null. Wir froren hinter unseren Schneedeckungen, aber was tat es! Wir übten uns die Bolschewisten vom Leibe halten, die uns von allen Seiten zu erdrücken suchten. Wir mußten Ellenbogenfreiheit erhalten, uns unserer Haut mit allen Mitteln wehren. Leider waren diese Mittel, gemessen am Materialeinsatz der Bolschewiken, nur beschränkt. Er schob uns mit seinen Stahlkolossen mehr und mehr zusammen. Wir stemmten uns gegen die drückende Übermacht und haben es ja schließlich auch fertig gebracht, Cholm zu halten. Ja, er hatte Respekt vor unserer kleinen Schar, der Bolschewik. Die Männer gingen aber auch ran wie die Teufel. Mensch gegen Panzer. Ein ungleicher Kampf, aber man sah, welcher Geist jeden beseelte, der dem Sowjetungetüm sozusagen mit bloßen Händen in seine stählerne Fratze schlug, daß er zurückwich. Immer wieder kam der Feind, aber stets wies ihn die eiserne Faust der Kampfgruppe des Generalleutnants Scherer ab. Wohl blieb manch braver Kamerad unter den Prankenhieben der wie wild um sich schlagenden Bestie liegen, die Kämpfer von Cholm aber und mit ihnen nicht zuletzt die Männer der deutschen Polizei wehrten sich, wie nur ein Häuflein zu kämpfen vermag, das seine Stellung befehlsgemäß, bis zum letzten zu halten hat. Seit dem frühen Morgen dauerte der Panzerangriff an. Drei stählerne Ungetüme standen auf der Straße nach S. vor unserem Abschnitt. Wir lagen hinter Mauerresten und suchten vor den wie wild feuernden Panzern Deckung. Hätten wir doch nur eine Pak gehabt! An die Sowjets heranzukommen, war unmöglich. Das flache Schneefeld bot nicht die geringste Annäherungsmöglichkeit. Also standhalten und aufpassen, daß die den Panzern folgenden Infanteristen nicht in unsere Stellungen einbrachen. Unsere Jungen schossen, bis die Karabinerläufe heiß wurden.

Der Bolschewik hielt respektvollen Abstand. Treu und brav hatte auch unser Kamerad F. hingehalten, wo sich etwas von graubrauner Sowjetuniform hatte blicken lassen. Er war einer von den Stillen in unserem Zug. Er stammte aus Norddeutschland. Flachsblond, blauäugig, mit breiten Schultern und hoher Stirn. Nun hatte es ihn erwischt. Ein Granatsplitter hatte ihn an der Stirn getroffen. – Er war noch bei Besinnung, als man ihn aus der Stellung brachte. Nur wenige Schritte waren es bis zum Verbandsplatz. Da saß der gute Heinz nun. Heiß rann ihm das Blut von der Stirn in die Augen, über die Wangen in Hals und Kragen. Bleich, aber gefaßt und ruhig hielt er sich aufrecht. Er kämpfte mit einer Ohnmacht, als ihm der Sanitätssoldat den Verband anlegte. Es zuckte um seine Mundwinkel. „Du", sagte er plötzlich, „du, ich habe meinen Karabiner vorn liegen lassen – den muß ich aber wieder haben...“ Der Sanitätssoldat versprach es ihm. Stunden später wurde Heinz noch einmal vom Splitter einer Granate getroffen. Er hat seinen Karabiner nie mehr gebraucht, der gute Heinz. Neben anderen gefallenen Kameraden ist er tags darauf zur letzten Ruhe gebettet worden.

SS-Oberst-Gruppenführer und Generaloberst der Polizei Daluege überreicht den Offizieren und Männern des Polizei-Bataillons „Cholm“, die der Kampfgruppe „Scherer“ angehörten, den vom Führer verliehenen Cholm-Schild

„Kleb mir mal eben ein Pflaster drauf!“

Jeder weitere Tag der Einschließung brachte größere Nervenbelastung mit sich. Es erforderte ganze Männer, dem steten Druck der Sowjets standzuhalten und nicht weich zu werden. Weich werden? Niemals! Wer sollte dann die Verwundeten, die in der Mitte unseres Kessels in armseligen Hütten untergebracht waren, schützen! Mochte der Bolschewik noch so schwere „Koffer“ herüberschicken, uns noch so toll mit dem Eisenhagel seiner Granatwerfer eindecken. Ein ehernes, eisernes Muß diktierte in diesen harten Kampftagen. Trotzdem gab es einige unter uns, die unter ihren verlausten und verdreckten Uniformen in ihrer Brust ein humorvolles Herz bewahrt hatten. Einen von diesen sehe ich an einem Spätnachmittag hinkend und fluchend aus der Stellung kommen; in der Rechten das Gewehr, mit der Linken sich den Hosenboden haltend. „Paul, komm mal eben her“, ruft er einen Sanitätssoldaten an, „kleb mir mal eben ein Pflaster hinten drauf. Da hat mir doch so ein verdammter Iwan in den Allerwertesten geschossen, so’a Hund.“ Der Mann zieht die Hose runter, läßt sich ein Pflaster auf seine Wunde – eine Streifschußverletzung – legen, knöpft die Hosenträger wieder an und flucht: „Nun penn ich eben auf dem Bauch, dat geht auch, wenn es auch nicht so gesund ist. Aber das Saupack, dem werde ich es jetzt besorgen!“ Spricht’s, nimmt sein Gewehr und humpelt wieder in seine Stellung, ein ausgebranntes, von Granaten zerfetztes Gemäuer.

