Thulur

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Zu den altgermanischen Textsorten gehören Merkversreihen, sogenannte Thulur (altnordisch þula, Pl. þulur), eine Merkdichtung, die mythische und heroische Kenntnisse in leicht memorierbarer Form tradiert. Diese literarische Technik findet sich bevorzugt in den Dichtungen der Lieder-Edda.

Gattung

Zu den Thulur gehören Sprüche, Merkversreihen, die umfangreichen Synonymlisten in der Snorra-Edda (besonders Skáldskaparmál), poetische Synonyme für Eigennamen (heiti) beziehungsweise mythologische Eigen- oder Ortsnamen, ganz allgemein mythologisches oder kosmogonisches Wissen. Diese Kenntnisse tradieren die Thulur in einer streng formalisierten Sprache. Dabei bedienen sie sich mnemotechnischer Hilfsmittel wie Alliteration, Rhythmus und Gruppenbildung. In die eddischen Dichtungen Grímnismál, Alvíssmál und Rigsthula oder im Zwergenverzeichnis der Völuspá sind solche Merkstrophen eingearbeitet. Der in den Thulur kanonisch aufbereitete Inhalt hat seine Wurzeln in der ältesten Dichtung, und wo diese verloren ist, sind zahlreiche archaische Wörter und Formeln nur in den Thulur bewahrt.

Sitz im Ritual

Der Ursprung eines solches Genres reicht sicherlich in die rituelle Unterweisung des Thulr (altnordisch þulr). Diesen religiösen Funktionsträger bezeichnet die Nordistik als Ritualredner; er ist Praktiker der rituellen Rede und als solcher zuständig für die Durchführung von Kult und Ritual. Die eddischen Dichtungen und isländischen Sagas enthalten Episoden, die an die ehemalige Funktion des Thuls erinnern. Nimmt man die entsprechenden Edda-Strophen im Grimnirlied (Grímnismál) und Hávamál ernst, berührt dies den Kontext der magischen Sphäre Wodans (bzw. nordgerm. Odins), der sich den Initiationen, in denen diese Unterweisung stattgefunden haben mag, selbst unterzogen hat.