Apperzeption
Apperzeption (wörtlich „Auffassung“; von lat. percipere „wahrnehmen“) bedeutet in der Philosophie soviel wie „erkennende Wahrnehmung“. Der Begriff steht als philosophisches Kunstwort seit Kant für die Auffassung einer Vielfaltigkeit sinnlicher (in Raum und Zeit gegebener) Inhalte in einer gedanklichen Einheit, welche die des Bewußtseins selbst ist. Transzendentale Apperzeption oder transzendentale Einheit der Apperzeption nennt Kant die Einheit des Bewußtseins, sofern sie der wirklichen (empirischen) Apperzeption als Gesetz zu Grunde liegt. Schopenhauer beschrieb den Begriff in kurz-verständlicher Form als „Anschauung, nicht Denken eines Begriffs“.
In einem allgemeinen Sinne unterschied Leibniz zwischen Perzeption und Apperzeption so, daß die erstere die Aufnahme eines sinnlichen Inhalts in die Sinnestätigkeit, die letztere ihre Aufnahme in das Bewußtsein bedeutet. Wundt versteht unter Apperzeption die in der Aufmerksamkeit und dem Willensimpuls sich äußernde innere Tätigkeit, die der Einheitlichkeit unseres Selbstbewußtseins ebenso zu Grunde liegt, wie aller Bewegung des Gemütslebens und der höheren Geistesarbeit.
Besonders wichtig ist der Begriff Apperzeption für die Herbartianer; hier bedeutet er die Gesamtheit aller seelischen Vorgänge, die gemeinsam eine Erkenntnis herstellen. Neue Erkenntnisse werden danach in jedem Falle unter Mitwirkung ganz bestimmter schon vorhandener Vorstellungen geschaffen, und Aufgabe der Psychologie ist es, festzustellen, welche vorhandenen Vorstellungen in jedem Fall wirksam werden und wie die Wirkung erfolgt. Beispiel: Wird eine Mineraliensammlung von einem Fachmann und einem Laien gleich lange besichtigt, so kann der Laie nachher nur wenige Stücke, der Fachmann dagegen die meisten beschreiben. Da sind also die meisten Sinneswahrnehmungen von der Seele des Laien spurlos abgeglitten, in die des Fachmannes dagegen ihrem ganzen Inhalt nach aufgenommen (apperzipiert) worden. Da sich nun in Beziehung auf die Sammlung der Fachmann vom Laien lediglich durch die bessere Ausbildung der mineralogischen Vorstellungen unterscheidet, so ist anzunehmen, daß in diesem Falle gerade diese Vorstellungen die Sinneswahrnehmungen aufzunehmen, die Apperzeption zu vollziehen haben.
Literatur
- Kodis: Zur Analyse des Apperceptionsbegriffes. Berlin 1893