Munition sparen!

Wieder einmal war unsere Stellung neu auszubauen. Das wievielte Mal war es schon? Bevor der Bolschewik mit seinen Panzern wieder da ist, muß eine leidliche Deckung hergestellt sein. Während fünf, sechs Mann der Gruppe den Feind beobachten, sind drei Männer dabei, schnell aus Ziegelsteinen und altem Gerümpel die Stellung herzurichten. Das muß natürlich rasch gehen. Ihre Gewehre hatten die drei an die Mauer gestellt. Sie bauten schlecht und recht, so gut es ging, und es wäre auch binnen kurzer Frist wieder intakt gewesen, wenn sich nicht seitwärts ungesehen ein Bolschewik durch den Schnee herangerobbt hätte.

Durch eine verfallene Türnische brachte er gerade sein Gewehr in Anschlag, als einer von den drei Männern von seiner Arbeit aufschaute. Den halben Ziegelstein, den er gerade in der Hand hatte, dem Bolschewik ins Gesicht schleudern, war sein sofortiger Entschluß, und die beiden anderen taten in Sekundenschnelle das gleiche. Der Iwan blieb liegen. „Das war die beste Munitionseinsparung“, meinte einer, indem er sich wieder seiner Arbeit zuwandte.

Der Melder beim Regiment

Von den vielen Reservisten des Bataillons, die den harten Kampf um Cholm mitmachten, ist nicht jeder so schriftgewandt, um schildern zu können, was ihn in den Monaten der Einschließung bewegt haben mag. Wie überhaupt der Soldat als Kämpfer nur wenig über das auszusagen pflegt, was ihn an harten Kampftagen am tiefsten bewegte. Ein einziges Erlebnis hat einer der Cholmkämpfer des Bataillons niederschreiben können, als er gefragt wurde, was wohl von den Kämpfen in seiner Erinnerung haften geblieben sei. Es ist auch bei ihm eines von zahllosen gewesen, die damals täglich auf ihn und seine Kameraden eingestürmt sind. In karger Schlichtheit schildert er uns sein Erlebnis: „Ich war Melder beim Regiment. Bekam den Befehl, nachts um zwei Uhr eine Meldung wegzubringen. Es war sehr dunkel, die feindliche Stellung und unsere lagen sehr dicht zusammen. Und da ich den Abschnitt nicht kannte, habe ich mich verlaufen, war schon hinter den vorgeschobenen Posten der Sowjets. Auf einmal merkte ich es. Jetzt hieß es handeln. Ich kroch bis zu den Bolschewiken. Die waren so überrascht, daß ich die beiden Vorposten gefangen nehmen konnte. Die Meldung habe ich in Begleitung der Bolschewiken abgehen können.“ Was sich hinter diesen wenigen Worten an Tapferkeit und stillem Heldentum verbirgt, das kann wohl nur der richtig ermessen, der selbst die harten, entsagungsvollen Kämpfe jenes Winters an der Ostfront mitgemacht hat.

Quelle: Die Deutsche Polizei. Heft 2. 15. Januar 1943. S. 24–26


Siehe auch

Literatur

  • Otto Karsten: Cholm, 1944 (= Schriftenreihe zur Truppenbetreuung, Bd. 55)
  • Kurt Mehner (Hrsg.): Die geheimen Tagesberichte der deutschen Wehrmachtführung im Zweiten Weltkrieg 1939–1945, Bd. 4, Biblio-Verlag, Osnabrück 1992. ISBN 3-7648-1284-2
  • Richard Muck: Kampfgruppe Scherer – 105 Tage eingeschlossen, Originalausgabe: Gerhard Stalling, Oldenburg 1943. Neuauflage: Arndt, Kiel 2007. ISBN 978-3-88741-091-9
  • Günter Wegmann: „Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt …“ Der deutsche Wehrmachtbericht, Bd. 2, Biblio-Verlag, Osnabrück 1982. ISBN 3-7648-1282-6
  • Percy E. Schramm (Hg.): Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht, Bechtermünz, Augsburg 2002. ISBN 3-8289-0525-0
  • Oskars Perro: Fortress Cholm, Kurland Publ., Toronto 1992