An die Jugend
An die Jugend ist ein Gedicht von Gustav Falke aus dem Gedichtzyklus „Vaterland, heilig Land“, erschienen in: „Das Leben lebt, letzte Gedichte“, das er während des Ersten Weltkrieges verfaßte. Es ist zugleich sein letztes zu Lebzeiten veröffentlichtes Gedicht.
Text
- Deutscher Knabe, du wirst Mann,
- wenn vorbei die schweren Tage,
- wenn verstummt die laute Klage,
- wenn das letzte Blut verrann.
- Doch je mehr du Deutscher bist,
- brennt's in deinen Eingeweiden,
- das Gedächtnis unserer Leiden.
- Weh, wenn du sie je vergißt.
- Göttlich ist's, dem Feind verzeih'n,
- seine Schuld ihm gern vergeben;
- aber so viel teure Leben
- soll er ewig schuldig sein.
- Mahnend sollst du vor ihm stehn,
- ein erzürnter, strenger Kläger,
- und er soll in dir den Träger
- des gerechten Schwertes sehn.
- Und du sprichst ihm das Gericht,
- schwörst bei allen Himmeln droben:
- Deutschlands Würde soll er loben,
- heiße Scham im Angesicht.
- Scham, daß er sie blind geschmäht,
- deutsche Kraft und deutsche Tugend,
- deutsche Mannheit, deutsche Jugend,
- deutschen Geistes Majestät.
- Knabe, bist du erst ein Mann
- und das Schwert ist dir gegeben
- über Tod und über Leben,
- tritt das Amt des Richters an.
- Sorge, daß das Deutsche Reich
- immerdar in Zucht und Ehren,
- stark im Wehren, groß im Lehren,
- rage einem Leuchtturm gleich.
- Einem Turm am Völkerstrand,
- der mit treu gepflegtem Feuer
- Führer jedem irren Steuer,
- das im Sturm den Weg nicht fand.
- Daß sie reuig eingestehn
- und mit schamgepeitschten Wangen:
- Ja, wir haben uns vergangen,
- Deutschland darf nicht untergehn.
- Also sei ihr Strafgericht
- nach gerechtesten Beschlüssen,
- daß sie Deutschland lieben müssen,
- deutsche Freiheit, deutsches Licht.
Literatur
- Gustav Falke: „Das Leben lebt, letzte Gedichte“ mit dem Zyklus „Vaterland, heilig Land“ (PDF-Datei)